Mittwoch, 10. September 1980
Dr. Reh, DDR-Außenhandelsministerium, und der neue Handelsrat Stahl
besprechen den Besuch Beils und fallen dann auf den letzten Entwurf
des Zahlungs- u. Handelsabkommens. Wieder einmal ist der Streit im
Bezug auf Helsinki-Konferenz, die noch nicht befriedigt gelöst ist.
Die DDR möchte höchstens in die Präambel was die Achtung der Prinzipi-
en von Helsinki aufnehmen, das Außenamt möchte zumindestens die Formu-
lierung Volle Anwendung einschlägiger Bestimmungen. Da wir sicherlich
uns über diese Frage kaum bis zum Besuch Honeckers einigen könnten,
schlägt SC Meisl vor, daß er bereits mit GD Mayer von der DDR vor
Wochen darüber einig war, daß man gegebenenfalls überhaupt keine Be-
ziehung auf Helsinki-Konferenz in den Vertrag aufnimmt. Reh wird dies
zuhause in Berlin berichten.
Vor der Regierungsklausur frage ich Pahr, wie er dazu steht, und er
bestätigt mir, daß die beste Lösung wäre, daß nichts aufgenommen
wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte MR Tschach davon verständigen.
Die Regierungsklausur beginnt pünktlich. Kreisky entschuldigt An-
drosch, daß er ein wenig später kommt, die Journalisten und Fotogra-
phen knipsen daher ihre Bilder, als dann Androsch eine Viertelstunde
später kommt, stürzen sich alle auf ihn und als man ihnen sagt,
sie sollen den Raum jetzt verlassen, meint einer, für mich deutlich
zu hören, das Bild es Tages ist, wenn Androsch Kreisky die Hand gibt
oder wenn er neben Kreisky zu sitzen kommt. Die Publicity, die heute
Androsch hat, ist gigantisch. Ob er sie wünscht, ob sie ihm guttut,
ist eine zweite Frage.
Kreisky beginnt, indem er sofort auf die Budgetverhandlungen eingeht
und meint, es müßten sehr radikale Sparmaßnahmen ergriffen werden.
Großprojekte müßte man überprüfen, aber die restriktive Politik
müßte sich auch auf die Länder beziehen. Er selbst, das Bundeskanzler-
amt also, wird auch darauf verzichten, u.a. erwähnte er Schloß Hof
dieses verfallene Schloß, das er ja bekanntlicherweise von einem
polnischen Restaurator, den er in Warschau kennengelernt hatte,
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gern herstellen wollte. Die Wirtschaftslage ist sehr, sehr schlecht,
er weiß es aus den verstaatlichen Betrieben, Vöest-Alpine ist seit
Mai wieder im Defizit, die Vereinigten Edelstahlwerke haben eine
katastrophale Ertrags- u. Auftragslage, die Chemie hat wie inter-
national auch alle anderen, insbes. die deutschen Firmen, starke
Rückgänge. Die Situation in der Elektroindustrie ist auch nicht sehr
gut, nur bei den Öl , sprich ÖMV, gibt es ein gutes Ergebnis. Dort
wird den Arbeitern dafür ein Höchsteinkommen zugesichert und auch
sehr hohe Löhne bezahlt, wodurch es ihm unerklärlich ist, daß es
überhaupt zu einem Proteststreik kommen kann. Bei der ÖMV geht es
darum, daß eine eigene Abteilung für Konstruktion und Bau existiert
und diese wollen jetzt einen Destillationsteil selbst mit der
Vöest-Alpine bauen. Der Vorstand möchte diesen Auftrag aber einer
wesentlich billiger bietenden deutschen Firma zuschlagen, der Auf-
sichtsrat soll darüber entscheiden. Von 7–9 Uhr gibt es einen Pro-
teststreik. Die ÖMV entscheidet sich dann zu den Preisen, zu den
sie in Deutschland die Anlage hätte bekommen können, auch mit der
Vöest-Alpine in Eigenregie diese Anlage zu bauen. Wie dies möglich
sein soll, ist mir nicht ganz klar, denn die Angestellten der ÖMV
haben feste Gehälter. Wenn bis jetzt die Kalkulation ergeben hat,
sie würden mit soundso viel nicht auskommen können, so kann auch ein
solcher Beschluß des Vorstandes und des Aufsichtsrates daran nicht
ändern.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Nächste Besprechung GD Bauer setzen.
Der öffentl. Dienst, mit dem dann anschließend an die Regierungs-
klausur verhandelt wird, meint Kreisky, hat auch schon sehr hohe
Durchschnittsgehälter. Dazu kommt nun, daß sie ja auch die Sicherheit
ihrer Bezüge haben. Interessant für mich war, daß zu dieser Re-
gierungsklausur auch GR Pöder, der Obmann der Gemeindebediensteten
und Sprecher der soz. Verhandlungskomiteemitglieder für den öffentl.
Dienst, gekommen ist. Die öffentl. Bediensteten haben jetzt die selbe
Forderung gestellt wie die Metallarbeiter, 9,5, allerdings meinen
die Metallarbeiter, daß dies ja nur für die Kollektivvertragslöhne
geht, die Istlöhneforderung beläuft sich ja nur auf 6 1/2 %. Die
Verhandlungen, meint Kreisky, werden sehr hart werden. In der Zukunft
erwartet Kreisky eine längere Krise. Er meint, der Ausdruck Re-
zession sei eine reine semantische Bezeichnung, denn was schon in
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der Vergangenheit manchmal Österreich auch erreicht hat und was
in Zukunft noch viel stärker kommen wird, ist eben eine richtige
Krise, wie sie jetzt bezeichnet wird, Stagflation. 1974, in der Krise,
konnte die Infrastruktur ausgebaut werden, die Telefonanschlüsse
wurden vom 1 auf 2 Mio. erhöht, die Straßen wurden gebaut, die ÖBB
mit Infrastruktur besser ausgestattet, die teuersten Waggons aus
Österreich übernommen, hätte man damals die Waggons im Ausland ge-
kauft, wären sie wesentlich billiger gekommen. Auch im Wohnbau ist
ein schöner Erfolg zu verzeichnen gewesen, aber in Hinkunft wird
es mit der Infrastruktur nicht mehr so leicht gehen. Z.B. ist
der Schulbau als beendet zu betrachten, es gibt heute bereits
Schulen, wo keine Kinder mehr drinnen sitzen. Die Zeit des Super-
Deficit-Spendings ist zu Ende, ähnlich wie in anderen Staaten, Schwe-
den und Schweiz. Auch jetzt wird eine generelle Investitionsförde-
rung zu teuer kommen. Gleichzeitig muß man auch wissen, daß damit
Arbeitsplätze wegrationalisiert werden. Es gibt Krisengebiete wie
das Waldviertel, dort ist man aber jetzt auf dem richtigen Weg.
Die wichtigste Aufgabe sei aber, daß man endlich die öffentliche
Meinung mit Regierungsarbeit, mit einem Wort Politik wiederbeschäf-
tigt, denn derzeit sind die öffentliche Meinung und insbes. Massen-
medien nur auf der Suche nach Skandalen. Er gibt sofort, so wie
immer, Androsch dann das Wort.
Androsch leitet mit der Analyse der wirtschaftlichen Lage ein, mit
überhaupt keinen neuen Erkenntnissen, sondern nur mit sehr interes-
santen Ziffern. Das Leistungsbilanzdefizit schätzt er mit 30 Mrd. S
heuer. Der Konsum ist wesentlich gestiegen und auch die Investition
wurden wesentlich verbessert, von 28 Mrd. S wurden heuer 34 Mrd. S
für Investitionen ausgegeben. Da weniger gespart wird, mußten die
Kredite anders finanziert werden, insgesamt wurden auch um 27 Mrd. S
mehr Kredite vergeben. Die OeNB ist die, die dieser höheren Konsum-
ausgabe und jetzt auch den Investitionen entgegentritt um durch
teures Geld verhindert, daß nicht noch eine Überkonjunktur ent-
steht. Derzeit kostet Geld bei der OeNB 11 %. Von der bisherigen Me-
thode, die OeNB gibt gegebenenfalls mit ihrer Geldreserve billige
Kredite den Banken, ist jetzt endgültig abgegangen worden. Deficit
spending hat ein Ende, denn jede Budgetmilliarde, die ja auf diese
Methode finanziert , bedeutet, daß 200 Mio. S in den Folgejahren auf-
gebracht werden müßten. Er schlägt daher eine vorsichtig restrik-
tive Politik vor. In den Schubladen müßten aber Projekte für ge-
zielte Maßnahmen vorliegen, um strukturverbessernd zu wirken, sei es
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im Branchen oder in Regionen, die gegebenenfalls bei einer Re-
zession herausgezogen werden könnten und durch BÜG usw. dann ent-
sprechend im nächsten Jahr aktiviert werden.
Die Budgetsituation schildert er folgendermaßen. Die Beamtenbespre-
chungen hätten ergeben, daß 26 Mrd. S Defizit wären. Dazu kommt aber,
daß die Besoldung der öffentlich Bediensteten noch eingebaut werden
muß, mindestens 6 Mrd. Die Superforderung von 9 1/2 % würde wei-
tere 4 Mrd. erforderlich machen, daran will er aber erst gar nicht
denken. Die Einnahmen werden geringer sein, die Ministerforderungen
sind auch noch teils zu berücksichtigen, so daß auf insgesamt 38 Mrd.
S Nettodefizit kommt, welches auf 25 Mrd. reduziert werden muß, durch
entsprechende Reduktionen oder durch Mehrerschließung von Einnahmen.
Mit dem Sozialminister hat er 2 Mrd. S. vereinbart, für die Um-
schichtung innerhalb der Pensionsversicherung, die Post und insbes.
die Bahn sollen 2,7 Mrd. S Mehrerlös bringen, resp. Einsparungen,
die Gebührenerhöhung 600 Mio. S, der Familienlastenausgleich, der
jetzt bei der Postsparkasse 10 Mrd. S Guthaben liegen hat, soll an-
gezapft werden für die Sozialversicherung und 2 Mrd. S werden dafür
im Budget eingestellt. Hier, weiß Androsch, wird es eine harte Aus-
einandersetzung im Parlament geben, denn in der SPÖ-Oppositions-
zeit hat auch der damalige Finanzminister den Familienlastenfonds
angegriffen und wurde dafür ganz hart attackiert. Die ÖVP wird
sicherlich dasselbe jetzt machen. Prämiensparen wird von ihm ge-
strichen, wodurch er sich 700 Mio. S erspart. Insgesamt wird er durch
das jetzt zu erwartende Nettodefizit von 38 Mrd. auf 30 Mrd. redu-
ziert. Er muß daher noch mindestens für 5 Mrd. Einnahmenerhöhungen
suchen oder spezifische Ausgaben doch nicht durchführen. Er sagt,
er hätte keine Gelegenheit gehabt, GD Fremuth von der Verbund zu
erreichen, aber Kapitalerhöhungen wird es im nächsten Jahr nicht
geben, wodurch 400 Mio. S erspart werden. Von dem Energiesektor
möchte er eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht von 8 auf 18 %, aber
immerhin auf 13 %, wodurch der 800 Mio S Mehreinnahmen erhält. Im
AKH-Verbau möchte er 200 Mio. S ersparen, Ressortforderungen werden
um 500 Mio. gekürzt, die Münzen sollen um 500 Mio. S mehr einbringen,
für die Banken möchte er eine Filialsteuer einbringen, spricht
zuerst von 100, ist eventuell bereit bis 200.000 S pro Filiale und
Jahr zu gehen, ebenso sollten die Tankstellen mit einem ähnlichen
Betrag belastet werden. Damit möchte er die Ölfirmen treffen. Ins-
gesamt glaubt er, würde er damit 1 1/2 Mrd. S bei der Obergrenze von
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200.000.–– S erzielen. Damit könnte er die beabsichtigten 25 Mrd. S
Nettodefizit erreichen.
Kreisky schaltet sich dann sofort ein und meint, den Banken könnte
man 1,1 Mrd. S abknöpfen, nach seinen Berechnungen mit der Fondsver-
schiebung ist er einverstanden, bei der Energieabgabe würde er
sehr zurückhaltend sein, denn diese Mehrwertsteuererhöhung kommt
auch den Ländern zugute, die die politische Verantwortung dafür
überhaupt nicht übernehmen. Ihm wäre es lieber, den Energieverbrauch
bei Überkonsum zu belasten. Androsch antwortet sofort, da gibt es
Abrechnungsschwierigkeiten. AKH könnte man mehr einsparen, wobei
Kreisky fragt, ob das umstrittene Kongreßzentrum doch kommen soll
und ob man hier nicht sparen könnte. Androsch stellt sofort rich-
tig, hier handelt es sich nur um Planungsausgaben, die man im Budget
eingesetzt hat. Kreisky kommt dann auch auf die Verschubbahnhöfe
zu sprechen, die man verschieben sollte. Androsch meint, hier gibt
es entsprechende Verträge schon und man könnte maximal 500 Mio. S
ersparen und bei einem ÖBB-Defizit von 18 Mrd. S ist dies auch nicht
die Lösung. Lausecker berichtet dann sofort, daß in Kledering und
Villach, diese beiden Verschubbahnhöfe werden jetzt 1 resp. 2 Jahre
gebaut, insgesamt werden sie, wenn man den Index dazurechnet, 6 Mrd.
S kosten. Die Nebenbahnen kosten 1 Mrd. bei einem echten Defizit,
meint Lausecker, von 3,8 Mrd. S und nicht, wie Androsch immer von
18 Mrd. S spricht. Eine lange Debatte ist, daß die Eisenbahner das
letzte Mal die 2jährige Vorrückung durchgesetzt haben, was für 81
5,1 % der Eisenbahner einen ungeheuren Einkommenszuwachs auf lange
Sicht bedeutet. Damals hat man geglaubt, damit sind die Eisenbahner
zufrieden und jetzt wollen sie 1000 Dienstposten mehr. Lausecker
berichtet sofort, nur 897 werden im Dienstpostenplan von der Ge-
werkschaft beantragt, er selbst und insbes. Finanzminister meint,
daß dies ganz unmöglich ist. Kreisky verweist auch darauf, daß man
geglaubt hat, mit dieser 2jährigen Vorrückungsgenehmigung der Eisen-
bahner dann ihr Wohlwollen für die Ausgliederung der Bahn aus dem
Defizitbudget zu erreichen. Die Eisenbahner lehnen aber eine recht-
liche und personalmäßige Ausgliederung auf das Entschiedenste ab.
Vielleicht lassen sie mit sich reden wegen der Finanzierung.
Lausecker meint, die Eisenbahn hat noch immer 1 Mrd. Investitions-
rückstau trotz der Mrd., die sie jetzt jährlich immer für Investi-
tionen bekommen haben.
Als nächster wird Sekanina über sein Budget und seine Straßen
sprechen. Er meint, die Straßenforderungen der Länder sind plus
3,9 Mrd. S, die er mehr brauchen würde. 1 km Autobahn kostet jetzt
im Durchschnitt 100 Mio. Er glaubt, daß die Autobahnpläne korri-
giert werden können und um mindestens 8 % Autobahnbauten einge-
stellt werden müßten. Im Straßengesetz ist vorgesehen, daß er Unter-
suchungen anstellen muß, um Revisionen nach 5 Jahren immer durchzu-
führen, die letzte, die jetzt fertig wurde, hat ihn 50 Mio S ge-
kostet, um den Ausbauplan zu ändern. Kreisky machte mit Recht den
Vorwurf, die 50 Mio hätte man sich ersparen können. Die A2, berich-
tet Sekanina, würde 4,2 Mrd. S noch kosten. Er kann aber wesentliche
billigere Variante anbieten, wenn man anstelle der 180 km Geschwin-
digkeitsausbau auf 120 km Geschwindigkeitsausbau über den Wechsel
akzeptiert, könnte man um 30 % billiger bauen. Die Radien von 700 m
auf 450 m, keine dritte Spur als Abstellspur, sondern Abstellbuchten
usw., dann könnte 1985 die A2 fertig ausgebaut sein, allerdings nur
mit einer halben Bahn. Um die Länderwünsche erfüllen zu können
und sein Straßenbauprogramm einigermaßen durchzuziehen, müßte die
Mineralölsteuer ab dem Jahre 1981 um 81 Groschen weiter erhöht
werden, 10 Groschen bringen ihm 410 Mio S. Heuer wird er 11,8 Mrd.
S aus der Mineralölsteuer bekommen, im nächsten Jahr bei gleich-
bleibenden steigenden Raten 13,6 Mrd.
In seinem Hochbau hat er 426 Objekte, 110 sind Fortsetzungsobjekte,
80 müßten neu begonnen werden. Er meint, es ist ein Wahnsinn über-
haupt ein Projekt neu zu beginnen, denn er bräuchte jetzt schon für
die Fortsetzung zusätzlich 1 Mrd. S. Er hat sich ausrechnen lassen,
daß für die 54 Mio m³ Gebäude, die er verwaltet, 64,–– pro m³ Er-
haltungsaufwand bräuchte, tatsächlich hat er im Budget 19,–– S. Er
braucht daher dringend eine weitere Mrd. S für die Hochbauinstand-
haltung. Ähnlich ist es beim Wasserwirtschaftsfonds, wo er für 24
Mrd. S Ansuchen hat, die er nicht befriedigen kann, weil der Vorgriff
so stark ist, daß jetzt überhaupt fast kein Geld mehr zur Verfügung
steht. Auch hier bräuchte er 1 Mrd. S mehr. Sekanina spricht heute
nicht mehr von jemand anderem Geld zu bekommen und er sagt dann
auch, wenn er es vom Budget nicht kriegt, dann will er wenigstens
hier die Situation geschildert haben. Daran hindert ihn natürlich
niemand, aber defacto weiß man, er wird kaum seine Wünsche durchset-
zen können.
Es berichten dann die einzelnen Minister. Mich interessieren
natürlich nur die Ziffern, die sie sagen, die ich auch weitestgehend
mitgeschrieben habe. Weißenberg wird, um Geld für die Arbeitsmarkt-
förderung zu haben, nächstes Jahr hat er keine wie immer gearteten
Mittel mehr, der Fonds ist ausgeräumt, die Arbeitslosenversicherung
von 2,1 auf 2,6 % erhöhen. In der Sozialversicherung glaubt er
tatsächlich 1 1/2 bis 2 Mrd. S umschichten zu können. Dies gelingt
aber nur, wenn gleichzeitig jetzt in der Alterspension die Gewerk-
schaft zustimmt, was Benya durch einen Zwischenruf gleich macht,
daß das unbeabsichtigte Privileg, das letzte Monat, bevor man in
Pension geht, kriegt man seinen Lohn und gleichzeitig schon die
Alterspension, ihm 300 Mio. S im Jahr erspart.
Nußbaumer berichtet, daß die Zinsenzuschußaktion heuer ausläuft.
Androsch sofort antwortend, jawohl, es war auch nur 3 Jahre beab-
sichtigt, man mußte sie limitieren, da sie ja kumulativ wirkt und
wird jetzt ständige Budgetposten dadurch anfallen. Nußbaumer fragt,
ob es eine Innovationsförderung geben wird, zu der sich Androsch
allerdings nicht äußert. Dringend meinte er, es müßte die Entwick-
lungshilfe erhöht werden. In New York hätte man sich angeschlossen,
daß 0,7 % anzustreben ist, derzeit haben wir, glaube ich, 0,2.
Alle anderen Minister geben keine Ziffern. Ich selbst erkläre, daß
ich mich kurz fassen kann, denn ursprünglich hat ja Kreisky er-
klärt, man soll die Erfüllung des Regierungsprogrammes und was im
nächsten Jahr alles gemacht werden wird, schriftlich vorlegen, was
durch das Handelsministerium sowohl von mir als auch von Staatsse-
kretär Albrecht geschehen ist. Ich verweise in meinen kurzen Aus-
führungen nur, daß die wichtigste Frage nicht die 200.000 Unter-
schriften für das Atomvolksbegehren ist, sondern die Lösung der
Atommüllfrage dann, damit wir im Parlament die 2/3-Mehrheit bekom-
men können. Dazu sehe ich eine einzige Möglichkeit, durch Militär-
lieferung als Gegenleistung den Atommüll oder, wie Kreisky ja gesagt
hat, den Mura loszuwerden. Kein Widerspruch dagegen, was mich dann
veranlaßt Rösch nachher zu sagen, du siehst, deine Idee Mirage zu
kaufen, ist damit genehmigt und wir haben auch gar keine andere Wahl,
um ein Lagerproblem damit zu finden zu lösen. Albrecht berichtet
dann sehr eingehend, was mich sehr freut, und detailliert über ihre
Arbeit für die Konsumenten innerhalb des Handelsministeriums. Dies
unterscheidet sich nämlich wohlwollend von dem sonstigen allgemeinen
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Geplauder. Nach Albrecht wird von Kreisky extra gefordert, daß
auch Dohnal berichten soll. Diese meinte ja, sie hätte ja dem
Bundeskanzler sogar einen schriftlichen Bericht gegeben, der aber,
so wie vieles eben in dem Wust der Papiere, bei Kreisky scheinbar
verschwunden ist. Die Regierungsklausur unterschied sich durch gar
nichts von den bisherigen. Albrecht, glaube ich, ist ein wenig ent-
täuscht, wird sich aber in Laufe der Jahre auch daran gewöhnen.
Tagesprogramm, 10.9.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Wiener Vorstand, 8.9.1980
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