Mittwoch, 11. Juli 1979
Die Sendung Jahrmarkt befasst sich mit einem Gebiet und einem
Thema. Sie soll erzieherisch unterhaltend sein, weshalb bei
einer der nächsten die Steiermark mit ihren Problemen darge-
stellt wird. Als Gag soll die Kernölverknappung einbezogen werden.
Man erwartete von mir ein sehr ernst gesprochenes, dafür aber um so
humorvolleres Statement. Interessant dabei war für mich die Er-
kenntnis, dass sie 11.000 Meter gedreht haben und daraus jetzt
1/10, so lange soll die Sendung ungefähr dauern, herausschneiden.
Irrsinnig viel Aufwand.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Sendetermin auf mein Tagesprogramm
vermerken.
Der Besuch von Patolitschew bei Kirchschläger verlief eigentlich
wie gehabt. Interessant für mich waren nur 2 Bemerkungen. Erstens,
dass die UdSSR nicht nur an den nächsten 5-Jahres-Plan arbeitet,
sondern auch einen langfristigen 10-Jahres-Plan bis 1990 erstellt.
Dieses Argument verwendete ich dann, um in der offiziellen Sitzung
bei meinem Einleitungsstatement vorzuschlagen, auch das lang-
fristige österreichische Programm, welches normalerweise bis 1983
laufen würde, sollte jetzt neu überarbeitet und für die Jahre bis
1990 erstellt werden. Patolitschew erwiderte, dass dies eine gute
Idee ist und die beiden Regierungen über meinen Vorschlag beraten
und beschliessen sollten. Bei der nächsten Moskauer Gemischten
Kommission sollten dann über die Grundsätze und über den Charakter
des Programmes verhandelt werden. Vorher sollten Experten ent-
sprechende Vorschläge ausarbeiten.
Die zweite Frage aber war von geschichtlichem und wirtschafts-
politischem Interesse. Bei einem Besuch Patolitschews bei Carter
hatte dieser ihm erzählt, was jetzt alles zu lösen sei. Salt II,
die Energiefrage, ich weiss nicht was noch alles und alt Letztes
auch der Handel mit der UdSSR. Patolitschew erwiderte Carter, dass
nach seiner Meinung der Handel an die Spitze gestellt gehört, denn
gute Wirtschaftsbeziehungen würden die Entspannung besser lösen
lassen. Carter antwortete, er könne diese Reihenfolge deshalb nicht
erreichen, weil er Salt II und alles andere abschliessen kann,
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während beim Handel bräuchte er entsprechende Zustimmungen. Meine
bescheidene Erfahrung aus den letzten 10 Jahren ist dieselbe wie
die Patolitschew vorgetragen hat. Man soll und muss zuerst gute
Handelsbeziehungen oder Wirtschaftsbeziehungen zwischen Staaten
erreichen, dann ergibt sich, glaube ich wesentlich leichter ein
grosses politisches Programm wie Entspannung im Rahmen der Helsinki-
Doktrin usw.
Beim Bundeskanzler hat dieser vier Punkte erwähnt. Erstens wird
es zweckmässig sein den Breschnew-Vorschlag für Madrid aufzug-
reifen und im Sinne der Helsinki-Verträge die Energiefrage dort
zwischen Ost und West, wenn man will, weltweit zu besprechen.
Zweitens bei Kooperation auf Drittländermärkten sollen jetzt öster-
reichische Firmen auch an die UdSSR herantreten. Beispiel, die Firma
Klimatechnik. Drittens, 3 Stranggussanlagen hat die VÖEST-Alpine mit
230 Mio. Schilling Anteil offeriert und Kreisky möchte als Chef der
verstaatlichten Industrie diese Projekte besonders herausstreichen.
Viertens, die Bestellung der UdSSR in Korneuburg auf weitere Schiffe
ist nicht nur für die Handelsbilanz und Beschäftigung wichtig, sonder
gibt Österreich auch eine sehr gute Referenz. Jeder der Schiffe kaufe
will, sagt sich, die müssen sehr gut sein, wenn die UdSSR, die
selbst Schiffe in grösstem Mass und Umfang erzeugt, solche in Öster-
reich kauft. Kreisky informierte Patolitschew auch – und ersuchte
ihn – dies seiner Regierung mitzuteilen, dass wir die 25-Jahr-Feier
österreichischer Staatsvertrag ganz gross aufziehen werden. Als
Höhepunkt wird ein Staatsakt in der Hofburg oder UNO-City sein,
wozu die Regierungen der vier Signatarstaaten eingeladen werden.
Die Feier soll eine ganze Woche dauern und alle Schüler werden
informiert, vorher die Lehrer instruiert, weil die wenigsten heute
wissen, dass die zentrale Idee des Staatsvertrages damals war, die
Einleitung der Entspannung. Patolitschew hat in beiden Fällen bei
Kirchschläger und Kreisky die besten Grüsse von Breschnew und
Kosygin übermittelt. Kreisky hat übrigens neuerdings darauf ver-
wiesen, dass er Kosygin eingeladen hat und hofft, dass er bald
kommt.
Bei den offiziellen Sitzungen der Gemischten Kommission vormittags
und dann ganz besonders Nachmittag hatte ich automatisch den Vor-
sitz. In meinem Einleitungsreferat verwies ich auf die ständige
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Steigerung des Warenverkehrs mit Ausnahme der ersten 6 Monate
dieses Jahres. Durch Abschluss höherer Kontrakte für das ganze
Jahr 1979, 651 Mio. Rubel gegenüber 643 1978, wird sich wahr-
scheinlich auch durch Mehrlieferungen im zweiten Halbjahr am
Ende eine Steigerung ergeben. Das wirkliche Problem, wie auch
Patolitschew dann sofort antwortete, ist, dass Jahr 1980. Hier
sind bis jetzt keine Grossprojekte abgeschlossen, mit Ausnahme
einer Phosphorgipsanlage um 70 Mio Rubel. Ausserdem sind noch
Flußschiffebestellungen zu erwarten. Patolitschew verwies darauf,
dass man auch kleine Projekte beachten sollte. Derzeit gibt es
auch hier nur sehr wenig Abschlüsse, doch könnte hier noch vieles
geschehen. Er freute sich, dass er mir mitteilen konnte, dass jetzt
in Moskau für Schuhe und Bekleidung eine Vertrag für 6 Mio. Rubel
abgeschlossen wurde.. Patolitschew kritisierte, dass die Chemie Linz
und VÖEST erst jetzt eine Vertretung in Moskau errichtet haben.
Voraussetzung um zu Geschäften zu kommen ist, dass man in den Fach-
abteilungen des Ministeriums und vor allem den Aussenhandelsstellen
entsprechenden ständigen Kontakt hat. In diesem Fall hat er sich
insoferne geirrt als VÖEST-Alpine und Chemie Linz sich seit Jahren
bemühen ein Niederlassungsrecht in Moskau zu erreichen. Unser
Dolmetscher hat mir dann erzählt, er hätte ein Gespräch mitge-
hört, weil es in seiner Nähe sehr laut geführt wurde, wo Patolitschew
seine eigenen Leute hart kritisierte, dass man VÖEST-Alpine und
Chemie Linz nicht stärker unterstützt hat, dass sie schon früher die
Niederlassung errichten konnten. Die Hauptschwierigkeiten in all
diesen Staatshandelsländern liegt nämlich darin. dass keine geeig-
neten Räume zur Verfügung gestellt werden. Dies ist der Grund,
vielleicht auch manchmal die Ausrede, dass man keine Niederlassungen,
die von österreichischen Firmen sehr wohl dringendst gewünscht
werden zulässt.
Präsident Sallinger musste in die Steiermark fahren, weshalb wir
übereinkamen, dass er als erstes sofort das Statement der Handels-
kammer verliest. Dies war sehr allgemein gehalten und hatte nur
einen Wunsch, dass die UdSSR mehr Konsumgüter abnimmt. Wäre ich
auf Patolitschews Seite gesessen, hätte ich dann sofort bei dieser
Gelegenheit auf den 6-Mio.-Schuhe-und-Bekleidungs-Liefervertrag hinge-
wiesen.
Die Berichte der einzelnen Arbeitsgruppen von Handel und Wirtschaft
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Manschulo über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit bis zur
industriellen Kooperation, waren irrsinnig umfangreich und zeit-
aufwendig. Bei Manschulo war eine einzige Kritik, nämlich die Ver-
zögerung der sowjetischen Wünsche auf Senkung der hohen Zölle für
Ersatzteile. Ich ging sofort freimütig auf diese Kritik ein, da
ich überzeugt war, darüber müssen wir sprechen. Der Vertreter des
Finanzministeriums MR Reichenfelser hatte mir einen Zettel geschickt,
dass sie zu Gesprächen über Zollsenkungen bereit sind, wenn entspre-
chende Kompensationslieferungen – sprich – Abnahme österreichischer
Güter durch die UdSSR erfolgt. Diesbezüglich sollte sich die UdSSR
mit dem Finanzministerium ins Einvernehmen setzen. Genau eine so
dezidierte Erklärung hielt ich für unmöglich. Ich hätte in diesem
Fall auf der sowjetischen Seite dies als Erpressung betrachtet.
Nebenbei bemerkt hat dann am Abend bei der Verabschiedung Nikolaen-
ko mir ganz erregt neuerdings heftige Vorwürfe gemacht, dass die
österreichische Seite Zollwünsche die sie eigentlich als selbst-
verständlich annehmen, mit Warenkompensationen erzwingen will. Ich
habe in der Sitzung um dieses Problem zwar zu besprechen, aber wirk-
lich nur anzudeuten wie sich eine Lösung ergeben könnte darauf ver-
wiesen, dass Semperit mir jetzt gerade durch einen Brief mitteilt,
gegenüber 16 Mio. Schilling Exporte im Vorjahr jetzt im ersten Halb-
jahr bereit für 22 Mio. Schilling Exporte getätigt zu haben. Ausser-
dem arbeitet sie an einer Kooperation mit sowjetischen Stellen für
Reifenproduktion für LADA und anderen Projekten. Nikolaenko, der
sowjetische Handelsrat aber sicherlich auch die Mitglieder der sow-
jetischen Delegation, die dieses Problem kenne – und ich glaube es
ist bei allen jetzt schon leider sehr bekannt – haben sicherlich
meine Andeutung verstanden und ich habe nicht das Wort der Kompen-
sation in den Mund genommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll unbedingt neuerlich mit dem
Finanzministerium Kontakt aufnehmen und schauen, dass dieses Problem
endlich gelöst wird.
Der sowjetische Referent Jakubow erzählte über die Kooperation
auf Drittländer, dass die österreichische Firma Klimatechnik
jetzt bei dem Atomvorschussprojekt in Libyen eingeschaltet wird.
Die Firmen Sima, LMF und andere bei Kraftwerken im Irak. Voith
bei einem Papierprojekt in Bulgarien und mit einem Asbestzement-
Wellplattenprojekt in Birma. GD Grünwald, ÖIAG, berichtete dann
über die Lada-Verhandlungen. Auch hier wäre durch Bezug der Maschinen
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und Ausrüstungen für das Montagewerk in Österreich ein grösserer
Anteil der Maschinen und Anlagenexporte der UdSSR möglich gewesen.
Die sowjetische Seite beschwert sich nämlich ständig, dass Öster-
reich im vergangenen Jahr für 2,5 Mia. Schillinge Maschinen und Ver-
kehrsmittel exportiert hat und nur für 480 Mio. importiert. Der
grösste Bezug aus der UdSSR ist ja Brennstoffe und Energie, fast
80 % und Rohstoffe fast 10 %. Alles andere ist verschwindend gering.
Das LADA-Projekt könnte sofort auch jetzt noch verwirklicht werden,
wenn die UdSSR bereit wären, westeuropäische Märkte zur Verfügung
zu stellen. Patolitschew meinte, es wäre gar nichts dagegen einzu-
wenden, wenn LADAs aus Österreich montiert in Westeuropa angeboten
werden und gleichzeitig auch von den sowjetischen Fabriken solche
über ihre eigene Organisation verkauft werden. In diesem Fall
sieht Grünwald keine Chance zu einem Abschluss zu kommen, wie er mir
später berichtete. Eine neue Variante ergibt sich dadurch, dass jetzt
der LADA vielleicht mit einem österreichischen Kleindiesel ausge-
stattet wird. HFL List in Graz hat einen diesbezüglichen Auftrag
erhalten.
Dr. Pisec, der aus Albanien Chromerze kaufen möchte und sie dann
in der UdSSR verhütten liesse und die Produkte dann dringendst
benötigt und auch tatsächlich abnehmen wollte, hat ohne dass er die-
ses Geschäft erwähnte nur allgemein gefragt, ob Österreich nicht bei
der Planung und Kontraktabschlüssen für Drittländer in Entwicklungs-
länder herangezogen werden könnte. Er hat als Beispiel erwähnt, es
könnte die UdSSR und Österreich gemeinsam auf Drittmärkten Projekte
planen, finanzieren und errichten und wenn dann mit Produkten
aus diesen Projekten von den Entwicklungsländern bezahlt wird, die-
sen Vertrieb dann auch übernehmen. Manschulo hat ihn sofort ge-
fragt, was dann eigentlich die österreichische Leistung dabei wäre.
Projekte abschliessen, finanzieren usw. können sie selbst. Patoli-
tschew hat dann noch deutlicher gesagt, sie haben ein gewisses System
auf Drittmärkten, insbesondere Entwicklungsländern, aufzutreten und
Österreich kann sich jederzeit daran beteiligen, wenn er dieses
System akzeptiert. Patolitschew verwies dann auch sogar noch darauf,
dass die Möglichkeit besteht, dass sich sowjetische Aussenhandels-
organisationen unter österreichischen Firmen an Drittländerprojek-
ten beteiligen. Die UdSSR ist allerdings noch nicht von österrei-
chischen Firmen oder gar vom Handelsministerium dazu aufgefordert
worden.
Ich habe formell Patolitschew dann die Kooperations- und Liefer-
sowie Bezugswünsche Österreichs überreicht. Insbesondere hat die
VÖEST-Alpine ihren Kohle-, Koks-Kohle -, Erz-, Ferrolegierungen
und Eisenschrottbezug genau genannt. Gaskoks nur auf Donezkkoks
verwiesen, Pisec auf seine Ferrochrom- und Ferrosilizium-Wünsche,
die ÖMV aber nur sehr proxamativ für 1979 das Sommergas.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Welche Unterlagen gibt es von der ÖMV für
diese Gemischte Kommission.
Patolitschew hat dann zu unserer grössten Überraschung zum Schluss
noch für ein ausführliches Referat das Wort gewünscht. Er verwies
darauf, dass die Unterkommissionen nicht nur für die Tagung arbeiten
sollten, sondern für konkrete Arbeiten, konkrete Bereiche, konkrete
Projekte berichten müssten. Patolitschew ist es scheinbar auch leid,
wie er mir dies schon vor Jahren in Moskau einmal sagte, ständig nur
diese Leerformelberichte zu erhalten. Er schlug deshalb vor, wir
sollten bei der 12. Tagung in der UdSSR im nächsten Jahr über die
industrielle Kooperation in den eigenen Ländern und vor allem auf
den Drittmärkten konkrete Vorschläge für Atomanlagen und Maschinen,
PKW, Zellstoff, Chemie, Schwarzmetallurgie, Schiffsbau, Werkzeug,
Maschinenbau usw. konkrete Vorschläge erhalten. Die Exporte von
Maschinen und Ausrüstungen von der UdSSR sind zu gering, er will
uns es zwar nicht aufzwingen, wird aber alles daransetzen, dass
seine Aussenhandelsunternehmungen hier aktiver werden. Bezüglich
der LADA-Dieselvariante werden die Besprechungen und Untersuchungen
der UdSSR beschleunigt werden, Patolitschew sagte er wird sie
unterstützen, was in dem Fall gleich bedeutend ist, er wird entspre-
chenden Druck dahintersetzen. Bezüglich der wissenschaftlich-tech-
nischen Zusammenarbeit müssten konkretere Ergebnisse nicht nur bei
Stolllack, Swarowski, Voith, VÖEST-Alpine, sondern auch noch bei
anderen erzielt werden. Es gelte auch festzustellen wo nichts daraus
wird. In den Verhandlungen mit Finnland hat man, weil es eben bei
gewissen Gebieten zu keinem Ergebnis gekommen ist und kein Ergebnis
zu erwarten war, Arbeitsgruppen aufgelöst. Dies sollte uns auch hier
als Beispiel dienen. Überrascht war ich, als er darauf verwies, es
wäre zweckmässig die langfristigen Verträge, die bei Gas bis
2000, der zweite Teil müsste aber erst konsulitiert werden, bei
Koks-Kohle, Koks und Eisenerz bis 1980, und bei Düngemittel bis
1982, dass diese langfristigen Verträge jetzt endgültig konsulitiert
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werden sollten. Sein Hinweis, dass Österreich hier in Verzug ist,
konnte ich erwidern, dass GD Bauer sich jetzt gerade in Moskau
bemüht hat, mit Vizeminister Ossipow eine Konsulitierung des zweiten
Teils zu erreichen. Bis jetzt leider erfolglos.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit GD Bauer sofort verbinden, nachdem
Haffner mir die Unterlagen der ÖMV vorgelegt hat.
Die Gespräche und Besuche Patolitschews verliefen in einem äusserst
freundschaftlichen Klima. Er selbst versichert mir gegenüber auch,
dass die UdSSR so wie Österreich das grösste Interesse daran hat,
dass sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen unseren beiden Ländern
verbessern, der Warenhandel vergrössert und vor allem dadurch die
guten politischen Beziehungen noch mehr gefestigt werden. An dieser
Politik, versicherte mir Patolitschew unter 4 Augen, wird sich nichts
ändern. Ich bin auch davon fest überzeugt, denn die Sowjets wollen
damit dokumentieren, wie sie nicht nur mit Finnland, das ja in einem
sehr engen Verhältnis zur Sowjet-Union steht, eine Finnlandisierung
wird von uns ganz entschieden abgehelhtn , sondern auch eben mit den
entfernteren Österreich als neutraler Staat die besten wirtschaft-
lichen und politischen Beziehungen auf der Basis der Gleichberech-
tigung hergestellt wurde. Die UdSSR möchte sicherlich dokumentieren,
dass zwei Staaten mit verschiedensten politischen Verhältnisse, wovon
einer eine Grossmacht ist und der andere wirklich ein Kleinstaat,
trotzdem auf Gleichberechtigungsbasis verhandelt wird. Dies kommt
auch bei den Verhandlungen stets zum Ausdruck. Patolitschew, der
mich sehr gut leiden kann- und der immer wieder dokumentieren will,
dass ich den Vorsitz führe und er mich ersucht ihm das Wort zu geben,
sich tausend mal entschuldigt, wenn er länger spricht, möchte hier
wirklich so behandelt werden, wie man eben jeden anderen Minister aus
einem anderen Staat ebenfalls behandeln würde. Was ihm aber dabei –
und das weiss ich ganz genau – am meisten gefällt ist meine sehr wohl
freundschaftliche Verhandlungsführung, mein Hervorstreichen, dass er
als der Ältere, der viel länger im Amt befindliche, die Situation
besser Kennende, auch für uns richtungsweisend ist. Ich weiss nämlich
und bin fest davon überzeugt, dass es letzten Endes nur an dieser,
unserer Haltung liegt und an dem politischen Konzept der UdSSR,
dass wir die Energiebezüge trotz der Schwierigkeiten, die sie mit den
anderen COMECON-Staaten haben und teils ihrer inneren Problematik
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unter allen Umständen, zumindestens bis jetzt, befriedigt ge-
liefert bekommen haben. Solange ich dafür verantwortlich bin,
werde ich versuchen, diese Politik unbedingt durchzuziehen und
fortzusetzen. Die Erklärungen von Sallinger können mir dabei sehr
behilflich sein, denn auch er steht sehr positiv zur UdSSR, wie er
immer erklärt, weshalb es der ÖVP schwer fallen wird die Ostan-
fälligkeit zu behaupten, wie sicherlich gelegentlich in ihren Kreisen
erwogen wird.
Tagesprogramm, 11.7.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)