Freitag, der 12. Juni 1981

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Freitag, 12. Juni 1981

GD Wolfsberger von Siemens hat eine streng vertrauliche Kostenrech-
nung wegen der Landstraßer Umsiedlung respektive Vergrößerung. Siemens
will auf alle Fälle auf der Landstraße die Entwicklung, Nebenbetriebe,
mit einem Wort die Angestelltenabteilung, belassen. Die Telefonie, 80 %
mit 1.500 Beschäftigten, und die Elektronik, 20 % mit ca. 500 Beschäf-
tigten, müssen aber ausgesiedelt werden. In die Siemensstraße wäre es
am billigsten, 588 Mio., wird aber nicht angestrebt. Unkosten wären
gleich Null, weil Siemens-Vorgänger im vorigen Jahrhundert dort ganz
große Grundflächen erworben haben. Die Absiedlung der Kfz-Bundesheer-
werkstätte vom Arsenal würde 580 Mio. S, die Ersatzkaserne und daher
das ganze Projekt über eine Mrd. 260 Mio. kosten. Als dritte und strengst
vertrauliche Variation will Stadtrat Mayr jetzt zum abgesiedelten
Philips-Werk, ehemals Horny, mit Jahresende mit der neuen Videoproduktion
ausgezogen ist, für 150 Mio. und zusätzlich die Schlachthausgründe mit
250 Mio. mit Siemens handelseinig werden. Die 72.000 m², die dann zur
Verfügung stehen würden, wären genügend.

Wolfsberger informiert mich auch über die Einvernahme durch Unter-
suchungsrichter Partik-Pablé. Diese fragte ihn direkt, was Siemens
dafür gezahlt hat, daß er jetzt bei der Digitaltelefonieumstellung,
wo ein Vorsprung von Kanadientelefonie, vertreten durch Kapsch und
Schrack, von dem technischen Komitee festgestellt wurde, jetzt trotz-
dem bei der Aufteilung berücksichtigt werden soll. Siemens behauptet
jetzt, bereits die bisherigen Vorteile von den Kanadiern überrundet zu
haben, weshalb die gebietsmäßige Aufteilung zwischen diesen beiden
Konkurrenten vertreten ist und daher auch in der Regierung so besprochen
wurde, ohne daß dafür Schmiergeld bezahlt werden mußte.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Wie ist der letzte Stand?

Zu den Abschlußbesprechungen des Staatsbesuches Ceausescu ist dieser
wieder mit der vollen Delegation erschienen, wenn ich nicht durch Zufall
mir das Programm angesehen hätte, wäre ich zur Schlußbesprechung, wo ich
nicht eingeladen war, gar nicht hingegangen und Kirchschläger wäre mit
Außenminister Pahr und drei Präsidentschaftskanzleibeamten allein dort-
gesessen. Das Abschlußgespräch war sehr mühsam, da keine Substanz mehr
vorlag, ich berichtete, weil Kirchschläger mich aufforderte, über die
Gespräche mit Avram insbesondere, daß das Verkehrsministerium wegen einer
Kooperation auf der Donau die entsprechenden Einladungen jetzt von der


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rumänischen Seite erwartet. Den Vorsitzenden der rumänisch-österr.
Gemischten Kommission, Avram, tut es ungeheuer gut, wenn sozusagen immer
berichtet wird, was er alles mit den Österreichern bespricht und wie
wir hier durch gemeinsame Protokolle, Grundsatzerklärungen u.s.w. weiter-
kommen.

Anschließend wurde ein dreijähriges Kulturabkommen zwischen den beiden
Außenministern unterfertigt, was schon mit der Prager-Ausstellung jetzt
in Wien eröffnet wurde. Kirchschläger und Pahr erörterte ich dann humor-
voll den Unterschied zwischen dem Außenministerium und dem Handelsmini-
sterium, ich habe zwar auch mein Rahmenprotokoll, aber immerhin mit
doch ein paar konkreteren Projekten unterfertigt, da war niemand dabei.
Der Außenminister unterschreibt was, und schon ist das Fernsehen, die
Presse und sogar die beiden Präsidenten anwesend. Wäre von vornherein
die Teilnahme an der Schlußsitzung von mir festgestanden, hätte ich
zweckmäßigerweise auch das Protokoll mit Avram bei dieser Gelegenheit
unterfertigen sollen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächstes Mal den Staatsbesuch vorher mit
mir durchbesprechen.

Bei der Schlußsitzung mit dem albanischen Außenhandelsminister Hoxha
stand mehr Zeit zu Verfügung, weshalb ich die österr. Delegationsmit-
glieder fragte, ob sie irgendwelche Bemerkungen hätten. Dies nützte
der Bundeskammer-Vertreter Marboe, um über die doch sehr langwierigen
Verhandlungen über die Warenlisten zu berichten. Der Vertreter des
Verstaatlichungsministeriums, MR Beelitz, berichtet dann ellenlang über
den Wunsch der österr. kupferverarbeitenden Industrie, Blister-Kupfer
aus Albanien zu importieren. Der Außenhandelsminister erklärte dezi-
diert, diese Phase ist vorüber, es gibt nur mehr verarbeitetes Kupfer.
Dabei hätte Österreich aber gewisse Priorität. Bezüglich der Liefer-
wünsche von österr. verstaatlichter Industrie wurde einmal mehr be-
kräftigt, daß Albanien nicht auf Kredit kauft, für Importprodukte
erwartet und setzt es auch durch. Albanien steht seine Kompensation.

Die Unterzeichnung des Protokolls war ein formeller Akt, da Albanien
das einzige Land ist, wo wir jetzt noch Warenlisten vereinbaren, er-
innern mich diese Verträge immer noch an die unmittelbare Nachkriegs-
zeit, wo vor allem mit den Staatshandelsländern wochen-, manchmal sogar
monatelange Sitzungen über diese Warenlisten abgehalten wurden. Schon


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damals hatten sie eigentlich mehr integrativen Charakter, zumindestens
von unserer Seite. Jetzt stellt sich ja überhaupt heraus, daß diese
Warenlisten weitestgehend zwecklos sind. Wenn die Albaner was brauchen,
kaufen sie es, ob es in der Warenliste steht oder nicht. Und wenn wir
von Albanien was bekommen können, so ist es ja auch ganz uninteressant,
welche Menge in der Warenliste drinnensteht. Vielleiche gilt dieses
System noch einigermaßen bei den landwirtschaftlichen Produkten, sonst
aber sicherlich kaum. Blisterkupfer z.B. war bis jetzt stets in den
Warenlisten und wir haben es kaum bekommen. Jetzt waren die Albaner
nicht mehr bereit, es überhaupt in die Listen aufzunehmen.

Der albanische Botschafter hatte vorerst die Absicht, nur einen Empfang
in seiner Botschaft zu geben, dann entschloß er sich aber, doch in
Schwarzenberg ein Mittagessen zu arrangieren. An seiner Stelle hätte
ich dies allerdings nicht gemacht und dadurch wesentliche Kosten ge-
spart. Beim Mittagessen erzählte er mir dann, daß zwei tiranische
Universitätsprofessoren jetzt im Juni nach Österreich kommen sollten, um
die Studienordnungen in Wien zu studieren. Das Wissenschaftsministerium
hat jetzt eine Verschiebung auf September vorgeschlagen, was für die
Albaner fast unakzeptabel ist. Ich habe versprochen, mit Wissenschafts-
minister Firnberg darüber zu sprechen. Im Parlament habe ich Firnberg
dann ersucht, sie sollte doch prüfen, ob nicht eine Abwicklung des
Besuches jetzt schon möglich ist. Dies hat sie auch sofort zugesagt.
Anfangs nächster Woche wird der albanische Botschafter mit dem Wissen-
schaftsministerium die Gespräche darüber führen.

Beim Jour fixe mit der AK und ÖGB wurde von der AK, Knittler, das leidige
Problem der allgemeinen Geschäftsbedingungen wieder angeschnitten. Die
AK hat festgestellt, daß ein Immobilienmakler 40.000,-- S Gebühr ver-
langt hat, obwohl nur 27.000,-- berechtigt wären. Verbotene Bedingungen
sind kleingedruckt noch immer bei einzelnen Firmen festzustellen. Wegen
der Immobilienmakler, aber auch der Kreditvermittler und ähnlicher
Branchen sollten jetzt alle Geschäftsbedingungen irgendwo registriert
werden, damit die AK die Möglichkeit hat, die Gesetzmäßigkeit zu über-
prüfen. Dafür käme nur das Handelsministerium in Frage, welches event.
die administrative Arbeit dann dem Verein für Konsumenteninformation
übertragen könnte. Dies ist vor allem der Wunsche von Dr. Koppe. Über
diese eine Forderung gibt es noch den strittigen Punkt über Energieein-
sparmaßnahmen Art. 15 a Vertrag, und vor allem, daß die AK bei einem


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Gewerberechtsstraffall über den Ausgang auch verständigt wird. Manch-
mal ist die AK Anzeiger und erfährt überhaupt nicht, was dann letzten
Endes dabei herausgekommen ist. Da Jagoda mit all diesen Punkten jetzt
in die Begutachtung gehen möchte, schlug ich ihm doch vor, wir sollten
vorher noch eine Aussprache mit der HK durchführen.

Die Frage der §-68-Staatswappen für Mineralölfirmen Esso und Shell
wird zurückgestellt, weil die AK sich doch noch überlegt, ob entweder
alle oder gar keine diese Auszeichnung führen sollten. Ich kann mir
nicht vorstellen, daß man den Ölfirmen verweigert, was man anderen
ohne weiteres gegeben hat.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Versuch zu ergründen, was der wirkliche Ableh-
nungsgrund ist.

Die Fa. Mewa Habsburg hat die Absicht, ihre Maschinen der Textilhandels-
gesellschaft zu übertragen. Diese Muttergesellschaft wird dann die
Maschinen wieder an die Mewa verleihen, dadurch würden steuerliche Vor-
teile entstehen. Mit Recht kritisiert die AK dann aber, daß ein Staats-
wappen für eine Verleihfirma nicht sehr zweckmäßig ist.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bei Habsburg gibt es einen Genossen, der dich
informieren kann.

Bezüglich der Mineralproduktpreiserhöhung meint Dr. Zöllner, AK, wir
sollten jetzt sofort die Preiserhöhung durchführen. Nach den franz.
Wahlen wird die DM aufgewertet, der Schilling wird nachziehen, und in
diesem Zeitpunkt sei dann eine Preiserhöhung noch weniger zu begründen.
Da gar nicht von vornherein feststeht, wie sich die Situation nach den
franz. Wahlen wirtschaftlich wirklich entwickelt, sehe ich keinen Grund,
eine solche Spekulation durchzuführen. Ich vertrete eher die Meinung,
was der deutsche und der Schweizer Preis jetzt um ca. 40 Groschen für
Super höher liegt, und daß wir daher eine gewisse Nachziehung mit Ferien-
beginn durchziehen sollten. Da die Verhandlungen sicherlich zwei Wochen
dauern werden, die AK bestreitet die Angaben der Ölwirtschaft bezüglich
der Verbraucherpreise in diesen beiden Ländern, sehe ich die nächste
Preiserhöhung ungefähr anfangs Juli.

Bezüglich des Wunsches der Niederösterreicher und Wiener Elektrizitäts-
unternehmungen, wegen der erhöhten Gas- u. Ölpreise mit 1. Juli eine weitere


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Zwischenrunde zu genehmigen, einigen wir uns auf die in Aussicht ge-
nommenen ca. 5 %. MR Dr. Burian, der anwesend ist, wird versuchen diese
Lösung einvernehmlich in der Preiskommission durchzubringen.

Bezüglich der forstschädlichen Luftverunreinigung stellt AK und ÖGB
fest, daß das Handelsministerium unter allen Umständen die Interessen
des weiteren Ausbaues der österr. Industrie wahren muß, und daher diesen
illusionistischen Verordnungen nicht zustimmen darf. Die AK und ÖGB
verweisen bereits jetzt darauf, daß die Dampfkesselverordnung, die aber
im Parlament mit den sozialistischen und FPÖ-Stimmen beschlossen wurde,
ein ungeheures Handikap für die Industrie darstellt.

Bezüglich der Einbeziehung von Wild in das Viehwirtschaftsgesetz wird
von AK und ÖGB festgehalten, daß sie zwischen den Streit HK und Land-
wirtschaftsministerium primär nicht berührt sind. Die von der HK vor-
geschlagene Kontrolle könnte akzeptiert werden, wenn Gen.Sekr. Kehrer
sich mit Landwirtschaftsminister Haiden darüber einigt.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Nächstes Jour fixe HK setzen.

Bezüglich der Sauna-Baukostenzuschüsse ist die AK nicht bereit, initia-
tiv zu werden, wenn die HK für die Aufrechterhaltung der Saunaimporte
etwas unternehmen will, dann muß sie initiativ werden, damit die Bau-
kostenzuschüsse wie sie jetzt beschlossen wurden, neuerdings geändert
werden sollen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jour fixe HK setzen.

Der Energieweg für die 80er-Jahre von Prof. Jansen, TU Wien, wird von
AK und ÖGB unterstützt.

Bezüglich des Einbaues der erhöhten Lagerkostenzinsen usw. in die Ge-
treidepreisverhandlungen hat die AK zwar die Befürchtung, daß dadurch
der Mehl- u. Brotpreis stark belastet wird, gibt aber zu, daß unter gar
keinen Umständen eine Verrechnung über einen Fonds oder gar durch das
Budget erfolgen soll.

Im Plenum vom Parlament wurde über das neue Mediengesetz, welches dann
letzten Endes nur mit den Stimmen der SPÖ und FPÖ beschlossen wurde,
hart gestritten. Angeblich war die ÖVP, oder ein großer Teil davon, immer


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bereit, nicht nur auf Konsens zu verhandeln, was ja letzten Endes
auch geschehen ist, sondern sogar zuzustimmen. Der ÖVP-Abg. Stein-
bauer
, einer der Radikalinski, hat dann aber doch im Klub durchsetzen
können, daß die ÖVP dagegen stimmt, und er natürlich dann dagegen
argumentiert. Zwischen FPÖ und ÖVP kam es daher zu einer nicht ganz
uninteressanten Auseinandersetzung. Viele sehen darin bereits eine
klar erkennbare Weichenstellung für eine kleine Koalition, wenn die
SPÖ die absolute Mehrheit bei den nächsten Wahlen verlieren sollte.
Ich selbst kann nur hoffen, daß dies nicht der Fall ist. Nicht nur die
Regierungsbildung würde dann entsprechend schwierig werden, noch
unmöglicher wäre es glaube ich, eine Langzeit-Regierungskoalition mit
der FPÖ zu bilden. Allerdings muß ich zugeben, daß die ÖVP jetzt ge-
rade auch nicht in einer sehr stabilen Verhandlungsposition ist.

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Tagesprogramm, 12.6.1981


Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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      Tätigkeit: MR HM


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        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: HM Albanien


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: AK


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: rum. Maschinenbauminister


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Staatpräs. Rumänien


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                      GND ID: 118723189


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: HK


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Beamter HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Abg. NR, ÖVP


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                              Tätigkeit: Gen.Sekr.


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                                Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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                                  Tätigkeit: TU Wien Energiepolitik


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                                    Tätigkeit: Richterin


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                                      Tätigkeit: GD Siemens Österreich


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                                        Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                          Tätigkeit: AK


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                                            Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                            GND ID: 11869104X


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