Dienstag, 21. November 1978
In der 50. Sitzung des Beirates nach dem Gewerbestrukturverbesserungs-
gesetz ergab sich eine äusserst interessante Diskussion. Die einzelnen
Aktionen der BÜRGES nehmen ständig zu und werden heuer ihr 6 Mia
Schilling Kreditvolumen aufgrund der letzten Ziffern von Jänner bis
Oktober garantiert erreichen. Obwohl die Anträge nach dem Gewerbe-
strukturverbesserungsgesetz um mind. 7,8% zurückgegangen sind, nimmt
das Kreditvolumen um 5% zu. Die Summe von 3,2 Mia Schilling konnte
nur deshalb erfüllt werden, weil eben die entsprechenden Zinsen der
BÜRGES herangezogen werden mussten. Die Zinsvorgriffe für das Jahr
1979, welche der Geschäftsführer Hönlinger gerne bereits jetzt ver-
brauchen würde, wurden ihm nicht genehmigt. Jagoda hat mit Recht
vorgeschlagen, dass man jetzt im Dezember noch mit der Überprüfung
der Anträge alles vorbereiten soll, damit im nächsten Jahr dann die
Auszahlungen sofort erfolgen könnten. Ich bin auch der Meinung, man
soll Zinsen erst in dem Jahr einsetzen, in denen sie zumindestens
anfallen. Ich halte gar nichts davon, wenn man aus welchen Gründen
immer, jetzt bereits die nächstjährigen Zinsen heranzieht. Bei dieser
Gelegenheit hat Hönlinger sich bitter beschwert, dass die BÜRGES
beim Exportfonds 300 Mio Schilling zu 5,5 resp. 6% Verzinsung anlegen
muss. Bei den Banken hat sie 80 Mio veranlagt und bekommt dafür 7,5–
8%. Der Exportfonds weist einen Gewinn von 6 Mio Schilling aus und
Hönlinger meint, dies ist nur darauf zurückzuführen, weil eben von
der BÜRGES die Gelder so günstig für den Exportfonds dort veranlagt
sind. Bis zu meiner Zeit hat das Finanzministerium nichts dagegen
eingewendet, die Gelder bei Banken zu veranlagen. Erst durch Jagoda
ist es geglückt, das Finanzministerium zu überzeugen, man soll der
BÜRGES die Mittel, die ihr aufgrund des Budgets zustehen, auch dann
überweisen, wenn diese nicht sofort zur Auszahlung gelangen und da-
durch erste kann die BÜRGES überhaupt zinsgünstig Anlagen vornehmen.
Zwischen der Überweisung und der Auszahlung liegt eben ein Spiel-
raum der zinsenmässig gut genützt werden kann. Jagoda verwies deshalb
Hönlinger darauf, dass alle Änderungen nur im Einvernehmen mit dem
Finanzministerium getroffen werden können. Das Finanzministerium
legt derzeit grössten Wert darauf, den Exportfonds und auch die Hotel-
treuhand durch diese billigen Kredite zu unterstützen. Jagoda hat dann
vorgeschlagen, man soll mit dem Kommissär MR Kaber, der für das
Handelsministerium zuständig ist und auch in der BÜRGES sitzt, im
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Finanzministerium Verhandlungen führen, um eine zumutbare Grenze
für die BÜRGES festzulegen, wieviel also beim Exportfonds - man
spricht von maximal 400 Mio Schilling – resp. bei der Hoteltreu-
hand angelegt werden sollten.
Der Ministerrat war diesmal so kurz, obwohl an die 30 Punkte zur
Debatte resp. Beschlussfassung standen, dass die Journalisten über-
rascht waren, als ich nach 10 Minuten bereits wieder auftauchte.
Ich bin dort sozusagen immer das Signal, dass sie sich ins Presse-
foyer begeben sollen, wenn ich – meine Frau würde sagen im Schweins-
galopp - den Ministerrat verlasse.
Bei der Verleihung des Staatspreises für Verpackung kommen scheinbar
überhaupt nur mehr die Preisträger. Wir sind nicht mehr imstande,
auch nur 2 Dutzend Leute, die nicht unmittelbar davon betroffen sind,
zu mobilisieren. Ich bedankte mich dem bisherigen Präsidenten Poppo-
vic, der von 1972 bis heuer die Geschäfte des Instituts für Ver-
packungswesen und vor allem auch einen Teil der 22 Auszeichnungen
geleitet und organisiert hat. Der neue Präsident Brommer von der
Glasfabrik Stölzle wird hoffentlich auch so gut mit dem Sekretär Dr.
Ketzler zusammenarbeiten. In einer Vorbesprechung hatte ich darauf
verwiesen, dass jede Seele einer Organisation immer der Sekretär
ist. In der Sitzung bedankte ich mich dann bei ihm besonders, weil
jetzt das Institut eine Studie über die Einwegverpackung ausarbeitet.
Die von der Industrie mir zugesagte Selbstbeschränkungsabkommens-
studie habe ich bis heute nicht erhalten.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte die Industriesektion soll endlich ur-
gieren, wo diese bleibt.
MR Stecker aus der Bundesrepublik Deutschland hat dann über die EG
Verpackungsnormen referiert. Interessant für mich war, dass dort ein –
wie er sich ausdrückte – Nord-Süd-Gefälle liegt. Die Anordnungen werden
in Italien weniger beachtet als in der Bundesrepublik. Die EG-Richt-
linien, die einstimmig vom Rat beschlossen wurden, können jetzt ein-
geklagt werden. Anpassungsvorschriften bedürfen nicht mehr der quali-
fizierten Mehrheit und können auch von der Kommission erlassen werden.
Stecker behauptete, dass es sich dabei um keine non-tariff-barriers
technische Handelshemmnisse handelt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass von der Aussenhandelssektion diese
Behauptung prüfen.
Eine grosse Delegation steirischer Bauernbündler hat im Handels-
ministerium vorgesprochen und vor dem Handelsministerium ihre Plakate
aufgestellt und den Lautsprecherwagen eingesetzt. Die aus rund 20
Personen bestehende Gruppe als Sprecher, mit einer Bäuerin sogar,
ist dann erschienen und hat mir eine Resolution überreicht. Anfangs
war es sehr schwer, sachlich mit ihnen zu diskutieren. Wenn z.B.
von ihnen behauptet wurde, die Regierung ist schuld, dass der Mais-
preis verfallen ist und ich ihnen dann nachweisen konnte, dass vor
Wochen schon Landwirtschaftsminister Haiden bereit war, ein Sperr-
lager zu genehmigen, die Landwirtschaftskammer damals aber kategorisch
ablehnte und auf keinerlei Vorschläge Haidens eingehen wollte, dann
war dies eine logische Erklärung, wurde aber von der Delegation
sicherlich nicht akzeptiert. Die einzige Reaktion war, was macht die
Regierung aber weiter jetzt, um den Preisverfall zu verhindern. Beim
Ölsaatenprojekt wieder konnte ich nachweisen, dass in der ÖVP-Zeit
dieser Briefwechsel, den ich jetzt auch Mussil zur Verfügung stellen
werde, abgegeben wurde. Zuerst zeigte man sich daran sehr interessiert,
als dann MR Bachmayer mit den Unterlagen kam, haben sie nach Ende der
Vorsprache nicht einmal mehr sich die Zeit genommen, die Details von
Bachmayer zu hören. Der Hauptvorwurf gegen mich war, dass ich seit
1972 nicht mehr in Brüssel gewesen bin. Dass die Landwirtschafts-
minister – und jetzt gerade Haiden – sich in Brüssel befinden, um
ihre Probleme mit den zuständigen Kommissionsmitgliedern und den
Beamten dort zu besprechen, wurde von ihnen nicht akzeptiert. Die
Zielrichtung der ÖVP-Propaganda wird dieselbe sein, wie sie auch in
den vergangenen Jahren war. Nach den Osten fahre ich – als wie wenn
ich dies zu meinem Vergnügen machen würde – aber nach Brüssel bin ich
nicht bereit zu gehen. Ich glaube, ich muss wirklich einmal einen Tag
nach Brüssel fliegen, um diesem Vorwurf zu entgehen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass feststellen, wann sich eine günstige
Gelegenheit dafür bietet.
Ein wirkliches Problem stellt die derzeitige Holzversorgung dar. Im
Holzwirtschaftsrat wurde angeblich einstimmig beschlossen, dass grössere
Mengen exportiert werden können und das Handelsministerium hat dies
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dann nicht zugelassen. Ausserdem nehmen nach Meinung der stei-
rischen Bauern die Importe von Holz aus den Oststaaten ständig zu.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte prüfen lassen und Bericht vorlegen.
Das wirkliche Problem ist aber die Obst- und Gemüseeinfuhr, insbesondere
die Krenerzeuger, angeblich tausende Bauern in der Steiermark,
die jetzt nicht mehr um 15 Schilling nach Deutschland, sondern nur
mehr um 12,80 Schilling exportieren können, weil dort die Ungarn
den Markt zusammengeschlagen haben. Gleichzeitig wird behauptet,
dass auch nach Österreich in immer stärkerem Masse Kren oder auch
Gurken, die gar nicht eingelegt sind, sondern nur mit einer Salzlake
als Einleggurken getarnt in ganzen Waggons kommen, den österreichi-
schen Markt empfindlich stören. Ich versprach ihnen, ihre Resolution
genau zu beantworten.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass bei Obst und Gemüse, insbesondere
Kren die Situation genau prüfen und darstellen.
Vizepräsident Seidl berichtet mir von seiner Aussprache mit Lenzing,
GD Winter, und er, sozusagen auf der einen Seite und Ebeling von der
Mobil und Schachinger auf der anderen für die RAG. Die Lenzinger meinte
bei 1 Mia Schilling, die sie jetzt schon für das Gas insgesamt bezahlt
haben, müsste es möglich sein, ihnen die 4,5 Mio Schilling, d.h. den
halben Leistungspreis für heuer zurückzuerstatten. Die RAG hat alles
kategorisch abgelehnt und zwar, wie Seidl glaubt, aus Angst für die
präjudiziellen Folgen für Chemie Linz und Steyrermühl. Er selbst
hat mir vorgeschlagen, es wäre vielleicht möglich, wenn man für 1978
für Lenzing 160 Mio cbm Bezug 4 Mio Schilling, Chemie Linz 120 Mio cbm
Bezug von der RAG ebenfalls 4 Mio Schilling und für die Steyrermühl
1 Mio Schilling Vergütung erreichen könnte und damit die Frage als
erledigt bis 1980 bezeichnen könnte. Ich bin mit diesem Vorschlag
einverstanden, wenn es Seidl gelingt, ein Einvernehmen zwischen den
3 Firmen und der RAG zu erzielen. In diesem Fall würde ich dann dieses
Kompromiss akzeptieren. Sollte Seidl wieder auf taube Ohren stossen,
dann bleibt nichts anderes übrig, als die notwendigen Preisregelungen
zu veranlassen. Dass dann die RAG nicht annähernd ihren gewünschten
Leistungspreis bekommt, habe ich Seidl ersucht, soll er unbedingt den
Vertretern klarmachen.
In der Fraktion des Handelsausschusses Unterausschuss für das
Europäische Patentübereinkommen hat der Abg. Teschl eine Infor-
mation gehabt, die andere Ergebnisse bezüglich der Beitritte zur
EPÜ, z.B. für Schweden aussagte, als das Patentamt mir immer mit-
teilte. In der Ausschussitzung hat dann Abg. Fiedler dieselbe Infor-
mationsquelle besessen und natürlich entsprechende Fragen gestellt.
Diese wurden meiner Meinung nach von den Vizepräsidenten des Patent-
amtes zweckmässig behandelt und beantwortet. Mir ist vollkommen un-
erklärlich, wie bei diesen Aussprachen immer Präs. Leberl abwesend
sein kann. Ich verstehe, dass er gewisse Auslandsverpflichtungen hat,
ich verstehe aber nicht, dass er sich diese aber so immer einteilt,
gerade zu diesem Zeitpunkt zu fehlen, wo im Parlament seine Gesetze
verhandelt werden. Die von der sozialistischen Seite vorgeschlagenen
Experten von EUMIG und KORESKA, sicher keine Genossen, sowie Hartig
von der Industriellenvereinigung waren zwar alle erschienen, konnten
aber im Unterausschuss noch nicht in Erscheinung treten, weil erst
der Präsident ihre Nominierung bestätigen muss und sie im nächsten
Unterausschuss erst speziell geladen werden. Die ÖVP hat interessanter-
weise einen Beamten des Patentamtes als ihren Experten bezeichnet und
delegiert. Man könnte darüber geteilter Meinung sein, ob es wirklich
zweckmässig ist, ihn in diese eigenartige Situation zu bringen. Er ist
auf alle Fälle weisungsgebunden und muss dort gegebenenfalls als Ex-
perte der ÖVP gegen das Amt aussagen. Ich hoffe nur, dass Leberl
nicht den Fehler macht und auf seine Weisungsgebundenheit hinweist.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die schwedischen Unterlagen von Teschl
verlangen und mit Leberl möchte ich unverzüglich ein Gespräch führen.
In der ÖGB-Fraktion berichtete Kreisky über die politische Situation.
In der Debatte hat Benya dann einmal mehr festgestellt, dass zwischen
Partei und der Gewerkschaft, insbesondere aber zwischen Regierung und
Gewerkschaft keine Differenzen bestehen. Benya meint nur, wir müssten
wesentlich stärker unsere Aktivitäten entfalten, damit wir die nächsten
Wahlen gewinnen können. Da für die Journalistengewerkschaft Nenning
anwesend war, hat er ihn wegen des Profil-Artikels hart attackiert.
Benya meinte, wenn er sich dies so leicht macht, um gewisse Leute zu
befriedigen und sozusagen zu schreiben, was immer er glaubt, auch
dann, wenn es nicht den Tatsachen entspricht, dann wird er in der
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Gewerkschaftsfraktion einen schweren Stand haben. Die Behauptung,
Benya hätte Kreisky in die Volksabstimmung resp. überhaupt in das
Atomdebakel hineingetrieben, sei eine unzulässige Aussage. Andere
Diskussionsredner wie die Bauarbeiter, aber auch Lachs haben dann
Nenning hart attackiert. Nenning versuchte darzulegen, dass er im
Profil schreibt, um gewisse Kreise, die das Profil lesen und mei-
nungsbildend sind, mit unseren Ideen zu beeinflussen. Da hat er
sicherlich recht. Nur die Art und Weise, wie jetzt Journalismus
betrieben wird, halte ich für eine Entwicklung, die früher oder
später die politische Landschaft sehr verändern kann und sicherlich
auch wird. Ich habe Nenning – um ihn nicht auch noch in offener
Sitzung anzugreifen – nachher diese, meine Meinung klargemacht.
Benya in seiner unmittelbaren harten Art hat Nenning hart getroffen,
Kreisky war da viel eloquenter und besonders darauf verwiesen, was
letzten Endes doch alles die sozialistische Regierung geleistet hat,
welches natürlich weder vom Profil noch von anderen Zeitungen aner-
kannt wird. Interessant für mich war aus dem Referat Kreisky, dass
er entgegen der Vereinbarung mit den Ford-Leuten, darüber zu schwei-
gen, doch jetzt konkrete Informationen über das grosse Projekt gege-
ben hat. Ford wird eine Produktion nach Wien verlegen, die 8.000 Be-
schäftigte benötigt. Ich weiss nicht, ob die Ziffer von 220.000 Stück,
von denen nur 80.000 nur im Export gehen sollen, stimmt. Ich kann
mir nicht vorstellen, dass dies die tatsächliche Diskussionsgrundlage
bildet. Ford legt nur grössten Wert darauf, dass alles strengst ver-
traulich behandelt wird. Irgendein Zeitungsmann hat aber dies heraus-
gefunden und die Presse beginnt bereits darüber zu berichten.
Gegenüber diesem gigantischen Projekt sind unsere Bemühungen mit der
Firma Mercedes, Dir. Leising aus Salzburg, wegen weiterer Bezüge
äusserst bescheiden, dafür aber sehr konkret. Ich konnte Leising
dafür gewinnen, dass wir jetzt einen Brief wegen der Ersatzteil-
preise an seine Zentrale richten. An die Firma Semperit haben wir
ein Schreiben gerichtet, ob nicht doch Möglichkeit besteht, die
Bereifung, welche bis zur Erzeugung von Stahlgürtelreifen durch
die Firma Semperit die Erstbereifung auf die Ford-Wagen von Semperit
selbst geliefert werden konnten, neue Testreifen zu Mercedes schicken.
Mercedes selbst wird in Linz eine grosse Reparaturwerkstätte im
Herbst 1979 eröffnen und Leising hat mich gebeten, diesen Eröffnungsakt
vorzunehmen, was ich sofort zusagte.
Die Vertreter des Textilfachverbandes haben ein Forderungsprogramm
aufgestellt. Punkt 1 sieht die Verschrottungsprämie vor, die vom
Bund bezahlt werden sollte. Punkt 6 sieht für das modische Risiko
eine gewisse steuerliche Erleichterung vor. Beide Punkte, sagte ich,
sind kaum zu verwirklichen. Die Punkte 2–5 aber, die sich mit dem
Problem der Finanzierung des Aussenhandels durch Wechsel Österr.
Nationalbank resp. Kontrollbank befassen, bilden eine Verhandlungs-
grundlage in der auch das Handelsministerium sich einschalten wird.
Direktor Nentwich, GKT, möchte von mir wissen, wie er sich verhalten
soll, wenn die Elektrizitätswirtschaft jetzt scheinbar in eine Panik-
stimmung gerät. Die Brennelemente sind seiner Meinung nach derzeit
nicht ins Ausland zu verbringen, weil es schwierig ist, dort einen
entsprechenden Lagerplatz zu finden. Noch schwieriger dürfte es sein,
einen sozusagen Schlussverkauf von Zwentendorf jetzt durchzuführen,
ohne nicht bedeutende neue Verluste zu erreichen. Die Fortführung
der Arbeiten kann aber auch nicht genehmigt werden, weil dem gegen-
über eben der Beschluss im Parlament verhandelt wird, es gibt keinen
Kernkraftwerksbetrieb in Österreich. Ich verwies Nentwich auf die
Beschlüsse seiner Gesellschafter, die beiden Gutachten, ob umgerüstet
werden kann, abzuwarten und dann erst die Entscheidung zu treffen. Nent-
wich erklärte mir, davon war ich überrascht, dass nur die Absicht be-
steht, ein Gutachten der KWU und Siemens wegen der Umrüstung zu ver-
langen. Es ist nicht beabsichtigt, wie der Vorsitzende des Aufsichts-
rates GD Gruber bei der Vorsprache vor 20 Zeugen mir erklärte, es
werden zwei Gutachten erstellt, die dann von der Consulting-Firma zu
prüfen sind. Ich betrachte die Aussage Grubers für mich bindend und
werde abwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt. Sollte das
Gutachten der KWU schon die Unmöglichkeit der Umrüstung eindeutig
klären, so werde ich vielleicht davon Abstand nehmen, ein zweites
Gutachten, wie Gruber verlangt hat, zu fordern. In diesem Fall wird
die ÖVP selbst schon auf entsprechende neuerliche Untersuchungen drän-
gen. Für mich ergibt sich die einfache Regelung, dass in der Elektrizi-
tätswirtschaft meiner Meinung nach solange keine anderen Beschlüsse
gefasst werden, man eben jetzt zuwarten muss, was in Zwentendorf ge-
schehen soll. Den Vorschlag der Verbundgesellschaft, dort ein kalori-
sches Kraftwerk zu errichten, halte ich für zweckmässig. Dadurch würden
auch Teile der GKT-Beschäftigten unmittelbar an ihren Dienstort, wo
sie bereits Häuser gebaut haben, wieder beschäftigt werden können.
Dass dies Ganze Geld kostet, steht für mich eindeutig fest. In
der zweiten Frage, die Nentwich anschnitt, nämlich es müsste ein
technischer Vorstanddirektor der Verbund geschaffen werden, damit
man den Ländervertretern bei den Verhandlungen eine entsprechend
hochgradige Person entgegensetzen kann, habe ich nicht geteilt.
Angeblich hat die Verbundgesellschaft in der letzten Zeit viele
Positionen gegenüber den Ländern verloren. Wenn dies der Fall ist,
dann haben die 4 Vorstandsmitglieder dies auch nicht verhindern kön-
nen. Ich verblieb daher eindeutig bei meinem seinerzeitig mit den Leu-
ten der Verbund abgeschlossenen Beschluss, es kommt der Zweiervor-
stand.
Im Präsidium auf der Landstrasse hat Heindl jetzt eingeführt, dass
über Bezirksprobleme im allgemeinen und spezielleren, wie z.B.
Rudolfspital mit den Spitalsverantwortlichen diskutiert wird. Da das
Rudolfspital jetzt neuerdings vergrössert werden muss, früher oder
später auch die Direktion wechselt, halte ich die Aussprache mit dem
zukünftigen Direktor als äusserst wertvoll.
In der Sektionsleitersitzung gab es zwar über den politischen Bericht
keine allzu intensive Diskussion, wohl aber dann über den organisa-
torischen, als Heindl und Tischler über die letzte grosse Aussprache
in Wien der Bezirksobleute über die zukünftige Arbeit berichten.
Mir vollkommen unerklärlich, hätte sich dann bald eine Diskussion
über den zukünftigen Wahltermin ergeben. Heindl und auch ich konnten
dies nur mit fast Brachialgewalt verhindern. Wenn nämlich der Fehler
entsteht, dass die Partei beginnt über den Wahltermin zu diskutieren,
dann wird in der Presse und in sonstigen Massenmedien sofort dieses
Problem aufgenommen. Wir haben, wie ich den Genossen versuchte zu
erklären, die Personaldiskussion durch den Parteivorstandbeschluss
abgebrochen und die Bürgerlichen sind über die Wiedererstarkung Kreiskys
sehr überrascht gewesen. Jetzt eine Wahldiskussion im November/Dezem-
ber, was vielleicht im nächsten Jahr geschehen wird, würde der Opposi-
tion nur jede Möglichkeit bieten und uns nur schaden. Wahltermine von
unten, wie die Jungen immer sagen, von der Basis bestimmt und dis-
kutiert, sind das Ende einer zweckmässigen politischen Taktik.
Tagesprogramm, 21.11.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 140. Ministerratssitzung, 21.11.1978
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