Samstag, 14. März 1981
Den traditionellen Uttendorfer Josephimarkt, nicht, wie mir gesagt, 500
Jahre alt, aber immerhin 110 Jahre in einer 500 Jahre alten Marktgemein-
de, sollte ich unbedingt eröffnen. Der zuständige SPÖ-Nationalrat hatte
mich fast dazu genötigt. Da es mehrere Uttendorf in Österreich gibt,
wußte ich vorerst gar nicht, wo dies genau liegt. Dieser Markt ist eine
typische Standlveranstaltung, die sich über die ganze Landstraße er-
streckt und daher vor allem auslöst, daß der Verkehr dort umgeleitet
werden muß. Samstag Vormittag war gar nichts los, mittags dann bei der
Eröffnung ein paar 100 Leute. Los geht es erst am späten Nachmittag,
dann aber Sonntag bis Montag Früh, wie mich der Gendarm aufklärte.
Bürgermeister aus der ganzen Umgebung waren gekommen, selbst aus Brau-
nau. Mit diesen besprach ich, ob die Aussprache mit Wienerwald-Hendl,
Jahn, bezüglich eines Hotelneubaus erfolgreich war, Braunau hat nichts
mehr davon gehört, da es sich scheinbar nicht für Jahn rentiert.
Aus Braunau ist sogar noch ein akademischer Maler, Stachl, gekommen,
der nicht nur mich porträtierte, sondern auch im Wirtshaus typische
Innviertler sofort auf seinem Notizblock festhielt. Satzinger kennt
ihn genau und meint, es wäre für die Innviertler eine große Anerkennung
und insbesondere für Stachl selbst, wenn er den Professorentitel bekommen
könnte.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER; Kläre mit dem Büro Sinowatz, ob dies möglich
ist.
Als Vorredner vor meiner offiziellen Eröffnung haben Agrarlandesrat
Hofinger und Wirtschaftslandesrat Leibenfrost gesprochen. Verständlich,
daß die Innviertler Genossen, Landtagsabgeordneten und Vizebürgermeister
nicht wünschten, daß ein ÖVP-ler die Eröffnung bei diesem besonderen
Jubiläum hält. Sie waren aber in Wirklichkeit sehr positiv überrascht,
daß ich überhaupt gekommen bin. Die Aussprache mit den Ausstellern
während meines Durchganges bestätigte mir, daß bis jetzt die Investi-
tionslust insbesondere auf dem Landmaschinensektor und Traktorensektor
der Landwirtschaft sehr zurückhaltend ist. Außer den üblichen Belusti-
gungen und Haushaltsgeräten wurden ähnlich wie auf einem italienischen
Markt insbesondere Textilien angeboten. Überhaupt fühlte man sich
dort auf einem kleinen italienischen Markt versetzt.
Die Ballveranstaltung der SPÖ-Landstraße bei Hübner war sehr gut be-
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sucht. Von der Wiener Organisation war Minister Lanc als offizieller
Vertreter geschickt worden. Dem sein Sekretariat hatte ihm nur die
Eröffnungszeit angegeben, dies war aber die Einlaßzeit. Eröffnet wurde
der Ball erst, wie immer üblich, von mir um 9 Uhr, zu diesem Zeitpunkt
war die Kapelle auch erst komplett, weshalb Lanc sehr lang warten mußte,
was ihn eigentlich verhältnismäßig wenig gestört hat. Da ich ja bei
dem Einlaß stets die Gäste persönlich begrüße und jeder Dame die
Damenspende überreiche, diesmal waren es 3 herrliche Orchideen, die
wir für 8,50 S äußerst preisgünstig bekamen, mußte NR Heindl den Haus-
herrn im Saal spielen. Vizekanzler a.D. Häuser, unser Bezirks,ARBÖ-Ob-
mann, war mit einer Gruppe von ihm auch erschienen, ich nützte die
Gelegenheit, um mit ihm die Sozialversicherungsproblematik zu besprechen.
Häuser mischt sich zwar in der Öffentlichkeit überhaupt nicht drein,
hat aber an Kreisky, Benya, Dallinger seine Ideen über die zukünftige
Sozialversicherungspolitik brieflich festgehalten. Er stand seit eh
und je auf dem Standpunkt, wie er mir versicherte, daß nur eine Partner-
schaftslösung für das Witwerproblem infrage kommt, auch wenn sich
die sozialistischen Frauen und die Gewerkschaftsfrauen dagegen ausspre-
chen. Da sowohl der Sozialminister Dallinger als auch Frauenreferentin
Metzger von der Privatangestelltengewerkschaft kommen, werden sie
wohl dieses Problem nicht zuletzt auch gewerkschaftsintern gemeinsam
bewältigen müssen. Häuser hat rechnungsmäßig, wie er mir versicherte,
festgehalten, daß eine andere aufkommensneutrale Lösung nicht möglich
ist. Nur bei der Partnerschaftslösung mit gleichzeitiger Kürzung der
kleineren zweiten Rente kann eine aufkommensneutrale Lösung gefunden
werden.
Sonntag, 15. März 1981
Nach der Wiener Messe, der Uttendorfer Großveranstaltung mußte ich, nicht
zuletzt, weil Staatssekretär Beil bei seinem letzten Wiener Besuch mir
dies sehr dezidiert nahelegte, auch die Leipziger Messe besuchen. Zum
Glück war die Vöest-Alpine imstande bis zu diesem Zeitpunkt ihr 9000
Seiten umfassendes Vertragswerk wegen des Eisenhüttenwerkes fertigzu-
stellen. Als offizielle Begründung, wenn daher irgend ein anderer Ost-
staat an mich herantritt, daß auch ich endlich einmal ihre Messe besu-
chen soll, hätte ich also einen sehr guten Vorwand abzulehnen. Ein so
großes, 12,6 Mrd. umfassendes Vertragswerk ist exzeptionell, eine Ausnah-
me, um tatsächlich dort hinzufahren, um bei der Vertragsunterzeichnung
beizuwohnen. Beim Durchgang der Staatsführung, an der Spitze mit Vor-
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sitzenden des Staatsrates Honecker, habe ich ihn in dem Besprechungs-
saal, wie ich dies bezeichne, der Vöest-Alpine eingeladen und er ist
selbstverständlich reingekommen. Schon vor 2 Jahren ist mir dies gelun-
gen, obwohl damals das Protokoll erklärt hat, er hat keine Zeit, er
wird sich sicherlich nicht niedersetzen. Soviele Minister sind aber auch
bei der Leipziger Messe nicht anwesend, daß er einem solchen Wunsch ei-
nes österreichischen Ministers aus Präjudizgründen nicht nachkommen
würde. In Wirklichkeit war nur eine hochgradige sowjetische Delegation
im Sowjetpavillion, dort hatte er sich scheinbar aber auch stundenlang
aufgehalten, denn niemand konnte rein, selbst mir wurde der Zutritt ver-
wehrt, obwohl sich der österreichische Botschafter sehr bemühte und
nachher sehr empört war, daß dies nicht gelungen ist. Für mich war es
eigentlich selbstverständlich, denn die kleinen Türlschnapper haben
dort einen fixen Auftrag und können sicherlich kaum eine Ausnahme ma-
chen.
Der angolesische Wirtschaftsminister Ribeiro, der ebenfalls zur Leip-
ziger Messe gekommen war und dann anschließend Österreich besucht, hat
mir sozusagen als Vorbesprechung seine Intentionen für das Vöest-Alpine-
Projekt erklärt. In Angola wird im Süden des Landes viel investiert,
im Norden soll jetzt ein großes Eisenprojekt entstehen. Die Vöest-Alpine
hat über die Austro Mineral feasibility studies vorgelegt, die die
Angolaner sehr befriedigen. Da Angola 8 Mio. t Rohöl produziert, 1 Mio.
nur selbst braucht, gibt es dort Exportmöglichkeiten. Die ÖMV hat sich
bis jetzt nicht besonders dafür interessiert, wird aber, wie ich ihm ver-
sichern konnte, jetzt Gespräche mit ihm aufnehmen. Wichtig war, daß auch
bei einer Aussprache dann mit der Vöest-Alpine festgehalten wurde, daß
er mit der österreichischen Kontrollbank entsprechende Gespräche führen
wird.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Haschek oder Castellez, österr. Kontroll-
bank, verbinden.
Zuerst soll in Angola die Vöest-Alpine den Eisenerzbergbau, der größ-
tenteils schon mit Infrastruktur ausgestattet ist, besser erschließen.
Das Ziel sind 2 Mio. t Pellets. Davon sollen dann für 500.000 t Eisen-
schwamm für die Inlandsproduktion erzeugt werden, der Rest von Pellets
würde exportiert. Gas ist offshore vorhanden, eine Direktreduktion
möglich, der Hafen muß entsprechend ausgebaut werden.
Die anderen österreichischen Firmen habe ich alle weitestgehend auch
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besucht, u.a. auch die Fa. Kohlbrat aus Radstadt. Die Besitzerin Frau
Bunz war das zweite Mal auf der Leipziger Messe, sie hat im vergangenen
Jahr für 6 1/2 Mio. S, ohne Kompensation nehmen zu müssen, Winden und
Sägen verkaufen können. Unser Handelsdelegierter Wratschko führt dies
auf den großen Windbruch, der unaufgearbeitet ist, in der DDR zurück.
Mit den großen Holzbringungsmaschinen kann man dort nicht arbeiten, wes-
halb, wie er mit Recht glaubt, eine vorübergehende Lieferung möglich
war. Diese Kleinsägen, für die sich natürlich alle Besucher sehr interes-
sieren, der Stand war daher ständig umlagert, bestünde ein ungeheurer
Bedarf in der DDR. Ich hoffe, daß es Frau Bunz gelingen wird, recht
viel dort auch in Zukunft zu verkaufen. Angeblich hat die AK der Aus-
zeichnung zur Führung des Staatswappens schon zugestimmt, die HK wird
in der nächsten Zeit positiv entscheiden, ich wurde ersucht, dann in
Radstadt die Auszeichnung dann persönlich durchzuführen. Ich habe nichts
zugesagt, außer daß ich bereit bin, falls ich dort einmal in der
Nähe zu tun habe.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Stimmt dies tatsächlich mit der Auszeichnung.
Der österreichische Botschafter in Berlin, Waiser, der jetzt nach 3
Jahre schon zurückgerufen wird, hat mit Dr. Mittag eine Aussprache, um
für die nächsten 10 Jahre die Liefermöglichkeiten für Spital- und Hotel-
neubauten in die DDR usw. Mittag vorzuschlagen. Auch der Hafenausbau
in Rostock, der früher oder später einmal kommen muß, sowie die Elektri-
fizierung der Bahn dorthin wurde von ihm erwähnt. Mittag sei an allen
Anboten sehr interessiert, hat sich aber nicht konkret geäußert.
Bei der Reinfahrt in die Stadt vom Flughafen kamen wir am neuen von den
Japanern errichteten Hotel Merkur vorüber. GD Maier meinte, jetzt wird
in Leipzig kein neues Hotel mehr gebaut, nur während der Messewoche
ist Leipzig überfüllt, sonst überlegt man sogar eine Kongreßstadt aus
Leipzig zu machen, um die Hotels und vor allem Gaststätteneinrichtungen
außerhalb der Messezeit einigermaßen zu füllen. Früher, meinte er, seien
überhaupt nicht so viele Hotels und Neubauten notwendig gewesen, weil
die Leipziger ihre Privatzimmer zur Verfügung gestellt haben. Heute
arbeiten beide und die Jungen denken nicht mehr daran, sich diesen Ne-
benverdienst zu sichern. In Wirklichkeit bin ich fest davon überzeugt,
könnte man sofort, wenn die Fremdwährung den Leipzigern bliebe, eine
größere Anzahl von Unterkunftsquartieren während der Leizpiger Messe
bekommen. Hier erinnere ich mich immer, wie bei uns Anfang der 50-er
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Jahre, als der Fremdenverkehr zu laufen begonnen hat, die schlampige
Lösung, Verpflichtung der Hoteliers und Pensionen, aber auch der Privat-
zimmervermietung, die Devisen abzuführen, was nur teilweise oder oft
gar nicht geschah, sondern dieser Devisenerlös dann dazu benützt wurde,
um im Ausland Waren einzukaufen, die man im Inland nicht bekommen hat.
Diese schlampige Lösung hat aber dann wesentlich dazu beigetragen, daß
unser Fremdenverkehr viel investierte und sich alle sehr anstrengten,
den Gast unter allen Umständen zu befriedigen, um ihm zur Wiederkehr
zu veranlassen. Ein solches System ist allerdings in der DDR zuminde-
stens bis jetzt unvorstellbar.
Außer dem großen Stahlvertrag wurden dann auch noch von dem österreichi-
schen Exporteur Krause & Co die Konsumgüterexporte, Textilien, Beklei-
dung, Schuhe unterschrieben. Herr Fuchs meinte mir gegenüber, im Trend
könne man ja alles jetzt über seine Tätigkeit lesen. Diese Bemerkung
machte auch dann der für die Investitionsgüter zuständige Hatschek der
zweiten Firma. Überrascht war ich, daß Staatssekretär Beil sich über
den Trend-Artikel überhaupt nicht aufregt. Man hätte ihn mit großen
Interesse gelesen, ziehe daraus keinerlei Konsequenzen, auf die Behaup-
tung von Trend, daß damit die Kommunistische Partei Österreichs finan-
ziert wird, ging er natürlich gar nicht ein.
Eine Aussprache mit Beil dann brachte in kleinerem Rahmen auch keine
neuen Erkenntisse. Die DDR wird ihre Politik fortsetzen, nur beim Raus-
gehen bemerkte Beil dann unter vier Augen zu mir, ich sollte Herrn
Bundeskanzler Kreisky ausrichten, daß sein Wunsch mit großem Interesse,
wie er mir sagte, geprüft wird. Kreisky hatte mir seinerzeit angedeutet,
daß er sehr interessiert wäre, auch DDR-Firmen in die Steiermark zu
bringen. Da dies eine ganz neue Politik der DDR ist, muß dies Honecker
nicht nur vorgetragen, sondern auch dort wahrscheinlich äußerst kompli-
ziert, zuerst mit allen Stellen abgesprochen und letzten Endes von
Honecker auch sanktioniert werden.
Bei der Pressekonferenz mit den österreichischen Journalisten, zuerst
im Vöest-Pavillon, haben Apfalter und auch ich über die einzelnen Projek-
te und Ideen sehr freimütig Auskunft gegeben. Bei dem offiziellen Presse-
und Fernsehinterview, wo nur Horn von der KP-Presse zugelassen wurde,
hat das österreichische Fernsehen versucht, Beil insoferne, wie man so
sagen will, zu fangen, unbedingt wollte der Redakteur wissen, ob die
DDR sich jetzt von der BRD wegwendet, Österreich zu, seine Frage
gipfelte immer in Feststellungen wie, was ist der Grund, daß jetzt ge-
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gen die BRD in einzelnen Projekten entschieden wird, für Österreich,
wie zum Beispiel bei Eisenhüttenstadt. Es ist ja bekannt, daß sich
um dieses Großprojekt auch Krupp besonders interessierte. Beil konterte
in jedem Fall immer, die DDR macht nicht Politik gegen jemand, sondern
nur mit jemandem. Da die Frage der Kompensation bei all diesen Pressege-
sprächen immer wieder auftauchte, war die offizielle Sprachregelung,
der ich mich natürlich sofort angeschlossen habe, sowohl von GD Apfalter
als auch Staatssekretär Beil, daß dieses Stadium für die Vöest-Alpine
längst vorüber ist. Jetzt geht es um großzügigsten Austausch zwischen
Projekten und Erfahrungen am DDR-Markt, aber auch insbesondere auf Dritt-
länder. Tatsächlich hat ja die Vöest-Alpine derartig viele Aufträge in
dem letzten Jahrzehnt mit der DDR abgewickelt, daß man wirklich nicht
mehr von Kompensation sprechen kann. Die Zeit, wo die Vöest Ein- und
Verkaufsgesellschaft Intertrading für den österreichischen Markt noch
Handtücher und Anzüge übernehmen mußte, ist wirklich längst vorüber,
auch hier hat allerdings Intertrading auf Drittmärkten wie z.B. nach
Amerika DDR-Anzüge tatsächlich exportiert.
Da die Vöest-Alpine ein Chartermaschine von Austrian Airlines, die
unter der Woche im Inlandverkehr eingesetzt ist, für Leipzig gemietet
hat, wurde auch eine 11-köpfinge Journalistendelegation nach Leipzig
mitgenommen. Im Flugzeug konnte man sich allerdings kaum unterhalten,
denn ich bin bis jetzt noch in keiner so lauten Maschine jemals geflo-
gen. Selbst die Hubschrauber sind nicht so laut. Ich bin sehr gespannt,
was die einzelnen Zeitungen aus dieser Kurzvisite machen werden. Da
wir am Leipziger Flughafen ein wenig warten mußten, meinten die Redakteu-
re, die zu unserem Pressefrühstück kommen, wir könnten das Pressefrüh-
stück von Montag gleich jetzt am Sonntag-Abend abwickeln.
Tagesprogramm, 14.3.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 15.3.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)