Freitag, 25. April bis Sonntag, 27. April 1980
Beim Jour fixe in der Bundeshandelskammer hat Sallinger mir mit-
geteilt, daß sie jetzt wegen der Textileinfuhrscheine noch einmal
eine Besprechung in der Handelskammer haben werden und dann wahr-
scheinlich 2 Minderheitsgutachten bekommen. Die Handelskammer
will unbedingt eine Erhöhung der Einfuhrgrenze von S 4000 auf
S 20.000, wenn die Textileinfuhrscheine nicht überhaupt verschwin-
den können. Ich habe ihm die Aktennotiz von MR Fischer übergeben,
der eine Änderung im Interesse der Textilindustrie entschieden
ablehnt. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch gleichzeitig mitge-
teilt, daß VÖEST-Alpine 17.000 Hosen aus der DDR nur erst und ein-
mal einführt. Textilien für ihren eigenen Gebrauch wie z.B.
Gradl, aber auch Hand-Tutcher wird die VÖEST-Alpine über ihre
Handelsfirma Intertrading weiterhin wahrscheinlich importieren.
Sallinger ärgert sich furchtbar, daß die Großen sich alles rich-
ten, die Textilindustrie selbst Fertigwaren importiert und nur
bei den Kleineren die administrativen Schwierigkeiten sich ar-
beitsmäßig so ungünstig auswirken. Er möchte unbedingt dem Textil-
handel ein Entgegenkommen zeigen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nach Vorlegen der Gutachten eigene inter-
ministerielle Sitzung einberufen lassen. Vorher aber mit mir spre-
chen.
Ich verwies darauf, daß die Kleinen im Handelsministerium sehr
wohl geschützt werden. Jetzt verlangen die Banken und Kreditinsti-
tute eine neuerliche Erhöhung für die Bürges-Kreditobergrenze
von 8,5 % auf 10,5 %. Begründet wird dies nicht zuletzt deshalb,
weil die Zinsen überall sehr gestiegen sind, AIK, Landwirtschafts-
minister Haiden hat für diese Agrarinvestitionskredite von 8,5
auf 9,75 erhöht und die Spesenverrechnung von 1/4 auf 3/8. Sallin-
ger und Kehrer sind sehr einverstanden, daß sich diese 10 1/2 %
nicht genehmige. Sekt.Chef Jagoda hat klipp und klar erklärt,
darüber wird nicht einmal verhandelt. Leider ist bei der Stamm-
aktion und der Fremdenverkehrssonderkreditaktion die Regelung 3 %
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über die Bankrate, also derzeit 9 1/2 %, liegt auch noch wesent-
lich unter den AIK-Kreditkosten.
Im ERP-Verfahren will man ebenfalls den 5 %-igen Zinssatz um
mindestens 1 % erhöhen. Eine andere Idee besteht sogar darin,
eine Gleitklausel für die Zinsen einzuführen. Dagegen würde ich
mich entschieden aussprechen. Sekt.Chef Gatscha hat mir dann mit-
geteilt, daß hier zwar nicht eine richtiggehende Gleitklausel
mit ständiger Änderung, wohl aber die Absicht bestanden hat, 3 %
unter den Zinssatz für Bundesanleihen zu gehen. Bundeskanzler
Kreisky hat dies abgelehnt und meinte, man dürfe nur einmal bei
Programmgenehmigung auch den Zinssatz ändern, diesen aber dann,
so wie jetzt eben mit 5 %, mit 6 % festsetzen. Der Anteil des
ERP-Verfahrens wird immer geringer, früher war er 27 % des Bud-
gets, jetzt ist er auf 8 % zurückgeschrumpft.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Bitte die gesamten Kreditbestimmungen sam-
meln und dann mit mir besprechen.
Ich habe Gen.Sekr. Kehrer neuerdings klar gemacht, daß ich nur
dann nach Brüssel wegen der Beitrittsverhandlungen Griechenland-
EG, und damit Auswirkung auf Österreich, fahre, wenn er und falls
die Landwirtschaft dies auch will, dann Präs. Lehner mitfährt.
Kehrer wird das ganze Problem mit der Landwirtschaft, wenn ich
so sagen darf, parteipolitisch besprechen. Ich habe ihn nicht im
Unklaren gelassen, daß ich nicht bereit bin, die von vornherein
aussichtslosen Versuche auf Änderung zu unternehmen und dann im
Parlament dafür attackiert werde.
Gen.Sekr Kehrer ersuchte, daß in der Arbeitsgruppe für Jugoslawien,
die für 30. Mai einberufen wurde, insgesamt werden 3 Untergruppen
gebildet, keine Hektik vorherrschen sollte. Er fürchtet, daß
Sekt.Chef Meisl jetzt in Erfüllung des Kreisky-Wunsches, sofort
eine optimale Lösung den Jugoslawen vorschlagen wird. Ich ver-
sicherte ihm, daß höchstens über den kleinen Grenzverkehr und Er-
höhung der Messekontingente, eine Forderung, die von der steirischen
Landesregierung stets gekommen ist, verhandelt wird. Bei der
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Messeeröffnung in Graz konnte ich dann tatsächlich feststellen,
daß sowohl LH Niederl als auch der Messepräsident Höller mit
einer solchen Vorgangsweise sehr einverstanden sind.
Bezüglich der Benzinpreiserhöhung 80 Groschen inkl. 30 Groschen
Mineralölsteuer und 40 Groschen Ofenheizöl-Preiserhöhung erklärte
ich der Handelskammer dezidiert, dies wird nur durchgeführt, wenn
die Handelskammer und die ganze Preiskommission dieser Lösung
zustimmt. Kehrer meinte, ich wollte mich hier scheinbar auch poli-
tisch absichern und er müsse verlangen, daß insbes. auch für die
Tankstellen etwas geschieht. Sallinger war mit der von Mineralöl-
industrie vorgeschlagenen Lösung, in der Handelskammer wird diese
Aufteilung der 80 Groschen dann erfolgen, nicht sehr erfreut.
Ich habe MR Kurzel deshalb neuerdings dann erklärt, eine Lösung
kommt nur infrage, wenn in der Preiskommission von allen Beteilig-
ten zugestimmt.
Zu meiner größten Überraschung ist dies dann Freitag nachmittags
tatsächlich geglückt. Nach etlichen telefonischen Rückfragen hat
Satzinger mir versichert, daß Kurzel ein solches Einvernehmen zu
meiner größten Verwunderung erreichen konnte. Die Ölindustrie
wird sicherlich aber nach Einführung dann der 30 Groschen Mineral-
ölsteuererhöhung mit neuerlichen Preisanträgen kommen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Frag nach, wie jetzt die Mineralölsteuer-
erhöhung abgewickelt werden soll.
Bei einem guten Aufhänger habe ich Sallinger und Kehrer auf die
Methoden der Arbeitnehmervertreter in der Ausschreibungskommission
aufmerksam gemacht. Sallinger hat nichts gewußt, Kehrer dürfte
schon eine Information besessen haben. Er meinte, die Absicht
der Bestellung eines sozialistischen neuen Sektionschefs hat zu
dieser Reaktion geführt. Mein Hinweis, daß MR Gröger aus dem
jetzt in der Verbundgesellschaft übernommenen Koordinator für die
Elektrizitätswirtschaft mit dem Handelsministerium, also eine
wichtige Nebenbeschäftigung, ausgeschieden ist, wird zur Kenntnis
genommen, natürlich will sich die Handelskammer wegen des unquali-
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fizierten Verhaltens der Personalvertreter nicht äußern. Mein
Hinweis, daß ich von den Personalvertretern, ob schwarzen, jetzt
auch sozialistische Fraktion, hart attackiert werde und damit
zeigt, daß ich mich von den politischen Überlegungen nicht aus-
schließlich leiten lasse, veranlaßt Sallinger dazu zu sagen, dies
hätte ich mir alles bestellt. Ich habe ihn selbstverständlich we-
der den Brief der Fraktion an Kreisky lesen lassen, noch den In-
halt im einzelnen mitgeteilt. Ich informierte ihn nur so neben-
bei, daß auch ich hart wegen der Personalpolitik von der soziali-
stischen Fraktion attackiert werde. Die einzige Reaktion von
Sallinger darauf war, ich hätte mir diesen Brief sicherlich be-
stellt.
Mit Bundeskanzler Kreisky habe ich in Draßburg dann über das
Ausscheiden der ÖVP-Personalvertreter aus der Ausschreibungskommis-
sion aus den zu erwartenden Attacken deshalb vielleicht sogar
im Parlament durch eine dringliche Anfrage usw. gesprochen. Da
Sekt.Chef Wanke jetzt monatelang krank war und die Sektion schon
dringendst einer endgültigen festen Führen bedarf, wird eine Ent-
scheidung unbedingt in der nächsten Zeit fällig. Ich werde trotz-
dem, wie ich Kreisky versicherte, alle formellen Zeiten unbedingt
einhalten. Bezüglich der Bestellung des Sektionschefs in der Ener-
giesektion war Kreisky vollkommen damit einverstanden, daß ich
dies ausschließlich in meinem Ministerium abzuwickeln und auch
zu entscheiden habe. Auch hier hoffe ich, wie ich ihm sagte, auf
einen entsprechenden Vorschlag der Ausschreibungskommission.
Die Generalversammlung der Fremdenverkehrsdirektoren in Baden
gab mir Gelegenheit über ganz etwas anderes zu referieren, als in
der Tagesordnung und im gedruckten Programm vorgesehen war. Dort
wollte man von mir ein Riesenreferat haben, ob die Gemeinde Frem-
denverkehrsämter oder Gebietsverbände ein gewerberechtliche klei-
ne Reisebürokonzession bekommen können. Ich habe, wir mir Würzl
aufgeschrieben hat, einleitend erklärt, darüber sollten sie dann
mit Min.Rat Würzl verhandeln. Angeblich nämlich hat Sekt.Chef
Jagoda Würzl gegenüber versichert, bis Jahresende könnte diese
gewünschte Regelung in der Gewerbeordnung gesetzmäßig verankert
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werden. Ich kann mir nicht sehr gut vorstellen, daß wegen dieser
Kleinigkeit Jagoda tatsächlich heuer nicht die Gewerbeordnung
novellieren möchte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte klär dies.
Den Fremdenverkehrsdirektoren setzte ich die Wünsche der Handels-
kammer, ständigen Vertreter im Direktorium und auch den Wunsch
der Bundesländer auf Erweiterung des Direktoriums um ihre Vertre-
ter auseinander. Weiters verwies ich dann auf den österreichi-
schen Fremdenverkehrstag. In einer lebhaften Diskussion wurden
dann alle weiteren Probleme, Incominggesellschaft, Computerreser-
vierung durch Staat, Vorarlberg, Ferienhäuserprobleme im Wald-
viertel, Infrastrukturverbesserungen, Chartereinflugmöglichkei-
ten, Ausbildungsfragen, deutsche Sozialversicherungsbeiträge
für Kururlaub in Österreich usw. besprochen. Der Bundesverband
der Kur- und Fremdenverkehrsdirektoren hat auch die neuen Organe
gewählt, Debene ist wieder Präsident und ich habe ihnen zum Ein-
stand die gewünschten Kostenzuschüsse zu ihrer Publikation, bis
zu S 20.000 wurde beantragt, zugesagt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN und HAFFNER: Bitte den endgültigen Betrag
vereinbaren.
Den Fremdenverkehrsdirektoren habe ich dann das Angebot gemacht,
damit es nicht heißt, ich würde nur gewisse Gegenden, und womög-
lich parteipolitisch beabsichtigt, gewisse Gemeinden besuchen
und mit ihnen wandern, daß ich jedermann zur Verfügung stehe,
soweit es zeitlich von Dr. Haffner, der dafür bei mir verantwort-
lich ist, untergebracht werden kann. Dieses Anbot hat allgemeine
befriedigende Zustimmung ausgelöst.
Bei der Messeeröffnung habe ich Hofrat Gaisbacher getroffen. Die-
ser war sehr überrascht zu erfahren, daß wir die beabsichtigte
Österreichische Fremdenverkehrswerbung "Wanderung mit deutschen
Journalisten" ohne eine Wandereinlage mit Rad absolvieren sollen.
Haffner erklärte, daß die Österr. Fremdenverkehrswerbung, Dr.
Hofbauer, dies vorgeschlagen hat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Du siehst, die Steirer wollen eine Rad-
wanderung. Bitte mit ÖFVW besprechen.
Der nicht zuletzt auf Wunsch Haffners durchgeführte Flug nach
Weißkirchen zur Staatswappenverleihung der Fa. Kufner war ein
wenig desorganisiert. Hätten wird, wie ich immer vorschlug, die
Strecke mit dem Auto zurückgelegt, wären wir vielleicht länger
gefahren, aber ich wäre sicherlich auch nicht später hingekommen.
Da der Hubschrauber nicht fliegen konnte, mußten wir mit einem
Jet von Schwechat nach Graz, dort sollte dann der Hubschrauber
stehen, was auch wieder nicht der Fall war, weshalb ein Auto ge-
mietet wurde, um den deutschen Botschafter mit seiner Frau und
den Präsidenten der Deutsch-Österreichischen Handelskammer, Hinter-
egger, mit seiner Frau nach Weißkirchen zu bringen. Da ein
Chauffeur, trotzdem wir eine Stunde warteten, auch wieder nicht
anwesend war, wollte ich schon selbst chauffieren, was der
deutschen Botschafterin ungeheuer imponierte. Die Fa. Kufner er-
zeugt Zwischeneinlagen für Anzüge und Kostüme und ist ein kleiner
Multi. In Amerika, Mexiko, Taiwan, außer eben in Österreich und
dem Stammhaus in München, eigene Produktionsstätten und eine welt-
weite Vertriebsorganisation. Vor 21 Jahren in Hallein der erste
Schritt nach Österreich und dann im 65-er Jahr nach Weißkirchen.
Ursprünglich 25 Beschäftigte, jetzt schon über 175 und in kürze-
ster Zeit 200 bei ca. S 90 Mio. Investitionen. Nach der Betriebs-
besichtigung, gearbeitet wird in 3 Schichten, eine riesen Feier
mit allen Angestellten, vielen Freunden des Herrn Kufner, aus
St. Anton und anderen war Karl Schranz mit eingeflogen, der aller-
dings dann wieder nach Wien mit dem Jet zurückflog, eine riesen
Veranstaltung. Da man an Haffner die Auskunft gegeben hatte, der
Jet würde nur wegen mir zurückfliegen, hatten wir beschlossen
in Weißkirchen zu übernachten. Dies war der größte Fehler. Wir
lagen in einem Gasthaus unmittelbar neben der Kirche, scheinbar
war dies früher der Kirchfriedhof und die Kirchglocke schlug aber
alle 1/4 Stunden so laut, daß keiner ein Auge zumachen konnte.
Selbst ich bin von den heimkehrenden feiernden Gästen um 1 Uhr
wach geworden und dann konnte ich auch nicht mehr einschlafen.
Ich glaube, daß wir im Interesse des Fremdenverkehrs versuchen
sollten, mit der Kirche und den Ortsverbänden zu erreichen, daß
das Geläute und Schlagen der Uhr in den Nachtstunden unbedingt
abgestellt werden sollte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Der Bürgermeister von St. Anton ersuchte mich um eine Unterstützung.
Am 31. Mai wird eine Musikkapelle mit 50 Mann, 4 Schilehrern und
2 Funktionären zum Defilee der abdankenden Königin Juliana in die
Niederlande reisen. Als einzige außerniederländische Musikkapelle
können sie dort für St. Anton und Österreich entsprechende Propa-
ganda machen. Die Kosten von S 150.000 sind nicht annähernd noch
gedeckt. Ich versprach dem Bürgermeister, mit dem ich einmal in
St. Anton eine Bürgerversammlung bestritten hatte, zu helfen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte versuche bei der Österreichischen
Fremdenverkehrswerbung einen kleinen Betrag als Zuschuß zu er-
reichen.
Beim Frühstück in der Burg resp. beim Mittagessen im Steirerhof
hatte ich Gelegenheit mit LH-Stv. Sebastian über die Partei und
Regierungsumbildung in der Steiermark zu reden. Er ist über die
Nationalratsabgeordnete Jolanda Offenbeck sehr verärgert und meint,
er wird sie keinesfalls für ein Landesregierungsmitglied vorschla-
gen. Unbestritten dagegen ist für seine Nachfolge der derzeitige
Landessekretär des ÖGB, Gross. Sebastian ist sehr verärgert und
meint, er hätte zeitlebens seit 36, wo er zur illegalen Partei
gekommen ist, stets alle Unbillen auf sich genommen und müsse
jetzt feststellen, daß nur Manager, Karrieristen, keine grundsatz-
treuen Genossen sich um Spitzenpositionen bewerben und auch er-
reichen.
Eine ähnliche Bemerkung hat Kreisky auch nicht auf den steirischen
Nachfolgekampf, sondern ganz allgemein bei seiner Ankunft in
Draßburg mir gegenüber geäußert, als er meinte, er käme jetzt ge-
rade von den Sozialistischen Freiheitskämpfern. Dort seien noch
Idealisten sozusagen im Ausgedingestüberl der Partei, die die
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Reinheit der Partei aufrechterhalten wollen und die ausschließlich
selbstlos sich seinerzeit und teilweise auch jetzt noch für die
Partei zur Verfügung stellen. Generationswechsel und Ablösepro-
bleme sind nie angenehm und geschehen in allen Parteien und sicher-
lich auch bei uns nicht reibungslos. Was leider immer wieder zu-
rückbleibt, ist Verärgerung und meistens dann Resignation.
Bei der Messeeröffnung gab es das übliche Hickhack. Ich habe
beim Frühstück sogar LH Niederl aufgefordert, er möge, weil das
doch jedermann von uns erwartet, ein wenig persönliche Bemerkungen
machen. Ein Versprecher, daß ich jetzt 20 Jahre schon bald her-
komme, in Wirklichkeit aber meinte er, 20 Messen eröffnete, ver-
anlaßte ihn, neben einem anderen dann von Zuhörern mit Beifall
bedachten, sehr fair vorgetragenen Angriffen, er dankte mir für
das stets bekundete Interesse und die Bereitschaft die Messen
jetzt in 10 Jahren zu eröffnen, aber es ist eben nur 10 Jahre her,
und das man ihm doch die Hoffnung lassen sollte, daß sich dies
ändert, wie er allerdings vor der letzten Wahl auch meinte.
Selbstverständlich erwiderte ich, daß ich mich geirrt hatte mit
den Jahren und der Messeanzahl, 2 mal im Jahr ist nämlich Grazer
Messe, die ich eröffne, und daß ich sicherlich in 20 Jahren nicht
mehr Handelsminister bin, weil ich aus Altersgründen schon aus-
geschieden sein werde. Genauso sicher ist für mich aber, daß
dann trotzdem noch immer ein sozialistischer Minister die Messe
eröffnen wird. Sebastian hat mich ersucht, daß ich auf die Benzin-
frage eingehe, ich verwies darauf, daß Bautenminister Sekanina
unbedingt die 30 Groschen Mineralölsteuer braucht, um nicht zu-
letzt auch die Mur-Mürz-Furche straßenmäßig zur sanieren. Die
alte 17 kann den Verkehr, wie ich mich selbst bei der Staatswappen-
überreichung bei Kufner überzeugen konnte, nicht mehr fassen.
Bei der schon traditionellen Presseaussprache in Graz spielte
natürlich dann auch die Benzinpreiserhöhung die entscheidende
Rolle. Österreichische Journalisten waren diesmal nur 4, da das
Fernsehen von der Messe sogar ein Statement aufgenommen hat,
war ORF nicht mehr vertreten, dafür aber waren tatsächlich 2
Auslandskorrespondenten diesmal anwesend.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie wird dort die Einladung durchgeführt.
LH Sebastian beschwerte sich neuerdings, daß der jugoslawische
Handelsrat wegen der 1/2 % Handelskammerumlage für Messekontin-
gent bei ihm vorgesprochen hat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächstes Jour fixe Handelskammer
setzen.
Sekt.Chef Gatscha erinnerte mich daran, daß für den Bürgermei-
ster Aloys aus Ischgl ein Orden vorgeschlagen wird und bei mir
im Handelsministerium das Begutachtungsverfahren noch immer nicht
erledigt ist.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie steht der Fall.
Kreisky wird am 5. Mai nach Deutschland fahren und ist bereit,
wegen der Staatsbürgerschaft Münzner, VW-Werk, mit Schmidt über
dessen Doppelstaatsbürgerschaft zu reden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort von Gröger einen Briefentwurf
machen lassen.
Kabinettschef Lacina möchte von uns jetzt wissen, wie es mit
der Wachau-Aussprache, Maurer, weitergeht.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit Kobilka sofort verbinden.
Die Gespräche mit Lazar und Kreisky waren Samstag in einem grö-
ßeren Kreis, für mich nur interessant, daß die österreichische
Seite, weder Sekt.Chef Gatscha noch der österreichische Botschaf-
ter in Budapest, Dengler, sich Aufzeichnungen machten, was Kreisky
und Lazar erzählten. Entweder haben sie und insbes. die Auslands-
leute so gutes Gedächtnis, daß sie ihren Minister frei und ohne
Aufzeichnungen informieren können oder sie erzählen überhaupt
nichts oder nur Unzulängliches. Kreisky selbst schnitt 3 Probleme
an, als erstes Afghanistan, wo er erklärte, warum er meint, nur
Fidel Castro könnte bei den Russen sondieren, um was es geht und
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wie man aus dem Dilemma herauskommt. Zweite Frage war der Iran,
wo er Lazar erörterte, wie sehr er über die PLO, Arafat, sehr wohl
zu den 16 Geiselfreilassungen gekommen ist. Der Waldheim-Versuch
ist im letzten Augenblick mißlungen, durch das Rumfahren vom
Schah, den Iranern hätte eine internationale Verurteilung auch ge-
nügt. Zugesagt wurde über Arafat und Kreisky, daß die Amerikaner
nichts machen sollen. Durch die öffentliche Meinung in Amerika
ist aber Carter dann unter Druck gekommen. Durch die mißlungene
Befreiungsaktion ist jetzt das Ansehen Amerikas total ruiniert.
Zum Mißlingen kommt jetzt noch teilweise der Spott. Kreisky
meint, würde ein republikanischer Kandidat Kissinger als Außen-
minister propagieren und gewinnen können, wäre dessen Wahl fast
sicher. Carters Wiederwahl ist mehr denn je fraglich. Man wird
überhaupt feststellen, wie es im Nominierungskonvent zugehen
wird. Der 3. außenpolitische Punkt war der Mittlere Osten. Da die
Araber hoffnungslos zerstritten sind, Irak mit Iran und Syrien,
Marokko mit Algerien, Libyen mit Tunesien, Libyen mit der PLO,
Arafat wurde von Gaddafi unwürdigst behandelt, hier hofft Kreisky
auf die Wahl in Israel, wo Peres dann mit der Arbeiterpartei die
Regierung bilden wird und sofort neue Vorschläge, die eine Ver-
handlungsgrundlage sein können, mit der PLO machen wird. In
Jordanien und Palästina soll ein Staatsgebilde, also nicht ein
Staat, sondern ein politisch und staatsähnliches Gebilde entste-
hen. Zusammenfassend meinte Kreisky, die Entspannungspolitik
müßte wieder aufgenommen werden. Bundeskanzler Schmidt möchte
eine so echte Entspannungspolitik, hat aber die Solidarität mit
den USA zu berücksichtigen. Er wünscht auch eine Verständigung
mit der DDR und seiner Moskau-Reise kommt daher größte Bedeutung
zu. Überhaupt hatte ich den Eindruck, daß schon bei dieser offizi-
ellen und im größeren Kreis geführten Aussprache, Kreisky–Lazar
alles das sagt, was er wünscht, daß von diesen wieder nach Moskau
weitergegeben wird, was sicherlich auch der Fall ist. Kreisky
gilt ja, wie auch Lazar dann auch ausgeführt hat, als im Westen
nicht nur großer Politiker, sondern auch der Mann, der die Ent-
spannung am weitesten wieder vorantreiben kann. Schwierig wird
es nur mit Amerika deshalb, weil kein Grundsatz, keine Grundnorm
mehr festzustellen ist. Voraussetzung jedweder Politik ist eine
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gegenseitige Berechenbarkeit. Die Politik der Amerikaner und
ganz besonders die von Carter ist nicht mehr berechenbar. Wenn
eine solche gegenseitige Berechenbarkeit in der Politik fehlt,
ist es von ungeheuren Zufällen und sonstigen Überraschungsmaß-
nahmen abhängig. Interessant war vor allem die teilweise weit-
gehende Übereinstimmung Lazars mit der beabsichtigen Entspannungs-
politik Kreiskys.
In den bilateralen Fragen wurde über die Erfahrung Ausbau Frem-
denverkehr, sprich 4 Hotels, von Kreisky gesprochen, das Elektri-
zitätskraftwerk, was im Burgenland errichtet werden soll, hier be-
richtet Kreisky, daß er bei Jugoslawien-Verhandlungen feststellte,
daß man dort Kosovo-Kohle für die Zukunft aufbewahren wolle, er
meinte, in 20 Jahren seien aber die Lignite insbes. in Ungarn
wieder nichts wert und es müßte deshalb rasch eine Verwertung ge-
sucht werden. Überraschend erwähnte Kreisky dann auch die Frage
des Donauausbaues, daß sich bei dem tschechisch-ungarischen
Kraftwerk auch Österreich beteiligen möchte. Ich erörterte dann
insbes., daß es primär darum geht, den 13 %-igen Österreich-Anteil
an der Staustufe, die sich wassermäßig ergibt, zu sichern, daß
ich diesbezüglich mit Ehrenberger und Barcak im Juli in der
Tschechoslowakei Verhandlungen führen werde. Für alle, selbst
für Gatscha überraschend war, daß Kreisky auch über die Tonwerke
Drittländerkooperation in Jamaika angeschnitten wurde, hier
handelt es sich sicherlich um eine unzulängliche Information von
Botschafter Dengler. Die rasche Grenzabfertigung wurde von ihm
urgiert und daß die Kulturaustausche bestens funktionieren.
Lazar erwiderte, daß die Ungarn großes Interesse daran haben
an den ungarischen Kohlenlieferungen, doch müßte dies auch für
Ungarn rentabel sein. Die beiden Minister sollten noch Detailge-
spräche führe. Der Grenzübergang wird reformiert, dies hat ihm
der Grenzsowjet bei seinem Übertritt selbst gesagt. Von der
Donauausbaufrage hört er zu ersten Mal. Er ist sehr einverstanden,
daß wir dies Ungarn, Tschechen und wir gemeinsam besprechen.
Insbesondere möchte er, daß die Expertengruppe auf Drittländer
sehr bald zusammentritt. Ein älteres Problem ist, daß 62 %
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Importe nur durch Exporte gedeckt werden. Im $-Raum sind es
mit dem Westen wenigstens 80 %. Dafür ist die Zollbelastung
mit ein Grund und die Diskriminierung. Er könnte sich vorstellen,
daß eine Freihandelszonenregelung ähnlich mit Finnland, Ungarn
gefunden wird. Bei den Verhandlungen in der Sowjetunion wegen
Elektrizitätslieferungen über Ungarn sind sie dabei und begrü-
ßen diese Gespräche. Bei der Postverwaltung wünschen sie über
die Fernsprechsysteme, Kanada oder Siemens, eine gemeinsame
Kooperation. Ungarische Firmen sollten einbezogen werden, sie
könnten als Zulieferer in Erscheinung treten. Die Ungarn haben
jetzt eine Mannesmann-Lizenz, fährt für das Stahlwerk der VÖEST-
Alpine in Kindberg abgegeben und Ungarn wäre an einer Lieferung
sehr interessiert, um nicht zuletzt das Handelsdefizit abzudecken.
Die technisch-wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem ungarischen
Landesamt für technische Entwicklung funktioniert sehr gut. Er
stimmt mit Kreisky vollkommen überein, der in der Vergangenheit
gesagt hat, die ungarisch-österreichischen Beziehungen sind
beispielhaft und jetzt kann er nur dazu sagen, sie sind so gut
wie noch nie.
Kreisky erwiderte, daß die ÖFEK, der Zusammenschluß der österr.
Fernsprechproduktionsfirmen, sich jetzt um das neue System mit
der Postverwaltung im Verhandlungsstadium befindet, Siemens-
Aufsichtsratspräsident Dax aber jetzt in Ungarn feststellen
konnte, daß sie sehr zufrieden arbeiten. In Ägypten wird die
deutsche Siemens mit Österreich und Thompson, Frankreich, auch
das Telefonnetz neu bauen. Kreisky erwähnte dann, daß die Ungarn
sich überlegen sollten, ob sich nicht mit der EFTA in einen enge-
ren Kontakt eintreten würden. Er wird in Schweden, wenn es zur
20-Jahrfeier EFTA kommt, wenn es der Wunsch der Ungarn ist, die
entsprechenden Annäherungsvorschläge vorsichtigst vortragen.
Voraussetzung ist, daß die ungarische Seite ihm aber eine sub-
stantielle Mitteilung zukommen laßt. Es war in der EFTA immer
so, daß einzelne Staaten gesponsert haben, Schweden zuerst die
Finnen, Schweiz dann die Spanier und Österreich die Jugoslawen.
Ein vertraulicher Briefwechsel könnte vieles dann möglich machen,
wenn er von Ungarn diesbezüglich aufgefordert wird. Lazar hat
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sich sofort darauf gemeldet und gemeint, er hätte sich vielleicht
nicht so deutlich ausgedrückt. Was die Ungarn wünschen, ist, daß
die Diskriminierung wegfällt und dies könnte, wie die Sowjetunion
mit Finnland und Ungarn mit Finnland abgeschlossen hat, durch
einen solchen Vertrag zwischen Österreich und Ungarn erfolgen.
Die Ungarn denken weder mittelbar noch unmittelbar daran, der
EFTA oder EG sich anzuschließen oder auch nur irgendwelche An-
näherung zu machen.
Bei unserem bilateralen Gespräch mit Veres, Nußbaumer und
Gatscha konnte ich dann feststellen, daß tatsächlich kaum eine
Möglichkeit diesbezüglich bestehen wird. Die Ungarn haben nur
erwähnt, daß sie die Diskriminierung abbauen möchten. Über die
Lieferung von einer Röhrenfabrik an Firma VÖEST-Alpine für
Kindberg würde sich Pannonia, ehemalige Csepel, gerne beteiligen
und hat mit 31.10.1979 ein Offert auf 12,5 Mio DM, wovon die
Ungarn 8,10 Mio leisten würden, bei 16 Monat Lieferzeit, offeriert.
Es handelt sich um eine Mannesmann-Lizenz, woran auch die
deutsche Firma Kieseling und Sollingen beteiligt ist.
Die ÖFEG sollte mit den ungarischen Firmen kooperieren. Ich habe
zugesagt, wenn die endgültige Entscheidung über das Telefon-
system gefallen ist, wir sofort die ungarische Seite verständigen.
Für den kleinen Grenzverkehr sollen der GD des Handelsministeriums
Antalpeter und Sekt.Chef Meisl Verhandlungen weiterführen. Die
Drittländergeschäfte könnten auf dem Energiemaschinensektor,
Transelektro in Ungarn und SGP z.B. auch jetzt in Indien stärker
in Erscheinung treten. Das Verlangen der VÖEST-Alpine, eine
Niederlassung in Budapest zu errichten, wird von Veres unter-
stützt werden.
Bezüglich des an der ungar.-österreichischen Grenze zu errichtenden
Kraftwerks möchten die Ungarn bei den Turbinen, die ja Österreich
nicht erzeugt, aber auch bei den Kesseln, wo es mit der SGP zusam-
menarbeitet, berücksichtigt werden. Außerdem haben sie im Trocken-
kühlsystem gute Erfahrungen. Ich verwies darauf, daß andererseits
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auch die DDR, Staatssekretär Beil, sich bei den Abraummaschinen,
die die Ungarn brauchen, eine Liefermöglichkeit erwartet.
Gatscha beschwerte sich dann noch, daß die Ungarn mit der Export-
quote 300.000 t. Stahl nach Deutschland nicht Transit in Öster-
reich die Lieferung durchführen, sondern Metalimex auch über
eine österreichische Handelsfirma, wo Bleche geschlitzt werden,
dann bis zu 50.000 t unseren gesamten inländischen Bedarf wo-
möglich aus dieser Quote abdecken wollen. Gleichzeitig beschwerte
er sich auch, das Chemoimpex Polypropylen bis zu 20.000 t im
Export unterbringen will und damit Chemie Linz hart konkurren-
ziert mit Dumping-Preisen. Die Produktion über Polypropylen
wurde von 40.000 auf 80.000 in Ungarn erhöht.
Die beabsichtigte Tonerdefabrik in Ungarn, an der sich auch die
Vereinigten Aluminiumwerke beteiligten würden, ist noch nicht
sehr konkret. Gatscha hat sie wieder urgiert. Aluminiumbarren-
lieferung Aluminiumschrottlieferungen, wie im Vertragsentwurf
vom Dezember 79 vorgesehen, könnten vergrößert werden. Auch hier
werden die Ungarn noch entsprechende Verhandlungen führen.
Das wirkliche Problem aber ist, daß jetzt so schnell als möglich,
nachdem der 160.000 Mio $ Kredit für das ungarische Kohlenfeld
vom Finanzminister angeblich genehmigt wurde, jetzt über den
Preis verhandelt wird. Ich habe festgehalten, daß Fremuth, Ver-
bundgesellschaft, der Verhandlungspartner ist, der auch tatsäch-
lich sofort abschließen kann. Der Kohlepreis von S 280.–– t
wie es sich die Ungarn vorstellen, ist für uns aber vollkommen
unvorstellbar.
Tagesprogramm, 25.4.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 26./27.4.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)