Dienstag, 23. Februar 1982
Dir. Seefranz von Unilever ruft mich an und bespricht den Brief, den wir
von der Gewerkschaft der Lebensmittelarbeiter wegen Verkaufs der Firma
Bensdorf an den Deutschen Imhoff geschrieben haben, wo wir heftigst da-
gegen protestiert haben, daß man den Betriebsrat und die örtliche Gewerk-
schaft, ja nicht einmal aufgrund unserer guten Beziehungen die Zentrale
der Lebensmittelarbeitergewerkschaft verständigt hat. Er nimmt den Pro-
test zur Kenntnis und verspricht, daß sich dies ändern wird. Schuld ist
die Muttergesellschaft, der sofort das unmögliche Verhalten mitteilen
wird.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Blümel mitgeben.
Beim Jour fixe mit der HK teile ich Sallinger und Kehrer mit, daß zur
Bozener Messe Sts. Albrecht fahren wird. Der stellvertretende General-
sekretär Walkolbinger, der die österr. Unternehmerseite führen wird,
wird sich um sie – wie mir Sallinger versichert – besonders bemühen.
Die in den Golfstaaten und nach Saudi-Arabien fahrende Hoteldelegation
wird von KR Scheiner geleitet werden. Sallinger ist bereit, die notwendi-
gen finanziellen Unterstützungen zu geben. Hauptschwierigkeit wird, daß
Frau Klaus, die in der Hoteliervereinigung die Jungunternehmer führt, für
Saudi-Arabien ein Visum bekommt. Das Handelsministerium wird sich über die
saudi-arab. Botschaft in Österreich darum bemühen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie liegt der Fall?
Die HK nimmt zur Kenntnis, daß das HGI den Wunsch der Bauernvertreter
GATT-Volleipulverkonzession zu kündigen, nicht machen wird. Sallinger ist
damit einverstanden, da er jetzt bei den internen ÖVP-Marktordnungsgesprä-
chen große Schwierigkeiten gehabt hat, die Wünsche der Landwirtschaft auf
Haltungsbeschränkung wesentliche Senkung der Hühneranzahl, Ausdehnung der
Mastkälber auf gesamte Mastrinder schwierig abwehren konnte. Angeblich
hätte die Handelskammer gar nichts dagegen, wenn das Wirtschaftspaket
ausläuft, d.h. über die Verlängerung keine Einigung zwischen ÖVP und SPÖ
zustande käme. Bezüglich des Preisgesetzes, anstelle der Verlängerung ein
neues nach dem Rute-im-Fenster-System, erklärt Kehrer, daß hier kaum eine
Chance besteht, positive Verhandlungen führen zu können. Die HK wird sich
aber auch zur Preisgesetznovelle sehr negativ äußern, selbst die Sanierung
des kalkulatorischen Preisausgleiches lehnt sie ganz entschieden ab.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jour fixe AK setzen.
Kehrer urgiert neuerdings, daß die Würfel- und Staubzuckerpreisregelung
10 % Anteil nur bis zum Fabrikabgabepreis geregelt wird, d.h. die Letzt-
verbraucherpreise der Preiskommission nicht mehr festgesetzt werden sollen
Darüber hat es bei der letzten Präsidentenbesprechung zwischen Sallinger,
Lehner, Benya, Czettel einvernehmen gegeben.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Versuche vorsichtig die Stellungnahme MR Kurzels zu
erfahren.
In der Diskussion über die Aussprache mit den jugosl. Wirtschaftskammer-
präsidenten mit Sallinger sowie dann insbesondere e. Besuches bei mir,
wo die 35 Zollpositionen erstmals in Deutsch uns mitgeteilt wurde, rät
die HK zur größten Vorsicht. Wie zu erwarten haben sie ihrer Diskussion
mit den jugosl. Präsidenten zwar im Prinzip erklärt, daß man über alles
reden kann, aber keinerlei Zugeständnisse gemacht. Ihr Argument war, das
muß man im Handelsministerium besprechen. Auch intern sind sie nicht be-
reit wirklich irgendwelche größeren Zollzugeständnisse zu akzeptieren.
Ich gebe zu, sie haben mich schwer jetzt mit ihren Fachverbänden eine
Lösung zu finden. Doch habe ich Kehrer nicht um Unklaren gelassen, daß
wir, was immer geschieht, die Jugoslawen nicht so enttäuschen können.
Einig sind wir uns, daß die Messekontingente wesentlich erhöht werden
können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll unverzüglich die Verhandlungen
darüber österreichischerseits beginnen.
Bezüglich der weiteren Vorgangsweise wegen des Grenzabkommens mit Ungarn
lehnt die HK nach wie vor eine örtliche, ähnlich dem Accordino, wenn auch
wesentlich geringeren Umfanges und nicht so dezidiert ausgearbeitet ganz
entschieden ab. Kehrer glaubt allen Ernstes, mit der Zusage, man könne
die Tokiorunde-Zollsenkungen, die ja schon zugestanden sind und im Laufe
der Zeit kommen, vorziehen das Auslangen zu finden. Ich erklärte ihm so-
fort, SC Meisl vertritt den berechtigten Standpunkt, daß dies unzulänglich
sei.
ANMERKUNG FÜR SC MEISL UND HAFFNER: Bitte die jugosl. und ungar. Sache
intern weiterbesprechen.
Kehrer hat Dr. Gleissner zum Problem des verhandeln über das Multifaser-
abkommen in Manila zugezogen. Die HK beharrt unter allen Umständen darauf,
daß jetzt den Entwicklungsländern entkommt und bei ihnen die Gespräche
führt. Sie meint, daß nachdem die Entwicklungsländer Beschränkungszuge-
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ständnisse akzeptieren müssen, mit Recht verlangen können, daß man bei
Ihnen nach jahrelangen Verhandlungen in Genf jetzt einmal ein Gespräch
abwickelt. Mein Hinweis, daß selbst Fachverbandssekretär Huber vom Tex-
tilverband meint, es wird sehr schwer sein, in Manila zu einem Ergebnis
zu kommen, teilt die Bundeshandelskammer nicht. Vor allem lehnt sie aber
ab, daß Botschafter Posch in Manila die Verhandlungen führen kann, jeder
Botschafter ist ja mehr oder minder bestrebt in seinem Wirkungsland den
Wünschen dieses Landes entgegenzukommen. Da er selbst auch etliche Wünsche
ständig hat, kann er gar nicht hart gegen die Gastgeber auftreten. Mein
Hinweis, daß ein Botschafter aufgrund von Weisungen handelt und auch nicht
im entferntesten bereit ist und es auch gar nicht kann, irgendwelche eigene
Zugeständnisse zu machen, wird nicht akzeptiert. Die Bundeskammer beharrt
darauf und ersucht mich nachdrücklichst MR Waas auch dann, wenn es 40.000,–
S dem Handelsministerium kostet, zu entsenden. Ich stelle sofort fest, daß
wir diesen Betrag nicht aufbringen können, daß vor allem aber ein gefähr-
liches Präjudiz entsteht. Wir müssen daher eine Finanzierung suchen, die
letzten Endes indirekt die HK mitträgt. Gleissner glaubt nach wie vor, daß
man bei dieser Gelegenheit auch Korea, Indien und Thailand besuchen könnte
um dort die Multifaserverhandlungen zu führen. Ich erkläre der HK, daß ich
bereit bin noch einmal mit SC Meisl über diese Frage eingehend zu be-
sprechen, wir dann letzten Endes den Vorschlag der HK akzeptieren, mache
ich darauf aufmerksam, daß sie allein dann für diesen eventuellen Mißerfolg
ausschließlich die Verantwortung tragen. Kehrer ist sehr erstaunt, daß ich
nicht autoritär entscheide, sondern erkläre das noch einmal mit SC Meisl
zu besprechen.
Vor dem Ministerrat informiere ich Außenminister Pahr über diese Ausspra-
che. Dieser erklärte mir dezidiert, er hätte den österr. Botschafter in
Manila angewiesen, er müsse alles daransetzen, daß die Philippinen noch
einmal in Genf diese Multifaserverhandlungen weiterführen. Er hat eine
seinerzeitige Zusage, daß man in Manila verhandeln könnte, zwar gemacht,
sieht aber ein, daß schon allein, wenn es zu keinem Erfolg kommt, dieses
gefährliche Präjudiz zuletzt wegen der auflaufenden Kosten verhindern
soll und eben in Genf so wie bisher immer weiterverhandelt wird.
ANMERKUNG FÜR SC MEISL UND HAFFNER: Bitte sich mit dem Außenamt in Ver-
bindung setzen, Jour fixe AK setzen.
Sts. Seidel erklärt mir vor dem MR, daß er mit der Nationalbank wegen des
Rundschreibens DDR-Zahlungsfähigkeit gesprochen hat. Dir. Rieger hat aus-
drücklich festgehalten, daß ein solches Rundschreiben von ihnen nicht er-
gangen ist. Daß aber die Nationalbank sehr wohl eine sehr restriktive
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Haltung jetzt gegenüber der DDR einnimmt. Seidel wird auch noch mit
GD Haschek, Österr. Kontrollbank, von dem scheinbar dieses Rundschreiben
stammt, das ein österr. Unternehmer Sts. Beil gezeigt hat, sprechen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Rieger und Kienzl verbinden.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtet Kreisky, daß er jetzt von
einem gewissen Schreiber in den 50er Jahren in Kattbri Schokoladeskandal
verwickelt, ein Schreiben bekommen hat, wo auf die mehreren israelitischen
Gemeinden in Österreich verwiesen wurde. Sinowatz teilt dazu mit, daß
sehr wohl der Verfassungsdienst sich mit dem Problem beschäftigt hat, der
neue Vorsteher der jüdischen Gemeinde, bis jetzt Präsident Pick,
ein Sozialist, bis jetzt Hacker, vertritt natürlich eine andere Politik in
der Kultusgemeinde. Pick hat die Orthodoxen zu sehr vernachlässigt, weshalb
die Orthodoxen jetzt, unter sich allerdings auch sehr uneinig, wie Innen-
minister Lanc feststellt, eine andere Kultuspolitik machen wollen.
Kreisky kommt dann sofort auf den Brief des Präs. Djuranovic an ihn, wegen
Kreditgewährung zur Sprache und fragt, was das Handelsministerium dazu
denkt, nachdem der Finanzminister Salcher in Ungarn ist. Ich verweise
darauf, daß noch immer fürs Karawankentunnel österr. Zusage der Kontroll-
bank 1,1 Mrd. S, 300 Mio. jetzt von Jugoslawen dazu bereitgestellt,
500 Mio. fehlen noch, auch eine Finanzierungsfrage ist. Darüber hinaus
wünschen die Jugoslawen aber insbesondere einen freien Kredit, den
ausschließlich Kreisky mit Salcher noch besprechen muß. Außenminister Pahr
verweist darauf, daß auch sein jugosl. Vis-a-vis Vrhovec, mit denen nur
die Madrider Nachfolgekonferenz besprochen hat, ebenfalls auf den
Djuranovic-Brief wegen Kreditgewährung verwies. Kreisky wird mit Salcher
die Briefbeantwortung noch besprechen.
Kreisky wird jetzt mit allen Direktoren der verstaatl. Betriebe und Banken
Kontaktgespräche führen. Als erstes hat er mit den GD Streicher, VMW, und
anschließend daran mit Betriebsräten aus Berndorf-Ranshofen verhandelt.
Die Aluminiumpreise sind gesunken. In Zukunft werden sie ein bißchen stei-
gen. Es hat aber eine riesige Fehlplanung gegeben, die Velden-VW-Produktion
hätte nicht nach Wien gehört, 11 Mio. S entstehen Mehrkosten, weil man in
Ranshofen abkühlen muß, dann in Wien wieder die Bahn aufwärmen. Von Böhler
übernommene Gießerei muß jetzt von VMW verbessert werden. Die ÖIAG wird
500 Mio. S für VMW bereitstellen müssen. Das Berndorfer Tal hat immer
Schwierigkeiten gehabt und kommt jetzt, obwohl der LR Höger von NÖ, der
sich dafür sehr interessiert, weil er von dort stammt, nicht aus der
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schlechten Wirtschaftsstruktur heraus.
Ich bin sehr verwundert, daß Kreisky überhaupt nichts über die beabsichtigte ein Aluminiumwerk dort zu errichten erwähnt. Entweder hat er es ver-
gessen, was bei Kreisky ziemlich unwahrscheinlich ist, oder er wollte es
nicht wegen der Umweltschutzfrage zur Sprache bringen, um nicht den Ge-
sundheitsminister Steyrer weitere Schwierigkeiten zu machen.
Mit GD Vranitzky von der Länderbank besprach er deren Sanierung. Diese
stellt sich vor, daß die Pleitebetriebe Eumig, Österr. Klimatechnik usw.
vom Staat übernommen werden. Dies kommt nach Kreisky überhaupt nicht in
Frage. Die Leichen, wie er sich ausgedrückt hat, bleiben bei der Länderbank.
Wer dies zu verantworten hat, der muß es auch weitertun. Wenn man die
Länderbankdirektoren vielleicht aufgrund der Prüfungsberichte dann doch
vor Gericht stellt, würden die Richter womöglich feststellen, wenn der
Staat alles übernommen hat, es ist gar kein Schaden erwachsen. Das Finanz-
ministerium aber auch die Österr. Nationalbank wird ein bißchen mehr die
Banken kontrollieren müssen. Der Vorstand der Länderbank war auch im
Aufsichtsrat der Elin, von der Elin ist ein noch furchtbarerer Bericht zu
erwarten. Damit kann aber die ÖVP Kreisky nicht schrecken, im Aufsichtsrat
war der Präs. Igler, Vorsitzender-Stellvertreter, allerdings SC Gatscha,
der ihm immer sagt, es in Elin alles in Ordnung. Aber auch von der Länder-
bank war GD Erndl, sein Stellvertreter Koliander im Aufsichtsrat. Vorstands-
sprecher der Elin war der ÖVP-Mann Kohlruß. Kreisky wurde vor Jahren schon
durch eine Buchhalterin auf die Zustände bei der Elin aufmerksam gemacht.
Er hat dieses Schreiben Gatscha gegeben, der ihm erklärte, Kohlruß hat ihm
dies schriftlich dann auch mitgeteilt, daß alles in Ordnung ist. Kreisky
sagte, er wurde angelogen.
Kreisky kam auf die Energiesituation zu sprechen und meinte, niemand weiß,
wie lange diese derzeitige Überschußsituation bei Kohle, Öl usw. anhält.
Letzteres ist insbesondere von der politischen Entwicklung im mittleren
Osten abhängig und ein Krieg Israel – Syrien ist heute wahrscheinlicher
denn je.
In Amerika gibt es jetzt schon harte Kritik an der Administration Reagans.
Die polls, heißt Meinungsbefragungen, zeigen immer schlechtere Ergebnisse.
Auch die schlechten Beziehungen Europas zur neuen Administration erwähnt
er. Beim Pressereferee, wo er aber dann über die Gossal des Obmanns der
Soz. Jugend Cap, daß Amerika die größere Gefahr für den Frieden darstellt
als die Sowjetunion, kanzelt er wieder Cap ab. Cap könne sehr leicht Ameri-
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ka kritisieren, da er doch keine Verantwortung trägt. In Österreich werden
jetzt die soz. Ökonomen, insbesondere Universitätsprofessoren, bei neuen
Verhandlungen integriert. Salcher wird sie führen und die entsprechenden
Vorschläge zusammenfassen und ausarbeiten.
Die Jänneraktionen der Bundesregierung greifen noch nicht. Es herrscht
eine große Verdrossenheit wegen der hohen Arbeitslosigkeit. Das Konferenz-
zentrum muß noch anders und noch besser in der Öffentlichkeit vertreten
werden. Das ÖVP-Gutachten von Prof. Tichy bezieht sich nur auf die Bau-
arbeiten und nicht auf die Zulieferer. Das Fernsehen und die Massenmedien
bringen die Pleite Herlango mit 200 Beschäftigten, niemals aber wenn etwas
Positives weiterschreitet wie z.B. General Motors. Er urgiert neuerdings,
daß die Regierung dort einen Besuch abstatten sollte, damit man darüber
dann auch berichten muß. Jetzt muß die notwendige Wahlwerbung unter Auf-
klärung der Bevölkerung erfolgen, im nächsten Jahr ist es zu spät. Die
VP hat jetzt auch durch den Wohnbauskandal ein weiteres Tief zu verzeich-
nen. Notwendig erscheint ihm aber, daß auch in Österreich bei der SPÖ eine
Remoralisierung eintritt. Derzeit entscheiden sich viele SPÖ-Wähler zur
Wahlenthaltung. Überraschend für ihn ist, daß jetzt auch in Deutschland
bei der dortigen gewerkschaftseigenen Wohnbaugesellschaft Neue Heimat
sich ebenfalls Gewerkschaftsfunktionäre oder Manager bereichert haben.
Fragt Kreisky Blecha, ob er nicht jetzt schon den Bestechungsversuch an
die SPÖ für einen schon abgewickelten Auftrag mit 20 Mio. S erwähnen soll-
te. Blecha ist darüber nicht sehr glücklich und es wird daher über Details
nichts gesagt, da sich Blecha auch nicht äußert.
Fast erinnert daran, daß Austria Email an Elin verkauft wurde, ein Teil
des Ottakringer Areals aber steht leer, dafür müssen sie angeblich 104 Mio.
S Zinsen an die CA zahlen. 300 Beschäftigte in Breitensee wären gesichert,
wenn endlich jetzt die CA einen Teilverkauf zuließe. Ein Unternehmer hätte
für 10 Mio. einen Teil übernommen, die CA besteht aber darauf, daß das
ganze Areal um 70 bis 80 Mio. verkauft wird. Lacina ergänzt, daß die Gemein-
de Wien nicht bereit ist, Unterstützung für Betriebsabsiedlungen zu geben.
wie dies bei Austria Email der Fall war.
Sinowatz meint, daß das Konferenzzentrum besonders als Arbeitsbeschaffung
stärker herausgestrichen gehört und daß aber nach seiner Information die
Mitte Februar Arbeitslosenziffer nicht mehr gestiegen sind. Kreisky fragt
Sts. Fast, nachdem Dallinger nicht anwesend ist, diese weiß aber nichts
und kann nur beantworten, daß 1981 um 8000 mehr weibliche Beschäftigte
mehr gezählt werden konnten.
Blecha berichtet, daß die Meinungsumfragen jetzt eindeutig zeigen, was
man in der Vergangenheit die Sozialisten als Problemleser mit 70 % positiv
bewertet, jetzt sind wir auf 35 % gefallen. Die VP hat allerdings nur 19 %,
trotzdem wir jetzt dieses Sonderbeschäftigungsprogramm im Jänner verkün-
det haben. Kreisky meint dazu, die Leute sind ja recht deppert, sie sehen
5,4 % Arbeitslosigkeit, weil die ganze Aktion zu wenig energisch durchge-
zogen wird. Hier bezieht sich Kreisky, ohne daß er es sagt, immer wieder
auf die unzulängliche Vorziehung der Bauaufträge, insbesondere im Bauten-
ministerium.
Kreisky bringt dann das Problem zur Sprache, daß der Bundesrat jetzt ent-
sprechende Einsprüche machen kann und er jetzt z.B. auch Entschließungen an
die Bundesregierung richtet, die man kontern müßte. Er stellt sich vor, daß
eine entsprechende Antwort von der Regierung oder den betreffenden Mini-
ster erfolgen sollte. Klubobmann Fischer meint, das sei deshalb unzweck-
mäßig, weil dann entsteht im Bundesrat eine entsprechende Diskussion
zwischen Regierung, Regierungsmitgliedern und dem Bundesrat. Dieser kann
dann auch immer wieder, weil er die Mehrheit hat, Kreisky und andere
Minister inzitieren . Er möchte, daß wir gegen diese Bundesratsentschließun-
gen der Nationalrat dann entsprechende Entschließungen insbesondere bei
Beharrungsbeschlüssen das Pendant zum Bundesrat soll der Nationalrat sein
und nicht die Regierung. Damit ist Kreisky auch einverstanden.
Kreisky urgiert bei Fast, daß man ihrerseits vielmehr darauf verweisen
muß, daß jetzt im Konferenzzentrum z.B. wenn es nicht gebaut wird, für die
Elektroindustrie und damit auch für die Arbeiter und Angestellte 1 Mrd. S
Aufträge verlorengehen. Für die Textilarbeiter die Teppichbespannung, für
die Holzarbeiter die Möbel usw. Sekanina erklärt, es wird jetzt eine
Sekretärskonferenz der Metallarbeiter und nächste Woche der Zentralvorstand
stattfinden, wo sich die Gewerkschaft für das Konferenzzentrum besonders
engagieren wird.
Lanc teilt mit, daß das Volksbegehren von der ÖVP im Mai aufliegen wird.
Lausecker berichtet, daß jetzt in OÖ eine Brücke eingestürzt ist und die
Bahn beabsichtigt eine beschränkte Ausschreibung zu machen. Die OÖ Genos-
sen aber, Alpine, Waagner-Biro, Porr wünschen eine freihändige Vergabe.
Diese würde 3–4 Wochen dauern, die beschränkte Ausschreibung nur 4–6
Wochen, die 2 Wochen mehr maximal muß man aber akzeptieren. Die Steyr-
talbahn wird mit 1. März auf alle Fälle eingestellt.
Sts. Fast berichtet, daß jetzt fast 35 Mrd. Polenhilfe Nationalfonds
liegen, die Caritas aber weitere 35 Mrd. hat. Sie fragt, ob die Begrenzung
der Verdoppelung nicht zeitlich oder vielleicht betragsmäßig festgelegt
werden müßte. Kreisky verweist sofort wieder auf Gespräche, die man mit
Salcher darüber führen muß. Er selbst steht auf dem Standpunkt, daß Öster-
reich jetzt für die Entwicklungshilfe, die in seinem Ressort ist, nicht
mehr viel leisten kann, weil Österreich 1,5 Mrd. S für Flüchtlinge zu-
sätzlich ausgeben mußte.
Pahr berichtet, daß es jetzt Schwierigkeiten in Guatemala mit der dortigen
österr. Schule, ein Entwicklungshilfeprojekt, sondern für wohlhabendere
Leute errichtet, gibt. Die guatemaltekische Regierung wünscht, daß eben ein
Kulturabkommen, das Pahr bis jetzt abgelehnt hatte, unbedingt unterzeich-
net wird, weshalb sie den Schulbetrieb behindern. Kreisky stimmt zu,
daß trotzdem nicht das Kulturabkommen mit Guatemala unterschrieben wird.
Sts. Seidel hat mich vorher aufmerksam gemacht, daß jetzt auch im Aufsichts-
rat der Verbundgesellschaft neben der Ablöse des Sekretärs Satzinger durch
Grossendorfer auch das Finanzministerium anstelle des pensionierten SC
Neudörfer jetzt den SC Heller im Aufsichtsrat der Verbund wünscht. Da ja
bei der Vorbesprechung auch die Zentralsekretäre anwesend sind, diesmal
allerdings nur Blecha, berichte ich darüber in der Vorbesprechung, damit
die Partei nicht sagen kann, sie hat davon gar nichts gewußt. Darüber gibt
es keinerlei Diskussion. Lausecker, der den Finanzminister vertritt, kommt
nur nachher mit dem Finanzministeriumsakt zu mir, wo dieselbe auch vorge-
schlagen wurde.
Im Ministerrat wird dies dann auch sofort beschlossen und nur die Gebarung
des Wasserverbandes Mürzverband, Rechnungshofüberprüfung, auf Antrag Haidens
zurückgestellt, weil er und andere Ministerien sich noch prinzipiell dazu
äußern wollen.
Nach dem Ministerrat kann ich der Fotografin Jelinek, die Albrecht sehr
genau kennt und als gute Fotografin bezeichnet, nicht entgehen. Sie muß
für den ORF einige modernere Bilder von mir bringen, angeblich sind alle
sonst schon sehr überaltert. Vor 10 Jahren aufgenommen und sie selbst, aber
scheinbar auch der ORF wollen nicht neue Fotos, wie sie ganz besonders
seinerzeit die Pressefotografin Pflaum praktizierte, macht. Da sie mich
auch noch während der Arbeit fotografieren möchte, habe ich ihr zugesagt,
dann einmal, wenn sie mich nicht stört, natürlich auch ins Ministerium
kommen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Termin mit ihr dann vereinbaren.
Die AMC, teuerste Geschirrproduktion Europas, hat, weil bis jetzt nur
Handelsware nach Österreich geliefert wurde. Ihr Kochbuch "Bon Appetit"
dem Wiener Verlag in Himberg übertragen. Man ersuchte mich zur Präsentation
zu kommen, was ich deshalb gerne getan habe, weil mich die Druckanstalt
schon lange sehr interessiert. Ursprünglich sollte auch in dieses Gelände
nach Himberg die Donauland-Bücherei gehen. Der Grund ist schon gekauft,
die Investitionen wurden aber dann nicht mehr getätigt. AMC beschäftigt
jetzt 550 Mitarbeiter und KR Ellend hat mir 1971 schon versprochen, er
wird sich bemühen, auch in Österreich eine Produktion aufzuziehen. Der
deutsche Produktionsmanager Wildwei war ebenfalls anwesend und ich habe
ihn selbstverständlich auf dieses Versprechen erinnert. Der Generalmanager
von der Tecke wird von meinem Wunsch unverzüglich verständigt. Dankens-
werterweise habe ich darauf hingewiesen, daß eine Zusage schon mit dem
Holztranchierblöcken, die ihm jetzt ein Auftragsvolumen von 4,5 Mio. S
gebracht haben, die 1. Produktion nach Österreich gekommen ist, jetzt
mit der Bucherzeugung die 2. Ich hoffe, daß noch weitere folgen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Abteilung soll dies weiter ständig urgieren.
Wenn AMC Produkte herstellt, dann geht es gleich in die 100.000. Von den
Holztellern werden es 220.000 sein, wovon 190.000 exportiert werden. Bei
den Büchern ist die Erstauflage 100.000, die auch im größten Teil in Export
geht.
Der Teppichfabrik Eybl in Ebergassing überreichte ich das Staatswappen.
Der zugrundegegangene ehemalige Besitzer Wilhelm hatte dies bereits
1971 erhalten. Jetzt ist Eybl unter neuer Führung, neuer Gesellschaftsform,
weshalb es notwendig war, neuerdings das Staatswappen zu überreichen.
Die neue Leitung hat auch mit Unterstützung des Handelsministeriums erreicht,
daß die Autoteppiche, sprich in Wirklichkeit vorgeformte dem Auto genau
angepaßte Innenausstattungsteppiche eine große Zukunftschance für Eybl gibt
Nach ihren vorgelegten Unterlagen müssen sie noch fast an 100 Mio. S in-
vestieren und Betriebsmittel erhalten. Die FGG prüft derzeit, mit dieser
neuen Produktion können sie aus den roten Ziffern kommen. Große Schwierig-
keiten gibt es jetzt mit den Japanern. Diese sind wegen der Aluminiumliefe-
rungen unter Anrechnung an Autotiefeteile sehr verärgert. Ich erkläre der
Geschäftsleitung und vor allem auch dem Gewerkschaftsobmann BR Steinle so-
wie dem Betriebsräten dezidiert, daß diese Aluminiumbarren, wenn überhaupt
nur in diesem Jahr in beschränkten Umfang angerechnet werden. Das Finanz-
ministerium hat noch immer nicht endgültig unterschrieben und für 1983
gibt es kein Kontingent mehr. Über diese Äußerung ist die Firma sehr zu-
frieden. Eybl hofft, daß auch in Libyen ein größeres Geschäft zustande-
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kommt und ersucht mich in die Delegation nach Tripolis aufgenommen zu wer-
den. Dies sage ich sofort zu. Ich weiß, daß MR Fälbl große Bedenken hat,
wenn wir sozusagen die reine Beamtendelegation durch entsprechende Unter-
nehmervertreter wie er glaubt abwerten. In meinen Augen ist es dagegen eine
Aufwertung. Schlimmsten Falles bin ich bereit, MR Fälbl die Konzession zu
machen, daß man die Firmenvertreter als Spezialexperten in die Delegation
zwar aufnimmt, aber gesondert ausweist. Auch bei der ägypt. Delegation hat
mir gefallen, daß auch dort ein Großbäckereivertreter offizielles Mitglied
ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Fälbl besprechen.
Die Loba Chemie in Schwechat und in Heiligenstadt hat auch durch Gesell-
schaftsvertragsänderung eine Wiederholung der Staatswappenauszeichnung
bedurft. Der Besitzer Dr. Löw-Beer hat mir freudig seinen Betrieb gezeigt.
Er kann mit den großen Chemiekonzernen, überhaupt nur existieren, in dem
er sogenannte Entwicklungschemikalien erzeugt. Dies sind ganz kleine
Tranchen von sehr teuren Spezialchemikalien, die man für die Forschung und
Entwicklung braucht, die in der Produktion für die großen Chemiebetriebe
höchst patische usw. uninteressant sind. Der Betrieb ist außen in einem
furchtbaren Zustand, anlagenmäßig aber, soweit ich es als Laie feststellen
kann, ganz gut ausgerüstet. Interessant für mich war nur, daß man jetzt
aufgrund des Wasserrechtes eine entsprechende Kläranlage um etliche Millionen
einbauen mußte. Früher ist dies alles gleich von den einzelnen Produktions-
stätten, der Betrieb liegt auf einer Insel, in den Vorfluter gelassen wor-
den. Angeblich haben die Fische das alles überstanden. Ich wundere mich
immer wieder, wie man früher umweltschutzmäßig sehr leichtfertig Genehmi-
gungen gegeben hat. Dies hat sich Gott sei Dank jetzt geändert, obwohl es
hohe Kosten verursacht und von den Betrieben sicherlich nur sehr schwer
zu tragen ist.
Tagesprogramm, 23.2.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 122. Ministerratssitzung, 23.2.1982
Nachtrag TO 122. Ministerratssitzung, 23.2.1982
hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)