Samstag, 18., und Sonntag, 19. Juli 1981
Der ARBÖ hat eine Spar-Rallye durchgeführt, 14 ausländische Pkw wurden
ausgewählt, ich sollte mit einem Toyota fahren. Selbstverständlich habe
ich dies, insbesondere da es sich um eine japanische Marke handelt, ent-
schieden abgelehnt. Da ich andererseits immer bereit bin den ARBÖ zu
unterstützen, fiel mir ein mit dem benzinsparendsten Fahrzeug, einem
Moped der Steyr-Daimler-Puch, daran teilzunehmen. Vorschriftsmäßig aus-
gerüstet mit einem riesigen Sturzhelm, auf den ich sofort das ARBÖ-Zei-
chen draufpickte, war dies natürlich ein Gag, der allgemeine Beachtung
fand. Die Frau des Innenminister Lanc, für die Zweiradindustrie als
Pressesprecherin tätig, forderte ich auch auf, sie sollte doch ihre
Branche vertreten. Sie fühlte sich aber als große Autofahrerin berufen.
Pech, wie sie hatte, vergaß sie den Choke reinzustecken und hat als ein-
zige das Ziel wegen überhöhten Benzinverbrauch nicht erreicht. Der beste
Teilnehmer fuhr mit 4 Liter auf einem französischen Wagen über 100 km.
Auf dem Reifenprüfgelände von Semperit in Kottingbrunn fuhr ich mit
dem ORF-Reporter auf meinem Mopedsitz die letzten Runden und er machte
eine Reportage. Ich selbst bin dann in einem Semperittestwagen wie
irrsinnig über das Prüfungsgelände und über Stock und Stein mit dem
zuständigen Leiter des Prüffeldes gerast und machte wie seinerzeit bei
der Skiabfahrt jetzt auf diesem Prüfgelände für den ORF eine Reportage.
Allgemein wurde anerkannt, daß ich nicht nur für den Fremdenverkehr,
sondern auch für die österreichische Industrie bereit bin alles zu tun.
Der Generalsekretär des ARBÖ meinte spaßhalber, auf meine Honorarnoten
ist er schon neugierig, die er und vor allem die anderen alle für meinen
ständigen Einsatz bekommen werden. Am besten aber war Vecsei. Dieser
erschien in einem Mechanikerschlossergewand mit einer riesigen Auf-
schrift am Rücken, "Staris Formel", und dann kam das österreichische
Gütezeichen-A-Betreuerteam. Vor dem Start hatte Burian noch ein Inter-
view im Mittagsjournal über die Benzinpreisfrage organisiert. Die Lan-
deshauptleute resp. die dafür zuständigen Landesräte der vier Länder
Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten waren über die Delegierung nicht
glücklich. Nur LH Wallnöfer meinte, bevor er über die Benzinpreiserhöhung
mit den Ölfirmen verhandelt, müßte von diesen endlich das Fertiglager
in Tirol gleichzeitig auch von der ÖMV zugesagt werden. Der Kärntner
LH-Stv. Frühbauer wieder meinte, man müsse den gesamten Energiebereich,
also auch die Elektrizitätspreise dann den Ländern übertragen. In Vor-
arlberg hat sich insbesondere der Präsident der dortigen Handelskammer ,
des ÖAAB und Parteiobmann Mock's Stellvertreter Jäger, ganz entschieden
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gegen eine Delegierung gewehrt und meinte, der Landeshauptmann soll
auf alle Fälle ablehnen. Die sozialistischen Landesregierungsvertreter,
Frühbauer in Kärnten und Radlegger, der für die Preise zuständig ist,
in Salzburg, telefonierten mit mir und schlugen vor, wir sollten uns
Montag unbedingt ich mit allen Landesvertretern der vier Länder zusammen-
setzen, was ich sofort zusagte.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Zuerst mit Vranitzky, Länderbank, verbinden, dann
mit Wallnöfer, Keßler, Haslauer, Frühbauer.
Am Sonntag hat es auf der Hohen Wand derartig geschüttet, daß wir,
Dr. Kienzl und ich, nicht nur patschnaß wurden, sondern auch wirklich
nur Belangloses diskutieren konnten. Kienzl wird noch am Montag oder
Dienstag mit der Studie über das Wahlverhalten seit 1969, welches der
Jubiläumsfonds der Nationalbank bei der IFES in Auftrag gegeben hat,
zu mir kommen, um Details durchzubesprechen.
Mit Klubobmann Dr. Fischer und Dr. Kienzl konnte nur flüchtig disku-
tiert werden, wobei sich die beiden in der Problematik der Arbeitszeit-
verkürzung, fast würde ich sagen, theoretisch verbissen. Fischer, beraten
durch seinen Klubökonomen Ostleitner, vertritt allen Ernstes die Meinung,
es könnten die Arbeiter unter Lohnausgleichsverzicht gegebenenfalls akzep-
tieren die wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 38 Stunden zu senken.
Dadurch würde das vorhandene Arbeitspotential auf mehr ausgedehnt wer-
den und in Österreich könnte es zu keiner Arbeitslosigkeit kommen. Kienzl
vertrat dagegen mit Recht die Theorie, daß Brüning in der Zwischenkriegs-
zeit in Deutschland eine solche Politik versucht hat und kärglich daran
scheiterte. Der Ökonom Keynes hat deshalb auch genau die gegenteilige
Theorie vertreten, nicht Lohnkürzung, Einsparung, wie Brüning durchführte,
sondern Expansion des Budgets, Kaufkraftschaffung sei die einzige Mög-
lichkeit Arbeitslosigkeit zu besiegen. Hitler, der dann das keynesianische
System, ohne daß er es natürlich so nannte, einführte, hat bewiesen, daß
damit die Arbeitslosigkeit tatsächlich beseitigt werden kann. Zu welchem
politischen Zweck er dieses Defizit beendigen , nämlich Rüstungsaufbau
und damit Eroberungskrieg, wenn man so will, Keynes mißbrauchend durch-
führte, ist eine andere Frage.
Kienzl und Fischer einigten sich dann letzten Endes, und dies hatte ich
von allem Anfang an erklärt, daß die Arbeitszeitverkürzung kein ökono-
misches Problem, sondern ein rein sozialpolitisches ist. In Österreich
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haben wir derzeit noch Vollbeschäftigung, solange sich die Gewerkschaf-
ten so vernünftig verhalten, sehe ich auch gar keine unmittelbare Gefahr
für die Zukunft, trotzdem wird das Problem der Arbeitszeitverkürzung
schon allein durch die Ankündigung des Sozialministers Dallingers, vor
allem aber durch seine Einführung der 5. Mindesturlaubswoche, so bald
nicht von der Tagesordnung verschwinden. Daß diese Diskussion in der
Öffentlichkeit niemandem gut tut, steht sowieso für uns alle außer je-
der Diskussion. Dafür wußte niemand ein besseres Konzept als Kreisky
es selbst das letzte Mal bei seiner Pressekonferenz jetzt entschieden
hat. Die Arbeitszeitfrage war immer eine Angelegenheit der Sozialpartner
und soll es auch bleiben.
Tagesprogramm, 18.7.1981