Samstag, der 29. September 1979

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Samstag, 29. September 1979

Beim Frühstück mit Landeshauptmann Niederl auf der Grazer Burg
nützte ich die Gelegenheit um ihn eindringlichst darauf aufmerksam
zu machen, er müsse jetzt den Bescheid der ersten Instanz bezüglich
der Errichtung des Kraftwerkes Voitsberg III bestätigen. Niederl
versicherte mir, er wird dies längstens nächste oder übernächste
Woche garantiert tun. Da ich für diese Zusage gerne einen Zeugen
hatte, gelang es mir, Landeshauptmannstellvertreter Sebastian in das
Gespräch mit einzubeziehen. Auch ihm gegenüber versicherte Niederl,
dass er den Bescheid der ersten Instanz jetzt bestätigen wird und
den Anraineransprüchen nicht Rechnung tragen wird.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Hautzenberg sofort verständigen.

Bei der Messe-Eröffnung hatte ich dieses Mal ein besonders leichtes
Leben. Gerade zeitgerecht sind die korrigierten Wirtschaftsdaten
der beiden Forschungsinstitute WIFO und Institut für Höhere Studien
gekommen, die eine Wachstumszuwachsrate von 5%, das IHS sogar von
5.1% jetzt für 1979 prognostizierte. Alle Vorredner konnten über die-
se positive Entwicklung nicht hinweg. Bürgermeister Götz versuchte
nur – und dies erstmalig – entgegen seiner Ankündigung bei der ersten
Ansprache als neugewählter Bürgermeister jetzt für Graz eine Sonder-
regelung vorzuschlagen. Er meinte die Zentralstellen sitzen in Wien
und für Graz müsste deshalb ein Subventionszuschlag, resp. eine
Steuererleichterung automatisch gegeben werden. Dagegen habe ich
mich entschieden ausgesprochen und erklärte, nur wenn Schwachstellen
in Regionen oder Branchen zu erkennen sind, dann ist die Bundes-
regierung sehr wohl bereit entsprechende Massnahmen zu setzen. Das
Musterbeispiel, ja der Modellfall war Aichfeld-Murboden. Landes-
hauptmann Niederl wieder meinte, er freue sich sehr, dass ich jetzt
wieder zur Messeeröffnung gekommen bin und er hofft, dass ich mich
auch mit ihm freue. Bei der letzten Grazer Messeeröffnung, die vor
den Nationalratswahlen am 6. Mai stattgefunden hat, dachten ja sicher-
lich einige, dass ich das letzte Mal bei der Grazer Messe als Handels-
minister sein werde. Niederl, muss ich objektiverweise zugeben, und
ich habe das damals auch abdiktiert, war allerdings auch schon
damals der Meinung, dass die Sozialisten gewinnen werden. An dieser
Grazer Messe hat das erste Mal das Land Niedersachsen eine grosse
Ausstellung, d.h. viele Firmen in einer neu errichteten Halle prä-
sentiert und die Wirtschaftsministerin hat diese eröffnet. Im Durch-


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gang und Gespräch konnte ich dann von ihr erfahren, dass Nieder-
sachsen Gorleben jetzt für ein Endlager ausbauen wird. Die
diesbezüglichen Bohrungen werden gerade jetzt vorgenommen. Mit
dem von meinem Büro abgeworbenen Ing. Hirsch ist sie nicht sehr
zufrieden, denn er macht der Landesregierung nur Schwierigkeiten.
In Verhandlung mit der Bundesregierung ist nur noch, ob auch eine
Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben errichtet werden soll, wofür
die Landesregierung derzeit noch nicht die Zustimmung geben möchte.
Hier sollten noch technische Verbesserungen, vielleicht auch sogar
noch neue Systeme abgewartet werden.

Die Landwirtschaftskammer Steiermark ist 50 Jahre alt und hat deshalb
auch eine Jubiläumsausstellung errichtet. Dort gab es allerdings
keine besonderen Probleme, ausser, dass man mich natürlich mit Spe-
zialschnäpsen und Weinen usw. zum Kosten veranlassen wollte.

Die Pressekonferenz war diesmal stärker als sonst besucht und es
gab auch lebhafte Anfragen insbesondere natürlich auf dem Ener-
giesektor.

Während des von der Messe gegebenen Mittagsessen kam die Bürgerini-
tiative gegen die Leykam-Papierfabrik, teils ganz vernünftige
Teilnehmer, teils sicherlich wie der Landeshauptmann und andere
Funktionäre mich warnten, verrückte, um nicht zu sagen hysterische
Frauen. Ich hörte mir nicht nur ihre Argumentation an, sammelte mir
alles Unterlagen was sie mir zur Verfügung stellten und versprach
auch, dass dies in die Akte aufgenommen wird und genau geprüft
werden wird. Eine präjudizielle Vorentscheidung aus der Aussprache
mit mir, habe ich ganz entschieden abgelehnt.Gegipfelt hat es nämlich
in der Frage, ob ich bereit bin, dass wenn sich herausstellt, dass
die Emission gesundheitsschädlich ist, ich dann den Betrieb still-
legen resp. die Produktion verbieten werde. Meine dezidierte Er-
klärung war, die Beamten werden nach besten Wissen und Gewissen die
Überprüfung durchführen und dann den Bescheid erlassen. Da ich
annehme, dass sie sowieso zum Verwaltungsgerichtshof gehen werden,
haben sie ja dann auch noch das ausserordentliche Rechtsmittel. Ich
als Minister kann mich nur auf die Gesetze stützen und muss nach
dem Gesetz handeln. Mit dieser Auskunft waren sie sichtbar nicht sehr
einverstanden. Obwohl die Vernünftigen unter ihnen meine Stellung-
nahme einsahen.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Satzinger hat die Unterlagen, die nach Ab-
schluss des Verfahrens dem Akt einverleibt und entsprechend auch
beantwortet werden müssen.

Der Landessekretär Müller vom Freien Wirtschaftsverband hat ein
Mitglied mir vorgestellt, der allen Ernstes angenommen hat, die
Bundesregierung kann seine Produktion 6 Mio. Schilling Umsatz im
Jahr eine Garantie abgeben, damit er entsprechende Kredite von
seiner Hausbank, die Volksbank, oder irgend jemand anderem bekommen
könnten. Burian, der mit Müller gesprochen hat, nahm an, es handelt
sich um Exportfondskredite. Dort hat er bereits aber vor längerer
Zeit angesucht, scheinbar aber auch etwas bekommen. Derzeit erge-
ben sich aber scheinbar grosse Schwierigkeiten über den Export-
fonds.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Satzinger soll Dir berichten.

Die Firma Hanschmann, ein Baustoffhändler, hat nach Prüfung unseres
Hauses doch noch das Dekret zur Führung des Staatswappens bekommen.
Auf Wunsch des Bezirkssekretärs von Graz war ich vor 2 Jahren
diesen Betrieb schon einmal besuchen. Jetzt konnte ich ihm das
Staatswappen überreichen. Bei dieser Gelegenheit hat mir Präsident
Kaufmann, der die Handelssektion in der Steirischen Handels-
kammer führt, mitgeteilt, dass wegen der Nachfolge des Präsiden-
ten der Landeshandelskammer ein grosses Tauziehen stattfindet.
Mayer-Rieckh ist bereits 70 Jahre. Die Industrie und die anderen
können sich nicht auf einen Nachfolger einigen, weshalb er über-
legt, noch einmal zu kandidieren. Diese Taucherei dürfte es schein-
bar jetzt in mehreren Landeshandelskammern geben. Nach meinen alten
Prinzip, mich nicht in die Handelskammer einzumischen, habe ich
dieses Problem nur angehört, mich aber in keiner Weise dazu geäus-
sert.

Die Sektfabrik Kleinoscheg erhielt als Erste in dieser Branche
und sicherlich als über 130 Jahre altes Unternehmen. das Dekret
zur Führung des Staatswappens. Die Firma – und das hat mich sehr
gefreut – den Betrieb zuerst arbeiten lassen, damit ich seine
Sektproduktion in der Praxis einmal sehen kann, nachher alle Be-
triebsangehörigen zu einer Feier mit Abendessen usw. eingeladen.
Der Betrieb hat eine Tafel, wo draufsteht, dass Kaiser Franz Joseph


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ihn besuchte. Man fragte mich um Genehmigung, dass auch jetzt
eine solche Tafel angebracht wird, dass Josef Staribacher hier
war. Noch mehr verwundert war ich, als man mir dann ein Besuchs-
buch vorlegte, das auf der ersten Seite nur die Unterschrift von
Kaiser Franz Joseph trug, auf der zweiten Seite zwei Barone zu
einem späteren Zeitpunkt und auf der dritten Seite schon schön
lithographisch dargestellt, der Besuch des Handelsministers
Staribacher vermerkt ist. Einmal mehr habe ich bemerkt, wie sehr
manche Betriebsinhaber grössten Wert darauf legen, einen Minister
in ihren Räumen bewirten und vor allem auch feiern zu können. Dies
sollte man, soweit es meine Zeit erlaubt, wirklich stärker forcie-
ren.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bereits wenn der Akt fertig wird klären, ob es
nicht doch eine Möglichkeit gibt, die Übergabe im Betrieb durchzufüh-
ren.

Die Staatsbürgerversammlung in Weiz war eine der üblichen. Ein auf-
gelockertes Referat von mir, mit den wichtigsten wirtschaftlichen
Schwer-und Zielpunkten und dann eine langsam anlaufende Diskussion
über Energiefragen. Überraschend für mich ein ausgesprochener Pro-
Kernkraftwerk-Diskutant, der nicht einmal auf Widerstand in der doch
verhältnismässig sehr gut besuchten Bürgerversammlung gestossen ist.

Der bulgarische Botschafter hat mir im Auftrag von Vizeminister-
präsidenten Lukanow mitgeteilt, es bestünde die Möglichkeit, dass
Voith jetzt das grosse Pumpspeicherwerk bekommen könnte. Das Offert
ist technisch besser, kann daher preislich ein wenig höher sein als
die Konkurrenzofferte. Ist derzeit allerdings noch preislich wesent-
lich überhöht. Voraussetzung dass aber zwischen bulgarischen Ab-
nahmefirmen und Österreich es zu einer Einigung kommt, wäre, dass
die Tabakregie sich in einem 5- bis 7-jährigen langfristigen Ver-
trag verpflichtet, 3.000 Tonnen Virginiatabake zu übernehmen. Die
Preise dafür müssten natürlich jährlich verhandelt werden. Die bul-
garische Tabakproduktion würde sich ganz auf die österreichischen
Qualitätswünsche einstellen. Ich habe sofort erklärt, dafür könnte
ich nicht die Zusage machen, solange nicht die Tabakregie und VOITH
dem zugestimmt haben. Ich versprach mit beiden Generaldirektoren
Kontakt aufzunehmen. Wenn tatsächlich nur die Frage des 3.000 Tonnen
Tabakkaufes die Lösung für das Milliarden-Projekt sein könnte,


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glaube ich, ohne dass ich es den Botschafter natürlich sagte, dass
zwischen Voith und Tabakregie, sprich Nenning und Musil, eine
Einigung erzielt werden müsste und auch könnte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lasse vorsichtig bei beiden Firmen vorfüh-
len, ob eine solche Möglichkeit besteht, damit ich dann mit beiden
Generaldirektoren die Gespräche nach meiner Rückkehr führen kann.

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Tagesprogramm, 29.9.1979


Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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    Tätigkeit: ÖDK


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      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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