Dienstag, 3. Februar 1981
Beim Jour fixe in der Handelskammer war nur Kehrer mit Albrecht und
mir anwesend, da Sallinger, wie die HK-Leute sagten, solange sie sich
zurückerinnern können, erstmalig außer wegen Operationen wegen einer
Grippe im Bett liegen mußte. Ich informierte Kehrer über die jetzt
einvernehmlich mit allen Interessensvertretungen endlich zustandege-
kommene Einfuhrregelung aus Japan betreffend Videorekorder. Da ein
Abtausch, Freigabe von Batterien durch Herausnahme aus der Einfuhr-
beschränkungsliste und Aufnahme in die Liste von Videorekordern, erfolgte,
da außerdem ein zollfreies Einfuhrkontingent für Farbfernsehröhren bis
20 Zoll den Japanern genehmigt wurde, wird die japanische Seite im GATT
nicht allzu große Schwierigkeiten machen.
Kehrer nahm auch zur Kenntnis, daß jetzt wegen der Verhandlungen über
eine Schutzklausel im CSSR-Vertrag die Handelskammer, Dr. Gleißner
und Marboe nach Prag fahren. Die CSSR als GATT-Gründungsmitglied könnte
theoretisch eine besondere Behandlung dieses Punktes ablehnen, doch
bin auch ich überzeugt, daß wir hier ein Kompromiß finden können.
Der in Pension befindliche MR Ottahal hat neuerdings bestätigt, daß
erst zu meiner Zeit die Handelskammer bei Ausstellung von Dienstpässen
gefragt wurde. Mit großer Freude habe ich diese Aktennotiz dem General-
sekretär gegeben. Präs. Sallinger hat das letzte Mal sich darüber be-
schwert, daß jetzt die Dienstpässe so stark überhand nehmen.
Bezüglich der ebenfalls stark überhand nehmenden Ausstellung von Staats-
wappen stelle ich auch fest, daß der Vorschlag SC Jagodas, jetzt die
Branchenkriterien zu erstellen, noch immer zu keinem positiven Ergeb-
nis bei den Beratungen mit den Interessensvertretungen geführt hat.
Kehrer gesteht sofort zu, daß sie große Schwierigkeiten haben, Bran-
chenkriterien zu erstellen. Sie müßten bis in Untergruppen gehen, sehr
diffizile Erhebungen führen und vor allem, dies hat er zwar nicht ge-
sagt, aber das ist sicherlich der Hauptgrund, Informationen dann dem
Handelsministerium über die einzelnen Firmen zukommen lassen, die sie
nicht wollen. Kehrer meinte, der Aufwand, der an Untersuchungen ge-
führt werden müßte, steht in keinem Verhältnis zur Einschränkung, die
dann vielleicht erfolgt.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Führe bitte trotzdem die Verhandlungen so,
daß es vielleicht doch zu einer einvernehmlichen Regelung und Ein-
schränkung kommt.
Der Amstettner Bürgermeister hat bei mir interveniert, daß auch die
Baufirma Hardi das Staatswappen bekommen soll. Kehrer wird es prüfen,
meint aber gleich, daß es sich hier um einen gewerblichen Baubetrieb
handelt, die bis jetzt keine Staatswappen bekommen haben.
Kehrer war noch mehr erstaunt als ich, daß KR Schönbichler als Vize-
präsident der Handelskammer in Vertretung von Sallinger gestern bei
der Staatswappenverleihung für die Fa. Kotanyi dort die Zollbenachtei-
ligung der Ungarn, Paprika 12 % gegen Spanien 10 % und Jugoslawien 8 %,
kritisiert hat. Die Handelskammer war bis jetzt ja der größte Verfech-
ter, daß unbedingt die Zölle innerhalb der COMECON-Staaten im Vergleich
zu westlichen Staaten differenziert bleiben sollten. Daß jetzt die
Handelskammer eine solche Differenzierung selbst aufheben will, erscheint
ihm unglaubwürdig.
Das Ansuchen von Präs. der Hoteleinigung Skardarasy, für seinen Vizepräsi-
denten Zorn den Kommerzialratstitel zu bekommen, wird Kehrer prüfen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mich bei Hoteliertagung erinnern.
Kehrer nimmt mit sichtlicher Erleichterung zur Kenntnis, daß Rogner
keine weiteren Feriendörfer mehr bauen wird. Die letzten werden ferien-
dorfähnlich im Naßfeld sein und dann wird Rogner ja nur mehr für
die Desintegratorbaumethode seine ganze Arbeitskraft, aber auch sein
freies Kapital einsetzen. Ob deshalb die Handelskammer dem ERP-Ansuchen,
20 Mio. für Oberkirchleiten, zustimmt, wird er neuerdings prüfen.
Kehrer beschwert sich bei mir, daß die Auseinandersetzung, Verfehlung
der Käseproduzenten durch Stützungsschwindel, in der Öffentlichkeit aus-
getragen wird. Die Bürokratie die EG verfolgt alles sehr genau, jetzt
gibt es bereits Anfragen wieso und in welcher Art dieser Stützungsschwin-
del durchgeführt wurde. Die Zollkonzessionen, die uns die EG gegeben
hat, verlangen nämlich, daß selbstverständlich Hartkäse in Schmelzkäse
nur verarbeitet werden darf, um die Zollermäßigung zu bekommen. Wenn
jetzt an dessen Stelle Schnittkäse verwendet wird, wäre eigentlich
auch die Zollermäßigung dadurch erschwindelt worden. Da von einer Gesamt-
exportsumme von 182 Mio. S 100 Mio. S Export in die EG gehen, wäre bei
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entsprechender Prüfung der EG-Behörden aufgrund der in den Zeitungen
durchgeführten Behauptungen ein schwerer Verlust Österreichs gegenüber
der EG. Ich teile die Meinung Kehrers, daß eine öffentliche Diskussion
für Österreich sehr nachteilig ist. Im Falle von Rupp haben, wie Haiden
mir damals erzählte, sehr überraschend die Vorarlberger Nachrichten,
Chefredakteur Ortner, dies in die Öffentlichkeit gebracht. Im Fall der
Genossenschaftsfirma Alma wird ja in aller Öffentlichkeit bestritten,
daß es sich überhaupt um Verfehlungen handelt und gegenseitige Klagen
eingereicht.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Nächste MR-Sitzung erinnern, da Haiden derzeit
in Arabien ist.
Auf meine Frage, ob die Zeitungsmeldung stimmt, daß Gespräche über einen
Verkauf der Presse an die Kronen-Zeitung, sprich Dichand, erfolgen sollen,
sagte Kehrer, daß dies nicht stimmt. Da die Pressehaus GesmbH, also auch
Dichand, jetzt ein neues Druckverfahren einführt und wegen Platzmangel
dazubaut, werden die Gestehungskosten für die Presse wesentlich erhöht.
Die Presse kann gar nicht vom Pressehaus weggehen, weil ihr Format nur
auf Maschinen, die dort aufgestellt wurden, gedruckt werden kann. Es
wurden nur Gespräche geführt, wie man diese Kostenerhöhung abfangt. Die
Handelskammer wird letzten Endes das größere Defizit der Presse finan-
zieren.
Vor der Ministerratssitzung habe ich mit Finanzminister Salcher und
Gesundheitsminister Steyrer die offenen Fragen für unsere Arbeitsgruppe
der Wirtschaftskommission besprochen. Salcher lehnt, wie ich erwartete,
die Schaffung eines Abfallverwertungsfonds, aber auch eines Luft- und
Lärmschutzfonds, wie ihn LH-Stv. Moritz vorgeschlagen hat, beim BM f.
Gesundheit u. Umweltschutz auf das entschiedenste ab. Die Umstellung
der Kfz-Steuer auf eine mehr verbrauchsbezogene Abgabe wird akzeptiert.
Der Verzicht auf Einbeziehung von Flüssiggas in die Mineralölsteuer wird
von ihm erst geprüft, ebenso die Förderung der Errichtung von Vorrats-
lager für kritische Rohstoffe durch entsprechende Bewertungsbefreiung
für die Vermögenssteuer und sonstige Steuern des Lagers. Hier ist
Salcher im Prinzip positiv eingestellt. Entschieden lehnt er aber eine
höhere Förderung der Fernwärmeversorgungssysteme ab, diese müßten
selbsttragend sich eigenfinanzieren.
ANMERKUNG FÜR STANZEL: Bitte die Detailverhandlungen jetzt im Finanz-
ministerium über diese Ministerentscheidung so schnell als möglich
abschließen.
Minister Lausecker gab ich den Wunsch der Österr. Fremdenverkehrswirt-
schaft auch die deutschen Intercity-Züge im Taktverkehr im österreichi-
schen Fahrplan aufzunehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich habe Lausecker nicht gesagt, daß dies ein
Wunsch der deutschen Handelskammer ist.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky mitgeteilt, daß in der
kommenden Woche nur die Bundesregierungsmitglieder eine längere Vorbe-
sprechung und alleinige Sitzung haben werden.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte berücksichtigen.
In der CA-Hauptversammlung erwartete er zwischen den beiden Rechtsan-
wälten Graff, ÖVP, und Schachter, SPÖ, ein Duell. Tatsächlich erfuhr ich
dann am Abend von Gewerkschaftern, die als Aktionärsvertreter, insgesamt
35, hingeschickt wurden, damit die ÖVP-Kleinaktionäre dort nicht optisch
das Übergewicht haben, daß es zwar eine stundenlange Diskussion gegeben
hat, aber diese Schlacht keinesfalls zugunsten der ÖVP ausgegangen ist.
Kreisky bemerkte zurecht, daß wenn die Aufsichtsratsänderung jetzt
schon erfolgt, die FPÖ dann aus ihrer Verantwortung, jetzt ist sie das
Zünglein an der Waage, entlasten wird. Dies würde sich aber gegen die
zusammenarbeitswilligen FPÖ-ler innerhalb des Führungsgremiums der FPÖ
richten. Wenn die Sozialisten die Mehrheit haben, würden die Gegner
der Zusammenarbeit sagen, dann soll sie sie auch gegen uns halt ein-
setzen. Kreisky legt größten Wert darauf, daß die Bank jetzt schön lang-
sam aus dem Gerede herauskommt, denn das schadet ihrer Reputation.
Die Banken sind sowieso jetzt wirtschaftlich und finanzpolitisch sehr
schwach, da ihre Konzernbetriebe oder ihre Kommittenten große Sorge be-
reiten. Bei der Länderbank erwähnte er Eumig und Schartner und zu mei-
ner größten Verwunderung auch Klimatechnik.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte wegen Klimatechnik vorsichtigst recherchie-
ren.
Kreisky hat sich furchtbar aufgeregt über die Schreibweise von Redak-
teur Graber, weniger in der Presse als in der Neuen Zürcher Zeitung.
Der österreichische Botschafter in Bern, Thalberg, hat ihm diesbezüglich
berichtet. Der Artikel Graber, den ich nachgelesen habe, bezieht sich
auf ein Interview, daß GD Genn von General Motors in der Industrie ge-
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geben hat. Der Handelsdelegierte in der Schweiz, Koch, hat ebenfalls
der Handelskammer berichtet, welche schädliche Auswirkung diese Kampagne
für Österreich haben kann.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Industrieartikel bitte mir verschaffen und
nächstes Jour fixe HK setzen.
Kreisky ersuchte auch Chefredakteur Scheuch, er möge dafür sorgen, daß
nicht so ungeschickte Artikel, wie von Wirtschaftsredakteur Dibold er-
scheinen, wo behauptet wird, die Bankdirektoren müssen für die Aufsichts-
ratssitzungen ihre Nachtstunden opfern, um damit womöglich die unge-
rechtfertigten Aufsichtsratsbezüge, die eben abgeführt werden sollten,
zu begründen.
Das österreichische Atomforum ist an Kreisky herangetreten, daß er
Mitglied werden soll. Einen blöderen Wunsch kann ich mir nicht vorstel-
len und habe dies auch dort klar und deutlich gesagt. Kreisky selbst
hatte aber auch gar keine Absicht, er meinte, er macht sowieso schon
für die Atomkraft mehr Propaganda als gut ist.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Mit GD Kirchner nach dessen Rückkehr sofort
verbinden.
Der Salzburger Schauspieler Fux war bei Kreisky, um sich wegen der
Grundstücksspekulation in Salzburg zu beschweren. Die alten Häuser ver-
fallen, die Spekulanten zahlen die 100.000,–– S Strafe gerne. Fux
schlug vor, man sollte die Festspielkarten, die man in Salzburg ja
kaum bekommt und im Schwarzmarkt bei den Portieren kaufen muß, mit
einem Zuschlag, 150,–– S waren vorgesehen, belegen. Da insgesamt 150.000
Karten verkauft werden, könnte dadurch ein wesentlicher Betrag zur
Stadterhaltung gewonnen werden. Staatssekretär Karl erinnert sofort,
daß es einen Altstadterhaltungsfonds in Salzburg gibt, Sinowatz meinte,
die Bundesvertreter, Finanzministerium, Weiz, und Unterrichtsministerium
wären im Kuratorium, das heißt im Festspielfonds, zu schwach, um dies
durchsetzten zu können.
Kreisky berichtet dann über seine Mitwirkung bei der US-Geiselbefreiung.
Niemals hat Österreich eine Initiative ergriffen, die nicht den Ameri-
kanern vorher mitgeteilt und von diesen zur Kenntnis genommen wurde.
Der erste Teil der Geiselbefreiung geht auf Arafat-Intervention zurück.
Leider hat es dann eine Zeitungsmeldung in Amerika gegeben und das
hat Arafat in schwierige innenpolitische Verhältnisse gebracht. Arafat
hat auch einen Brief an Kreisky geschrieben, wo er von den närrischen
Mullahs spricht. Das Leben der Geisel konnte aber durch die Arafat-Inter-
vention gesichert werden. Dafür gibt es auch Dankschreiben der Amerika-
ner an Kreisky. Wie es in Persien weitergeht weiß, man nicht, Banisadr
aber, der stets gegen die Mullahs aufgetreten ist, kann jetzt als Armee-
kommandant durch den Krieg über eine entsprechende Hausmacht verfügen.
Bundesparteiobmann Mock möchte jetzt dringend Kreisky sprechen. Mock
will immer dringend verhandeln und dann stellt sich heraus, daß auch
er nicht unmittelbar Zeit dafür hat. Die ÖVP braucht jetzt die SPÖ
zur Bestellung ihrer Direktoren, in der Länderbank möchten sie Koliander
verlängern, was aber nicht in Frage kommt. Kreisky wird überhaupt einen
Preis von der ÖVP verlangen, für die Methoden der letzten Zeit, die
SPÖ sozusagen niederzustimmen. Wenn die ÖVP glaubt, daß nach der CA-
und Androsch-Affäre jetzt ein business as usual geben wird, so irrt sie.
Dallinger berichtet, daß es dringendst notwendig ist, jetzt eine Ver-
ordnung, der auch der Finanzminister, Handelsminister zustimmen muß,
wonach die produktive Arbeitsmarktvorsorge PAV von 71 Mio. S, wie im
Budget vorgesehen, auf 100 Mio. erhöht werden muß. Salcher hat größte
Bedenken das Budget auszuweiten, da er jetzt bereits sich einem Nettodefi-
zit von 30 Mrd. nähert. 25 waren budgetiert, Kreisky meint, er hat
nie geglaubt, daß dieses letzte Androsch-Budget auch vollzogen werden
kann. Dallinger stellt sofort richtig, daß keine zusätzlichen Budget-
mittel erforderlich sind, er wird dies im eigenen Ressort umschichten.
Für mich ist diese Erkenntnis sehr interessant, denn es zeigt doch,
wenn ein größeres Budget ein Ressort verwaltet, es dann immer etliche
Millionen gibt, die man irgendwo auftreiben kann. Mit der Umschichtung
ist Salcher einverstanden. Die Arbeitslosenziffer hat nämlich jetzt
Jänner 104.000 erreicht, 35.000 davon Bauarbeiter, in der Steiermark
8.500, in Niederösterreich 5.600 und in Kärnten 5.900, in Wien Gott
sei Dank nur 2.000. Die Maßnahmen müssen deshalb in den angeführten
Ländern und Oberösterreich ohne Wien sofort ergriffen werden. Sekanina
meinte, er ist damit auch einverstanden, betrachtet das aber als keine
Lösung. Er hätte bereits im November angekündigt, daß 15.000 Bauarbei-
ter, im Dezember 22.000 Bauarbeiter arbeitslos sein werden. Eine Dauer-
sanierung sei nur möglich, wenn eine Finanzierungsformel für 1,4 Mrd.
S zusätzliche Hochbauten gefunden wird. Sekanina hat einmal mehr wieder
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einen Wust von Zahlen vom Stapel gelassen, was Albrecht immer furchtbar
innerlich aufregt, weil sie sich wahrscheinlich jetzt schön langsam
an die Verhandlungsmethode und Berichterstattung von Sekanina gewöhnen
muß. Ich bin das jetzt wirklich schon jahrzehntelang gewohnt. Kreisky
regt eine Aussprache mit der Bauindustrie an, die bis jetzt Sekanina
und Androsch immer allein durchgeführt haben und die Kreisky jetzt
scheinbar auch an sich ziehen möchte. Im Zusammenhang mit der Diskussion
über das Konferenzzentrum und der Diskussion innerhalb der Regierung
meint Kreisky, daß es überhaupt jetzt die neue Aufgabe der Regierung
sein muß, die Probleme so nahe als möglich zum zuständigen Ressort zu
bringen. Dies wird sich trotz des anderen Charakters Salchers gegenüber
Androsch nur schwer verwirklichen lassen. Früher oder später wird der
Finanzminister schon allein aus budgetären Gründen für diese Großpro-
jekte und Investitionen, die die einzelnen Ressorts dann sehr gerne
machen wollten, eine Art Vetorecht ebenfalls bekommen. Sinowatz möchte
natürlich auch Burgenland einbeziehen und daß der Gipfel so spät als
möglich erfolgt. Kreisky meint, beim ersten Gipfelgespräch wird sowieso
nichts endgültig entschieden. Fast verweist darauf, daß es große Preis-
steigerungen in der Bauindustrie gibt, was Sekanina veranlaßt darauf
zu verweisen, daß für Straßen und Brücken im Vorjahr 18 % und bei Hoch-
bau um 8,3 % teurer zugeschlagen werden mußte.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte geh Du zum Baugipfel, da ich in
Vorarlberg bin.
Lausecker berichtet, daß jetzt die Abgasregelung im Rahmen der ECE
für Pkw ab Jänner 81 auch für Österreich gilt. Für die hunderten Wagen,
die heute auf Halde stehen, wird es Einzelgenehmigungen geben, damit
war auch der Gebrauchtwagenhandel einverstanden. Jetzt wollen sie dies
nicht mehr wahrhaben und werden sich an den Bundeskanzler und ans
Handelsministerium wenden. Kreisky hat davon schon gewußt, ein Nachge-
ben kommt aber nicht infrage.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER ODER BURIAN: Sind wir davon verständigt worden.
Ich informierte die Regierung, daß der allgemeine Bauernverband eine
Demonstration wegen der Milchpreisverhandlungen beabsichtigt. Da ich
den Hofrates nicht wußte, Kreisky aber dann doch wieder erraten hat,
meinte er nur lächelnd, Namen werde ich mir nie merken, meine stereo-
type Antwort, Du errätst ja doch, wen ich meine. Tatsächlich wird Hofrat
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Krainz auch von Staatssekretär Schober als ein Narr bezeichnet, der
ja nur 2 % der Bauern repräsentiert.
In der Ministerratssitzung berichtet Kreisky dann über die Durchführung
seines 10-Punkteprogrammes. Die begleitende Kontrolle bei den Großbau-
vorhaben ist beim AKH durchgeführt. Die gesetzliche Regelung dafür
hat Löschnak übernommen und einen entsprechenden Entwurf ausgearbeitet,
der jetzt aber von Kostelka, SPÖ-Klub, erarbeitet wird und vom Grazer
Univ.Prof. Eicher geprüft.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Was weißt Du davon?
Die öffentliche Ausschreibung, Vergabegesetz, ist im Entwurf fertig, soll
auf Kritik der Wirtschaft nochmal überarbeitet werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie weit sind wir hier eingeschaltet?
Die Reform des Finanzministeriums geht unter Führung einer Arbeitsgruppe
von Salcher weiter.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie werden wir hier informiert?
Die Pallin -Kommission hat ihre Arbeit fertiggestellt, die Entwürfe wer-
den im Justizministerium bearbeitet.
Über die Vermögensverhältnisse wurde im Unvereinbarkeitsausschuß im
Parlament bereits nach Beschluß des entsprechenden Gesetzes so vorge-
gangen. Kreisky bemerkte noch, der Anlaßfall ist erledigt. Ohne daß er
es sagte, meinte er damit Androsch. Der Ehrensenat für die Bundesre-
gierung wird noch diskutiert, weil man nicht genau weiß, ob man dafür
eine gesetzliche Regelung braucht. Privilegienabbau durch Steuern für
die höchsten Organe ist bereits erfolgt. Die Schadenersatzfrage wird
noch zu prüfen sein, ob der Bestecher und der Bestochene und wie er
erfaßt werden kann. Daß Kreisky diese Mitteilung und Information in
der Regierungssitzung gab, ohne sie in der Vorbesprechung auch nur zu
erwähnen, hat mich sehr überrascht.
Dallinger berichtete über die Ausdehnung der PAV von 71 auf 100 Mio.
und über den Arbeitslosenstand.
Bezüglich des Berichtes über die Zinsenstützungsaktion 78, Restquote
80, die einvernehmlich beschlossen wurde, verlangte Salcher nach Maßgabe
für 3 Fälle, daß durch Nichterfüllung der gesamten Forderungen an den
ERP-Fonds, die volle Berücksichtigung würde die Richtlinien überschrei-
ten, nur zugestimmt werden kann. Nußbaumer bemerkte, daß im ERP-Fonds
immer nur maximal 50 % genehmigt wurden.
Nach der Ministerratssitzung habe ich Lausecker gefragt, wie es jetzt
mit den neuen Telefonsystemen weitergeht. Lausecker meinte, es wird
ein Ministerratskomitee von ihm einberufen und dort die Entscheidung
im Frühjahr noch zu treffen sein.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Damit wurde, ohne daß der Name von mir erwähnt
wurde, der Wunsch Übleis' erfüllt.
Durch die Ausdauer der Ministerratsvorbesprechung konnte ich gar nicht
mehr in den Unterausschuß des Handelsausschusses über die Wirtschafts-
treuhänderberufsordnung kommen. Dort wurde nur eine kurze Sitzung abge-
halten, wie mir SC Jagoda und Burian berichteten. Es herrschte sofort
Übereinstimmung, daß der Keimel-Entwurf keine Basis für eine Einigung
bilden kann, die einzelnen Gruppen innerhalb der Wirtschaftstreuhänder-
kammer werden sich zu einem Kompromiß durchringen, der sich schön
langsam abzeichnet.
Geschäftsführer Weiser von der EVA berichtet mir, daß er jetzt von
Kreisky ersucht wurde, nach dem Ableben des SC Pollak – Kreditsektion
des Finanzministeriums – Untersuchungen über eine steuerfreie Anleihe
durchzuführen. Er hätte mit dem pensionierten SC Neudörfer, der vorher
die Kreditsektion geleitet hat, gesprochen. Dieser meint, eine solche
steuerfreie Anleihe könnte, mit 6 % verzinst, 30 Mrd. S, die heute schwarz
oder sonst wie unbefriedigend in der Wirtschaft stecken, mobilisieren.
Mit Veselsky hat er darüber gesprochen, der über das Splitting des Kapi-
talmarktes nicht sehr glücklich ist, aber im Prinzip zustimmt. In
Deutschland hat jetzt der Finanzminister Matthöfer ähnliche Sozialpfand-
briefe herausgegeben. Mit Androsch hat Weiser ebenfalls verhandelt,
dieser meinte, wenn Staribacher einen solchen Steuervorschlag macht,
würde er positiv dazu stehen. Ich habe Weiser sofort erklärt, daß dies
nicht meine Kompetenz ist und ich seine Unterlagen an den Finanzminister
weiterleiten werde.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Für nächste Zusammenkunft mit Stanzel, Fi-
nanzministerium, vorbereiten.
Weiser hat sich sofort erkundigt wegen des deutschen Energiesparfonds.
Tatsächlich wurde dort von 78 bis 82, und jetzt schon größtenteils aus-
genützt, 4 Mrd. 350 Mio. DM zur Verfügung gestellt. Dies sind teils
Steuerermäßigungen und teils Direktzuschüsse. Ich habe SC Peyerl ersucht,
er möge den Gesetzestext und ev. Berichte von Bonn anfordern.
In Deutschland besteht nicht die Absicht den Bleigehalt von Benzin
wieder zu erhöhen. Dafür sei auch nicht das Wirtschaftsministerium,
sondern das deutsche Innenministerium zuständig.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Auch diesbezügliche Erhebungen einleiten.
Im Milchwirtschaftsfonds wurde Weiser erklärt, man könne sofort 250
Mio. S sparen, wenn für die verlorene Verpackung nicht weißes Papier,
sondern ungebleichtes Papier verwendet werden, das man in Österreich
erzeugen könnte.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Wie weit stehen da unsere Bemühungen?
Weiser möchte, und dafür habe ich volles Verständnis, ebenfalls einen
Dienstpaß. Dr. Burian, mit dem ich darüber sprach, wird ihm einen
verschaffen.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB wurde mein Wunsch, ein alternatives Preis-
gesetz dezidiert zu verlangen, sowohl vom ÖGB, NR Schmidt, als auch AK,
Maurer und Blaha, dezidiert abgelehnt. Wir konnten uns nur darauf eini-
gen, daß in der Arbeitsgruppe mit Jagoda versucht wird, eine Formulie-
rung, wonach wenigstens dieser Alternativgesetzwunsch die ÖVP schuldig
werden läßt, wenn sie diesen ablehnt, was allgemein erwartet wird.
Der Hemdenimport aus Portugal, 1.120.000 offiziell, 180.000 durch vertrau-
lichen Briefwechsel, insgesamt also 1,3 Mio., wird zur Kenntnis genommen.
Der Ausbau der Fernwärmefinanzierung 10 g auf die kWh von Stadtrat Mayr
wird von der AK ganz entschieden abgelehnt. Schmidt vom ÖGB meint, da
könnte er sich eher vorstellen, daß die MwSt. von 13 auf 18 % erhöht
wird oder das der inländ. Gaspreis eine zweckgebundene Abgabe draufbe-
kommt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte prüfen lassen.
Kienzl berichtet, daß jetzt der Wirtschafts- und Sozialbeirat, zwei
ausgewiesene Experten plus einen Redaktor, Vorschläge über die Si-
cherheit der Kernenergie an Präs. NR Benya weiterliefern wird. Kienzl
ist überzeugt, daß die amerikanische neue Verwaltung unter Reagan
die Endlagerung in Amerika positiv bewertet. Vom Obmann des Handels-
ausschusses Staudinger und Gesundheitsminister Steyrer erwartet sich
Kienzl einen entsprechenden Erfolg.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit Kienzl Details besprechen.
Kienzl berichtet, daß der ehemalige Außenminister Gruber, der jetzt
mit Kienzl sehr für die Kernenergie kämpft, überall rumerzählt, daß
in der ÖVP es Leute gibt, die sofort zustimmen würden, wenn sie auch
jetzt entsprechende Gegner der Kernenergie sind,
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falls eine Vereinbarung über eine Regierungsbeteiligung der ÖVP
nach der nächsten Nationalratswahl zustande käme. Dies hat mir
Abg. Wiesinger ja bekanntlicherweise vor etlichen Wochen schon
bei einer Schnapspartie vertraulichst angeboten. Ich habe damals
sofort erklärt, daß ich dafür weder zuständig bin, noch diesen Weg
für zielführend halte. Diese Meinung teilte übrigens auch der Präsi-
dent Sallinger, den ich davon informierte. Vertraulich habe ich
auch bereits den Obmann Staudinger davon Mitteilung gemacht. Ich
hoffe, daß nicht eine soz. Seite diese Information in die Öffentlich-
keit bringt, dies wäre noch verfrüht, zweckmäßig ist es, wenn recht
viele ÖVPler diese Schnapsidee in der eigenen Partei und dann auch
vielleicht gegenüber Neutralen immer wieder äußern. Früher oder
später wäre das nämlich eine größere Masse, dann wird es sicherlich
einmal bekannt, je später der Zeitpunkt, umso besser, in diesem Fall
ist dann nämlich die ÖVP endgültig diskriminiert . Wenn nämlich dann
tatsächlich herauskommt, daß sogenannte Atomgegner der ÖVP gar nichts
anderes machen wollen, als sich eine Regierungsbeteiligung damit zu
erkaufen, sind sie auch bei den Grünen dann endgültig unten durch.
Es ist unwahrscheinlich, wie stümperhaft in der ÖVP wirklich Politik
getrieben wird.
Bezüglich der Videorekorder-Lösung aus Japan meint Zurek von der AK,
daß er einen heftigen Protest und entsprechende schwerwiegende Ver-
handlungen beim GATT erwartet. Ich teile diese Meinung nicht, die Ja-
paner werden sicherlich den Artikel 22 des GATT-Abkommens, wo Konsul-
tationen geführt werden müssen, anrufen, sie werden aber, wenn dies
der Fall ist, sicherlich nicht auf einer Durchführung beharren.
Eine parlamentarische Anfrage veranlaßt Buchauer mit der AK über die
Details der Stärkeforderung zu sprechen. Die FPÖ möchte wissen, wie
diese 135.000 Mio. S Stärkeförderung, die 1975 nur 28 Mio. betragen
hat, zustande kommt und wer dies kriegt. Dies ist der alte Kampf
zwischen der privaten Firma Deuring in Vorarlberg und den Genossen-
schaftsbetrieben in Innerösterreich, repräsentiert durch GD Wohlmeyer
von Gmünd. Da aber die Stärkeforderung über das Handelsministerium
abgewickelt wird, sieht Buchauer eine große Gefahr für uns. Diese
sehe ich überhaupt nicht, denn, wie die AK auch bestätigt, dient
die Stärkeförderung ja für die stärkeverarbeitenden Betriebe. Von
uns wird sozusagen die Textilindustrie, Papierindustrie und wer halt
Stärke verarbeitet insofern gefördert, als der Stärkepreis, den sie
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bezahlen müssen, auf den Weltmarktpreis heruntergeschleust wird.
Ich ersuche Buchauer, bei der Anfragebeantwortung auf die Differenzen
zwischen der Genossenschaft und Privaten, soweit es die Sachlage er-
fordert, einzugehen. Wir haben keinen Grund, den Streit, der sich hier
in der Vergangenheit bereits entwickelt und natürlich solange weiter
bestehen wird, als sich der Vorarlberger Deuring benachteiligt fühlt,
zu schlichten. Deuring beschwert sich ja auch im Handelsministerium
ständig, daß er die schlechtesten Qualitäten von Mais nur zugewiesen
bekommt.
ANMERKUNG FÜR BUCHAUER: Das Büro von Haiden kann dir dabei sicherlich
helfen.
Kienzl berichtet, daß er Montag mit GS Kehrer und zwei Experten
über seine Exporthilfeaktion eine endgültige Abgrenzungsaussprache
hat. Die Konstruktion wird ähnlich des Vereines für Konsumentenin-
formation VKI sein, der derzeitige Botschafter Alexander Otto soll
dort Geschäftsführer werden, die AK und die HK werden eine Berater-
funktion ausüben. Die Frage ist noch, wie die Verschränkung mit dem
Handelsministerium durchgeführt wird, denn wir geben kein Geld und
werden daher auch nicht dem Verein als förderndes Mitglied bei-
treten. Der Verein wird sich Österr. Nationalbank, AK und HK zusam-
mensetzen. Aufgabe wird es sein, größere Losgrößen für Exporte zu-
sammenzustellen und insbes. die Qualität der Exportprodukte zu garan-
tieren und zu fördern. Darüber hinaus wird man eine Service- u. Markt-
forschung betreiben und voralle mal den gemeinsamen Produktverkauf
anregen. Der Verkauf selbst erfolgt aber auch auf alle Fälle nur über
die Firmen. In der Administration wird man durch Fremdsprachen, Über-
setzungen, Korrespondenzen, Rechtsberatung die kleineren und mittle-
ren Betriebe fördern.
ANMERKUNG FÜR SC MEISL UND MARSCH: Bitte diesem Projekt größtes
Augenmerk zuwenden.
Kienzl berichtet, daß jetzt der Taggeldzinssatz auf 9 1/2 % zurück-
gegangen ist. Es entsteht auch eine gewisse Entspannung, weil nur
ein Lager aufbaumäßig erfolgt, Geldkapital kann heute durch Ein-
nahmensteigerung zur Kreditausweitung verwendet werden. Die Behauptung
der Arbeiterbank, GD Flöttl, mir gegenüber, daß es zu einem riesigen
Spareinlagenzuwachs gekommen ist, bestreitet Kienzl. Flöttl muß, da
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er ja das Habenzinsabkommen mit Treichl gemeinsam umgebracht hat,
Beweise erbringen, daß diese irrsinnige Zinspolitik wenigstens einen
Teilerfolg brachte. Dies trifft aber nicht zu. Da jetzt auch in der
Schweiz und in Deutschland die Kapitalmärkte schließen, wird es auch
im Ausland schwieriger sein, die notwendigen Kredite aufzunehmen.
Der FV ist sehr gut gelaufen und hat Devisen gebracht, damit kann
aber das große Leistungsbilanzdefizit nicht annähernd gedeckt werden.
Die Importsteigerungen sind verheerend. Die Unterbringung von Anleihen
wird für den Finanzminister immer schwieriger. Die Idee von Prof.
Weiser bezügl. einer steuerfreien Anleihe ist nicht ziel-
führend. Kienzl kann sich auch nicht vorstellen, daß 30 Mrd. S
irgendwo herumschwirren.
Das einzige Erfreuliche ist, daß Kienzl über eine Erhebung der SWS
seiner Meinungsforschung vom Jänner berichtet. Danach haben die
Sozialisten jetzt wieder 2 % dazu gewonnen und sind mit 47 1/2 %
aus dem Tief heraus und gehen langsam wieder nach oben. Die Frei-
heitlichen haben von 7 % auf 5 1/2 % wieder verloren, die Volkspar-
tei von 26 auf 24 %. Stark zugenommen haben die Nichtentschiedenen.
Erfreulich, aber nicht überraschend ist, daß 58 % verlangen, daß
Kreisky weiterhin Bundeskanzler bleibt, müßte auch über diese
Legislaturperiode hinaus, nur 5 % stellen fest, daß er versagt hät-
te. Selbst von den ÖVP-Wählern meinen 25 %, es gibt keinen eigentli-
chen anderen Nachfolger als ihn selbst. Gratz verliert an Ansehen,
Benya ist jetzt am meisten bekannt. Dies führt Kienzl auf die Ver-
mittlerfunktion im Kreisky-Androsch-Konflikt zurück. Ich gebe den
Meinungsumfragen nicht viel Bedeutung, wie Kienzl als Meinungsum-
frager natürlich immer wieder besonders herausstreicht. Nicht zu-
letzt wird ja gesagt, daß SWS auch einen Bias hat und daher
nicht als typisch gilt. Die Tendenz dürfte aber sicherlich stimmen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Versuch bitte bei IFES zu verifizieren.
In der SPÖ-Vorstandsitzung d. Landstraße diskutierten wird den
schlechten Besuch der Wiener Konferenz auch der Landstraßer Delegier-
ten. Andere Bezirke handhaben das aber schon so, daß, wenn der
eigene Delegierte nicht gehen kann, er seine Delegiertenkarte einem
anderen weitergibt. Wir werden auch dieses System sofort bei uns
einführen.
Sallaberger berichtete über das Bezirksentwicklungsprogramm. Hier
werden wir in Ausschüssen für Wirtschaft, Gesundheit usw. Detailunter-
suchungen anstellen und vor allem mit den Bezirksmandataren und allen,
die sich dafür interessieren, im Detail besprechen.
In der Bezirksausschußsitzung berichtete ich über die politische und
wirtschaftliche Situation und insbesondere über die Regierungsklausur
und Wirtschaftsprogramm. Die Diskussion war sehr ruhig und verhältnis-
mäßig kurz. Ich führe das auf die Energiewochenferienstimmung zurück.
Der Besuch der Bezirksausschußsitzung war ja auch entsprechend ferien-
mäßig. Allgemein kann ich aber feststellen, daß seit der Lösung des
Androsch-Problems zumindestens parteimäßig eine starke Beruhigung ein-
getreten ist. Unsere Genossen können es nicht verstehen und wünschen
es natürlich schon gar nicht, daß in den oberen Gremien überhaupt dis-
kutiert wird. Während sie natürlich in ihrem Bereich über ihre Probleme
sehr heftig diskutieren, manchmal muß ich, und das nicht allzu selten,
sehr vermittelnd eingreifen, erwarten sie scheinbar, je höher hinauf
es geht, umso einträchtiger dort nur gehandelt werden darf.
Die größte Überraschung des Tages für mich aber war, daß mir berichtet
wurde, Bundesparteiobmann Mock hätte entschieden, daß in Hinkunft die
ÖVP nicht mehr von einer sozialen Marktwirtschaft, sondern nur mehr von
der sozialen Wirtschaft reden will. Ich kann mir dies beim besten Willen
nicht vorstellen. Die ÖVP wäre von allen Göttern verlassen, wenn sie
dem positiv besetzten Begriff Marktwirtschaft aufgäbe. Sollte dies
tatsächlich der Fall sein, dann müßten wir umso stärker sofort mit
der sozialdemokratischen Marktwirtschaft nachstoßen. Bei der Enquete
über Klein- und Mittelbetriebe hat Präs. Graf, der mich sehr gut leiden
kann und den ich auch sehr schätze, mir vollkommen überraschend auf
meine Bemerkung, wir wollen die sozialdemokratische Marktwirtschaft,
geantwortet, dies sei eine Provokation, bei einer Enquete so zu pole-
misieren. Ein Vieraugengespräch mit dem Vorsitzenden der Enquete, Präs.
Minkowitsch von der ÖVP, bestätigte mir, daß die Wirtschaft ungeheuer
sensibel reagiert, wenn irgendwo die soziale Marktwirtschaft angegriffen
wird. Sie sieht darin eine Diskriminierung, Herabsetzung ihrer poli-
tischen Ziele. Minkowitsch meinte, es geht ja auch mit dem Begriff
des Konservativismus so. Marktwirtschaft, konservativ, alles wird von
den Sozialisten heruntergemacht. Wenn jetzt Mock wahrscheinlich auf
Intervention des ÖAAB, weil dieser sich mit dem Wirtschaftsbund und
der Handelskammer sehr schwer tut, aus irgendwelchen Überlegungen die
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Marktwirtschaft aus der Zielvorstellung herausnimmt, ergibt sich für
uns wirklich eine einmalige Chance.
ANMERKUNG FÜR MARSCH, BUCHAUER UND BURIAN: Bitte verifizieren und Ar-
beiten für sozialdemokratische Marktwirtschaft wieder aufnehmen.
Tagesprogramm, 3.2.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 74. Ministerratssitzung, 3.2.1981
58_0170_03Nachtrag TO 74. Ministerratssitzung, 3.2.1981
hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)