Freitag, 7. Dezember 1979
Die Aussprache mit den Staatssekretär vom argentinischen
Aussenministerium CURA war sehr freundschaftlich. Die Militär-
regierung, er selbst ist Flieger, will in den 80-er Jahren
115 Mia Dollar investieren. An diesen Riesenprojekten sind
natürlich auch österreichische Firmen sehr interessiert. Er
erläuterte an Hand von Unterlagen, die er angeblich den argen-
tinischen Botschafter in Österreich lassen will, damit er uns
Detailinformationen dann geben kann, die Projekte. Hydro-
elektrische Anlagen in Grössenordnungen von 10.000 Megawatt,
Kernkraftwerke, das zweite wird jetzt von der KWU, Kraftwerks-
union, welche auch Zwentendorf errichtet hat gebaut und die
VÖEST wäre sehr daran interessiert als Zulieferer zum Zuge zu
kommen. Sollte dies der Fall sein, wird sie den Argentiniern ihr
ganzes know-how zur Verfügung stellen. Kohlenabbau, Gasgewinnung,
Eisenbahnen, Strassen, Schiffahrt, Hafenanlagen wurden von
CURA besonders erwähnt. Interessiert sind sie aber vor allem
an der technischen Kooperation. Auch an Drittländern könnte mit
der UNIDO, UN Development Organization, gemeinsam solche Projekte
im südamerikanischen Raum finanziert werden. Es gibt einen
eigenen Fond Buenos Aires mit 1,5 Mio. Dollar gegründet und jetzt
auf 3 Mio. Dollar aufgestockt wurde. Ausser einer Kooperation
aus Drittländer in Südamerika hat CURA auch angedeutet, dass in
Afrika gute Möglichkeiten bestünden.
Argentinien und Paraguay haben sich nun bezüglich des Ausbaues
vom Grenzfluss Panama, Staukraftwerkprojekt .......... geeinigt.
1980 soll die Ausschreibung erfolgen. Das Kraftwerk wird 12.600
Megawatt haben. Ich habe Cura sofort angeboten, er sollten sich
Altenwörth ansehen, wo wir erstmals grössere Horizontalturbinen
eingebaut haben. Er war damit sehr einverstanden, denn die Ar-
gentinier legen grössten Wert darauf, den letzten Stand der
Technik zu kennen. Die Schwierigkeiten die wir mit den Kraftwerk
gehabt haben, verschwieg ich selbstverständlich. Technischen Fach-
leuten allerdings ist es zweckmässig zu sagen, dass die Kinder-
krankheiten, die jede neue Konstruktion in diesem technischen
Grenzbereich mit sich bringen, die beste Gewähr sind, dass dieser
Fehler nicht mehr auftritt. Zu meiner grössten Überraschung
wurde mir dann vom Gesandten Reisch, Aussenamt, mitgeteilt, dass
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im April 1979 Direktor Pegoraro, der dieses Kraftwerk
bauen wird, bei mir war.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte bei allen Besuchen die letzten Be-
sucher von diesem Land zusammenschreiben lassen.
Anlässlich er Vertragsunterzeichnung wurde ich dann von ihm
neuerdings eingeladen nach Argentinien zu kommen. Zeitplanmässig
wäre es aber günstiger abzuwarten, bis der Wirtschaftsminister
Martinez de Hoz, der im Mai 1980 Europa besucht und vielleicht
auch nach Wien kommt, die im Vertrag vorgesehene Gemischte
argentinisch-österreichische Kommission leiten sollte. Beim
Empfang bei der argentinischen Botschaft hat mir Cura dann
unter vier Augen, nur mit der Übersetzerin, sehr lange
auseinandergesetzt, warum die Militärjunta die Macht übernehmen
musste und dass sie keine Faschisten sind, sondern als Demo-
kraten agieren wollen. Nur jetzt sei es übergangsmässig not-
wendig die Terroristen, die insbesondere nach dem Ableben von Peron
sich immer mehr ausgebreitet haben, zu bekämpfen. Politiker
seien jetzt dabei ein neues politisches Regime, sprich demo-
kratische Plattform zu finden.
Im Parlament gab es ausser dem Kapital Soziales und Gesundheit,
auch noch nach einer Erklärung von Aussenminister Pahr, warum
die österreichische Delegation jetzt für Kuba gestimmt hat,
eine heftige Debatte. ÖVP und FPÖ betrachten dies als einen
Wechsel in der Aussenpolitik und kritisierten die Abgabe der
Stimme für das kommunistische Kuba für Sitze im Sicherheitsrat,
sozusagen als eine Annäherung an den Ostblock. Österreich
hat bis jetzt Kolumbien unterstützt, Pahr war vor nicht allzu
langer Zeit dort auf Besuch, in den Zeitungen hat er über die wirt-
schaftlichen Möglichkeiten, die wir dort haben geschrieben, jetzt
meinte er, hier herrsche eine ungeheure Diktatur unter dem
formellen Mantel einer Demokratie. Der Gesinnungswechsel wurde
ihm nicht geglaubt und die Opposition attackierte ihn, weil er
das westliche Lager – sprich die Amerikaner – verlassen hat,
die unsere treuesten Verbündeten sind. Tatsache ist, der
Minister, der zur ersten Gemischten kubanischen-österreichischen
Wirtschaftskommission gekommen ist, mit dem Bundeskanzler zusam-
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mengetroffen und hat primär wegen dieses Stimmverhaltens in der
UNO mit ihm geredet. Ob und welche Zusicherungen er ihm gemacht
hat, weiss ich nicht. Ich bin immer sehr froh, dass ich mit die-
sen aussenpolitischen Probleme nichts zu tun habe. Mich inte-
ressieren ausschliesslich die Geschäftsmöglichkeiten, Geschäfte
wie ich dann im Couloir unseren Genossen sagte, muss man mit
allen Staaten machen, da kann man sich weder die Wirtschafts-
form noch die Staatsform aussuchen.
Bei der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen
Messen habe ich neuerdings das Problem des Salzburger Aus-
stellungsverein zur Sprache gebracht. Dieser ist nicht in der
ARGE und die Folge ist, dass doch in immer stärkerem Masse,
wie die Messevertreter sagen, unfair von der Salzburger Contact-
Messe die einzelnen Aussteller abgeworben werden. Wir einigten
uns darauf, dass jetzt versucht wird einen Katalog zu erstellen,
worin die Merkmale einer Messe und vor allem vielleicht auch
dann ein Wohlverhaltenskatalog angeschlossen wird. MR Müller wird
diese Arbeit als Abteilungsleiter für Messewesen beginnen, als
ultimo ratio haben wir uns geeinigt, gäbe es dann die Möglich-
keit, doch ein Messegesetz zu erlassen. Vorarbeit dafür könnte
dieser Katalog und der Wohlverhaltenskodex sein.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lass Dir berichten, wie es weitergeht.
Beim Jour-fixe mit AK und ÖGB einigten wir uns jetzt endlich über
die Vorgangsweise bei der Gaspreisfestsetzung. Jagoda wird noch
einmal mit der RAG sprechen. Mit 1. Jänner 1980 aber wird die
Preiskommission den auch von der RAG vorgeschlagenen Abgabepreis
von 1.– Schilling für oberösterreichisches Gas festsetzen. Nie-
derösterreichisches Gas wird, wie von mit der ÖMV vereinbart, 1.05
Schilling kosten.
Bezüglich des Strompreises haben wir wieder einmal lang gestritten.
Auch hier konnte ich gewisse Erfolge erzielen. Die Arbeiterkammer
gibt zu, dass es unzweckmässig ist, aufgrund des mit ihr erarbei-
teten Kalkulationsschema die Preise einzeln für die Landesgesell-
schaften festzusetzen. Für mich ist es politisch, aber auch wirt-
schaftlich vollkommen untragbar, dass die KELAG 0.6% plus den
Verbundanteil, die TIWAG aber 12% plus einen eventuellen Verbund-
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anteil Preiserhöhung bekommen könnte. Was immer der Prozent-
satz sein wird, wir werden ihn für alle Landesgesellschaften
gleich machen. Ich strebe an, dass er knapp über 10% liegt.
Für die Verbundgesellschaft einigten wir uns, dass er unter
15% sein soll. Die Arbeiterkammer hat glaube ich 12 bis 13%
vorgesehen. Ich glaube, er müsste höher liegen.
Da Kreisky bei der letzten Aussprache wegen der Ölimporte
meinte, wir werden uns in Zukunft nicht leisten können, diese
Importe mit Devisen, die wir nicht haben, zu finanzieren, habe
ich Kienzl sofort über die Entwicklung nach dem Devisenbestand
der Nationalbank gefragt. Tatsächlich ist in den letzten Tagen
von 55 Mia. Schilling der Devisenstand auf 35 Mia. zurückgegangen.
Dies ist aber nach Meinung Kienzls weniger auf die Importe Öl
und Autos zurückzuführen, sondern auf die Niedrigzinspolitik
von Androsch. Die Banken und Kreditinstitute legen ihre Über-
schüsse soweit als möglich im Ausland an, weil sie dort wesent-
lich höhere Zinsen bekommen. Als die Nationalbank jetzt fest-
gelegt hat, dass kein Rediskont mehr erfolgen soll, die Banken
wollten weitere 5 Mia. Schilling für Geldmarkt bei der Nationalbank
rediskontieren, ist sofort ein Trendumschwung bezüglich des De-
visenabflusses eingetreten. In der letzten Woche wurden 37 Mio
Dollar wieder hereingebracht.
Kreisky hat Präs. Minkowitsch als Bauernbundobmann, gleichzeitig
aber auch Präs. Lehner und die Sekretäre, die sonst immer beim
Bauerngipfel anwesend sind, zu einer Aussprache eingeladen.
Einleitend verwies er darauf, dass es notwendig ist den Streit
zwischen Minkowitsch und Haiden beizulegen. Minkowitsch erklärte,
er hätte selbst auch schon im Konzept dies vorgesehen und beide
haben dann eine Loyalitätserklärung abgegeben. Kreisky hat also
wieder rein gefühlsmässig und mit politisch sicherem Instinkt
eine brenzlige Situation gemeistert und für sich buchen können.
Die sachliche Aussprache verlief dann sehr ruhig, die Bauern
werden versuchen mit Haiden für nächsten Dienstag ist der Land-
wirtschaftsausschuss wieder einberufen, die Milchpreisproblematik
versuchen zu lösen. Das Mindestpreisabkommen für Käse soll
nach Meinung der Bauern gekündigt werden. Ich verwies darauf –
und Haiden unterstützte mich – dass eine Kündigung furchtbar
einfach ist. Die Bauern forderte ich auf, sich dies genau zu
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überlegen, denn man muss die Reaktion der EG in Brüssel be-
rücksichtigen. Haiden meinte, er hätte bei seiner letzten
Aussprache in Brüssel von unserer Mission erfahren, dass
die EG über eine Kündigung sehr glücklich wäre. Ich versprach
eine interministerielle Sitzung eventuell selbst zu leiten und
dort die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer im besonderen
zu berücksichtigen. Bis zu dieser Sitzung sollen sie sich genau
überlegen, ob eine Kündigung für sie wirklich zweckmässig ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte eine solche interministerielle
Sitzung unter meinem Vorsitz einberufen.
Die anderen offenen Probleme wie Viehpreisbänder, Weinpreis
Steuern, Alkoholprojekt usw. werden bei der nächsten Sitzung
behandelt werden, da Kreisky keine Zeit mehr hatte.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Termin sicherstellen.
Hofrat Puffler hat sein Abschiedsessen selbst bei Marhold orga-
nisiert. Dieser Gasthof hat herrliche Hausmannskost. Da er mit
den meisten Mitarbeitern im Büro sich sehr schwer redet, hat er
nur die Kolleginnen Schmied, Wiesinger und Nähsmann zu den Jour-
nalisten, die alle gekommen sind – manche sogar, die gar nicht
eingeladen waren – dazugenommen. Nach grosser Anstrengung ist es
geglückt, einen Gedichtband, den er vor 40 Jahren verfasst
hat, zu erhalten. Ich habe daher in meiner Laudatio nicht nur seine
Verdienste im Ministerium herausgestrichen, sondern auch wirk-
lich, wie ich glaube, 3 gute Gedichte – den Gedichtband habe
ich mir tatsächlich durchgelesen – rezitiert. Nicht nur ich,
ich glaube alle waren überrascht, was eigentlich in Puffler in
dieser Beziehung steckt. Mit ihm habe ich dann neuerdings be-
kräftigt, dass ich hoffe, dass er weiterhin mir seine Feder leiht.
Ich habe mit ihm vereinbart, dass er immer, wenn er ins Haus
kommt, mich aufsucht, dass die Kollegin Wiesinger ihn telefonisch
stets informiert, was es also an Artikel zu schreiben gibt. Über
diese Vereinbarung ist er, aber ich muss gestehen auch ich, sehr
glücklich, Er fragte mich auch, wer eigentlich jetzt die Abteilung
bekommen wird und war sicherlich enttäuscht, dass ich sagte –
wahrscheinlich, allerdings nach einer Ausschreibung – Dr. Pein.
Bei dem Essen habe ich mich "zufälligerweise" neben Dkfm.
Freisinger und Redakteur Graber von der Presse gesetzt. Beiden
erklärte ich, dass ich jetzt eine Aussprache mit den Kurier-
Leuten gehabt habe und Burian eine solche jetzt mit der Presse
organisiert hat. Interessanterweise wussten die beiden noch
nichts davon. Freisinger insbesondere legt aber grössten Wert
darauf, dabei zu sein.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Tagesprogramm, 7.12.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)