Dienstag, 29. August 1978
Der jugoslawische Botschaftsrat Soskic verabschiedet sich
und stellte seinen Nachfolger vor. Leider steht auf meinem
Programm nicht sein Name, daher weiss ich von ihm überhaupt nichts.
Bei dieser Gelegenheit wird von Soskic wieder das alte Problem
einer speziellen Vereinbarung resp. Vertrages zwischen Slowenien
und Kroatien und Kärnten und Steiermark ähnlich dem Accordino
angeschnitten. Zu meiner grössten Verwunderung teilte er mir
mit, dass im Handelsministerium und auch in der Handelskammer
ihm gesagt wurde, dass sich die Situation jetzt verbessert hätte
und die Möglichkeit eines solchen Abschlusses wesentlich leichter
gegeben ist. Da mir aber bekannt ist, dass aus Verfassungsgründen
eine ähnliche Regelung wie im Accordino vollkommen unmöglich ist,
frage ich, wer ihm eine solche Hoffnung gemacht hat. Das Accordino
wurde unter Ausserachtlassung der Verfassungssituation unmittel-
bar nach dem zweiten Weltkrieg aus aussenpolitischen Gründen, mehr
aber noch aus innenpolitischen Tiroler Gründen geschlossen und
eine Wiederholung erscheint jedermann heute unmöglich. Das Accordino
spielt auch im Zuge der Integration und des EG-Vertrages eine
immer unbedeutendere Rolle. Aus verfassungs- und wirtschaftspoliti-
schen Gründen erscheint deshalb der Wunsch dieser Bundesländer
und Jugoslawien vollkommen unmöglich hin zu erfüllen. Die einzige
Möglichkeit besteht darin, dass Vereinbarungen, ja vielleicht so-
gar Verträge geschlossen werden, die deklaratorischer Natur sind
und wo man auf die Möglichkeit einer engeren wirtschaftlichen Zu-
sammenarbeit hinweist. Eine solche Vereinbarung bringt nichts, ist
rein optisch, vielleicht aber aus dem Grund, um Jugoslawien zu
zeigen, dass man trotz des Sprachenstreites an einer besseren Zu-
sammenarbeit interessiert ist, von aussenpolitischer Bedeutung. Dies
hatte ich auch seinerzeit dem jetzt nicht mehr im Amt befindlichen
Aussenhandelsminister Ludviger gesagt. Ich will mit den beiden auch
das Problem der Rotation, alle drei Jahre wechseln dort die
Minister und die Spitzenführungsgremien der der anderen Organisationen
diskutieren, doch gehen beide auf dieses Problem erst gar nicht
ein.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass prüfen, wieso und wer diese Aus-
kunft wegen Accordino-ähnlichem Vertrag gegeben hat und was wir wirk-
lich optimal mit Jugoslawien an optischen Verträgen anbieten können.
SChef Kazda teilt mir mit, dass Degischer jetzt doch endlich
sein Ziel geschafft hat und in den Verwaltungsgerichtshof als Richter
kommt. Aus der Abteilung Schwarz ist dann ein zweiter wirklich
guter Mann nach Wiesmüller abgewandert. Schwarz hat Kazda dezidiert
erklärt, er denke nicht daran, scheinbar selbst wenn er eine
Gruppe bekommt, zu Wanke in die Industriesektion zu gehen. Ich
vereinbare mit Kazda, wir müssen daher unsere ganze Personalpolitik
in dieser Frage mit den Betroffenen neuerdings besprechen. Ich
werde bei der nächsten Sektionsleitersitzung neben dem Budget
Personalfragen primär besprechen müssen.
ANMERKUNG AN ALLE: Bitte für die nächste Sektionsleitersitzung
jetzt bereits alle Themen auf eine Tagesordnung zusammenschreiben.
Der ORF-Hörfunk, Dr. Kattinger, macht mit mir ein Interview und
erklärt freimütig, er kann es erst am nächsten Tag senden,
da am Montag er von unserem Pressefrühstück etwas gebracht hat
und seiner Meinung nach es unmöglich ist, wenn alle Tage derselbe
Minister zu hören ist. Ich teile diese Meinung vollkommen. Mir ist
nur aufgefallen, dass scheinbar der ORF auch nur wenig konkretes
Informationsmaterial besitzt, weshalb er, wenn man so sagen darf,
auf Konserve aufnimmt. Dringendst notwendig erscheint deshalb, dass
wir eine Informationspolitik betreiben, wie dies früher geschehen
ist, wo genau temperiert dem Fernsehen und Rundfunk, noch immer
das wichtigste Glied in den Massenmedien, zeitgerecht entsprechende
Informationen angeboten werden. Wir müssen jetzt endlich die Per-
sonalfrage Puffler lösen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Heindl Termin ausmachen.
MR Burian, der Aufsichtsrat des Handelsministeriums in den Ill-Werken,
wird von mir über die Aussprache mit Dr. Reich und Peter auf der
Bielerhöhe genau informiert. Burian selbst hat auf Grund des
jetzigen Schiedsverfahrens und damit gelieferten Unterlagen in einer
Aktennotiz mir gegenüber die Meinung vertreten, es müsste der Rech-
nungshof und vielleicht auch sogar die Finanzprokuratur aufge-
fordert werden, die Vorgänge unter der öffentlichen Verwaltung,
aber dann auch unter den Organen bis zu meiner Kompetenzübernahme,
d.h. die Zeit, wo im Verkehrsministerium die Energie ressortierte,
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genau geprüft werden. Reich hat als Direktor ungeheure Detail-
arbeit bezüglich der Ergründung dieser Zeit und des Verhält-
nisses der österreichischen Vorstände zu den Deutschen Organen
genau untersucht resp. führt noch genaueste Untersuchungen. Der
Auftrag, den ich dem Vorstand, wie ich das erste Mal von diesem Ver-
gehen gehört habe, gegeben habe, nämlich alles Material genauest
zu prüfen und dann einen entsprechenden Bericht vorzulegen, kann
erst nach Abschluss des Schiedsgerichtsverfahrens, damit dieses nicht
gefährdet wird, endgültig abgeschlossen werden. Burian teilt diese
Auffassung – er hat sie auch stets vertreten – und schlägt deshalb
vor, dass ich den mündlichen Bericht, den ich in der Bielerhöhe
bekommen habe und den ich jetzt, nachdem ich ihm gestern bereits
Frank erzählte, ihm ebenfalls mitteile in Form eines Aktenvermerkes
in den Akt, der die ganze Angelegenheit betrifft, einbauen wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte lass Dir den Akt dann – bevor er
bei Burian dann weiterbearbeitet wird – vorlegen, damit wir dar-
über sprechen können.
Bei der Budget-Vorbesprechung des Handelsministeriums für das
nächste Jahr mit Kazda, Burian und Marhold kann ich einleitend mit
Befriedigung feststellen, dass das System, wie ich es seit dem
Jahr 1970 handhabe, natürlich für das nächste Jahr angewendet wird.
Marhold hat mit Kaber alles bis in die letzten Details nicht nur
besprochen, sondern, ich glaube, auch abgestimmt. Die offenen Fragen,
die Burian vor einiger Zeit meinte, müssten noch zwischen den
Ministern geklärt werden, haben sich so wie in der Vergangenheit
auch immer als gar keine Ministerlösungen herausgestellt. Darüber
bin ich sehr froh, denn ich hätte gerade jetzt bei dem nächstjährigen,
sehr kritischen Budget nicht gerne mit dem Finanzminister über
Erhöhungen in meinem Ressort diskutiert. Durch das Entgegenkommen,
das Marhold, auch Wünsche des Finanzministers, z.B. Übernahme von
Subventionen, Brucknerhaus-Ausstellung, Reitverein, Bad Aussee,
Staatsopernbesuch in Amerika usw. hat Kaber selbst dann, wenn bei uns
im Haus oder selbst bei mir Bedenken für einzelne Fragen aufgetaucht
sind, das Finanzministerium immer dafür gewonnen, den finanziellen
Ausgleich dafür zu bekommen. Darüber hinaus ist durch seriöse
Unterlagen das Finanzministerium wirklich überzeugt, dass die
Budgetgebarung bei uns nach den von der Regierung gefassten Richt-
linien abgewickelt wird. Ich bin über diese Situation und Ent-
wicklung sehr zufrieden. Nichts wäre mir unangenehmer gewesen,
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als gerade für das nächstjährige Budget mit dem Finanzminister
grössere Differenzen zu haben. Er soll nie sagen können, dass
durch die Budgetpolitik des Handelsministers sich sein Defizit
resp. seine schwierige Budgetsituation mitergeben hat. Ich
weiss nicht, wie ich an seiner Stelle gehandelt hätte. Ich bin
nur – wieder einmal möchte ich dies erwähnen – froh, dass ich
nicht dieses Ressort, gegen das ich mich immer mit aller Ent-
schiedenheit gewehrt habe, bekommen habe. Meine Konzeption wäre
nämlich auch nicht aufgegangen. Als alter Deficit-Spending-Mann
hätte ich wahrscheinlich eine ähnliche Politik gemacht, um die
Wirtschaft so einigermassen auf Touren zu halten. Durch die
harte Schillingpolitik aber und die scheinbar daraus resultierende
relative grosse Stabilität im Preisniveau, wäre allerdings mein
Inflationskonzept nicht aufgegangen. Damit wäre ich in einem ungeheuren
Dilemma gesteckt. Wie Androsch resp. Kreisky dies lösen wird, bin
ich schon sehr gespannt.
Botschafter Hinteregger geht jetzt von Madrid nach Moskau, wo er
schon vor 20 Jahren in der Botschaft gearbeitet hat. Da er sowohl
spanisch als auch russisch beherrscht, hat er diesen Posten resp.
wird er diesen Posten optimal erfüllen. Er bestätigt mir neuerdings,
dass es selbst im Westen notwendig ist die Landessprache zu kennen,
um wirklich entsprechende Kontakte knüpfen zu können und damit
nicht nur von den Informationen auf den Cocktailpartys der einzelnen
Botschaften immer angewiesen zu sein. Hinteregger wird sich ganz
besonders der wirtschaftlichen aussenhandelspolitischen Situation
widmen. Wir unterhalten uns über die Einzelprobleme. Leider ist
weder Meisl noch Fälbl anwesend. Hinteregger wird aber noch eine
Round-Table-Konferenz, wie es alle ausgehenden Botschafter von
uns als Service angeboten bekommen, mit Meisl besprechen.
ANMERKUNG ANS SEKRETARIAT: Bitte in Hinkunft bei dem Tagesprogramm-
Erstellen die davon betroffenen Beamten ebenfalls für den Zeitpunkt
bereitstellen lassen.
Gen.Dir. Bauer und Feichtinger von der ÖMV sind zu meiner grössten
Überraschung bereit dem Gewerkschaftsbund und vor allem auch mir
gewisse Preiskonzessionen zuzugestehen. Sie wollen aber nicht einmal
formell mit der Arbeiterkammer verhandeln. Sie erklären, sie haben
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immer das Gefühl dort als Angeklagte behandelt zu werden, ob-
wohl sie mit Kooperationsbereitschaft zu Kompromissverhand-
lungen hingehen. Nur mühsam gelingt es mir, sie davon zu über-
zeugen, dass sie auf alle Fälle neben dem Gewerkschaftsbund
auch mit der Arbeiterkammer als gesetzliche Interessensver-
tretung und vor allem auch in der Preisbehörde alleinige Ver-
tretungsstelle der Konsumenten verhandeln müssen. Ihr Angebot
wird genauso wie mir gegenüber darin bestehen, für Heizöl extra
leicht, wo der amtliche Preis 3.20 Schilling festgelegt wurde,
einen 20 Groschen freiwilligen Rabatt zu geben. Das System wäre
dasselbe, wie sie es bei den Benzinen handhaben. Bei Diesel mit
6.10 Schilling amtliche Preisregelung und auch tatsächlich auch
an den Tankstellen verlangten, wollen sie keine wie immer geartete
Konzession machen. Ebenso teilen sie meine Meinung, dass es ganz
unzweckmässig wäre, den Benzinpreis, der sowieso durch die Rabatte
unterboten wird, jetzt amtlich zu senken. Ich verlange nach wie vor,
dass auch der Heizöl-Schwer-Preis, der mit 1.350 Schilling die Tonne
von der Paritätischen Kommission festgelegt wurde, ebenfalls ent-
sprechend rabattiert werden muss. Die ÖMV wird jetzt mit den Inter-
nationalen interne Verhandlungen aufnehmen, damit, so wie dies auch
beim letzten Mal der Fall war, ein gemeinsames Anbot auf Grund
meines Appells und der Forderung der Arbeiterkammer mir vorge-
schlagen werden kann.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte auf nächstes Jour fixe AK, ÖGB
setzen.
Gen.Dir. Wolfsberger von Siemens wird von mir informiert über die
Bescheidpolitik des Gesundheitsministeriums. Nicht zuletzt auf
Drängen der GKT, dass sie endlich wissen möchten, welche Forderungen
die Aufsichtsbehörde für die Inbetriebnahme des Kraftwerke Zwenten-
dorf setzen wird, wurde beim letzten Bescheid über die Genehmigung
des Kompaktlagers nach der Rechtsmittelbelehrung ein Hinweis
aufgenommen, der eben die Lagerpunkte festlegt. Sowohl über
die Zwischenlagerung als über die Endlagerung werden erstmals
schriftliche Formulierungen in einem Bescheid aufgenommen. Wolfs-
berger sieht das weniger kritisch als ich, da er meint, obwohl
es nicht in dem Bescheid drinnen steht, man könnte diese geologischen
Lager auch selbstverständlich im Ausland auf Grund dieser Formulie-
rung errichten. Dann wäre der Forderungspunkt Standort erfüllt.
Ich bin überzeugt, hier wird es noch grosse Schwierigkeiten
geben.
Bezüglich der finanziellen Unterstützung der Aufklärungskam-
pagne erklärt sich Wolfsberger mir gegenüber sofort bereit, die
Plakatierungskosten durch die Industrie zu übernehmen. Heindl
hat vollkommen richtig entschieden, wie mir Wolfsberger bestätigt,
als er darauf bestand, dass die Plakatierungsflächen reserviert
werden müssen. Die Plakataktion soll angeblich nur 1.5 Mio Schilling
ausmachen, was ich allerdings bezweifle. Wolfsberger möchte am
liebsten diese Aktion über das Atomforum abwickeln, ich empfehle
ihm dafür aber eher die Organisation Pro Zwentendorf heranzu-
ziehen. Wolfsberger ist damit ebenfalls einverstanden und wird dies
noch mit Bandhauer im Detail besprechen.
Mit Bandhauer, Heindl, Satzinger bespreche ich in der SPÖ Land-
strasse die Zeitungskampagne und Plakataktion. Bandhauer hat
grosse Bedenken, ob die Druckkostenbeiträge für Extrablatt,
66.000 Schilling, Der Selbständige, 2 Seiten, ebenfalls 66.000
Schilling, Heute, 75.000 Schilling und bei Forum, wo Müller vom
Atomforum resp. Pro Zwentendorf, Nenning selbst, aber auch Blau
schreiben wird, neben den Tageszeitungsannoncen nicht von ÖVP-
Elektrizitätsmanagern dann als Grund genommen wird, um von der ge-
meinsamen Aktion abzuspringen. Heindl argumentiert, dass er alle
diese Probleme grösstenteils auf Wunsch der Elektrizitätswirt-
schaft, GD Erbacher, oder auch des mit der Durchführung betrauten
ÖVP-Vertreters eingehend besprochen hat. Heindl ist verärgert, wie
er mir nachher unter 4 Augen mitteilt, weil er sich die ganze Zeit
den Kopf zerbricht, sich dafür einsetzt, dass die Kampagne ent-
sprechend läuft, sich wirklich, wie man so sagt, zerspragelt und dann
bei den eigenen Genossen so grosse Schwierigkeiten hat. Anderer-
seits ist Bandhauer ehrlich bestrebt Lösungen zu finden, die innerhalb
der Elektrizitätswirtschaft keine Schwierigkeiten oder zumindes-
tens nur geringfügige Schwierigkeiten bereiten. Das Hauptproblem
besteht meiner Meinung nach darin, dass z.B. Dorn von der SPÖ,
Zentralsekretariat, allen Ernstes glaubt, man kann bei einer solchen
Aktion gleich gewisse pressepolitische Fragen lösen und Finanzierung
vornehmen und in einer Überheblichkeit, womöglich noch im Befehlston
glaubt, jedermann dazu zwingen zu können. Einmal mehr stelle ich
fest, dass immer wieder durch ungeschicktes Verhandeln, oft auch
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durch persönliche Mißverständnisse bedeutende Fragen und
Lösungen dadurch gefährdet werden. Da ich weiss, dass dies auch
in der grossen Politik – und zwar nicht nur in Österreich –
auch nicht anders ist, beginne ich manchmal wirklich zu zweifeln,
ob die Sachentscheidung, die Sachlösung, die Sachfrage das Ent-
scheidende ist oder nicht doch vielleicht nur die persönliche
Aversion oder persönlicher guter Kontakt der Leute, die sie
durchzuführen haben.
Im Präsidium von der Landstrasse kann ich feststellen, dass
wirklich während meiner Urlaubszeit ungeheuer viel geschehen ist
und dass dieses Team Heindl, Sallaberger, Sevcik mit der Sekretärin
Tischler zusammen und natürlich auch noch anderen viel geleistet hat.
In der Sektionsleitersitzung, wo es früher auch kritische Bemerkungen
gegeben hat, wie denn eigentlich der Wahlkampf wird abgewickelt
werden, sind deshalb diese Vorurteile beseitigt und die Kritiken
verstummt. Auch mein politischer Bericht wird nur harmlosest dis-
kutiert. Dies ist aber, glaube ich, darauf zurückzuführen, dass Heindl
während meiner Abwesenheit bereits über Fragen Grundstücke der
Gemeinde, Androsch, ÖVP-Kampagne usw. berichtet hat, wie er mir be-
reits vorher erzählte. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre,
wäre ich über die Friedhofsruhe zu diesen Punkten in unserem Be-
zirk sehr beunruhigt.
Tagesprogramm, 29.8.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)