Mittwoch, 21. Juni 1978
Ein ehemaliger Handelskammerangestellter Steindl aus Oberösterreich,
der für die Pfuscherbekämpfung eingesetzt war, wurde von der
Handelskammer gekündigt, weil er einen Innungsmeister, der ebenfalls
gepfuscht hatte, gemeldet hat. Sekt.Chef Jagoda als Aufsichtsbehörde
der Handelskammer hatte diesen Fall geprüft und sieht keinerlei
Möglichkeiten einzuschreiten. Kurios ist die Situation schon, wenn
auf aus einem persönlichen Streit die sonst von der Handelskammer-
seite immer wieder verlangte Pfuscherbekämpfung bei einem Landes-
innungsmeister Halt macht.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jagoda soll die ganze Angelegenheit aktenmäs-
sig festhalten.
Gen.Sekr. Mussil ist sehr zufrieden, dass wir alle in der österr.
Botschaft in Moskau wohnen können, obwohl diese momentan nicht
bewohnt ist. Bei dieser Gelegenheit teilt er mir mit, dass wenn
bei dem Gespräch Kreisky-Taus nichts herauskommen sollte, wie
er so wie ich auch erwartet, am besten die ganze Frage auf den
Herbst vertagt werden soll. Das vorgesehene Parteiengespräch mit
der ÖVP über Kernenergie wird typischerweise überhaupt abgesagt.
Die ÖVP will darüber nicht sprechen.
Das Abschlussgespräch mit Vizeministerpräsident Sultan bestätigt
mir, dass das Kernkraftwerk Tullnerfeld auch nach seiner Meinung
das bestausgelegte und sicherste ist, das er je gesehen hat.
Sultan hat eine riesige Erfahrung, denn er hat immerhin über 25
Kernkraftwerke in der Welt gesehen. Über das Protokoll gelangt
es im letzten Moment noch eine Einigung zu erzielen. Sultan
wollte ursprünglich ja womöglich einen Staatsvertrag abschliessen,
der gegen Bezahlung einer Milliarde Schilling die Lagerung von
abgebrannten Brennelementen sowie mittel- und schwachaktivem Abfall
in Ägypten vorsieht. Daran haben wir aber gar kein Interesse.
Schwach- und mittelaktiver Abfall wird in Seibersdorf gelagert
resp. vernichtet, hochaktive abgebrannte Brennelemente wollen wir
aber keinesfalls nach Ägypten liefern. Dagegen würden wahrscheinlich
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die Amerikaner ganz gehörig Stellung nehmen. Aus abgebrannten
Brennelementen haben die Inder in kürzester Zeit Atombomben
gebaut. Da Amerika den Plutoniuminhalt der abgebrannten Brenn-
elemente unter gar keinen Umständen nach Ägypten schicken lässt,
kommt diese Art der Lagerung für uns nicht in Frage. Die amerika-
nische Verwaltung hat ja jetzt sogar Ägypten überhaupt als Kriegs-
gebiet von einer Lagerung ausgeschlossen. Wenn daher eine Möglich-
keit besteht, diese Meinung der Amerikaner zu ändern, so nur sicher-
lich in dem Masse, als wir dort Atommüll lagern. Die geschlossene
Kette wäre, wie ich der GKT auseinandersetze, die Wiederaufbereitung
von Cogema und dann die Lagerung der Transurane in Ägypten. Dir.
Nentwich von der GKT ruft mich verzweifelt an und meint, er hätte
keine Ermächtigung über die finanzielle Leistung der GKT an Ägypten
zu verhandeln. Überhaupt sieht er nur eine ganz geringe Möglichkeit,
bei den Besprechungen in Kairo zu einer Lösung zu kommen. In dem
Protokoll halten Sultan und ich nämlich fest, dass bis Ende des
Jahres eine prinzipielle Entscheidung fallen sollte. Die GKT wird
eine feasibility study und insbesondere die Lagerstätte begutachten,
resp. erstellen. Nentwich ersucht mich, dafür zu sorgen, dass auf
seine Kosten die beiden Experten für Geologie, die bereits in Iran
mit waren, von Minister Firnberg die Freistellungsgenehmigung wieder
bekommen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit Büro Firnberg absprechen und mich
mit Firnberg verbinden.
Ein Gespräch Sultans, seines Botschafters Amr und des Staatssekretärs
Abaza mit Kreisky bringt keinerlei neue Gesichtspunkte. Sultan be-
stätigt auch Kreisky gegenüber, dass das Kernkraftwerk "the best one
of the world" ist. Dies ist mir deshalb sehr wertvoll, weil Kreisky
ja früher auch immer grösste Bedenken gegen Kernkraftwerke gehabt hat.
Zwischendurch fragt er mich, wie es jetzt mit den Verhandlungen mit der
ÖVP weitergeht, sein Standpunkt ist, nicht nervös werden, zuwarten!
Er ist sehr erfreut von mir zu erfahren, dass bis jetzt die Verzöge-
rungen in der Bauvollendung nicht auf Verschulden, wie ich immer
erkläre, alleiniges Verschulden der Ministerien zurückzuführen ist.
Wenn wir die schachbrettartige Beladung noch im Laufe dieses Monates
bescheidmässig zulassen, dann zur Errichtung des Kompaktlagers die
GKT weitere Schritte setzen muss. Ich kündige Kreisky an, dass
dann aber notwendig sein wird, im August-September auch die Null-
leistung zuzulassen, um die Proben und Tests durchführen zu können.
Kreisky widerspricht jetzt einmal nicht. In der Vergangenheit
hat er sich ja leider bei Pressegesprächen dahingehend festgelegt,
dass das bereits die Inbetriebnahme sei. Hier glaube ich, wird er,
wenn es so weit ist und meine Politik, dann einen weiteren Schritt
zu setzen, notwendig wird, so hoffe ich zumindestens, nachgeben.
Kreisky fragt Sultan, ob die Ägypter schon darüber nachgedacht
haben resp. Verhandlungen führen, um dem Plan Eklunds, General-
direktor der Internationalen Atomenergie Organisation, auch die
Schweden und Schweizer zu einer Lagerstätte in Ägypten zu ver-
helfen. Die Ägypter haben diesbezüglich keine Überlegungen an-
gestellt, zumindestens aber keine diesbezüglichen konkreten
Schritte unternommen. Die ablehnende Haltung Amerikas kommt
ebenfalls kurz zur Sprache, dann aber beginnt Kreisky eine
allgemeine politische Diskussion über die ägyptische Politik
gegenüber Israel, die Kreisky als sehr gut bezeichnet. In Israel
wird jetzt Begin immer mehr in eine Isolation gedrängt. Sein
Verteidigungsminister Weizmann und der Oppositionsführer Peres
machen eine gemeinsame Politik resp. versuchen eine Alternativ-
politik gegen Begins starre Haltung aufzubauen. Kreisky fragt
Sultan auch, wie es mit dem ägyptisch-sudanesischen gemeinsamen
Projekt über eine Kanal- resp. Bewässerungsirrigationsstudie
steht. Dieses Projekt soll 1 Mia Dollar kosten und durch eine
Pipeline resp. einen Kanal, der bis Saudi-Arabien geht und dort Wasser
hinbringt, von diesen Saudi-Arabien also finanziert werden.
Sultan ist sehr erfreut zu erfahren, dass jetzt die feasibility
study über eine Pumpspeicher-Anlage für 7,5 Mill. S geschenkt
bekommt. Den diesbezüglichen Vertrag wird mittags zwischen
Sultan und Sekt.Chef Gatscha unterschrieben. Die Ägypter möchten
noch drei Kraftwerke in Esna, Naga-Hammadi und Azyut am Nil zu
je 80 Megawatt eine kostenlose feasibility study Österreichs.
Darüber hinaus haben die Ägypter jetzt 6,5 Mill. kg Zucker
geschenkt bekommen, Staatssekretär Nussbaumer ist angeblich des-
halb sogar nach Triest gefahren, um optisch mit eine bisschen
Spektakel dieses Geschenk zu übergeben. Sultan kann also mit
seiner Reise und deren Ergebnis zufrieden sein. Für mich ist
aber interessant, dass er bereits mit Maculan seine nächste
Reise nach Österreich bespricht, wo er in Schruns einen Erho-
lungsurlaub verbringen will. Maculan hat in Ägypten eine ägypt.-
österr. gemischte Baugesellschaft gegründet, das Kapital beträgt
16 Mio S, die 50 % ägypt. Anteil wird zwischen Staatsbetrieben
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und Privaten, die allerdings alle Sultan nahestehen, geteilt.
Zu den österr. 50 % gibt es kleinere Anteile, die Maculan
anderen Firmen abtreten möchte. Bei dem Mittagessen für Sultan
nimmt Präs. Igler von der Industriellenvereinigung teil, der mit
Maculan, den er persönlich scheinbar sehr gut kennt, sofort
vereinbart, Firmen, die an Exporten nach Ägypten interessiert
sind, ebenfalls an Gesellschaftskapital geringe Prozente zu
erwerben. Maculan investiert in diese Verbindung und insbesondere
in die Möglichkeit, dann doch das Atommüllager dort mitbauen zu
können, sehr viel Zeit und letzten Endes auch Geld. Maculan und
sein ägyptischer Partner möchten unter allen Umständen erreichen,
dass ich so bald wie möglich nach Kairo fliege. Ich mache dies-
bezüglich keinerlei Zusagen. In die privaten Geschäftsverbindungen
und in seine für europäische Verhältnisse vollkommen undenkbare
Verquickung mit Sultan möchte ich in keiner wie immer gearteten
Weise eingeschaltet sein. Das einzige, wozu ich mich bereit
erkläre, ist, wenn es zum Abschluss von Grossgeschäften notwendig
ist, dass ein Minister tatsächlich in Kairo anwesend ist, bin
ich zu demselben Einsatz bereit, wie ich ihn für Steyr-Daimler-
Puch in Nigeria geleistet habe.
Die Verhandlungen und der Abschluss über die Agrarpreise mit
Landwirtschaftsspitzenvertretern zieht den ganzen Nachmittag bis
spät am Abend hin. Bezüglich des Wunsches, die Kartoffelstärke
stärker zu schützen, muss ich die Vertreter auf die Paritätische
Kommission verweisen. Mit den heuer im Budget vorgesehenen 95 Mio,
35 für besondere Kartoffelstärke, 23 besondere Maisstärke,
37 Mill. allgemeine Refundierung kann das Auslangen gefunden werden.
Die 3,4 Mill. für die Kartoffelstärke-Papierindustriestützung
ist budgetär die Deckung gefunden. Heuer können nur knapp
7,100 t statt der 10.000 wie vorgesehen gefördert werden, durch die
schlechte Ernte im Inland braucht die Agrarindustrie nicht mehr,
da sie keine entsprechenden Mengen inländischer Kartoffeln auf-
nehmen musste. Die Preiserhöhung für Kartoffelsirup und die
Preiserhöhung für Dauerprodukte ca. 13 % wurde im allgemeinen
akzeptiert und muss nur von der Paritätischen Kommission beschlossen
werde. Der Weihs von der Arbeiterkammer hat im Stärkebeirat
seine prinzipielle Zustimmung gegeben. Mir ist unerklärlich,
wieso wir von dem Stärkebeirat wir nicht automatisch eine
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Information bekommen haben, sondern Plesch erst diesbezüglich
nachfragen musste.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte vereinbare mit Benda, dass er Dich
in Hinkunft sofort informiert, insbesondere wenn er weiss, dass
dieses Problem beim Agrargipfel angeschnitten wurde.
Bezüglich des Getreidepreises kommt es nach langer Diskussion
zu einer Lösung, dass wir bei Roggen den Juli-Preis unverändert
lassen und ab August 4 Groschen erhöhen. Der Juli-Termin wurde
deshalb dem Vorjahr gleichgestellt, weil in dieser Zeit die
Ernte in Gebieten anfällt, die eigentlich für die Roggen-
produktion gar nicht zugelassen werden dürften. Hier wird im
anschliessenden Grenzgebiet von Mühl- und Waldviertel Roggen
von Bauern gebaut, die andere Getreidesorten bauen könnten.
Minkowitsch, aber auch Lehner, ja selbst sogar die Beamten Strasser,
Riedl und Brandstätter müssen zugeben, dass es unzweckmässig
vom agrarpolitischen Standpunkt aus ist, den Roggenpreis
überhaupt anzuheben. Wir kommen überein, dass es sich hier
ausschliesslich um eine soziale Massnahmen für Mühl- und
Waldviertel handelt. Die schwierigste Frage ist aber der Normal-
weizenpreis. Die Agrarier erwarteten, dass wir die Drohung, heuer
bereits die Preisregelung aufzuheben, zurücknehmen. Mein Hinweis,
dass ich bereits seit 1974, als ich die Preiskompetenz bekommen
habe, Jahr für Jahr darauf verwies, dass ich eine Normalweizen-
preisfestsetzung im nächsten Jahr nicht mehr durchführen würde,
und trotzdem von den Agrariern auch heuer nicht akzeptiert
werden. Sie sehen darin einen Verfall des Weizenpreises, den
sie nicht aushalten. Ihren Wunsch, den Normalweizenpreis heuer zu
erhöhen, nachdem er im Vorjahr bereits unverändert belassen wurde,
lehne ich mit aller Entschiedenheit ab. Wegen Auflassung der Preis-
regelung einigten wir uns dahingehend, dass noch im August
zwischen Landwirtschaftsministerium, den Bauern unter Zuziehung
der Interessensvertretungen die Sorten festgelegt werden, die
im nächsten Jahr nicht mehr preisgeregelt sind. Gleichzeitig wird
für die als Mahlmais verwendeten Weizen nur die Sorte und die
Qualität fixiert und dann auch ein Kontingent zu vereinbaren sein.
Den kontingentierten Qualitätsweizen erhöhen wir dann einvernehm-
lich um 10 Groschen. Durum-Weizen bleibt unverändert. Dieser
Lösung stimmen vorbehaltlich des Bauernpräsidentenkonferenz-
Gipfels am Freitag alle Beteiligten zu. Auch ich halte mir
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einen Rückzug offen und meine, ich müsse das Ganze noch mit
der Arbeiterkammer und dem ÖGB besprechen sowie letzten
Endes dann auch der Regierung mitteilen.
Die grössten Schwierigkeiten gibt es aber bei der Erstellung des
Milchpreises. Dezidiert erkläre ich, dass eine Erhöhung des
Trinkmilchpreises um 40 Groschen das Maximum ist, was ich
mir vorstellen kann. Letztmals wurde der Milchverbraucherpreis
für Trinkmilch um 1.20 auf 8.– S festgesetzt. Die Reaktion des
Konsumenten war, dass ein 7 %-iger Absatzrückgang eintrat.
Bis jetzt konnte nur der Trinkmilchabsatz um 3 % wieder ge-
steigert werden. Wir einigten uns daher letzten Endes auf
diese 40 Groschen Trinkmilchpreissteigerung. Alle anderen
Produkte müssen in der Paritätischen Kommission beschlossen
werden. Die Landwirtschaft schlug deshalb nochmals leichte
Erhöhungen gegenüber der Vereinbarung mit AK und ÖGB vor.
Butter bleibt bei 2.– S, derzeitiger Preis 66.–, Emmentaler
von 2. auf 3.– S, sonstiger Käse im Durchschnitt 4.– auf 4.50,
Speisetopfen 2.– auf 2.50, Schlagobers 2.– auf 3.00, Kaffee-
obers, Sauerrahm und Kondensmilch von 1.– auf 1.50, Vollmilch-
pulver für die Trockenwerke, Vollmilch für Trockenmilch-
erzeugung von 15 auf 20 Groschen, interessanterweise aber
die Magermilch für die Trocknung und Rückgabe soll von
vorgesehenen 10 Groschen auf 5 Groschen gesenkt werden. Insgesamt
würde dies einen Erlös von 592 Mill. S erbringen. Die Löhne und
Gehälter werden mit 100 Mill. S angenommen, eine vollkommen unzu-
längliche Ziffer, der Transportausgleich soll statt 45 Mill.
nur mit 30 Mill. S aufgestockt werden. Auch hier würden statt
der 2 Groschen ca. 1,5 Groschen dem Milchfonds zur Verfügung
stehen. Min.Rat Kurzel erklärt den Bauern sofort, dass dies
vollkommen unzulänglich sei. Bezüglich der Gehälter wird
festgehalten, dass im Vorjahr nach 17,5 Monaten 12 %, mindestens
800.– S pro Monat vereinbart wurden, eine einmalige Zahlung von
300.– S und die Dienstalterszulage um 50.– S, die Belastung war
damals 171 Mio S. Die jetzige Forderung ist eine gleichmässige
Aufstockung der Monatsgehälter von 700.–, zuzüglich von Wünschen
im Rahmenkollektivvertrag. Die derzeitigen Löhne betragen 5.462
bis 7.865 S, für eine Laufzeit von 18 Monaten ist dies in meinen
Augen eine sehr zu vertretende Forderung. Selbstverständlich bin
ich nicht bereit, über die Löhne irgendwelche Gespräche zu
führen, der Hinweis, die Metallarbeiter hätten mit 4,7 % abgeschlos-
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sen und sonst nichts bekommen, ist falsch. Die Angestellten
haben statt Triennien Biennien bekommen und damit ihre Vor-
rückung wesentlich verbessert, die Arbeiter haben 2 Monatslöhne
Abfertigung bekommen und gleich vereinbart, bei der nächsten
Lohnbewegung die volle Angleichung an die Angestellten zu er-
halten. Die Bestrebungen der Bauern, insbesondere des Obmannes
der Milchwirtschaftsfonds Wejwoda, der dann ebenfalls zugezogen
wurde, war zu errechen , dass 462 Mill. zur Verfügung stehen und
damit der Bauern 20,8 gr auf den Erzeugerpreis erhalten kann.
Dem konnte und wollte ich nicht zustimmen. Wir vereinbarten,
dass ich mit der AK und dem ÖGB Gespräche führen werde, ob
sie die vorgesehenen Verbraucherpreiserhöhungen akzeptieren
können. Dann müssten die Lohn- und Gehaltsverträge abgeschlossen
werden. Der Milchwirtschaftsfonds hat dann durchzurechnen,
wie die Belastungen aussehen, insbesondere auch wie es mit
dem Transportkostenausgleich steht und erst dann kann genau
fixiert werden, um wieviel der Erzeugerpreis erhöht wird. Kurzel
hat dies alles zur Kenntnis genommen, gleichzeitig aber darauf
hingewiesen, dass es unmöglich ist, alle die Preise bis zum
1. Juli festzulegen. Ich liess ihm keinen Zweifel, dass die Land-
wirtschaft dies erwartet und wahrscheinlich auch bei einiger
Anstrengung möglich sein muss. Kurzel hat nur neuerdings darauf
verwiesen, dass er dringend eine Schreibkraft braucht. Wir einigten
uns dann auch noch, dass im Prinzip in Hinkunft keinerlei Über-
lappungen, d.h. Getreide-Erzeugerpreisfestsetzung zu einem
anderen Zeitpunkt erfolgen soll, als dann die Verbraucherpreise
korrigiert werden, wie dies in der Vergangenheit geschehen
ist, in Hinkunft geschehen sollte. Wenn Erzeugerpreiserhöhungen
Platz greifen, muss sofort auch der Verbraucherpreis festgelegt
werden. Die Bauern rechnen auf einen einjährigen Rhythmus,
ich erklärte, wenn einmal keine Erzeugerpreiserhöhung erfolgt,
man dann von diesem Rhythmus eben auf zwei Jahre umsteigen muss.
Haiden war mit diesen Ergebnis sehr zufrieden. Abends verständigte
ich dann noch Dkfm. Blaha von der AK und auch er meinte, dies
sei ein guter Abschluss und er wird darüber Zöllner sofort
berichten. Ich kann mir nicht erklären, warum Minkowitsch
und die Bauernvertreter nicht wie in den vergangenen Jahren
einen Agrargipfel mit Kreisky angestrebt haben. Eine Möglichkeit
wäre, dass sie befürchten, Kreisky würde dieses Problem womöglich
mit den Kernkraftwerkfragen koppeln, weshalb sie so schnell wie
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möglich eine einvernehmliche Lösung mit Haiden und mir
anstrebten. Wie dem auch sei, der Abschluss ist, glaube ich,
wirklich für alle akzeptabel. Ich gebe mich allerdings keiner
Illusion hin, dass jetzt noch im Detail viele Teufel stecken
werden und es bis zur endgültigen Festlegung mit 1. Juli noch
viel Arbeitseinsatz und Streit oder zumindestens Diskussion
geben wird.
Eine Aussprache mit Kazda, Wiesmüller, Pleschiutschnig und mir
ergab, dass die soz. Fraktion in Verhandlungen mit dem ÖAAB
versuchen soll, in der Angelegenheit Pleschiutschnig eine
Lösung dahingehend zu finden, dass damit die Angelegenheit
als bereinigt betrachtet werden kann. Unabdingbare Voraussetzung
ist, dass Pleschiutschnig die Agenden für Personalfragen auf-
gibt. Ursprünglich wollte ja der ÖAAB, dass er überhaupt in Hinkunft
keinerlei Kontakt mehr mit Beamten des Hauses haben sollte.
Dies wurde aber von allen Seiten ganz entschieden zurückge-
wiesen. Zur Wahrung des Gesichtes und nach dem Grundsatz, den
der ÖAAB angeblich auch anerkennt, keine Sieger und keines Besieg-
ten, würde ich mich bereiterklären, in Hinkunft Personalangele-
genheiten ohne einen Bürovertreter direkt zu erledigen. Damit
würde man nach aussen hin zu erkennen geben, dass ich Pleschiutsch-
nig nicht desavouiere, weil ja kein anderer die Kompetenz be-
kommt, für mich bedeutet dies eine zusätzliche Arbeit, die ich
aber erstens wegen des Friedens willen und zweitens, um
Pleschiutschnig nicht im Stich zu lassen, auf mich nehme, wenn
ein diesbezüglicher Antrag der Verhandlungspartner an mich
gestellt wird. Offen bleibt dann noch, dass der ÖAAB unbedingt
einen Verweis von mir an Plesch erwartet. Die Vergehen würden
im Rahmen einer Disziplinaruntersuchung, wie mir und Plesch
Jagoda auch versichert, wahrscheinlich zu einem solchen
Verweis führen. Bis jetzt habe ich auch dies dem Personalvertreter-
Obmann Engelmayer nicht zugesagt. Kazda und Wiesmüller sollen
einen weitestgehenden Verhandlungsspielraum haben, um womöglich
eine einvernehmliche Regelung mir vorschlagen zu können. Ple-
schiutschnig wollte von Kazda eine generelle Aufhebung seiner
Schweigepflicht, dies ist – wie Kazda, glaube ich, zurecht
feststellt – gar nicht möglich. Pleschiutschnig stimmt einer
Lösung dann zu, wenn er in Hinkunft die Möglichkeit hat,
sollten persönliche Angriffe vom ÖAAB wieder gegen ihn geführt
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werden, dann sofort mit Klage reagieren kann. In diesem
Fall wäre im einzelnen zu prüfen und dann auch zu genehmigen,
von der Schweigepflicht auf Grund des Diensteides, den er
im Landwirtschaftsministerium leisten musste, zu entheben.
Interessanterweise wurden die Sekretäre scheinbar in anderen
Ministerien wie Beamte vereidigt, während, soweit ich mich
erinnern kann, im Handelsministerium sie nur eine Erklärung
unterschreiben mussten.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte, wie war dies eigentlich bei Euch?
Tagesprogramm, 21.6.1978