Freitag, 4.August 1978
Ein ehemaliger Betriebsratsobmann der Firma Unifrost hat den
jetzigen Betriebsratsobmann Jelemensky beschuldigt, er hat Geld
unterschlagen. Er wurde sofort von Jelemensky geklagt und auch
von erster Instanz schon verurteilt. Der Prozess lauft jetzt in
Berufung. Die Firma will mit dem alten Betriebsrat nichts mehr
zu tun haben, weil dieser als Michael Kohlhaas-Verleumder usw. be-
kannt ist. Sie hat ihn deshalb gekündigt und zwar per 30. Mai 1980,
wo er sein 60. Lebensjahr erreicht und daher in Frühpension gehen
kann. Es stellt sich aber heraus, dass dieser immer wieder im Betrieb
erscheint und alle Leute im wahrsten Sinne des Wortes gegen jeder-
mann aufhusst. GD Seefranz wollte deshalb den Mann jetzt neuerdings
kündigen. Dabei zeigte sich, wie wenig ich in der Sozialpolitik,
Arbeitsrecht zu Hause bin. Meine Sekretäre hatten nämlich sofort
erkannt, dass Teurer ?? bereits gekündigt ist, allerdings mit einem
befristeten Dienstverhältnis eine neuerliche Kündigung gar nicht
mehr erfolgen kann. Die einzige Möglichkeit ist, ihm Hausverbot
zu geben. Die Firma wollte sowieso schon seit längerer Zeit auf alle
Dienstleistungen verzichten.
Seefranz teilte mir mit, dass sie mit den Rapsbauern besprochen haben
heuer für die 3.600 Tonnen, die abgeliefert wurden 6.03 Schilling und
im nächsten Jahr für die 4.000 Tonnen, die sie kontrahieren, d.h.
übernehmen werden, was immer auch mit dem Weizenpreis geschieht,
6.30 Schilling zu bezahlen. Dieses Angebot der Ölindustrie wurde
von den Rapsbauern als zu gering abgelehnt. Es kam also neuerdings,
wie auch heuer, zu keinem Kontakt. Die Fettindustrie wird aber
selbstverständlich ihr Angebot auf alle Fälle aufrecht erhalten
und nächstes Jahr 4.000 Tonnen übernehmen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Erkundige Dich wenn Du zurückkommst, wie
es weitergeht.
Die Firma Meinl will ihr Ölwerk schon seit längerer Zeit veräussern.
Sie hat niemals in den letzten Jahren Investitionen getätigt. Dies-
bezügliche Gespräche wegen Übernahme führte sie mit den Vereinigten
Fettwerken Hirsch. Sie will ihre Eigenmarken weitermachen und ande-
rerseits in ihren Filialen Osolio als zweite Marke führen. Da sie
mit Hirsch nicht zu einem befriedigendem Ergebnis gekommen ist, hat
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sie jetzt bei Unilever ein ähnliches Angebot gemacht. Meinl
ist überzeugt, dass wenn Unilever Bona als zweite Marke in den
Meinl-Filialen führen kann, dafür einen wesentlichen hohen Be-
trag bezahlen sollte. Vor Jahren hat die Unilever CO-OP Salzburg
über die Firma Bleinschein mit dem Lohnvertrag grosszügig abgefertigt.
Meinl sieht darin ein günstiges Präjudiz und möchte unter allen
Umständen ein gleiches Ergebnis. Unilever wird aber den Vereinigten
Fettwerken hier keine Konkurrenz bieten. Interessant für mich war
die Mitteilung, dass auch dieses Werk nicht allzu viel investiert.
Seefranz dürfte darüber sehr unglücklich sein, denn er fürchtet,
dass letzten Endes alle anderen Fettwerke als Unilever nur sehr
geringe Investitionen tätigen und zum Schluss nur mehr Unilever als
Monopolbetrieb dann – ohne dass er es will – übrig bleibt. Die
Schlaglöhne, wie die Verarbeitungskosten dieser Branche heissen,
dürften auf Grund der schlechten Weltmarktpreise doch tatsächlich
sehr gering sein.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte lass die tatsächlichen Verhältnisse genau
prüfen.
Eine chinesische Forstdelegation ist mit über einem Dutzend Mitglieder
nach Österreich gekommen, um hier die Einrichtungen zu studieren.
Da Landwirtschaftsminister Haiden sie nicht begrüssen konnte, habe
ich für ihn diesen Part übernommen. Der Vizeminister Lu Yü-Tschuan ist
mit seiner Delegation prinzipiell, soweit ich zumindestens feststel-
len konnte, zu früh bei jeden Termin gewesen. Natürlich haben ihm
dann die österreichischen Fachleute, Plattner von der Forstsektion,
Sedlmeir vom Holzwirtschaftsrat, Teilinformationen gegeben, wodurch
auch ich einige neue Gesichtspunkte kennenlernte resp. mir alte be-
kannte Ziffern wieder in Erinnerung gerufen wurden. Ich glaube, dass
wir mit Sedlmeier einen wesentlich besseren Kontakt haben könnten.
Dieser ist selbstverständlich brennendst daran interessiert, stärker
auch vom Handelsministerium herangezogen werden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte mehr Bericht erstatten lassen, vielleicht
auch gelegentlich zum Pressefrühstück heranziehen.
Beim vom Holzwirtschaftsrat gegebenen Essen hatte ich Gelegenheit,
den Legationsleiter zu fragen, wie jetzt die Verhältnisse zur UdSSR
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sind. Sedlmeier glaubte mir auch einige Informationen in diesem
Punkt geben zu müssen. An seiner Meinung war ich allerdings über-
haupt nicht interessiert. So viel er weiss, weiss auch ich. Wichtig
war mir zu erfahren, wie der Chinese jetzt über diese Beziehung
denkt. Wie erwartet habe ich dann die stereotypen Antworten bekommen,
die mir bis jetzt jede chinesische Delegation sagte, ja wie ich sogar
von Tschu En Lai vor 6 Jahren hörte. Die Imperialisten, Sowjetunion,
die angreifenden Russen, können zwar China den Krieg erklären, viel-
leicht sogar auch in ihr Territorium eindringen. Zurückkomen werden
sie aber nie, den Krieg wird China gewinnen. Wann dieser Krieg aller-
dings beginnen wird, hängt ausschliesslich von den Russen ab. Die
Chinesen selbst würden niemals angreifen. Meine Frage, ob hier beim
Ussuri eine solche Gefahr besteht, wurde dahingehend beantwortet, dass
es ausschliesslich auf russischer Seite liegt, wann und wo ein Krieg
begonnen wird. Ussuri selbst wird also scheinbar nur als ein unbe-
deutender Zwischenfall abgetan. Der chinesische Geschäftsträger,
der Botschafter ist auf Urlaub, hat mich neuerdings aufgefordert und
gefragt, wann ich denn endlich nach China komme. Scheinbar rechnet
man tatsächlich, dass ich noch einmal in dieser Legislaturperiode
Peking besuche. Ich habe ihm klargemacht, dass in diesem Jahr durch
die Wiener Wahl und dann durch die Volksabstimmung über die Kern-
kraft ein Penking-Besuch vollkommen ausgeschlossen ist. Dies hat
er auch zur Kennntnis genommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie weit haben wir von den Asien-Staaten
Absagen bekommen.
Dr. Neuhold von der Energiesektion fragt, ob er den Abgabepreis für
die RAG sowie für ÖMV mit 99 Groschen festsetzen kann. Da die Ar-
beiterkammer, wie er mir mitteilt, diesem Preis zustimmt, sehe ich
auch keinen Grund mich dagegen auszusprechen. Für mich ist nur wichtig,
dass für die Chemie Linz und vor allem auch für Lenzing als Gross-
abnehmer gewisse Sonderpreise gemacht werden. Die chemische Industrie
schreibt nämlich jetzt fast wöchentlich in den Zeitungen, dass sie
Arbeiter entlassen muss resp. Produkte einstellen muss, die auf den
hohen Gaspreis zurückzuführen sind. Ich glaube dies zwar nicht,
sondern bin überzeugt, dass es sich hier nur um eine Drohung handelt,
doch war von allen Anfang bei der Preisfestsetzung mein einziges
Ziel für die abnehmende Industrie eine Sonderkondition herauszuholen.
Schwierig wird die Preisfestsetzung für die Oberösterreichische Fern-
gas, denn Neuhold hat mir ein ganzes ....... gezeigt, wo dutzende
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von Einzelverträgen zwischen der Oberösterreichischen Ferngas und
den Abnehmern aufgezeichnet waren. Die Idee Neuholds, dass wir
im Preisbescheid nichts über die Einzelpreise, ja nicht einmal
über den Höchstpreis sagen, sondern nur erklären, dass wir die
Preise überwachen werden, ist vollkommen unzulänglich. Die Arbeiter-
kammer würde, wie ich nachher beim Jour-fixe auch feststellte, eine
solche Regelung kategorisch ablehnen. Ich habe deshalb Neuhold emp-
fohlen, er soll versuchen einen Höchstpreis mit der Oberöster-
reichischen Ferngas grössenordnungsmässig 1.24 Schilling festlegen
und wenn dann Verträge existieren, muss die Oberösterreichische
Ferngas mit ihren Vertragspartnern ein spezifisches Arrangement
treffen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte halte Dich auf dem laufenden.
Neuhold teilt mir mit, dass er in seiner Abteilung jetzt nur mehr
allein die Arbeit für die gesamte Preisregelung machen muss. Fach-
oberinspektor Riedler ist erkrankt, sodass auch der Frachtausgleich
für Diesel nicht mehr durchgeführt wird. Da ich an diesem Fracht-
ausgleich gar nicht besonders interessiert bin, bei Benzin gibt es
keinen und die ÖMV macht ihn betriebsintern, müsste dies auch bei
Diesel von der ÖMV möglich sein. Bei Diesel ist sie sogar durch die
Einfuhrbeschränkung für die Internationalen der alleinige Produzent.
Beim Jour-fixe mit AK und ÖGB bringe ich dieses Problem sofort zur
Sprache. Beide Institutionen sind einverstanden, dass wir gegebenen-
falls die ganze Frachtausgliechsregelung aufgeben. Zöllner urgiert
neuerdings die Preisfestsetzung, d.h. in diesem Fall die Reduktion
von Heizöl. Ich verweise darauf, dass GD Bauer mir versichert hat,
mit der Arbeiterkammer in ständigem Kontakt zu sein, jetzt eine neuer-
lich Aussprache mit ihm zu suchen und dann den entsprechenden Vor-
schlag dem Handelsministerium zu machen. Wenn GD Bauer auch als
Fachgruppenobmann die Verhandlungen mit Arbeiterkammer, Zöllner und
Hruby, die auch beim Jour fixe waren, führt, so ist die Arbeiter-
kammer mit dieser Vorgangsweise einverstanden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND SATZINGER: Bitte veranlasst, dass jetzt
endlich diese Gespräche geführt werden.
Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund sind mit der Vorgangsweise
bezüglich der Getreidepreisfestsetzung für Weizen 1979 einver-
standen. Ich erkläre aber dezidiert, dass da jetzt kein Beschluss in
der Preiskommission zustandekommen kann, weil Haiden dagegen ver-
ständlicher Weise grösste Bedenken hat, ich kaum eine wirkliche
Lösung für das nächste Jahr sehe. Trotz der gegenteiligen Meinung
von Zöllner bin ich nämlich fest davon überzeugt, dass im nächsten
Jahr sich niemand vor den Wahlen mit den Bauern einen Krieg anfangen
wird. Wenn es Haiden nicht gelingt, jetzt unmittelbar ein Getreide-
konzept zu vereinbaren, dem auch die Bauernvertreter zustimmen kön-
nen, ähnlich wie dies bei der Milchkontingentierung jetzt gewesen
ist, sehe ich keine Lösung für die absehbare Zukunft. In diesem Fall
wird der Finanzminister weiter die dutzend Millionen Schilling
aufbringen müssen.
Der ÖGB-Sekretär Tumpel sieht, wie er im Jour-fixe wirklich
besorgt vorträgt, für die Stahlindustrie eine einzige Lösung. Es
müsste unverzüglich die automatische Lizenzierung für Baustahl einge-
führt werden und für alle Stahlsorten, die der EGKS unterliegen, so wie
in diesen Staaten auch Basispreise, d.h. Mindestpreise festgelegt
werden. Da ich weiss, dass die VÖEST-Alpine selbst aber unter diesen
Basispreisen importieren will und muss, ersuche ich ihn, doch engeren
Kontakt mit der VÖEST, GD Apfalter, zu halten. Aus der Aussprache mit
Lambsdorff und Honegger konnte ich feststellen, dass dieses Mindest-
preissystem im Rahmen der EGKS überhaupt nicht funktioniert. Wenn
wir daher jetzt eine Lösung gegen die VÖEST Alpine treffen würden,
wenn diese auch jetzt immer erklärt, eine Mindestpreisfestsetzung
wäre ideal, sie selbst aber stets unterlaufen will, dann fürchte ich,
trifft uns allein die Schuld, wenn es wieder daneben geht. Trotzdem
verpflichte ich mich, diese beiden Punkte, automatische Lizenzierung
für Baustahl und Basispreisfestlegung, sofort in Angriff zu nehmen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte auch bei Abwesenheit von Bachmayer
interministerielle Sitzung sofort einberufen.
Mein Bericht über die Gespräche mit den deutschen und schweizerischen
Wirtschaftsministern wird zur Kenntnis genommen. Kienzl stellt
neuerdings fest, dass auch der deutsche Sachverständigenrat jetzt
die Entlastung auf dem Unternehmersektor verlangt, wie ihn die
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deutsche Bundesregierung jetzt mit der Steuersenkung grösstenteils
vorschlägt. Für mich ist es ganz klar, dass auch jetzt von den
österreichischen Unternehmern diesbezügliche Forderungen zu erwarten
sind.
Im Radio höre ich, wie der Präsident der Arbeiterkammer Feldkirch,
der ÖAAB-ler Jäger, Präs. Benya attackiert, dass er zu wenig die
Interessen der Arbeiternehmer wahrnimmt und der Regierung die
Mauer macht. Die einzige Reaktion müsste darauf die sein, dass
bei der Steuersenkung, die ja sicherlich mit 1.1.1979 kommen wird,
nachdem auch die Deutschen jetzt eine diesbezügliche Steuersenkung
vorsehen, innerhalb der Regierung nur den Absatzbetrag zu erhöhen
und dann intern im Rahmen der Sozialpartnerschaft der Handelskammer
zu verstehen zu geben, dass die bei ständigen Attacken der ÖVP,
dass Benya zu wenig die Arbeitnehmerinteressen vertritt, eben zu
solchen Ergebnissen führt. Ich fürchte nur, dass Androsch dies
nicht durchstehen könnte. Dieser wird jetzt gerade in unqualifi-
ziertester Art von Wirtschaftssprecher Keimel attackiert. Die ge-
samte Presse hat sich jetzt auf Androsch gestürzt. Die Taktik war
und ist, den Wählern der SPÖ zu zeigen, wie er angeblich durch
seine Firma Consultatio Millionen verdient und dadurch unseren Wählern
abspenstig gemacht werden soll. Keimel hat dann darüber hinaus
ähnlich wie dies bei seinen Attacken gegen mich wegen der ägyptischen
Müllagerung über offene Briefe resp. den ÖVP-Pressedienst wirklich
unqualifizierte persönliche Angriffe gestartet. Wenn auf diesem
Niveau jetzt in den nächsten 1 1/2 Jahren bis zu den nächsten Wahlen
verhandelt wird, dann weiss ich wirklich nicht, wo dies hinführen
soll. Ich hätte wahrscheinlich an Androschs Stelle schon längst
erklärt, unter diesen Umständen mich aus der Politik zurückzuziehen.
Das schlimme ist nur, dass man damit der ÖVP wahrscheinlich den
grössten Gefallen tut, dass sie vielleicht sogar auf diese unsach-
liche und unqualifizierte Art erreichen will, was ihr sonst bei einer
sachlichen Auseinandersetzung kaum möglich wäre.
Koppe, VKI, teilt mir mit, dass er bereit ist die übernommene Arbeit
für den Pressedienst, Aufklärungskampagne für Volksabstimmung zu
übernehmen. Solange er jetzt auf Urlaub ist, wird Welser diese Arbeit
machen. Bedenken hat Koppe nur, dass jetzt Handl vom Atomforum, also
der Industrieorganisation als Pressedienstherausgeber aufscheint.
Handl war bei ihm und hat ihm diesbezügliche Andeutungen gemacht.
Koppe stellt richtig fest, wenn der Absender für den Pressedienst,
sei er auch noch so gut getarnt, auf die Industrie zurückzuführen ist,
dann sofort von den Atomgegnern die notwendige Diskriminierung für
diese Arbeit erfolgen wird. Nach der letzten Entwicklung kann man da-
mit rechnen, dass auch die ÖVP ganz hart attackieren wird. Koppe
ist nach wie vor der Meinung, dass ein neutraler Verein oder gar
ein Proponentenkomitee aus Wissenschaftlern und Fachleuten, die pro
Kernkraftwerk eingestellt sind, das richtige Herausgeber-Forum wäre.
Ich habe diesbezüglich mit Bandhauer sofort Kontakt aufgenommen, der
diese Frage klären wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte verfolge dies, damit nichts passiert.
Tagesprogramm, 4.8.1978