Mittwoch, 7. Mai 1980
In der BÜRGES wird von den Geschäftsführern berichtet, daß
bei allen Aktionen ein weiterer Anstieg zu verzeichnen ist,
manche dieser Aktionen fast bis zu 100 %. Eine lange Diskussion
ergibt sich dann aber, ob die Lagerhäuser der Raiffeisenkassen
gefördert werden sollen. Die Handelskammer, Dr. Kopecky, hat ein
Rundschreiben an alle Landeskammern verschickt und auch der
Raika gegeben, dort werden neben den bisherigen Kriterien, 100
Beschäftigte und S 50 Mio. Bilanzsumme, neue Kriterien, für Lebens-
mittelhandel und andere S 50 Mio. Bruttoumsatz, für Textilien, Ge-
mischtwarenhandel usw. 150 Mio. S Bruttoumsatz und für Schuhe
und Elektrogerätehandel usw. 100 Mio S Bruttoumsatz, als obere
Grenze statuiert. Diese Kriterien gehen auf eine Studie des
Instituts für Handelsforschung zurück. Nach diesem Rundschreiben,
wenn die Bürges auch vorgehen würde, kämen 80 % der eingereich-
ten Lagerhausgenossenschaften nicht mehr zum Zuge. Die Arbeiter-
kammer, Mag. Reitzner, der Freie Wirtschaftsverbandsvertreter
und auch der Gewerkschaftsvertreter lehnen aber die Lagerhausge-
nossenschaften prinzipiell ab. Ihrer Meinung nach sind diese
einzelnen Lagerhäuser keine selbständigen Unternehmen, sondern
natürlich zentralistisch geleitet, auch dann, wenn sie gewerbe-
rechtlich ein Einzelunternehmen darstellen. Mit gemeinsamem Ein-
kauf und Verkauf, einem Geschäftsführer, der vom Zentralverband
angestellt, also keine Personalhoheit des einzelnen Lagerhauses,
fehlen nach Meinung dieser Gruppe der BÜRGES alle Voraussetzungen,
um in Hinkunft diese, selbst wenn sie den Kriterien der Handels-
kammer entsprechen würden, Zinsenzuschüsse bekommen sollen. Die
Handelskammerkriterien würden auch dazu führen, daß höchstens
kleine Konsumgenossenschaften des Westens oder vereinzelt Spar-
Geschäfte in Hinkunft BÜRGES-Kredite bekommen könnten. Die gro-
ßen Organisationen würden auch auf dem nicht landwirtschaftlichen
Gebiet ausgeschaltet werden. Dies gilt ganz besonders für den
Konsum Österreich. Da ich dieses Problem innerhalb unserer eige-
nen Organisationen gerne noch selbst diskutieren möchte, schlug
ich die Vertagung vor, da man vorerst das Rundschreiben genau
studieren sollte.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte auf AK, ÖGB Jour fixe setzen.
Die 11. IFABO am Messegelände war sicherlich die größte, die
jemals in Österreich gezeigt wurde. Überrascht war ich, daß
50 Unternehmer, die sich daran noch beteiligen wollten, nicht
mehr zum Zuge kommen konnten. Das Angebot, in der 14-er Halle
im 1. Stock ausstellen zu können, wird nämlich von allen Firmen
abgelehnt. Alle Firmen wollen nur und legen Wert darauf, in
ebenerdigen Pavillons ausstellen. Angeblich, hat Hintschig mir
gesagt, geben sie bis zu 40 % Ermäßigung für Aussteller, die in
den 1. Stock gehen. Beim Durchgang wurden mir die einzelnen
neueren Geräte der großen, aber auch mittlerer Firmen gezeigt.
Bei meiner Ansprache erwähnte ich, ich würde jetzt ähnlich wie
bei der Autoindustrie versuchen, bei einzelnen großen Importge-
räten versuchen zu erreichen, daß sie einzelne Zulieferungen in
Österreich kaufen. Philips zeigte mir dann einen Kleincomputer
im Prototyp, der nächstes Jahr in Serie, ausschließlich in
Österreich erzeugt werden soll.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Machen wir ähnlich wie bei Autos ein
Schreiben an die bedeutendsten Firmen.
Handelsrat Nasser von der ägyptischen Botschaft sollte jetzt
nach Lagos versetzt werden. Er führt dies darauf zurück, weil
er nicht zuletzt durch meine Unterstützung an der Gemischten
österreichisch-ägyptischen Kommission in Kairo teilnehmen konnte.
Er hofft, daß wenn ich auf den österreichisch-ägyptischen
stärkeren Handel hinweise, er dann doch in Österreich bleiben kann.
Einen diesbezüglichen Brief soll ich dann seinem Chef, Handels-
minister Dr. Said, schreiben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Brief vorbereiten.
In der Paritätischen Kommission gab es die offene Frage der
Handelsspanne für Heizöl und anderer nicht preisgeregelter Mine-
ralölprodukte, wo aber keine Entscheidung gefunden werden
konnte und wieder an den Preisunterausschuß zurückgewiesen wurde,
genau dasselbe für die landwirtschaftlichen Zugmaschinen und
Lastkraftwagen sowie Fahrräder und Motorräder. Für die chemi-
sche Industrie wurde von der Chemiearbeitergewerkschaft meiner
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Meinung nach ein sehr guter Lohnvertrag abgeschlossen. Die
Istlöhne, um 550.–– S monatlich erhöht, entsprechen bei einem
durchschnittlichen Bruttoverdienst in der chemischen Industrie
von 10.152.–– immerhin einer prozentuellen Istlohnerhöhung um
5,4 %. Die Kollektivvertragslöhne werden sogar von 6,5 bis 8 %
erhöht. Im gewogenen Durchschnitt 6,9. Da auch für die Schicht-
arbeiter zweite Schicht um 7,1 % auf 4,48 S, die dritte Schicht
auf 9.–– S die Zulage erhöht wurde, ist dieses Ergebnis ganz
respektabel.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Beschaffe mir bitte den alten und den
neuen Vertrag.
Nach der Paritätischen Kommission ist Benya mit den Vertretern
der Arbeitnehmer zu mir gekommen, um die Wünsche der Arbeiter-
kammer bezüglich Änderung des Mühlengesetzes mit mir zu bespre-
chen. Er ist wegen der 50 Mio S Ablöse für die Duswald-Mühle
sehr empört. Da der Vertreter der Arbeiterkammer in dem Kura-
torium dabei überstimmt wurde, möchte er am liebsten das Mühlen-
gesetz ablaufen lassen. Wir einigten uns darauf, daß in Hinkunft
für Beschlüsse bezüglich der Ablöse der Mühlen Einstimmigkeit
im Ausschuß gegeben sein soll. Ich habe sofort erklärt, daß
solange ich als Vertreter der Arbeiterkammer noch in diesem
Gremium mitwirkte, es niemals zu einer Überstimmung der Arbeit-
nehmer gekommen ist. Dkfm. Blaha wird Formulierungen mit der
Mühlenindustrie verhandeln, da diese gewisse Vorschläge bereits
wegen Novelle des Mühlengesetzes gemacht haben.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte auf nächstes Jour fixe AK, ÖGB
setzen.
Die Firma Unilever hat ebenfalls das Dekret zur Führung des
Staatswappens bekommen und in ihrer Zentrale in der Schenken-
straße eine ganze Reihe von Direktoren, aber auch Beschäftigte
der Schenkenstraße zu dieser Feier geladen. Insbes. natürlich
wurden die Betriebsratsangehörigen besonders herausgestrichen.
GD Seefranz macht dies sehr geschickt. So wie es am Vormittag
beim Messebesuch der IFABO etliche Pannen bei Vorführungen ge-
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geben hat, war auch hier die Lautsprecheranlage ständig mit
Wiedergabe von Aufzeichnungen nicht nur blockiert, sondern hat
auch stets in die Rede hineingeschaltet. Immer wieder kann ich
feststellen, daß das alte Problem, wenn man etwas braucht, dann
funktioniert es gerade recht nicht, ich bezeichne dies immer
als Vorführeffekt, überall gilt. Bei meiner Ansprache habe ich
besonders die Kooperation der Unilever auch in Agrarpreisfragen-
regelungen hingewiesen. GD. Seefranz bemüht sich nämlich stets
auch für landwirtschaftliche Probleme, wie z.B. Raps oder Sonnen-
blumenanbau, Kompromisse innerhalb der Fettindustrie zu erzielen.
Unilever kann aber als großer multinationaler Konzern auch da-
rauf verweisen, daß er den österreichischen Bedürfnissen und
Verhältnissen weitestgehend entspricht.
Im Evidenzbüro für Außenhandelsgeschäfte, eine Gründung der
Handelskammer, Industriellenvereinigung und Handelsministerium,
hielt ich einen Vortrag über den österreichischen Außenhandel.
Zuerst verwies ich darauf, daß das Evidenzbüro immerhin fast
S 4 Mrd. an Kompensation, Geschäfte mit Staatshandelsländern
sowohl im Osten als auch in Entwicklungsgebiete, abgewickelt hat.
Außer einer kleinen Subvention 1969 vom Handelsministerium und
ein Darlehen von S 250.000.––, das schon längst zurückgezahlt
ist, gibt es und gab es für diese Institution keine Unterstützung,
dies habe ich natürlich auch gleich einleitend mit viel Humor
ihnen beigebracht. Ich erwähnte so nebenbei, daß ich heuer er-
warte, daß die Lebenshaltungskosten nicht bei 3,7, wie im Vor-
jahr, bleiben werden, jetzt schon 5,5 betragen und ich befürchte,
daß wir 6 bis 6,5 % rechnen müssen. Die Anwesenden ORF-Vertreter
waren dann zum Glück für mich objektiv und fair genug, mich nach
der Diskussion zu fragen, ob sie diese 6,5 % verlautbaren sollen.
Ing. Zuckmayer, der Obmann dieser Organisation und gleichzeitig
Fachverbandsvorsteher für die Maschinenindustrie in der Bundes-
handelskammer, bat inständig davon Abstand zu nehmen. Er erwartet,
daß dadurch die Lohnverhandlungen in der nächsten Zeit noch
schwieriger werden würden. Einige Mitglieder dieses Evidenzbüros,
meistens renommierte Exportfirmen, ersuchten mich, bei den jetzi-
gen sowjetischen Gemischten Kommissionsverhandlungen in Moskau
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ihre Interessen besonders wahr zu nehmen. Ich habe von allen
entsprechende Memoranden verlangt, nicht für mich, sondern primär
für die sowjetische Seite. Voraussetzung dafür ist, daß sie
womöglich in Russisch bereits geschrieben sind.
Im Parlament hat Staatssekretär Albrecht mir mitgeteilt, daß
sie mit dem Pressemann Vecsei sehr gute Erfahrungen gemacht hat.
Überhaupt möchte sie jetzt die Presseabteilung mehr aktivieren,
womit ich nicht nur sehr einverstanden, sondern sehr froh dar-
über bin. Gerade bei meinem Vortrag im Evidenzbüro zeigte sich,
daß eine Pressebetreuung äußerst günstig wäre, da ich ja nie
ein Manuskript benütze und während meines Referates meistens
Ideen, die vorher nicht zu Papier gebracht wurden, vertrete,
wäre bei Anwesenheit eines Pressemannes vom Handelsministerium
es ohne weiteres möglich, anschließend sofort eine Aussendung
an die Zeitungen zu machen. Nationalbank-GD. Kienzl handhabt
dies mit dem Erfolg, daß er stets in vielen Zeitungen immer wie-
der zitiert wird. Ohne Aussendungen machen Zeitungen nichts.
Albrecht, die jahrzehntelang Journalistin hauptberuflich war,
kennt dieses Problem besonders gut und wird daher mit der Presse-
abteilung eine regere Pressetätigkeit entfalten. Bis jetzt ist
es ihr z.B. schon gelungen, daß Presseaussendungen des Handels-
ministeriums in den Zeitungen gebracht werden. In meiner bis-
herigen 10-jährigen Tätigkeit wurden nämlich alle Aussendungen
von Regierungsrat Puffler äußerst selten gebracht, ich kann
mich fast an keine erinnern. Ausgenommen davon natürlich war
immer die Wiener Zeitung. Dieses Amtsblatt hat ja keine Chance,
als jedwede Äußerung jedwedes Pressedienstes der Regierung
automatisch zu bringen.
Im Parlament mußte Androsch die dringliche Anfrage vom Wiener
Kammerpräsidenten Dittrich über das General Motors-Werk beant-
worten. Androsch war bei der Vertragswerdung nur am Rande be-
teiligt. Er mußte deshalb etwas verteidigen, wofür er eigentlich
nur ganz bescheiden mitgewirkt hatte. Er baute seine Antwort
sehr geschickt dadurch auf, daß er durch umfangreiches Zahlen-
material feststellte, was seit 1970 bis 1980 für die Klein- und
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Mittelbetriebe von dieser Regierung geschehen ist. Die ÖVP
schäumte darüber, unterbrach ständig den Redner und wollte am
liebsten schon den Saal verlassen. Ein Teil von ihnen, u.a. auch
der Ordner König, forderte die ÖVP-Abgeordneten auf, sie sollten
am besten rausgehen. Mock aber blieb letzten Endes doch drin
sitzen und versuchte wieder alle anderen zurückzuhalten. Ein
jämmerliches Schauspiel. Mit Recht hatte der Präsident im Vor-
sitz Thalhammer etliche Male verwiesen, daß die Anfragebeantwor-
tung der Geschäftsordnung voll entspricht. Androsch hat auch
etliche Male der ÖVP gesagt, der Präsident Dittrich hätte seine
Anfrage begründet und er begründet jetzt seine Antwort. Die
konkrete Anfragebeantwortung war dann auch absolut exakt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort die Zahlen in Tabellenform
zusammenschreiben lassen.
Beim Gesetz über den Systemisierungsplan hat der ÖVP-Abgeordnete
Feurstein die Ausgaben der Staatssekretäre attackiert. Insbes.
verwies er auf die Autokosten. Abg. Prechtl konterte, indem er
darauf verwies, wie die Autos in der ÖVP-Alleinregierungszeit
erhöht wurden und jetzt zurückgegangen sind. Am meisten, hatte
er mir gegenüber vorher gesagt, beeindruckte ihn das Handels-
ministerium, was von 8 Stück auf 4 Stück reduzierte. Ich bin
überzeugt, daß im weiteren Parlamentsverlauf immer wieder die
Belastung des Budgets und damit der Bevölkerung durch die Staats-
sekretäre im Parlament wird aufgezeigt werden. Dringend erscheint
mir daher, daß zu mindestens im Handelsministerium die Staats-
sekretärin Albrecht eben nicht nur, wie Feurstein sagte, nur
für Konsumentenschutz zuständig ist, sondern eben ein ganz um-
fangreiches Tätigkeitsfeld nachweisen kann. Gesetzlich ist dies
alles gedeckt, denn der Staatssekretär ist zur Vertretung des
Ministers in allen Fragen zuständig.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Wir müssen hier ein optisch einwandfreies,
aber auch sachlich belegbares Prinzip entwerfen.
Tagesprogramm, 7.5.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)