Dienstag, 17. November 1981
Beim 9. Gewerkschaftstag des öffentlichen Dienstes war fast die ganze
Regierung vertreten. Bundeskanzler Kreisky bescheinigte den Beamten, daß
sie stets loyal und verständnisvoll dem österreichischen Staate und damit
der Bevölkerung dienen. Die Verhandlungen mit der Regierung werden sehr
hart geführt, gehen bis zum Äußersten, aber immer wieder wird ein für
beide Teile erträglicher Kompromiß gefunden. Bei der Begrüßung erhielt
der Klubobmann der ÖVP, Dr. Mock, natürlich demonstrativ den längsten
Applaus. Überrascht war ich, daß von den einzelnen Ministerien auch die
anwesenden Sektionschefs begrüßt wurden. Noch mehr überrascht war ich,
daß das Handelsministerium nicht vertreten war.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Kläre vorsichtig, ob wir und wer eingeladen gewe-
sen ist.
Mit Landwirtschaftsminister Haiden besprach ich die Möglichkeit des
Getreideexportes nach Jugoslawien. Die Österr. Draukraftwerke möchten
dem jugoslawischen Wunsch entsprechend für die 50.000 to Getreide Braun-
kohle importieren. Haiden ist mit einer solchen Vorgangsweise sofort
einverstanden, wahrscheinlich kann er den Polen nur 60.000 to liefern,
100.000 to in die DDR, die abgeschlossen werden sollen, hat der Importeur
Fritz Mauthner erklärt, werden kaum zu liefern sein, da er aber nie in die
DDR geliefert hat, glaube ich nicht, daß er dafür die kompetente Auskunft
geben kann. Da insgesamt 280.000 to Getreide nach dem Exportplan des GAF
exportiert werden sollen, besteht die Möglichkeit, auch mehr Weizen nach
Jugoslawien zu kompensieren.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Die OB soll feststellen, welche Kohlenmenge ge-
gebenenfalls gebraucht resp. zur Verfügung steht.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky über den Baugipfel berich-
tet, da die Ergebnisse gestern erst sehr spät abends erreicht werden
konnten, hat er die Maßnahmen jetzt als mündlichen Vortrag des Bundes-
kanzlers vom Finanzminister und ihm zusammenfassen lassen und dann auch
endgültig beschließen. Darin wird sogar als erster Punkt die Fremden-
verkehrswirtschaft erwähnt, die im Rahmen der ERP-Ersatzaktion, Zinsen-
stützungen für Kredite in der Höhe von 1 Mrd. S im Rahmen seines Budget-
überschreitungsgesetzes für das Jahr 1982 zur Verfügung stehen wird.
Salcher ersuchte, den Nebensatz "im Rahmen eines BÜG" zu streichen, weil
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er rein optisch nicht bereits jetzt, wo das Budget noch gar nicht im
Plenum beschlossen ist, schon ein BÜG ankündigen möchte.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte sofort mit Finanzministerium ak-
tenmäßig festlegen.
Kreisky erwähnte auch in der MRV die Eröffnung der Gewerkschaft Öffent-
licher Dienst und unterstrich, daß deren Verhalten über die Parteigren-
zen hinweg gegenüber der Regierung sehr loyal ist. Überleitend meinte er
dann, jetzt sei für ihn eine schwere Entscheidung bezüglich der Personal-
politik bei der Vöest-Alpine zu treffen. Auch hier möchte er mit Partei-
obmann Mock zu einer entsprechenden Vereinbarung kommen. Die ÖVP besteht
aber auf den vierten Vorstand, während der Betriebsrat der Vöest-Alpine,
aber auch das Management und vor allem auch, wie Kreisky sich ausdrückt,
im ÖGB den Dr. Koch, bis vor 4 Jahren ÖAAB-Mitglied, der ausgetreten ist,
als Finanzmann im Vorstand wollen. Klubobmann Fischer meinte, die Variante,
die im Kurier steht, Koch jetzt gleich und Elektronika , den die ÖVP
vorschlägt, Dr. Tschisch zu einem späteren Zeitpunkt. Dies wäre doch
sicher von der ÖVP lanciert, geht leider nicht. Mock lehnt dies ab,
Kreisky sagt, er muß jetzt vorsichtig operieren, den Neidkomplex der
anderen Arbeiter und der Betriebe, daß die Verstaatlichte eine Mrd. Sub-
vention bekommt, darf man nicht unterschätzen. Er möchte deshalb mit der
ÖVP in diesen Fragen, so wie sie auch der Länderbanksanierung zugestimmt
haben, zu einem Übereinkommen kommen.
Die AK Tirol hat ihnen ein Telegramm geschickt, wo sie schon darauf
hinweist, daß jetzt für die Sanierung der Textilbetriebe Jenny & Schind-
ler, Heerburger und Rhomberg, und Ganahl in Westösterreich unbedingt für
die 3.000 Beschäftigten etwas geschehen muß. Kreisky verweist darauf,
daß die Textil-Ost-Lösung eine Pleite war und man deshalb vorsichtig vorge-
hen muß. Aufklärungsbedürftig ist noch, wieso die CA, Dr. Treichl, vor
dieser Konstruktion noch Kammgarnfabrik-Aktien umgetauscht hat und damit
diesen Aktienbesitzern geholfen hat. Dallinger berichtet, daß man zuerst
angenommen hat, 5 Mio. S pro Monat, insgesamt also 15 Mio., zu je 1/3 von Bund,
Ländern und Bank getragen, eine Übergangslösung wäre, bis ein Gutachten
vorliegt, jetzt stellt sich heraus, daß man mindestens 50 Mio. braucht
für die 3000 Beschäftigten. LH Wallnöfer erklärt, dies sehr schwierig
nur aufbringen zu können, LH Keßler lehnt kategorisch ab. Auch die
Länderbank hat große Schwierigkeiten. Man überlegt deshalb, ob man nicht
das Insolvenzentgeltsicherungsgesetz heranziehen könnte. Dieses hat be-
reits 1,7 Mrd. 81 aufgewendet, die Einnahmen betragen nur 840 Mio,. näch-
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stes Jahr wird es deshalb Einnahmenerhöhungen geben müssen. Kreisky er-
sucht, es soll sofort eine Sitzung im BKA mit allen Ministern stattfinden,
wie dies auch bei den Eumig-Pleiten geschehen ist, dort sollen dann
die Landeshauptleute erklären, daß sie nicht wollen oder können. Kreisky
fragt auch mich, ohne daß er sagt, er möchte das schon entscheiden, wie
es jetzt mit dem Operationskalender bei der Energiewirtschaft weiter-
geht. SC Gatscha verweist darauf, daß ein Ministerratsbeschluß ja vor-
sieht, daß die einzelnen Ministerien entsprechend zu berichten haben,
welche Maßnahmen jetzt noch getroffen werden müssen. Ich erkläre sofort,
daß das ganze Maßnahmenpaket jetzt immer in den Energieberichten, von
allen Interessenvertretungen und den beteiligten Ministerien positiv
zugestimmt, und sogar der letzte vom Nationalrat einstimmig genehmigt
wurde, einfgenommen wird. Eine weiter Publizistik sollte unterbleiben,
die seinerzeit von der EVA geforderten Maßnahmen würden den Finanzmini-
ster sehr viel Geld kosten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Im Maßnahmenkatalog sollen auch die möglichen
Aufgaben der Ministerien zur Energieeinsparung aufgezählt werden. Eine
Außerkraftsetzung des Ministerratsbeschlusses muß man sich genau überlegen.
Die Nationalbank könnte, wie GD Kienzl berichtet, aus dem Jubiläumsfonds
500 Mio. S für die produktionsnahe Forschung der Industrie zur Verfügung
stellen. Kreisky meint, gleich 300 Mio. hat auch die Handelskammer im
Vorjahr aus dem AHF zur Verfügung gestellt, die man ev. auch auf 500
aufstocken könnte. 500 Mio. könnten für die Exportförderung der Klein- und
Mittelbetriebe zur Verfügung gestellt werden. Finanzminister Salcher
meint, daß die dafür in der österr. Nationalbank notwendigen Beschlüsse
bis jetzt nicht gefaßt wurden.
Die Bergarbeiter resp. einige Funktionäre haben sich bei Kreisky beklagt,
daß die Kohlevorkommen nicht mit entsprechender Sorgfalt untersucht
werden. Im Fohnsdorfer Gebiet gäbe es noch große Möglichkeiten. NR Kokail
meinte, man müsse 500 Mio. S zur Verfügung stellen, um Österreich eingehend
zu untersuchen. Ich verweise darauf, daß aus der Bergbauförderung, aber
auch aus sonstigen Budgetmitten vom Wissenschaftsministerium und Han-
delsministerium, das Lagerstättengesetz 46 vor ein paar Jahren von uns
aktiviert wurde und sehr wohl Untersuchungen heute überall stattfinden.
Die berechtigte Klage, daß der Kohlepreis für Inlandskohle tiefer liegt
als der ausländische Importpreis, ist teilweise richtig, und ich werde
mit der AK diesbezüglich Gespräche führen. Bezüglich der Maßnahmen, die
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aber zur Untersuchung des Bundesgebietes geführt haben, und was bis jetzt
für Ergebnisse herausgekommen sind, erkläre ich sofort, daß ich eine
Sitzung mit den Bergarbeitervertretern, den Direktionen der Kohlegesell-
schaften, dem Wissenschafts- und Finanzministerium persönlich einladen
werde. Firnberg unterstützt mich und erklärt sich auch bereit, zu diesem
Gespräch zu kommen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sofort feststellen, wer insbesondere bei
Kreisky sich beschwert hat, und sofort die Sitzung einberufen.
Bezüglich des Baus des Konferenzzentrums hat Arch. Staber jetzt berechnet,
daß 700 Mio. S, die durch Planung resp. Auftragsvergabe bereits teils be-
zahlt, teils bezahlt werden müssen, noch 1 Mrd. S Infrastruktur, also ins-
gesamt 1,7 Mrd. S, stehenbleiben würden. Kreisky meint, die Regierung
könne es sich nicht leisten, daß lauter große Trümmer unvollendet, AKH,
Kernkraftwerk, jetzt Konferenzzentrum übrigbleiben. Es wird notwendig
sein, daß man hier trachtet, zu einer für die Öffentlichkeit verständli-
chen Lösung zu kommen. Viel wird natürlich vom Volksbefragungsergebnis
der ÖVP abhängen. Kreisky schätzt, daß 15 % zur Wahl gehen werden, nach-
dem der Sonntag und der Montag ja nicht sehr gut gelaufen sind. Von der
Stimmenabgabe rechnet er mit 5 % Nein und 2/3 Ja. Ich glaube, daß dieses
Verhältnis mehr Jastimmen bringen wird, weil eben verhältnismäßig wenig
Leute zur Volksabstimmung gegangen sind.
Innenminister Lanc meint, es müßte jetzt regierungsmäßig geklärt werden,
was mit dem Messepalast geschieht. Salcher weist darauf hin, daß ursprün-
glich geplant war, diesen als Erweiterung des Kulturbereiches auszubauen.
Bautenminister Sekanina und der Dir. Stock von der Hofburg überlegen
jetzt eine alternative Lösung, dieses Kongreßzentrum im ersten Bezirk kann
aber kein Ersatz für das UNO-Kongreßzentrum sein.
Löschnak verweist darauf, daß jetzt Gen.Sekr. Schüssel ihm mitteilte, daß
Sallinger und Mühlbacher sich bezüglich der Klein- und Mittelbetriebe ein-
en Konsens gefunden hätten, und daß daher auch gewisse andere Forderungen
wahrscheinlich erfüllt werden. Salcher veweist darauf, daß auch die Bürges
eine entsprechende Erhöhung um 30 Mio. S pro Jahr bekommen wird. Kreisky
ist mit dieser Konsenspolitik sehr einverstanden, denn Meinungsumfragen
bestätigen immer wieder, daß die Bevölkerung eine Ruhe will, die Zusammen-
arbeit, und wir mit dieser Politik eben beweisen können, daß wir alles
dazu beitragen.
Dallinger berichtet dann, daß Mitte November eine Arbeitslosenziffer
von 85.113 gezählt wurde. Das sind um 25.000 mehr als im Vorjahr und
um 14.500 mehr als im Vormonat. Kreisky unterstreicht einmal mehr, wie
notwendig es war, den Bautengipfel abzuführen, und daß er hofft, daß die
Bauarbeiterarbeitslosigkeit eben nicht so stark steigt, als ursprünglich
befürchtet. Dallinger prophezeit, und dies ist mit Sicherheit anzunehmen,
daß wir sehr bald die 100.000-Arbeitslosen-Grenze überschreiten. Kreisky
meint, daß dies eine Ziffer ist, die auf die Bevölkerung entsprechend
wirkt. Ich verweise darauf, daß auch heuer im Jänner 105.000 Arbeitslose
gezählt wurden, und daß durch die damalige Besprechung mit der Bauwirt-
schaft und Vorziehen, insbesondere der westlichen Länder, von Aufträgen
dann auch die Arbeitslosigkeit wieder unter die 100.000-Grenze fiel.
Kreisky macht darauf aufmerksam, daß wir im Jänner deshalb eine Regie-
rungsklausur brauchen. Die nächsten Ministerräte werden besprochen, an-
stelle des Dienstag wird Mittwoch, den 25.11. im Parlament der Minister-
rat stattfinden. Der Ministerrat am 22. Dezember wird zwar nicht offi-
ziell abgesagt, aber es wird dann wahrscheinlich keiner abgehalten.
ANMERKUNG FÜR MARTIN. Bitte entsprechend vormerken.
Der irakische Botschafter geht jetzt nach Paris, er ist darüber sehr
unglücklich, obwohl ihm alle gratulieren und meinen, in Paris sei sehr
viel mehr los als in Wien. Austroplan hat bei mir noch interveniert
wegen einer Fittingfabrik. Ich habe ihm eine diesbezügliche Aktennotiz
übergeben. Ob er allerdings viel wird für Österreich machen, bezweifle
ich. Staatssekretär Albrecht hat sich, da sie ja durch seine Vermittlung
in Bagdad auch sehr gut betreut wurde, besonders herzlich von ihm ve-
rabschiedet. Was ihm den Abschiedsschmerz wahrscheinlich noch mehr ver-
größerte.
Ausländische Fremdenverkehrsjournalisten aus Dänemark, Belgien und
derlanden besuchten Wien, und der Betreuer Hofbauer von der ÖFVW ersuchte
mich, sie zu empfangen. Wir haben ihnen kurz die Wichtigkeit des öster-
reichischen Fremdenverkehrs erklärt, sehr interessiert waren sie aller-
dings nicht, weil sie anschließend gleich neuerdings ein Sightseeingpro-
gramm absolvieren wollten.
Auf der Landstraße habe ich zuerst mit den Bezirksräten, dann mit den
Sektionsleitern eine furchtbar lange Diskussion geführt. Die Preisstei-
gerungen, insbesondere bei Energie, regen natürlich unsere Mitglieder auch
entsprechend auf. Wenn ich in meinem Vortrag irgendetwas vergesse, kann
ich sicher sein, daß in der Diskussion sofort gefragt wird, warum dieses
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und jenes so und nicht anders entschieden wurde, resp. was ich zu die-
sem und jenem Problem sage. Hart kritisiert wurde aber insbesondere
das Startwohnungsprogramm von Staatssekretär Eypeltauer. Da diese Start-
wohnungen angeblich von Hausherren zum freien Mietzins dann vergeben wer-
den können, befürchtet man, daß diese Wohnungen sich niemand leisten wird
können.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie steht diese Frage innerparteilich?
Tagesprogramm, 17.11.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 109. Ministerratssitzung, 17.11.1981
62_1332_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)
Nachtrag TO Ministerratssitzung, 17.11.1981
hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)