Montag, 29. September 1980
Präs. Mussil von der Verbund berichtete mir, daß er für die ÖVP ver-
suchen wird, eine Plattform pro Zwentendorf zu organisieren. Er selbst,
der ehemalige Landeshauptmann von Oberösterreich, Wenzl, der Partei-
kassier Gruber, also lauter derzeitige Generaldirektoren von ÖVP-Lan-
desgesellschaften und andere noch aus der E-Wirtschaft, hat er bereits
dafür gewonnen. Er hofft noch den Vizepräsident des Gewerkschaftsbun-
des und Obmann der christlichen Gewerkschaft, Gassner, sowie den
Wirtschaftsbund und ÖVP-Wirtschaftssprecher vom Parlament, NR Graf, da-
für zu gewinnen. Er ist über die Stellungnahme der ÖVP sehr traurig.
Ich erkläre ihm sofort, die einzige Lösung ist, die ganze Frage auf
Sozialpartnerebene zu bringen. Ob ihm dies allerdings bei Sallinger
gelingt, ist fraglich. Der Grund seines Kommens war aber, daß er bei
mir interveniert wegen der Umbesetzung des Aufsichtsrates der Verbund.
Zu meiner größten Verwunderung hat wirklich gar niemand mit ihm ge-
sprochen, daß anstelle des ÖVPlers Grabmayr jetzt ein, wie er sagt,
ein Sozialst Oberleitner kommen wird. Ich erkläre ihm sofort, daß die
Umbesetzung durch das Land- und Forstwirtschaftsministerium erfolgte.
Da der Landwirtschaftsminister in Innsbruck ist, kann ich nicht sofort
telefonisch mit ihm Kontakt aufnehmen. Haiden bestätigt mir später,
daß der Vertreter des Wasserwirtschaftsfonds eben in der Verbundge-
sellschaft verankert werden muß und dies der einzige Grund der Umbe-
setzung war. Ich habe Mussil versprochen, dies mit Haiden zu besprechen
Er selbst hat dann noch bei Sallinger auch in dieser Frage interveniert
und dieser hat dann mich ersucht, beim morgigen Jour fixe die Frage
zur Sprache zu bringen. Mussil meinte, die Handelskammer hat nur 2
Vertreter, einer davon ist seit Jahrzehnten der sozialistische GD der
Perlmooser, Gehart, dessen Mandat läuft 81 ab und er wird wahrscheinlich
dann nicht mehr von der Handelskammer nominiert werden, weil die ÖVP
den jetzigen politischen Status dort aufrechterhalten will. Die 7
Bundesvertreter werden, wenn Oberleitner kommt, nur mehr einen einzigen
ÖVPler haben, nämlich ihn selbst. Den Vertreter des Finanzministeriums,
Neudörfer, betrachtet er als neutral, der auch niemals mit ihnen frak-
tioniert hat.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Jour fixe Fremuth setzen.
Mussil hat jetzt neuerdings mit LH Wallnöfer wegen Osttiroler Kraft-
werk gesprochen. Dieser ist angeblich jetzt bereit, 49 % Anteil von
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Osttiroler Gesellschaft zu akzeptieren, wenn gleichzeitig ein Status,
der die 50 und 50 % durch einen Syndikatsvertrag absichert. Wallnöfer
verlangt dafür aber, daß in Westtirol für die Tiwag der Fischbachgra-
ben im Ötztal für den Ausbau reserviert bleibt und ebenso die Venter
Ache für die Tiwag aufgestaut werden kann. Diese beiden Forderungen
hält Mussil für unerfüllbar, er würde viel lieber sehen, wenn wir uns
bei einer Gesellschaft 50/50 mit Wallnöfer einigen und dafür die Ost-
tiroler Großkraftwerke nicht durch die Tiwag, sondern durch die Verbund
über die Tauernkraftwerke ausgebaut werden. Ich stehe auf dem Stand-
punkt, daß dies sowieso erfolgen muß und wird. Ich erkläre Mussil, daß
die einzige Lösung für Tirol meiner Meinung nach die selbe ist, wie
in Kärnten und Vorarlberg ich bereits abgeschlossen habe. In beiden
Fällen ist es zu wesentlich größeren Beteiligungen der Landesgesell-
schaften resp. des Landes an den Sondergesellschaften gekommen. Eine
ähnliche Lösung kann ich mir bei der Beteiligung Tirols an der TKW
vorstellen. Tirol hat derzeit nicht einmal 1 %.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jour Fixe Verbund setzen.
LH-Stv. Hartl von OÖ ruft mich an und sagt, wenn eine Erzeugerpreis-
erhöhung für das Inlandsgas bei der RAG durchgeführt wird, wird es
in OÖ einen Wirbel geben. Dort argumentiert man, die RAG hat 500 Mio.
S Gewinn gehabt, die Inlandspreiserhöhung würde die Chemie Linz mit
120 Mio belasten und OÖ mit 300 Mio. Ich erkläre Hartl sofort, ich
denke nicht daran, nicht nur mit der AK, sondern auch mit den Ländern
noch wegen dieser Inlandsgaspreisfrage einen Krieg zu führen. Die RAG
wird dann die Förderung zurückhalten. Dies hat vom wirtschaftlichen
Landesverteidigungsgesichtspunkt aus nur einen positiven drive. Je
mehr Öl und Gas in der Erde bleibt, umso besser paßt es ins Konzept
der WLV. Die OÖ Betriebe werden dann weniger Gas zur Verfügung haben,
der Vorrat wird für den Krisenfall dafür reserviert bleiben.
Die AK ist mit voller Kriegsstärke wegen der Gaspreisverhandlungen zu
einer Vorbesprechung gekommen. Kammeramtsdirektor Zöllner, Abteilungs-
leiter Blaha, der bald in Pension gehende Energiesekretär Hruby und
sein Nachfolger Sekr. Maurer. Der langen Rede kurzer Sinn, die Import-
gaspreiserhöhungen sollen nicht vor 8. Oktober in Kraft treten, klar
zu erkennen wegen der Stichtagerhebung für den Oktoberindex. Zöllner
hat mit der ÖMV, Hochreiter, diesbezüglich gesprochen, dieser erklärte
ihm, jede Woche, wo die Preise später in Kraft treten, kostet der ÖMV
40 Mio S. Der Inlandsgaspreis sollte am 1. November in Kraft treten,
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gleichzeitig mit einer kräftigen Erhöhung des Förderzinses. Der
Finanzminister möchte statt 10 % 15 % und die 5 % rückwirkend am 1.
Jänner 1980. Die ÖMV lehnt dies ganz kategorisch ab. Durch die bis-
herigen Importgasverteuerungen und die die jetzt mit den Russen ver-
handelt werden, teilt mir GD Reisinger mit, und dies sage ich sofort
auch der AK, daß die Verbraucherpreise um 28,3 % erhöht werden müßten.
Der Haushaltstarif in Wien würde von 4,33 S auch bei der Erhöhung des
Mehrwertsteuersatzes von 8 % auf 13 % im Jänner dann 6,22 S kosten,
eine exorbitante Verteuerung, die allerdings selbst die AK zugibt,
unvermeidlich sein wird. Die Idee der AK, das in den Lagern befindliche
Erdgas zumindestens verrechnungsmäßig jetzt zu verwenden, billiger Ein-
standspreis von früher wird von der Gemeinde Wien, Reisinger, und wahr-
scheinlich auch von allen anderen Gesellschaften, die gelagert haben,
entschieden abgelehnt. Reisinger z.B. sagt, zu den 250 Mio m³, die
sie jetzt gelagert haben, mußten sie 440 Mio. S Fremdkapital schon
für das Gaswerk aufnehmen. Insgesamt sind jetzt lt. Dir. Schmidt von
der Austria-Ferngas 1 Mrd. 094 Mio. m³ gelagert, die Niogas 400 Mio.,
Stmk. 150 Mio., OÖ 270 Mio., Wien eben die 250 und nicht, wie Reisinger
glaubt, 280 Mio. Dieses Lager darf natürlich nicht angezapft werden,
denn die Menge brauchen wir dringend 1982, wenn dann kein Nordseegas,
400 Mio m³ heuer und nächstes Jahr, zur Verfügung stehen wird. Wir
einigen uns letzten Endes dann darauf, daß die Importgasverteuerung
sofort über die Gesellschaften an die Verbraucher weitergegeben wird.
Zöllner plädiert auch für die ÖMV, möchte aber unter allen Umständen
so wie Österreich die RAG aussparen. Dies wird beim besten Willen nicht
gehen. Bei einer kräftigen Erhöhung des Förderzinses ist er allerdings
auch bereit für ÖMV und RAG eine entsprechende Erzeugerpreiserhöhung
durchzuziehen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Kurzel und Neuhold sollen in dieser Richtung
ihre Verhandlungen dann fortsetzen.
Beim Pressefrühstück berichtet Fälbl über die Gemischte Kommission
von Polen. Kein Interesse mehr von seiten der Presse. SC Peyerl be-
richtet über den Durchlauf der IEA einer Krisensituation. Er erklärt,
was sogar mir auffällt, daß wir jetzt 90 Tage Vorratslager haben, in
Wirklichkeit haben wir mit den 20 %, die jetzt der Importeur lagern
muß, nur 70 Tage. Erst ab 31. März nächsten Jahres, wo die 25 % La-
gerverpflichtung in Kraft tritt, wird dann ein 90-tägiger Vorrat vor-
handen sein. Hier gibt es ein klein wenig eine Diskussion. Die Detail-
informationen, die verlangt werden, kann der Referent Schandel von
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der Energiesektion spielend beantworten.
Liebl berichtet dann über die Ergebnisse des Tourismus vom August.
Der 1-%ige Nächtigungszuwachs war für alle überraschend, 1/2 %
Ausländer mehr, 2 % Inländer plus. Aufgrund der ersten 8 Monate kann
man schätzen, daß wir im Jahresschnitt eine 4-%ige Erhöhung erwarten
können, ein besonders gutes Abschneiden. Dabei wird bei den Gewerbe-
betrieben festgestellt, während die Privatquartiere stagnieren. Da
aus dem Devisenerlös 82 Mrd. S, die man schätzt, hervorgeht, daß die
Ausländer sparen, ist es unerklärlich, daß die Privatquartiere keine
Zuwachsraten verzeichnen sollten. Für mich ist es ganz klar, hier
spielt die Mehrwertsteuergrenze, 40.000.–– buchführungspflichtig, die
entscheidende Rolle. Wer in diese Nähe kommt, schwindelt und gibt die
Übernachtungsziffern nicht richtig mehr an.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Bitte das Problem mit dem Finanzministerium
neuerlich diskutieren.
Im Pressegespräch kommt auch die Anfrage, was ich zur Pressemitteilung
Fremuths sage, daß die Verbund eine Kohlengrube kaufen wird. Ich
kann dazu gar nichts sagen, weil ich davon auch aus den Zeitungen er-
fahren habe.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Was weißt Du davon?
Mit Geschäftsführer Zolles, ÖFVW, bespreche ich den beabsichtigten Be-
such des britischen Tourismusministers Nott, der wegen der Billigstta-
rife der British Airways, BEA, reden will. Die Tourismusbranche ist
dafür, die AUA natürlich schwer dagegen.
Zolles schlägt vor, daß wir für die Werbeagentur-Aufträge nicht, so
wie in der Vergangenheit, nur Gould & Cargill heranziehen, sondern mein
jetziger Vorschlag, eine Ausschreibung zu machen, dahingehend ergänzt
wird, daß zwei weitere Werbeagenturen eingeladen werden. Er wird den
Vertreter der Handelskammer Schimka dazu auffordern.
GD Malzacher teilt mir mit, daß jetzt die Franzosen bereit wären, 15
bis 25.000 Geländewagen von Steyr-Daimler-Puch zu kaufen, wenn diese
grundsätzlich als Kompensation für ev. zukünftige Geschäfte angerech-
net werden. Ich informiere ihn über die Vorsprache des Verteidigungs-
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mannes Hibon, der mit Saar-Demichel gekommen ist und mir bereits an-
gedeutet hat, daß die Franzosen große Kompensationsprojekte ha-
ben. Dort wurde auch schon der Geländewagen angedeutet. Wenn die Fran-
zosen jetzt gar nichts anderes wünschen als eine grundsätzliche An-
rechnung von Geländewagenlieferungen, so kann er meiner Meinung nach
dies zusagen. Ich erkläre ihm aber noch einmal dezidiert, daß derzeit
ein Mirage-Kauf nicht infrage kommt.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Fabrizii soll sich mit Steyr-Daimler-Puch ins
Einvernehmen setzen.
Der Autor des Buches "Österr. Kuriositätenführer", ein Klosterneubur-
ger, übergibt mir sein Buch und ersucht, ob die Pressefotos dann ver-
wendet werden dürfen, was ich ihm natürlich sofort zusage. Bankhofer
ist ein Klosterneuburger und teilt mir mit, daß meine letzte Eröffnung
der Klosterneuburger Ausstellung für manche Geschäftsleute eine po-
sitive Überraschung gewesen ist, für die Schwarzen der Gemeinde aller-
dings schockierend war. Innerhalb der ÖVP hat es deshalb eine harte
Diskussion gegeben. Der Organisator dieser Klosterneuburger Ausstellung,
RA Bauer, ein guter Freund von Bankhofer, wurde hart attackiert. Ich
erkläre Bankhofer sofort, wenn er mit Bauer spricht, soll er ihn nicht
nur grüßen lassen, sondern ich bin selbstverständlich bereit, wieder-
zukommen.
Drei saudi-arabische Wirtschaftsjournalisten kommen mit dem Offizier
des österr. Bundesheeres, der die arabischen Übersetzungen macht, zu
einem Interview. Diese interessieren sich hauptsächlich, wie wir die
saudi-arabischen Wirtschaftsbeziehungen verbessern können.
ANMERKUNG FÜR BUCHAUER: Wenn Du Araberübersetzungen brauchst, wende
Dich an diesen Offizier.
Der ungarische Botschafter und Handelsrat besprechen mit mir den Be-
such von Binnenhandelsminister Sághy. Der Handelsrat teilt mir dann
weiter mit, daß im Rahmen der 300 Mio $ auch die Grenzstation Hegye-
shalom mit 84 Mio. S von einem Baumeister in St. Pölten gebaut wird.
Hammer beschwert sich dann mit Recht, daß die VÖEST-Alpine für das
Donauwerk Wasmy die schon paraphierte Scherenstraße von der VÖEST-
Alpine jetzt storniert wurde. Dieser 71 Mio. S Auftrag war, wie mir die
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VÖEST mitteilte, um 30 % zu billig, weshalb sie dann allerdings an-
geboten haben und den Vertrag paraphierten, muß ich erst mit Apfalter
klären.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte beim nächsten Treffen Apfalter mich da-
ran erinnern.
Die Ungarn wollen jetzt mit der VÖEST-Alpine eine Kohlenhaldenverar-
beitungsanlage starten. Diese kostet 40 Mio, je zur Hälfte Österreich,
Ungarn, und kann 135.000 t Kohle rückgewinnen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Was wissen wir davon?
Mit dem indonesischen Botschafter wird der Besuch seines Handelsmi-
nisters vorbereitet, dieser möchte am Freitag aber die ganze Tages-
ordnung abwickeln, weshalb ich ein von Burian zugesagtes Referat
bei österreichischen Betriebsprüfern, Thema "Der Betriebsprüfer und
der Mensch", über so ein blödes Thema habe ich überhaupt noch nie refe-
riert, Gott sei Dank verschoben werden muß. Ich spreche sofort mit
dem Organisator, Sekretär Mirtl-Golja der Werbewirtschaft, nachdem
Staatssekretär Albrecht sich bereit erklärt hat, dort mein Referat
zu übernehmen. Da ich Albrecht nicht im Stich lassen will, werde ich
sofort nach dieser Aussprache mit dem Handelsminister nach Baden fahren.
Mirtl-Golja ist mit dieser Lösung sehr einverstanden. Er hat schein-
bar gefürchtet, daß wir überhaupt, Albrecht und ich, absagen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Du kannst natürlich über alles reden, was Du
willst.
Die BAWAG, Flöttl, und die AK, Präs. Czettel, laden einmal pro Jahr
zum sogenannten Betriebsräteheurigen Strobl ein. Bevor ich die Tagung
des Chief Executives Forum des Bgm. Gratz besuche, gehe ich wahrlich
lieber zu meinen Haberern, auch dann, wenn es bei einem Heurigen ist.
Toni Strobl, der früher bei den Spitzbuben schon einen ungeheuren guten
Wiener Schmäh hat rennen lassen, macht jetzt immer sein eigenes Pro-
gramm, weniger ordinär als die Spitzbuben, dafür wirklich besser.
Benya wollte ich wegen dem BAWAG-Direktor sprechen. Dieser war aus-
nahmsweise diesmal nicht dabei.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte bei nächster ÖGB-Fraktion erinnern.
Tagesprogramm, 29.9.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)