Dienstag, 24. Juli 1979
Die Verhandlungen mit Präs. Lehner, seinen Herren, Blaha, AK, Schmidt,
ÖGB und GD Seefranz von der Unilever über die Erhöhung der Ölsaa-
tenanbaufläche und deren Preise verliefen verhältnismässig sehr er-
folgreich. Wir einigten uns nach kürzester Zeit auf Erhöhung des
Rapspreises von 6.30 auf 6.80. Da es sich um erucafreien Raps
handelt, wurde nicht mehr das 1.8, sondern das 1.85fache des
Qualitätsweizenpreises als Grundlage genommen. Sonnenblumen blieben
mit 7.60 und Soja mit 7 Schilling unverändert. Die Höchstabnahme
wurde von 10.000 Tonnen auf 15.000 Tonnen, 10.000 Raps, 5.000
Soja- und Sonnenblumen, erhöht. GD Seefranz teilte mir anschliessend
mit, dass er mit seiner Fettindustrie wegen dieser Preise und vor
allem der Übernahmemenge Schwierigkeiten hat. Er wird mit dem
Sprecher der Fettindustrie Hirsch zu mir kommen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Termin vereinbaren.
Anschliessend an die Aussprache habe ich Präs. Lehner mit aller
Deutlichkeit aufmerksam gemacht, dass für die Firma Deuring in
Vorarlberg mindestens 1.000 Tonnen Mais unverzüglich zur Ver-
fügung gestellt werden müssen. Deuring hatte von mir als derzeitig
amtierender Landwirtschaftsminister einen entsprechenden Import
verlangt. In der Getreidesitzung konnte ich dann feststellen,
dass angeblich noch 42.000 Tonnen auf Sperrlager und 45.000 bei
den Betrieben mit 30. Juni noch immer vorhanden sein müsste. Auch
dort habe ich neuerdings festgestellt, dass wenn nicht Deuring
als Maisstärkeproduzent beliefert wird, ich entsprechende andere
Massnahmen setzen müsste. Der Verband ländlicher Genossenschaften,
Engleitner und Lunacek erklärten sich zur Lieferung von 300 Ton-
nen, die Firma Weiner von 500 und die Firma Oder zu 200 Tonnen
bereit. MR Hauffe, der für die Stärkeauszahlung zuständig ist und
gleichzeitig auch noch im GAF als Delegierter des Handelsministeriums
sitzt, hat dort mitgeteilt, er hätte bei einer Kontrolle jetzt
festgestellt, dass Deuring tatsächlich keinen Vorrat mehr hat. Die
bis jetzt gelieferten Maismengen hätten übrigens 16% Bruch und seien
qualitätsmässig nicht einwandfrei gewesen. Hätte sich Deuring al-
lerdings mit einem Fernschreiben nicht direkt an mich gewandt,
wäre mir von Hauffe über diese Produktionsschwierigkeit wahr-
scheinlich nicht berichtet worden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich habe Deuring verständigt, lass Dir in
Hinkunft über die Situation stets berichten.
Bei Botschafter Seyffertitz, der aus Brüssel jetzt in Österreich
scheinbar Urlaub macht, verlangte ich neuerdings, dass er wegen des
Ölsaatenmarktproblemes mit der EG stets Kontakt hält. Zwar nicht
offiziell, aber wie ich es ausdrückte, er sollte die anderen Staaten
ausfratscheln, wie es dort weiter geht. Ich glaube nämlich, dass man
insbesondere um den Bauern und den Vorwürfen in Parlament Paroli
bieten kann , müssen wir im Inland, aber vor allem auch bei der EG und
in Amerika Aktivitäten setzen. Erfolg werden wir vielleicht nach den
nächsten Wahlen haben, wenn der Aschantibauer nicht mehr Präsident ist.
Ich kann mir nämlich sehr gut vorstellen, dass die Administration
auch dann, wenn Carter dies gar nicht angeordnet hat, ja vielleicht
sogar nicht einmal will, jetzt ganz besonders der Sojabohnen und
Erdnusslobbypolitik Rechnung trägt. Auch von MR Willenpart ver-
langte ich neuerdings, dass bei den GATT-Gesprächen entsprechende
vorsichtige Vorstellungen erhoben werden.
Die zweite wichtige Frage war die Kartoffelverarbeitungsprodukte,
wo jetzt die EG, insbesondere der deutsche Vertreter Stadler,
freimütig zugegeben haben, dass sie sich aus eigener Schuld irrten.
Zu einer Lösung könnte es kommen, wenn das Futtermittelkontingent
erhöht wird. Darüber wird es im Herbst Verhandlungen geben. Bei
dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass die 18.000 Stück Höhenrinder,
die bis jetzt wieder einmal von den Ländervertreter in Brüssel ge-
sperrt werden sollten, und die jetzt doch freigegeben wurden, bezüg-
lich der 20.000 Stück GATT-Vereinbarungen der französische und eng-
lische Text, der ausschliesslich gültig ist, wesentlich anders lautet
als bis jetzt angenommen wurde. Willenpart hat sich jetzt diesen
GATT-Text genauer angesehen, vereinbart wurde er seinerzeit vom
Aussenministerium und dort steht genau – up to – d.h. bis zu
20.000 Stück. In Österreich hat man immer angenommen, dass die
20.000 Stück eine feste Zahl ist. Mich hat nur verwundert, dass der
1963 unterschriebene Vertrag bis jetzt niemand aufgefallen ist.
Ich habe niemals ein besonderes Vertrauen zu Beamten und der Büro-
kratie gehabt. Dies sind meistens Spezialisten auf einem ganz
kleinen Gebiet und kümmern sich überhaupt nicht, was sonst in ihrem
Bereich geschieht. Da dieser Vertrag vom Aussenamt seinerzeit gemacht
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wurde, haben die Handelsministeriumsleute nur hämisch darüber ge-
lacht. Als sie allerdings erst auch 17 Jahre später darauf gekommen
sind. Ich habe von Seyffertitz sofort verlangt den Ministerrats-
vortrag darüber zu bekommen. Willenpart erklärte, dies könne nur
das Aussenministerium beschaffen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bei uns muss auch der Ministerratsvortrag
liegen.
Die Verhandlungen mit der EG über den Beitritt Griechenlands
und die Auswirkungen daraus auf die EFTA-Staaten zeigen bereits,
dass wir mit unseren Wünschen nicht durchdringen werden. Die EG
ist scheinbar nicht bereit uns dieselbe Ausgangssituation bezüg-
lich des Zollabbaues der Griechen zu gewähren, die sie bereits er-
reicht hat. Ausserdem wird es noch harte Verhandlungen wegen Kon-
tingenten und Zollplafonds geben. Ich habe Seyffertitz erklärt,
ich bin bereit um den österreichischen Standpunkt Nachdruck zu ver-
leihen, einen Tag nach Brüssel zu fliegen. Seyffertitz meinte, ihm
wäre viel lieber wenn ich einen Brüsselbesuch machen würde und dabei
gleich ein positives Ergebnis mit nach Hause nehmen könnte. Dies
ist zwar sehr nett von ihm, entspricht aber nicht meinen Stil.
Wenn ich nach Brüssel fahre, die Bauern urgieren dies ständig, im
Parlament werde ich von der Opposition, weil ich nicht fahre,
ständig attackiert, so würde ich auch dann nach Brüssel fahren,
wenn ich nichts nach Hause bringe, aber dort vielleicht die Ver-
handlungen ein wenig weitertreibe und zu einem positiveren Ergeb-
nis führen könnte. Seyffertitz wird mich zeitgerecht verständigen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit ihm Termine entsprechend abstimmen.
Die Gewerkschaft Kunst, Medien und Freie Berufe, Rössel-Majdan,
kam mit Universitätsprofessor Reichart und anderen Funktionären,
um ihr grosses Kulturprogramm mit dem Handelsministerium abzu-
stimmen. Bezüglich der Filmförderung einigten wir uns sofort da-
rauf, dass sie ein entsprechendes Mitwirkungsrecht und vor allem
nicht nur den kommerziellen Teil einer Filmförderung sehen. Sie
haben volles Verständnis, dass das Handelsministerium nur diesen
Gesichtspunkt berücksichtigen könnte. Sie waren sehr einverstanden,
dass ich die Kompetenz für das Filmförderungsgesetz Sinowatz übertra-
gen habe. Die Abgrenzung zwischen Selbständigen und Unselbständigen,
zwischen geistiges Kapital und wirtschaftliche Abhängigkeit, z.B.
wo ist die Grenze zwischen einem Graphiker und einem Künstler,
wurde von Jagoda sehr klar definiert. Nicht die Person, sondern die
Tätigkeit ist entscheidend. Von der Gewerbeordnung ausgenommen ist
auf alle Fälle schöne Künste, entscheidend ist nur die Tätigkeit.
Wer eine Vase modelliert und sie dann in einem bescheidenem Masse
vervielfältigt bleibt Künstler. Wenn er dies dann entsprechend oft
macht, kommt er natürlich in die Töpfertätigkeit. In der Fremdenver-
kehrsförderung legten sie Wert darauf, dass die regionale Kultur
eine Grundlage sein sollte und nicht die Massen und überregionalen
Massnahmen allein. Kabelfernsehen, Diskotheken, Unterhaltungsmusik
usw. wird aber von sowieso nicht gefördert. Auch hier herrschte da-
her sofortige Übereinstimmung. Die Gewerkschaft wünscht auf die Ver-
sandliste im Ministerium aufgenommen zu werden, was ich sofort zusag-
te. Bezüglich Umweltschutzverbauung, Verlanung , 2% der Wohnbau-
förderung für künstlerische Aktivitäten ist das Bautenministerium
zuständig und sie werden daher mit diesen – über ihre Probleme –
verhandeln. Bezüglich der Vermittlung kommerzieller Agenturen waren
sie sehr überrascht zu erfahren, dass nicht ich zuständig bin,
sondern das Sozialministerium. Hier gibt es eine einzige Ausnahme
für private Arbeitsvermittlung. Alles andere macht der Staat. Die
Gewerkschaft beschwert sich sehr, dass es Exklusivverträge für
Künstler gibt, weil dadurch die Agenturen manipulieren können.
Der Wunsch der Gewerkschaft wäre es, die österreichische inter-
nationale Künstlervermittlung, die der Generalsekretär der Gewerk-
schaft Schweinzer als Geschäftsführer führt, öfters zu benützen.
Die Öffentliche Hand bedient sich auch der privaten Agenturen. Auch
damit habe ich nichts zu tun und Künstler werden im Handelsministerium
überhaupt nie eingesetzt und engagiert. Die Aussprache war sehr offen
die Gewerkschaft war sehr befriedigt, sie wird jetzt die Punkte
zusammenfassen und sie dann am Gewerkschaftskongress einbringen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte sieh dass alles zeitgerecht abläuft.
Ing. Ruttenstorfer von der ÖMV hat sowohl Dr. Zluwa als auch Mag.
Goldmann klargemacht, dass nach Auffassung der ÖMV energiepolitisch
die Ethylalkoholerzeugung ein ausgesprochener Wahnsinn ist. Sie
plädieren, das Getreide zu exportieren, oder womöglich zu verheizen.
Dies würde 300 Mio. kosten, zum Unterschied von der Ethylalkohol-
produktion, die 3 Mia. Schilling einer negativen Energiebilanz kostet.
Da Ruttenstorfer mit den Direktor Hübl nachmittags ein Gespräch über
dieses Problem hat, habe ich sofort Goldmann ersucht, er und
Thalhammer von der Energiesektion sollten unbedingt daran teil-
nehmen. Ich bin zwar fest davon überzeugt, dass letzten Endes gar
nicht diese Überlegungen ausschlaggebend sein werden, ob ein Ethyl-
alkohol in Österreich erzeugt wird oder nicht, werden die Bauern dar-
auf drängen, dass dieses Projekt, welches ja sehr weit fortgeschrit-
ten ist, verwirklicht wird. Dem Finanzminister kostet ein Getreide-
export Budgetmittel, wenn die ganze Angelegenheit über den Ben-
zinpreis erledigt werden kann, trägt der Konsument und daher wird
er nach wie vor dafür sein. Vor allem wird jetzt weltweit an Benzin-
ersatz gearbeitet und Österreich wird daher auch von dieser Politik
sich nicht ausnehmen können. Überrascht war ich, dass Ruttenstorfer
allen Ernstes erklärte, aufgrund der jetzigen Ausbeute im Raffinerie-
prozess wird es immer Benzin in Österreich im Überschuss geben.
Dies steht im krassen Gegensatz zu den Behauptungen der Ölmanager
in den letzten Wochen und Monaten. Dort wird ständig nur von Ben-
zinknappheit geredet.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lass Dir von Goldmann über diese ganze Ent-
wicklung genau berichten.
Im Getreideausgleichsfonds wurde für 50.000 Tonnen Gerste oder
Weizen der Zuschlag erteilt. Als Ackerbauminister habe ich an die-
ser Sitzung teilgenommen. In den letzten 10 Jahren, wo ich nicht
mehr dort war, hat sich auch nichts am System geändert. Vorher
musste das Stützungslimit mitgeteilt werden 751 für Gerste und 730
Schilling für Weizen pro Tonne. Die Firma Mauthner erhielt in beiden
Fällen den Zuschlag. Bei Gerste um einen einzigen Schilling günstiger
als das Limit war und in Verbindung mit WÖV und Glatz. Da 40.000
Tonnen Weizen Priorität hatten werden nur 10.000 Tonnen Gerste
zusätzlich exportiert. Von den 130.000 Tonnen auf Lager, die man
angeblich mit Jahresmitte nicht wegbringen konnte, gibt es jetzt
nur mehr verschwindende Mengen. Alle haben sich infolge der schlech-
teren heurigen Gerstenernte sofort eingedeckt.
Sekretär Sekanina suchte mich den ganzen Tag telefonisch und hat,
als er mich bei einer Aussprache mit Schmidt erreichte, mir nur ver-
sichern wollen, dass er sich von der Zeitungsmitteilung – "die
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Energie gehört ins Bautenministerium" distanziert. Der Kurier hat
diese Äusserung ihm in den Mund geschoben, er hätte bei diesem
Interview niemals eine solche Aussage gemacht. Überhaupt sagt
Sekanina, wurde damals ein wenig über Probleme geredet, fast ge-
blödelt – und dann fand er falsche Darstellungen in dem Kurier-
Interview. Vor allem traf ihm auch hart die Behauptung, dass er
mit dem Deutschmeisterplatz – sprich Privatangestellten – wegen
der Versicherung gegenteiliger Meinung sei. Sekanina möchte nur un-
bedingt, dass zwischen uns kein Mißverständnis und vor allem keine
Trübung des freundschaftlichen Verhältnisses zurückbleibt. Ich
erklärte ihm, dass sehr wohl in der Parteispitze – von wem aufge-
bracht und von wem weitergetragen, weiss ich nicht – die Idee
existiert, dass die Energiesektion ins Bautenministerium kommen
müsste. Da dies einer vernünftigen Politik entgegengesetzt wäre,
würde ich mich dagegen aussprechen. Diese Regierung hat meiner Mei-
nung nach vollkommen zu Recht eine Kompetenzbereinigung durchge-
führt, die nicht nur sinnvoll, sondern auch die einzig richtige
gewesen ist. Die Strassenkompetenz, die im Handelsministerium war,
wurde dem Verkehrsministerium übertragen und dafür die ganze Ener-
giekompetenz ins Handelsministerium gelegt. Wenn man jetzt wieder
eine Zersplitterung macht, würde ich darin nicht nur eine Diskrimi-
nierung meiner Person sehen, sondern eine sachlich vollkommen falsche
Entscheidung. Da Schmidt dieses Gespräch mitgehört hat, habe ich
ihm nachher auch angedeutet, dass ich daraus persönliche Konsequen-
zen ziehen würde. Schmidt versicherte mir, er hätte über dieses Problem
schon einige Male mit Präs. Benya gesprochen, der immer wieder – und
auch jetzt neuerdings erklärte – dass er in jeder Beziehung hinter
mir steht. Benya dürfte es auch gewesen sein, der Sekanina fragte,
was dieser Teil des Interviews im Kurier bedeuten sollte, und daher
den Anruf Sekanina bei mir auslöste. Schmidt deutete auch an, dass
über einen Staatssekretär für Fremdenverkehr im Handelsministerium
geredet wird. Ich informierte ihn über die Aussprache mit Landes-
hauptmann Wagner. Ich stellte eindeutig fest, dass wenn ein Staats-
sekretär ins Handelsministerium kommen sollte, dann nur jemand, den
auch ich persönlich akzeptieren kann. Ich kann mir sehr gut vor-
stellen, wie durch die Entscheidung Kreisky seine Regierungsumbil-
dung erst im Herbst vorzunehmen, diese Personaldiskussion jetzt
zwar nicht offen, aber umso mehr hinter den Kulissen geführt wird und
wie hier Machtpositionen verteilt, angestrebt, ausgepackelt und ich
weiss nicht, was noch alles geschieht. Zu einer Beruhigung, geschwei-
ge denn zur Herstellung von einem freundschaftlichen Klima trägt dies
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sicherlich alles nicht bei. Ich persönlich habe mich bis jetzt
noch in keiner Weise entschieden, warte daher nach meinem guten
alten Prinzip ab, was überhaupt erst kommt, werde sicherlich
nicht unüberlegt handeln, bin aber andererseits nicht gewillt
alles hinzunehmen. Die Loyalität gegenüber der Partei, der Ge-
werkschaft, ja selbst auch gegenüber Kreisky hat auch für mich gewisse
Grenzen.
Tagesprogramm, 24.7.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)