Dienstag, 10. Februar 1981
In der LUGA teilt mir der zuständige Sekretär mit, daß er beim Coca-
Cola-Betrieb in Fischau erfahren hat, daß die Aluminiumwerke in
Ranshofen bezüglich einer inländischen Produktion von Aluminiumdosen
seit dem Tod des GD Glaser nichts mehr hören läßte . Darüber hinaus
hat ein Tochterbetrieb in Berndorf 60 Beschäftigten die Schraubver-
schlüsse für die Literflaschen eingestellt und es muß jetzt alles im-
portiert werden.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Was wissen wir darüber. Bitte mit
GD Streicher verbinden.
Beim Jour fixe in der HK ist wieder nur Gen.Sekr. Kehrer, weil Präs.
Sallinger schon zur Tagung der Hoteliervereinigung nach Zürs gefahren
ist. Ich konfrontiere Kehrer sofort mit einem Punkt des ÖVP-Wirtschafts-
programmes, Exportoffensive. Kehrer muß zugeben, daß er davon gar
nichts weiß. Ich erkläre dezidiert, daß wenn die ÖVP schon eine Export-
offensive verlangt und die Regierung kritisiert, dann auch die Han-
delskammer, die ja unbedingt immer für den Export fast eine exklusive
...eilung beansprucht, damit ebenfalls entsprechend kritisiert wird.
Kehrer ist damit einverstanden, daß die HK-Vertreter und das Handels-
ministerium sofort diesbezügliche Vorschläge ausarbeiten sollen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte beginnt sofort entsprechende
Programme auszuarbeiten.
In Amerika will die Handelskammer jetzt, bevor sie in Kalifornien
eine große Österreichwoche, die 12 Mio. S kosten würde, startet, Ergeb-
nisse des development councils international ECI warten. Ich glaube,
daß man diese Einzelaktionen jetzt tatsächlich zu den großen Export-
offensivprogramm zusammenfassen sollte.
Kehrer beschwert sich, daß bezüglich der steuerlichen Absetzbarkeit
von Energiesparen für Wärmepumpen noch immer nicht die Typengenehmi-
gung Voraussetzung für die Eintragung in die Lohnsteuerkarte oder
Absetzung für die Einkommensteuer ist, erfolgt. Dazu ist allerdings
das Normeninstitut zuständig, welches, auch von den Interessensvertretun-
gen beschickt, gar nicht so schnell die notwendigen Normen erstellen
kann.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte entsprechende Prüfung durch die Energie-
sektion und Mitteilung an das Finanzministerium.
Bezüglich der Kontingentierung von Videorekordern, 8.500 aus Japan, meint
Kehrer, wir sollten für die Zuteilung doch die Vorbezüge der jetzigen
Importeure entsprechend berücksichtigen und den neuen Newcomern wenige
Kontingente geben. Dadurch hofft Kehrer, daß die Japaner bei ihrer
GATT-Beschwerde weniger aggressiv sein werden. Kehrer möchte sogar, daß
ich in der Verordnung eine diesbezügliche Bestimmung aufnehme, kann
diese allerdings nicht entsprechend formulieren. Ich schlage vor, wir
sollten prüfen, ob nicht durch administrative interne Maßnahmen die
jetzigen Importeure aufgrund ihrer Vorbezüge entsprechend bevorzugt be-
handelt werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Besprechung mit SC Meisl und MR Fischer
bei mir ansetzen.
Kehrer teilt mir mit und gibt zu, daß die Ankündigung von Vizepräsident
Schönbichler bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Kotányi, die
höhere Zollbelastung bei Paprikaeinfuhr durch die Ungarn, 12 % gegenüber
Spanien 10 und Jugoslawien 8 %, also diese Zollhürde würde bewältigt
werden können, ein Versehen der Presseabteilung bei der Redeunterlage
für Schönbichler war. Die handelspolitische Sektion wurde damit nicht
betraut, an der diskriminierenden Zollpolitik der Handelskammer gegen-
über den Staatshandelsländern ändert sich also nichts. Ich verspreche
ihm, daß ich natürlich dieses Mißgeschick nicht ausnützen werde, aber
intern natürlich gelegentlich auf mangelnde Koordination in der Han-
delskammer verweisen werde.
Der Wunsch der Hoteliervereinigung ihrem Vizepräsidenten Zorn den
Kommerzialratstitel jetzt zu verleihen, kann nicht erfüllt werden. Das
Tiroler Kontingent, 3 Stück pro Jahr, ist für etliche Jahre ausgebucht,
Zorn steht auf der Warteliste.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte bei Skardarasy-Feier erinnern.
Der Staatswappenantrag der Fa. Hardi
kammer Niederösterreich und wurde dort abgelehnt, weil es sich hier
wirklich um keine führende Stellung in der Branche handelt. Die Bun-
deshandelskammer hat im Vorhalteverfahren die Vertreter der Fa. Hardi
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darauf aufmerksam gemacht und ersucht, es soll der Antrag zurückge-
zogen werden, die Fa. Hardi hält ihn aber nach wie vor aufrecht. Die
Bundeshandelskammer muß sich in diesem Fall aber nach dem Gutachten
der NÖ Handelskammer richten. Ich schlage deshalb vor, daß man den
Amstettner Bürgermeister, der bei mir interveniert hat, diesbezüglich
informieren soll. Kehrer ersucht, daß eine Aussprache zwischen dem
Bürgermeister und dem neuen NÖ Handelskammerpräsident Höfinger erfol-
gen sollte.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Amstettner Bürgermeister verbinden.
Albrecht verweist auf den neuen Verein Konsumentenselbsthilfe im
Grünladen. Dort muß man 500,–– S Einschreibgebühr zahlen und bei einem
Mitgliedsbeitrag bis zu 120,–– S pro Monat wird entsprechendes Bio-
gemüse zugestellt. Auf Ersuchen von Albrecht erklärt Kehrer, er wird
den ganzen Fall prüfen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Was sagt eigentlich SC Jagoda zu dieser Idee.
In der Ministerratssitzung berichtet Kreisky, daß die Oppositionspartei
jetzt wegen der vielen Kommissionen die Ressort angreift, insbesondere
das Bundeskanzleramt. Insgesamt gibt es 96 Kommissionen nach ÖVP-
Meinung. Er hat in seinem Ressort geprüft, dort sind 36, 30 davon aber
sind durch Gesetz vorgeschrieben. Die meisten der Kommissionen wurden
über Wunsch der Parteien eingesetzt. Die zweite Attacke richtet sich
gegen die Bürokratisierung, um in der Öffentlichkeit damit die Ineffi-
zienz der Regierung anzuprangern. Kreisky schlägt vor, daß jedes
Ressort jetzt prüft, wieviele Kommissionen es hat und wer darin tätig
ist und vor allem, wer sie wünscht.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte durch Schwarz sofort Aufstellung machen
lassen.
Im außenpolitischen Rat hat Außenminister Pahr berichtet und Bundes-
parteiobmann Mock ergänzt. Der Pressedienst der Volkspartei hat
nachher mitgeteilt, daß Mock eine Zusammenarbeit gefordert hat. Diese
Problematik wurde überhaupt nicht erwähnt. Der NR Steiner, außenpo-
litischer Sprecher und ehemaliger Staatssekretär, hat kritisiert, daß
man in der Entwicklungshilfe Nord-Süd-Dialog sich einschaltet, aber die
gräßlichen Zustände in Europa vergißt. Auf Befragen meinte er, es
handelt sich um die Türkei. Hier wird aber durch alle westeuropäischen
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Staaten eine beträchtliche Hilfe geleistet. Griechenland ist jetzt
Mitglied der EG und Italien erlebt als echtes Wirtschaftswunder, eine
Prosperität. Kreisky schließt daraus, daß Steiner mit diesem Argument
und der Kritik vollkommen daneben liegt.
Pahr berichtet über die Besetzung der österreichischen Botschaft in
Chile, die keine Besetzung ist, sondern ein friedliches sit-in von
6 Angehörigen, die auf die politischen Verhältnisse in Chile aufmerksam
machen wollen. Österreich wird eine friedliche Regelung versuchen und
wünscht keinerlei Intervention der chilenischen Polizei, die die Bot-
schaft umstellt hat.
Haiden berichtet über seine Ägypten-Reise und Oman. Kreisky verweist
darauf, daß er jetzt, wenn er nach Ägypten fährt, bilaterale Gespräche
führt, um nicht so wie in der Vergangenheit mit einem besonderen Auf-
trag, ohne daß er es nennt, meint er damit sicherlich seine Friedens-
mission für den Nahen Osten, durchführen wird, wie dies in der Vergan-
genheit jetzt der Fall war.
Bei der Tagesordnung werden zum Bundesministeriengesetz nur 2 Änderungen
in den erläuterten Bemerkungen von Staatssekretär Löschnak angekündigt.
Es gab zwar keine Vorbesprechung, dafür verlangte Kreisky eine Nachbe-
sprechung. Dort hat er als erstes meinen Brief bezüglich des Mini-
steriengesetzes erwähnt. Da das Gesetz aber bereits in der Minister-
ratssitzung beschlossen wurde, die letzte Formulierung sogar von SC
Jagoda bezüglich der Umweltverträglichkeitsprüfung akzeptiert werden
konnte, erklärte ich sofort, daß zwischen Gesundheitsminister Steyrer
und mir keine Differenz mehr besteht.
In Ischgl in Tirol werden 4 Liftanlagen errichtet. Kreisky wurde dazu
eingeladen, die Regierung beschließt, daß der Tiroler Salcher bei der
feierlichen Eröffnung dort sein soll.
Kreisky verweist darauf, daß die Flugzeugfirma Mirage und auch General
Dynamics für die F-16 J69 Kompensation anbietet. Jetzt hat auch die
amerikanische Firma Northrop den F-5G, einen Interceptor, entwickelt, der
um 1/3 billiger sein soll als die anderen und entsprechende billige
Betriebskosten hat. Alle Firmen laden jetzt Bürokratie und österrei-
chische Firmen ein über Kompensation schon sehr konkret zu verhandeln.
Dadurch entstehen Kosten, obwohl jetzt niemand ein Flugzeug wirklich
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kaufen kann, da der Finanzminister dafür keine Budgetmittel bereit-
stellen kann. Rösch berichtet, daß jetzt am 20. Februar die letzten An-
gebote über die F-16 und die Mirage vorliegen werden, sodaß dann dem
Verteidigungsrat berichtet werden kann. Anschließend spreche ich mit
Rösch die Möglichkeiten einer zusätzlichen Finanzierung, wenn die Atom-
müllfrage damit bereinigt werden könnte. Rösch ist sehr pessimistisch,
daß dies mit den Amerikanern gelingt, er setzt in dieser Frage mehr
auf die Franzosen. Staatssekretär Nußbaumer meint, man sollte auch
einen Finanzierungsplan von jeder Firma verlangen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Nächstes Jour fixe Fremuth setzen.
Der freiheitliche Abg. Murer möchte mit Kreisky über die bäuerlichen
Grundprobleme verhandeln und besprechen. Ich verweise darauf, daß die
Freiheitlichen auch mit Milchpreisverhandlung nicht einverstanden sind.
Landwirtschaftsminister Haiden hat damit nur ein entsprechendes Ge-
spräch über die Kommissionsbesetzung abgeführt, das sehr positiv ver-
laufen ist. Mit Haiden vereinbare ich, daß er auch zustimmt, den
Milcherzeugerpreis um 20 Groschen zu erhöhen, wie MR Kurzel vorschlägt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jour fixe AK und HK setzen sowie Berechnung von
Kurzel bezüglich Auswirkung Milchwirtschaftsfonds verlangen.
Sinowatz erklärt, und dies ist erstmalig, daß er sich beschwert, daß
die Vorgangsweise der AK für ihn unakzeptabel ist. Im Kurier hat Sekr.
Chaloupek, der Sohn des ehem. NR., geschrieben, die Subvention für die
Bundestheater müßten einfrieren und reduziert werden und auch bei der
Schulbuchaktion könnte man sich 300 Mio. S ersparen. Niemand hat mit
Sinowatz über diese Punkte gesprochen. Kreisky kritisiert auch, daß
Chaloupek, der sonst sehr brav bei ihm in der Wirtschaftsprogrammdis-
kussion mitarbeitet, sowie Univ.Prof. Matzner und andere überall jetzt
Kritik üben und vorher aber sich nicht bei den zuständigen Ministern
informieren. Sekanina verweist darauf, daß auch der Sekretär des Klubs
Bruno Aigner in der "Zukunft" jetzt einen harten Artikel, daß die SPÖ
Fett ansetzt und daß es Eiterbeulen gibt, gerade nicht zur Verbesserung
des Klimas beigetragen hat. Kreisky wird mit den entsprechenden Stellen
sprechen, verweist aber im Besonderen darauf, daß auch die Minister
vorher alle finanziellen Belastungen mit dem Finanzminister absprechen
müssen, bevor sie in die Öffentlichkeit treten. In Deutschland ist es
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jetzt durch die mangelnde Information oder Absprache zwischen Partei
und Regierung zu einer Spaltung gekommen. Die deutsche SPD oder, wie man
dort sagt, die Baracke, betreibt über die Medien jetzt Politik, weil
sie nichts von der Regierung weiß. Die Regierung wieder, insbesondere
Bundeskanzler Schmidt, ist dadurch in eine ungeheuer schlechte Situa-
tion auch innerparteilich geraten. In Österreich muß es bessere Infor-
mationen geben, zwischen den Ministern und dann vor allem zu den Par-
teistellen und Mitarbeitern. Kreisky schlägt vor, daß daher alle
14 Tage eine große Vorbesprechung, wie bisher, und die andere Woche dann
eine kleine Vorbesprechung, wo nur die Minister sind, stattfinden
sollte.
Dallinger bezieht die Kritik bezüglich der mangelnden Absprache mit
dem Finanzminister sofort auf seinen Vorschlag wegen der Witwerpen-
sion. Der Verfassungsgerichtshof hat den Termin zur Sanierung bis zum
Juni 1981 gesetzt. Ursprünglich wollte man eine Partnerschaftspension
schaffen, doch das würde die derzeitig berufstätige Frau benachteili-
gen. Außerdem hätte diese Partnerschaftspension ca. 65–70 % der
beiden Pensionen betragen, so hätte man dann auch die Witwenpension
von derzeit 60 % auf diesen Prozentsatz anheben müssen. Dallinger
schlägt daher eine Etappenlösung vor, jetzt 1/3, 1985 das zweite und
1988 dann das 3. Drittel. Wie Dallinger dann diese Ausführungen in der
Fraktion im Bundesvorstand ergänzt, würden heuer 1575 betroffen sein,
in 10 Jahren dann 43.700. In der ersten Etappe würde der Witwer 602,––
S, 1985 in der zweiten Etappe 1.210,–– und 1990 1.979,–– S in der
dritten Etappe dann draufbekommen. Das Ganze würde 1,7 Mrd. S nach Be-
rechnung des Hauptverbandes kosten. Da zu diesem Zeitpunkt das Sonder-
ruhegeld für die Schwerst- und Schichtarbeiter, was mit 1.8.1980 ein-
geführt wird und 450 Mio. S im Budget kostet, im Jahr also 1 Mrd. dann
und bis 1990 laufen soll, auslauft, könnte man dann diese Mrd., die der
Finanzminister derzeit allerdings auch nicht hat, dann für die Witwer-
pension verwenden. Der Hauptverband hat allerdings berechnet, daß da-
für 1,7 Mrd. S notwendig sind.
Finanzminister Salcher erklärt sofort, daß er befürchtet, daß auch der
öffentliche Dienst kommen wird. Den Bundesvoranschlag 82 kann Salcher,
wenn jetzt immer weitere finanzielle Forderungen von Ministern öffent-
lich erklärt und verlangt werden, dann nicht mehr finanzieren, das
Nettobudgetdefizit wird jetzt schon 35 Mrd. S für das nächste Jahr ver-
anschlagt. Das Bruttobudgetdefizit, was wesentlich höher als 50 Mrd.
wird, kann er dann nicht mehr am Kapitalmarkt finanzieren. Nach Mit-
teilung Salchers hat der Hauptverband ein aufkommensneutrales Witwer-
konzept vorgelegt, Präs. Millendorfer hätte ihm dieses Modell vorge-
tragen. In der Fraktionssitzung hat Millendorfer dann auch hart kri-
tisiert, daß Dallinger, ohne mit dem Hauptverband zu sprechen, seinen
Vorschlag über die Witwerpension erstattete. Tatsächlich würde die
Partnerschaftspension nur 625 Mio. S bei 70 % der beiden Pensionen,
also Mann und Frau betragen. Sofort wehrt sich hier die Frauenreferentin
NR Metzker und verweist darauf, daß dies nur eine so geringe Belastung
des Budgets bedingt, weil die Differenz eben die berufstätige Frau be-
zahlen müßte. Dieser Vorschlag ist daher für die sozialistische Frau
nicht akzeptabel.
Dallinger berichtet auch in der ÖGB-Fraktionssitzung über die Schwerst-,
Schicht- und Nachtarbeitervorschläge. Insgesamt sind davon 70.000 be-
troffen. Für das Sonderruhegeld, welches 10 Jahre bezahlt werden soll,
bis die Einschleifung der Frühpensionierungen mit 57 Jahren wirksam
wird, werden 47.000 davon betroffen. Voraussetzung ist, daß man von
den letzten 20 Jahren mindestens 15 Jahre als Schicht- und Nachtarbei-
ter gearbeitet hat. Zusätzlich zu diesem Sonderruhegeld soll es dann
1 Woche zusätzlichen Urlaub, 5 Minuten Pause pro Schichtstunde und
eine verstärkte Mitsprache der Betriebsräte geben. Finanziert soll
diese ganze sozialpolitische Maßnahme durch einen Sonderbeitrag von
2 1/2 % als zusätzlicher Sozialversicherungsbeitrag von dem Unterneh-
mer zu leisten wäre. Dadurch würden 75 % des Aufwandes gedeckt, 25 %
müßte der Bund subventionieren. Millendorfer bemerkt sofort, daß der
Hauptverband verlangt hat, 4,1 % Beitragserhöhung, denn für das Son-
derruhegeld genügen die 2 1/2 %, aber 1,6 % sind die medizinischen
Kosten, die ansonsten die Sozialversicherung tragen müßte, die keiner-
lei Geld dafür hat. Gemeinderat Pöder und Obmann der Gemeindebedien-
steten und Sprecher des öffentlichen Dienstes für die Sozialisten
meldet sofort auch an, daß der öffentliche Dienst entsprechende Gleich-
stellung verlangt, dies gilt zwar nicht für das Sonderruhegeld, denn
dies sollen ja nur Schicht- und Nachtarbeiter unter besonders schwer-
sten Arbeitsbedingungen bekommen, wohl aber für alle anderen Maßnahmen.
Benya faßt zusammen und meint, es muß hier wirklich besser koordi-
niert werden, auch innerhalb der sozialistischen Gewerkschaftsfraktion,
und sagt, Staribacher hat schon immer gesagt, die Sozialbastler stellen
hier Forderungen, die kaum zu finanzieren sind.
Ich werde auch aufgefordert über die Wirtschaftssituation kurz zu be-
richten und infolge der fortgeschrittenen Zeit referiere ich schnell
über die Außenhandelssituation, 90 Mrd. S Außenhandelsdefizit durch ent-
sprechend große Einfuhren von Autos und Energieeinfuhren, und insbeson-
dere natürlich über die Energieschwierigkeiten bei Errichtung von
Kraftwerken. Der Bauarbeitersekretär Millendorfer beschwert sich, daß
die Regierung nicht sofort das Konjunkturbudget freigegeben hat, da
es ihrer Meinung nach mit 35.000 Bauarbeitern im Jänner eine unerträg-
liche Arbeitsmarktsituation existiert. Mindestens 10.000 dieser Bau-
arbeiter sind darauf zurückzuführen, daß die abfertigungsgesetzliche
Regelung die Unternehmer jetzt veranlasst, die Bauarbeiter zu kündi-
gen, damit kein Abfertigungsanspruch entsteht und dann wieder aufzu-
nehmen. Ich erwidere, daß die Regierung einen Baugipfel ja bereits ein-
berufen hat und daß insbesondere in der produktiven Arbeitsmarktverwal-
tung statt 71 Mio. heuer 100 Mio. ausgegeben werden.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte vom Baugipfel genaue Aufzeichnungen
machen.
Kienzl berichtet zu meiner größten Überraschung über die Gespräche,
die er mit Ex-Außenminister Gruber in der Gesellschaft für Energie-
wesen führt. Dieser hat dezidiert erklärt, daß innerhalb der ÖVP man
sofort bereit ist, das Kernkraftwerk Zwentendorf gemeinsam mit den
Sozialisten Betriebsfertig zu machen, wenn eine entsprechende Regie-
rungsbeteiligung nach den nächsten Wahlen durch die ÖVP gesichert ist.
Busek meinte sogar, es müßten gewisse Posten eben angeboten werden.
Kienzl erzählt jetzt überall, daß im nächsten Winter für den Frem-
denverkehr große Gefahr besteht, daß die Energie nicht mehr zur Ver-
fügung gestellt werden kann.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jour fixe Fremuth setzen.
Der Kapitalmarkt in der Schweiz schließt sich für Österreich, auch
der in Deutschland ist mit 9 % Zinsen nicht mehr zu haben, hier steht
Österreich in diesen Ländern bereits auf der Warteliste. Nur Amerika
würde sofort Österreich finanzieren, was aber eine 16 %-ige Zinsenbe-
lastung bedeutet. Insgesamt seit 75 macht das Leistungsbilanzdefizit
100 Mrd. aus und muß jetzt durch entsprechende Rückzahlung und Zinsen-
belastung bereits über 25 Mrd. S pro Jahr aufgebracht werden.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte diese Ziffern prüfen, sie können nicht
stimmen.
Benya erinnert in seinem Diskussionsbeitrag, welche ungeheuren Lei-
stungen ich als Handelsminister sowohl auf dem Sektor für den Frem-
denverkehr als auch insbesondere auf der Energie mache, dieses Lob ist
mir direkt peinlich. Meinen Appell aber an Benya, daß wir auf der
Sozialpartnerebene versuchen sollte, die Frage des Kernkraftwerkes
Zwentendorf positiv zu beeinflussen, ja sogar auf dieser Basis ent-
sprechende Gespräche zu führen, um im Parlament die Verhandlungen wei-
terzutreiben, lehnt Benya auch aus innerparteilichen Gründen ab. Er
meinte, es gibt heute niemanden mehr, der daran glaubt, daß vor 1983
das Kernkraftwerk in Betrieb gehen kann. In den eigenen SPÖ-Reihen hat
Benya scheinbar auch große Schwierigkeiten mit seiner ursprünglichen
Idee eines schnellen Durchziehens der Volksabstimmung gehabt. Ich per-
sönlich bin davon überzeugt, daß man, wenn es zu einer einigermaßen er-
träglichen Lösung für das Mülldeponieproblem käme, sehr wohl die Inter-
essensvertretungen, sprich Sozialpartner, einen wesentlichen Beitrag
zur schnelleren Abwicklung führen könnten, obwohl natürlich dadurch
auch das Kernkraftwerk nicht vor 83 in Betrieb gehen könnte.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Jour fixe Fremuth setzen.
Der Verbundgesellschaft wurde jetzt von der ÖMV angeboten, 150 MW im
Winter Strom aus ihrem Kraftwerk zur Verfügung zu stellen, bei ent-
sprechender Rücklieferung im Sommer. Ich bin fest davon überzeugt,
daß diese Möglichkeit, die übrigens auch die Wiener Stadtwerke und in
OÖ die Steyrermühl machen, noch von vielen Eigenanlagen der Industrie
eine wesentliche Entlastung für den Winter bringen könnte. Dies gilt
insbesondere für den kritischen nächsten Winter. Ich ersuche daher
SL Peyerl, er soll mir eine Liste der größeren Industriebetriebe mit-
teilen, die dafür infrage kommen, ich werde sie zu einer Besprechung
zu mir bitten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Entsprechendes vorbereiten.
GD Kirchner, SGP, teilt mir mit, daß er mit dem Baumeister Rogner be-
züglich Laprex, Desintegrator Baustoffproduktion, einig ist. Die An-
lage von 80 Mio. S wird von Rogner errichtet, die Lizenz wird er an
SGP zahlen, die diese an die SU abliefern muß. Diese Anlage ist des-
halb für die SGP auch von großer Bedeutung, weil dort die bautechnische
Frage, wie man die westlichen Normen erreichen kann und wie dann durch
die westliche Normung dieser Baustoff auch dann bei den öffentlichen
Ausschreibungen zugelassen wird, endlich wird beweisen können. Die Norm
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muß auf die westlichen Verhältnisse adaptiert werden.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte einen entsprechenden Bericht.
Der Direktor der Korneuburger Schiffswerft, Hager, fragt an, ob er den
Vizepräsidenten für die Goldener-Merkur-Gesellschaft übernehmen soll.
Diese wollen nächstes Jahr in Österreich die Verleihung vornehmen.
Heuer waren 200 Personen nach Moskau geladen, auch ich sollte diesen
Goldenen Merkur bekommen. Hager gibt dann auf inquisitorisches Fragen
von mir zu, daß er nicht weiß, wie dann die Abwicklung erfolgt. Ich
bin fest davon überzeugt, daß der Gen.Sekr. Laurenzo Gallo, ein Ita-
liener, der dieser Organisation Goldener Merkur vorsteht, fest damit
rechnet, daß Österreich dann entsprechende Aufwendungen übernimmt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte laß dies genau prüfen, damit das nicht ein
Reinleger für uns wird.
Dir. Batzel von der Ruhrkohle, Kemschuld von der Handels-GesmbH der
Ruhrkohle, Dr. Ross, für den Verkauf, Haushalt und Kleinverbrauch zu-
ständig, berichten mir über die Intentionen der Ruhrkohle. Sie haben
jetzt mit der Vöest-Alpine einen 20-Jahresvertrag abgeschlossen. Auch
mit der Verbund wurden 200.000 t bis zum Jahre 2004 vereinbart. Die
Ruhrkohle hat heute in 50 Ländern Aktivitäten, sie will außer aus dem
Ruhrgebiet auch australische, kanadische, nordamerikanische und auch
kolumbianische Reviere erschließen. Sie gibt sofort zu, daß der Preis,
der nämlich für uns entscheidend ist, um 25 % noch immer höher liegt
als die Ostkohle. Batzel meint, das sei eben das Sicherheitsrisiko
oder der Sicherheitspreis, den man abschließen müßte. Die deutsche Bun-
desregierung hat z.B. jetzt 10 Mio. t Vorrat 1974/75 angelegt, 130 DM
die Tonne gekauft, jetzt ist der Listenpreis 202. Wenn daher dier Vor-
rat tatsächlich 84 aufgelöst wird, wird Deutschland die ganzen Ver-
zinsungen und Kapitalaufwendungen abgedeckt haben, allein durch die
Preissteigerungen. Da bei dieser Aussprache auch der Obmann der Sektion
Handel, KR Steidl, sowie insbesondere Dir. Dreßler von der Gaskoks an-
wesend sind, erkläre ich diesen beiden sofort, daß wir ähnlich bei
Rohöl auch bei Kohle jetzt eine gewisse freiwillige Lagerung oder ge-
gebenenfalls eine gesetzliche Regelung brauchen. Beide stimmen mir so-
fort zu.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Hille soll die Verhandlungen führen und ent-
sprechenden Vorschlag ausarbeiten.
Bei einem Pressegespräch mit Frau Freisinger von der Presse und einem
APA-Mann, Hahn, kam diese Frage besonders eingehend zur Diskussion.
Ein niederländisches Kraftwerk hat jetzt 500.000 t abgeschlossen.
300.000 kauft es in Amerika, 200.000 zum Listenpreis in der Ruhr,
alles von Ruhrkohle eingeleitet und mitfinanziert. Der amerikanische
Preis ist heute noch um 18 DM pro Tonne billiger. Man muß aber bereits
15 $ Liegegeld und 15 $ Fracht dazurechnen, wodurch sich die Preis-
differenz wesentlich verringert. Die Ruhrkohle ist überzeugt, daß es
in kürzester Zeit einen Kohleweltmarktpreis geben wird, ähnlich den
Ölpreisen, auch wird es dann einen Spotmarkt für sofortige Kohle
geben, der wesentlich höher sein wird als der Listenpreis. Gaskoks er-
klärt, daß es jährlich jetzt um 200.000 mehr Ruhrkohle beziehen möchte,
um dann letzten Endes bei einer Gesamtmenge von 1 Mio. t zu verbleiben.
Gaskoks möchte für die Zement-, Glas-, Papier- und Magnesitindustrie Koh-
le einführen. Gaskoks rechnet damit, daß die Polen nicht imstande sein
werden, die vereinbarten 2 Mio. 83 und 84 die 3 Mio. t Kohle zu liefern.
Ich selbst teile auch diese Meinung, doch lehne ich ganz entschieden
ab, die Formulierung von Freisinger zu akzeptieren, daß jetzt die Ruhr-
kohle für die Polen-Lieferung einspringen sollen. Dies würde bedeuten,
daß wir den Polen-Vertrag jetzt schon als nicht erfüllbar betrachten
und damit auch rein verhandlungstechnisch die Polen aus der Lieferver-
antwortung entlassen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Kohlenunterlagen, Importabschlüsse, der-
zeitige Lieferungen und Preise der einzelnen Länder und Firmen zusammen-
stellen und mit Polkarbon Sitzung vereinbaren.
Tagesprogramm, 10.2.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 75. Ministerratssitzung, 10.2.1981
58_0208_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)