Mittwoch, 20. Juni 1979
Von Herrn Papacek als Chauffeur des Ministers bis zu den Mini-
sterialräten und Hofräten wurden fast 50 Beamte von mir ausge-
zeichnet. Diesmal konnte ich aber nur eine allgemeine Einleitungs-
rede halten, dann musste ich ins Parlament zur Debatte de Regie-
rungserklärung. SChef Kazda hat dann die Dekrete und Orden
überreicht. die Beamten, die nach dieser Zeremonie immer frei
haben, stellte ich die rhetorische Frage, ich hätte am späten Nach-
mittag verschieben können um die Auszeichnungen zu überreichen,
oder eben dies durch den Präsidialchef vorzunehmen und damit den
Beamten die Freizeit zu sichern. Daß ich diese Variante wählte, waren
sicher alle damit einverstanden.
Die Diskussion über die Regierungserklärung zog sich dann 11 Stun-
den dahin. Am späteren Nachmittag setzte ich mich dann auch auf
die Regierungsbank, damit sich nicht jemand beschwert, ich hätte
mich total gedrückt. Zwischendurch fand aber mit Minister Haiden
und zuerst der Landwirtschaft und am Nachmittag mit Handelskammer,
ÖGB und AK und Landwirtschaft die Besprechung über die Getreide-
preisregelung resp. das neue Getreidekonzept statt. Präs. Bier-
baum und Generalsekretär Brandstätter sind, wenn man das so be-
zeichnen kann, die Falken ??, Präs. Lehner von der Präsidentenkon-
ferenz und Oberösterreich der Chef der gemässigtere Vertreter.
Die Landwirtschaft forderte, wenn sie sich an den Verwertungsbei-
trag für überschüssiges Getreide, sprich Exportstützung, betei-
ligen soll, dass das Getreide in seiner Gesamtheit, also auch
Futtergetreide, viel stärker abgesichert wird, als dies jetzt der
Fall ist. Sie wollten eine Zusicherung über all die Interventions-
massnahmen, wie Sperrlager, Zinsenvergütung und ich weiss nicht
was sonst noch alles auch für Futtergetreide in einem Ausmass, wie
es nicht einmal jetzt resp. in der Vergangenheit gegeben hat. Ins-
besondere am Nachmittag, als auch die anderen Interessenvertre-
tungen anwesend waren, wurden sie in ihren Forderungen noch sturer.
Dies veranlasste mich, polemisch, wie ich zugebe, darauf zu ver-
weisen, wie sie immer wieder erklären, sie beteiligen sich an den
Wertungsbetrag und in Wirklichkeit damit rechnen, dass durch die
Preisregelung, dieser ihnen vergolten wird. Für mich ist es gar
keine Frage, dass sie von den 15 Groschen Getreidepreiserhöhung,
wenn es nach ihnen geht, kein Groschen für die Verwertungsabgabe abge-
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zweigt werden darf, sondern eben dann auf diesen neuen Erzeuger-
preis dazugeschlagen werden müsste. Für mich überraschend war,
dass die Handelskammer, insbesondere die Mühlen sich überhaupt
nicht exponierten. Sie dürften sich noch nicht klar sein, dass
es letzten Endes auch auf teilweise ?? ihre Erträge in Zukunft
gehen wird. Natürlich kann man jetzt alles in den Kalkulationen
unterbringen und genau durchrechnen. Ob aber die Preisbehörde
dies bis zuletzt anerkennen wird und vor allem ob der Markt in
Zukunft das tatsächlich alles bezahlen wird, möchte ich schön lang-
sam bezweifeln. Früher oder später wird es hier zu einer Liberali-
sierung kommen und dann wird der Preis, wenn den die Mühlen am
Markt erzielen, nicht annähernd den von der Preisbehörde festgeleg-
ten entsprechen. Da allen Ernstes die Landwirtschaft zwar darauf
drängt, dass vor der Ernte schon alles geregelt ist, selbst aber nicht
einmal bereit ist, einen Schritt einer Lösung entgegenzukommen, erklärte
ich, dass ich als Preisbehörde auch Zeit habe. Da Brandstätter für al-
les die Regierung verantwortlich macht, habe ich sogleich vorbeugend
mitgeteilt, dass dann die Verzögerung oder der zu späte Beschluss über
die neuen Getreidepreise und die neue Getreidemarktordnung zu Lasten
der Landwirtschaftskammer geht. Da sich die Landwirtschaftskammer auch
teilweise sogar dagegen ausgesprochen hat, ein kleines Komitee zum
Einsetzen von Rechnungen, wie sich ein so neues System auswirken würde
zu bilden, verwies ich auf die Wandlung innerhalb dieser Organisation
gegenüber der Vergangenheit. Dort hat Kammeramtsdirektor Müller, von
dem ich wirklich die ersten Agrarinformationen bekommen habe und der
ehemalige Sekretär der wirtschaftspolitischen Abteilung der Handels-
kammer, nachmaliger Finanzminister Kamitz, wie Wirlandner und ich,
die Gewerkschaft der Herrn Experten, stets solche Berechnungen als
selbstverständlich angenommen und auch gemacht. Jetzt sind, wenn
überhaupt eine solche Arbeitsgruppe zusammengesetzt wird, nicht 4,
sondern 14 Teilnehmer letzten Endes nach längerem Zögern genannt worden
Wir haben damals die Arbeitsgruppe Gewerkschaft der Herren Experten
.......... gegründet, weil einmal Präsident Raab uns als Ziffernspione
sozusagen aus der Sitzung rausgeworfen hat, weil ihm die Ergebnisse, die
wir gemeinsam vorgelegt haben scheinbar nicht gepasst hatten. Er hat
allerdings sich dann bald bei uns entschuldigt und gesagt, wir sollen
nicht so empfindlich sein. Damals wie heute waren nämlich die Politi-
ker doch auf Expertenberechnungen angewiesen. Ich bin sehr gespannt,
ob und wann etwas von dieser grossen Arbeitsgruppe herauskommen wird.
Der Verwertungsbeitrag muss nämlich eine gewisse Höhe haben
und variabel sein. Vielleicht kommen wir heuer mit 10 Groschen
von seitens der Landwirtschaft und 10 Groschen Bundeszuschuss
aus wie ich wahrscheinlich aber höre ........... aber 20 Gro-
schen von jeden dieser beiden Teile sein. Interessant für mich
war, dass MR Kurzel, der bei dem Politikergespräch immer anwesend
ist und natürlich auch sein will, kein Interesse zeigte in die
Arbeitsgemeinschaft delegiert zu werden. Er hat vielleicht auch,
weil wir uns darüber beschwerten, dass sie sehr gross ist, frei-
willig darauf verzichtet.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Tumpel oder Weihs sollen sofort berichten.
Bitte auf Freitag-Jour-fixe setzen.
Die Direktoren- und Betriebsrätebesprechung der sozialistischen
Fraktion der Elektrizitätswerke verlief wie üblich. Ich habe ihnen
punktuell sehr prägnant, kurz, aber doch umfassend unsere Stel-
lungnahme zu den derzeitigen Energieproblem dargelegt. In der Dis-
kussion hat sich als erster Inthal gemeldet und gleich sehr umständ-
lich darauf verwiesen, dass wir unbedingt mehr über die Personalpoli-
tik sprechen sollten. Die ÖDK hat mit dem Vorstanddirektor der ÖVP
einen sehr schwachen Mann. Dichtl entscheidet fast überhaupt nichts,
was er nicht unbedingt muss und verlangt immer aufgrund, wie er
glaubt, Proporzlösung, die für alle ewigen Zeiten in der Elektri-
zitätswirtschaft gelten muss, entsprechende Positionen. Da der
sozialistische Direktor Hautzenberg dadurch in eine schwierige
Situation kommt, möchte der Betriebsratsobmann Inthal dies eben
ändern. Hautzenberg ist insbesondere für die Technik verantwort-
lich und braucht gelegentlich den einen oder anderen neuen Ingenieur.
Selbst wenn die kaufmännische Seite, Dichtl, der dafür verantwort-
lich ist, gar nichts unbedingt Notwendiges braucht, so wird zumin-
destens eine neue Putzfrau verlangt. Auch Nationalrat Köck meinte
von der DoKW, dass man dort in der Personalpolitik härter durchgrei-
fen müsste. Ich erklärte einmal mehr, dass ich an kein Abkommen über
Proporzbesetzungen gebunden bin. Das sogenannte Krampusabkommen ist
mir niemals schriftlich vorgelegt worden. Sollten es meine Amts-
vorgänger abgeschlossen haben, dann wäre es natürlich nicht bindend,
aber solange mir dies nicht nachgewiesen wird, gibt es es es nicht
für mich. Ich habe nur nicht generell zugesagt, dass man sofort
mit Kampfmassnahmen in allen Gesellschaften beginnen soll. In der
TKW, wo ein guter Mann, nämlich Dir. Gmeinhart neu nach Salzburg
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gekommen ist, gibt es eine gute Zusammenarbeit, weil der dortige
schwarze Direktor sofort erkannt hat, dass es dringendst auch in
seinem Interesse notwendig ist. Selbst bei der Verbundgesellschaft
ist nach Abgang von Arthold und dem Tod Erbacher's jetzt im
Zweiervorstand, wie mir Bandhauer immer berichtet, mit dem ÖVP-
Mann Zach gut zusammenzuarbeiten. Meiner Meinung nach muss man
eben anstehende Personalprobleme und Auseinandersetzungen in den
Gesellschaften führen, wo es nicht klappt. Dazu hatte ich schon
vor längerer Zeit Frühbauer als Vorsitzendem des Aufsichtsrates be
der ÖDK entsprechende Vollmacht gegeben. Ich habe bei dieser Aus-
sprache auch insbesondere auf die Kostenbelastungen die der Elektri-
zitätswirtschaft jetzt durch die steigenden Ölpreise oder die
neue Lohnrunde erwächst, hingewiesen. Insbesondere kritisierte
ich – und zwar vor versammelter Mannschaft, wie man so schön sagt –
dass seit den 60er Jahren bestehende Abkommen, sogenannte inner-
betriebliche Vereinbarung 1962, wonach die Elektrizitätsbeschäf-
tigten nicht den Lohnprozentsatz der Kollektivvertragsverhandlungen
der Metallarbeiter bekommen, sondern automatisch den Kollektiv-
vertragserhöhungsprozentsatz. Diesen wird aber bei den Verhandlungen
von beiden Seiten nicht ein besonderes Augenmerk zugewendet, weil
man annimmt, er spielt ja nur einen ganz geringen Teil der Metall-
arbeiter eine Rolle. Die meisten werden natürlich heute über den
Kollektivvertragslohn entlohnt. Das Argument, dass diese Lösung
gar nicht dem Elektrizitätsbeschäftigten viel bringt, hat Nisch-
kauer darauf verwiesen, dass laut Industrie-Lohnstatistik sie nicht
nur zunehmen, sondern sogar relativ sich verschlechtern, indem sie
um eine Position zurückgefallen sind.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die Unterlagen von Nischkauer geben
lassen.
Das Arbeitsessen mit dem tschechischen Energieminister Ehrenberger
im Rathauskeller gab mir Gelegenheit noch einmal mit ihm über
Energieprobleme zu sprechen. Über den Besuch bei VÖEST-Alpine,
Zeltweg, wegen der Container, war er sehr befriedigt. Als Ergeb-
nis wurde zwar nicht eine Kooperation die die Tschechen wollten
vereinbart. Mit Polen kann der tschechische Wunsch nicht verglichen
werden, denn die Tschechen hätten an einen Inlandsabsatz von
2 bis 3 gedacht, während die Polen doch mehr als die 10fache Menge
im Inland einsetzen wollen. Dies ist der Grund, warum die VÖEST-
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Alpine mit den Polen ein solches Kooperationsabkommen vereinbarte.
Den Tschechen wurde aber, wie mir vorher schon mitgeteilt wurde,
ein Symposium angeboten, mit dem sie zufrieden waren.
Die Tschechen waren über das Kernkraftwerk Zwentendorf sehr beein-
druckt. Noch immer hofft Ehrenberger, dass er Teile dieses Kern-
kraftwerkes kaufen könnte. Ich war sehr froh, dass ich ihm diesen
Besuch, an dem er sehr interessiert war, vermittelt habe. Dadurch
stellte ich gleich ganz unverblümt die Forderung, indem ich mich
bei ihm bedankte, dass er jetzt mich eingeladen hat und ich daher
ihr Kernkraftzentrum besuchen werde. Ein diesbezüglicher Wunsch
unserer Kernkraftfachleute wurde nämlich von den Tschechen sehr
dilatorisch behandelt und hat bis jetzt zu keinem positiven Ergeb-
nis geführt. Wenn ich mich also selbst jetzt für einen solchen Be-
such zur Verfügung stelle, dann kann die tschechische Seite kaum
ablehnen. Ehrenberger hat auch sofort zugesagt. Im Zuge der erwarte-
ten Verhandlungen über weitere Transportleitungen von Polen über
die CSSR, wenn es zu einer Aufstockung des Elektrizitätsliefervertra-
ges von 400 MW auf 1.000 MW, wie die Polen wünschen, kommen sollte,
gibt mir dann Gelegenheit auch in der CSSR bei dieser Gelegenheit
ihr Kernkraftzentrum Bohunice zu besichtigen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte diese Möglichkeit Polen, CSSR in
Österreich-Ministerbesprechung? weiterverfolgen.
Spät abends haben Heindl und ich dann an der Einladung von Dr. Zolles
mit etlichen Fremdenverkehrsleuten in seiner Wohnung teilgenommen.
Abgesehen von einem üppigen Essen, was der Besitzer vom Sachsengang
geliefert hat, der übrigens auch persönlich anwesend war, war die
Aussprache wenig ergiebig. Ich kam an den Tisch mit Nimmerrichter's
Frau zu sitzen. Nimmerrichter, alias Staberl, ist ein guter Gesell-
schafter. Ich verstehe mich mit ihm ausgezeichnet, seitdem ich ihm
vor Jahren freundschaftlich auseinandergesetzt habe, dass ich ihn
für sehr destruktiv durch seine Artikel halte. Interessant war nur
die Diskussion in einem Punkt. Ich musste anerkennen – und habe dies
auch immer getan – dass die Kronen-Zeitung für mich zwar nicht das
richtige Blatt, aber doch im Vergleich zu den Boulevard-Zeitungen
Deutschlands, England und Amerika noch ein sehr hohes Niveau hat.
Der Herausgeber Dichand – ein phantastischer Zeitungsmacher – leistet
sich eben paar Kolumnisten wie Reimann, Nimmerrichter und andere,
die in einer Angelegenheit, in einer Nummer oft die gegenteilige
Meinung vertreten und hat dadurch ein wesentlich höheres Niveau
als die genannten ausländischen Boulevard-Blätter. Nimmerrichter behaup-
tete nun mir gegenüber, Dichand könnte sich in Österreich gar nicht
eine so reine Boulevard-Zeitung leisten. Dies glaube ich nicht,
ich bin überzeugt davon, dass Dichand auch eine noch niveauloserer
Boulevard-Zeitung genauso erfolgreich machen könnte, wie dies in
Deutschland oder Amerika geschieht. Sicher ist, dass die Sozialistische
Partei, insbesondere aber der Gewerkschaftsbund, seitdem Dichand mit
ihm Frieden geschlossen hat, sehr von der Schreibweise der Kronen-Zei-
tung profitiert. Dass sie die auflagenstärkste, dass sie einen unge-
heuren Einfluss hat, steht ja für jedermann ausser Diskussion.
Tagesprogramm, 20.6.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)