Dienstag, 20., bis Donnerstag, 22. April 1982
Der Verbundgesellschaftspräsident Mussil ruft mich an, um mich zu bitten,
mit Salcher zu sprechen, damit der Vertreter des Finanzministeriums
im Aufsichtsrat der Verbund SC Heller mit der ÖVP-Vertretung fraktio-
nieren soll. Mussil ist an Heller herangetreten, dieser hat Salcher be-
richtet und Salcher meinte, das sei ausschließlich seine Entscheidung.
Da auch Hellers Vorgänger SC Neudörfer nicht fraktioniert hat, denkt
Heller wahrscheinlich nicht daran. Selbstverständlich erklärte ich
Mussil sofort, ich habe mich in politische Entscheidungen innerhalb der
ÖVP niemals eingemischt und gedenke dies auch in Zukunft nicht zu tun.
Mussil meint, dann könnte es aber bei der nächsten Bestellung des Han-
delskammervertreters im Aufsichtsrat der Verbund Schwierigkeiten geben,
derzeit ist dies der Sozialist und ehem. GD von Perlmooser Zementfabrik
Gehart. An diesem Beispiel sieht man, daß Mussil noch aus der alten
Zeit stammt, die ausschließlich im Koalitions- und gleichzeitig aber
im Aufteilungsdenken verhaftet ist.
Ein ehem. Sekretär und jetziger Direktor der Verbundplan Satzinger hat
seine ersten bösen Erfahrungen gemacht. Grundehrlich hat er mit der
Kontrollbank wegen Finanzierungsmöglichkeiten in Marokko verhandelt,
jetzt, wo er konkrete Geschäfte abschließen könnte und daher den Marokka-
nern Hoffnungen gemacht hat, erklärt Dr. Castellez von der Kontrollbank
niemals eine solche Zusicherung gegeben zu haben. Ich kann ihm leider
auch in dieser Frage nicht helfen, die Erfahrung lehrt nur aufgrund vor
Gesprächen meistens Aufzeichnungen machen, die gegebenenfalls dann eine
gewisse Beweiskraft haben. Ich will nicht sagen, daß dies der Grund ist,
warum ich jetzt seit 1970 stets meine Tagebuchaufzeichnungen begonnen
habe, aber sicherlich ist es mit ein Grund.
Bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Elefantenschuh in Gmunden,
einer Zweigfabrik eines großen deutschen Schuhkonzernes, stelle ich mit
Freude fest, daß diese einzige moderne Kinderschuhfabrik, die auch ent-
sprechende Größenprobleme der Kinderschuhe und Aussehen und vor allem
Qualitätsverbesserung nach Österreich jetzt gebracht hat, wurden doch
wesentliche Arbeitsplätze gesichert.
Bei dieser Gelegenheit erfahre ich, daß in Japan jetzt ein Schuhimport-
restriktionsgesetz DOWA mit 31. März ausgelaufen ist. Bis jetzt war es
nicht möglich nach Japan Schuhe zu importieren, weil eine Gesamtimport-
quote bis 1,4 Mio. Schuhe für dieses riesige Wirtschaftsgebiet zugelassen
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wurden. Überraschend für mich war, daß von den Behörden auch das
Handelsministerium scheinbar niemand vom Auslaufen dieses Restriktions-
gesetzes wußte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Giglinger soll mit dem Fachverband diesbe-
züglich engen Kontakt haben, damit er MR Willenpart, Länderreferent,
dann informieren kann.
Bei der Staatswappenverleihung an das Tiroler Landesreisebüro kam über-
haupt nur der Geschäftsführer. Dieser hat mir versichert, er wird noch
mehr Anstrengungen unternehmen um das Incominggeschäft zu forcieren.
Heute ist es nämlich so, daß dieses fast amtliche Reisebüro auch von
Outgoing lebt. Es hat mir sehr leid getan, daß ich diese beiden Dekrete
nicht an Ort und Stelle übergeben konnte.
Vor der Ministerratssitzung hat mich Außenminister Pahr ersucht, wir
sollten bei der österreichisch-italienisch Gemischten Kommission unbe-
dingt Abstand nehmen, die 380-KV-Stromleitung von Westtirol durch Süd-
tirol nach Dugale von der Tagesordnung abzusetzen. Die Südtiroler
Landesregierung, LH-Stv. Benedikter, hat nämlich beim Amt der Tir. LReg.,
HR Stadlmayer, mitgeteilt, daß wenn die Kommission diese Frage behandelt,
sie damit rechnet, ihnen zugesagte Konzessionen von Rom nicht erfüllt
zu bekommen. Man will sozusagen den Italienern zeigen, daß sie nur
mit Südtirol über diese Frage verhandeln können und kein Druck von Öster-
reich erfolgt. Dies steht im krassen Gegensatz zu der Aussprache, die
GD Fremuth und Zach von der Verbund mit mir unter Anwesenheit des LRat
Moser hatten, ich habe trotzdem sofort der Absetzung zugestimmt, denn
niemand soll sagen, daß wir den Südtirolern in Belange der Südtiroler
Autonomie in den Rücken fallen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte Jour fixe Fremuth setzen.
Ein ausgeruhter und gegenüber der letzten Ministerratssitzung wirklich
den Eindruck eines gesunden Kanzlers machender Kreisky leitete diesmal
wieder den Ministerrat. Betriebsräte aus Donawitz waren bei ihm, um da-
gegen zu protestieren, daß die Konferenzzentrumbaugesellschaft, Dr.
Auracher, ehem. Sekretär von Androsch, nicht 9.000 to Rippentorstahl
aus Italien importieren möchte. Darüber hinaus befürchten sie, daß 8.000
t für den Universitätsbau, Finanzdirektion und Polizeipräsidium teilweise
sogar in der Steiermark importiert werden sollte. Auracher redet sich
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darauf aus, daß er aufgrund der ÖNORM dazu verpflichtet ist. Die Be-
triebsräte haben bereits auch bei Klubobmann Fischer dagegen protestiert.
Ich habe in dieser Sache an den NR Fauland einen Brief geschrieben,
den Kreisky allerdings als unbefriedigt betrachtet. Da dort nicht de-
zidiert erklärt wurde, es wird der Stahl nicht importiert. Ich erklärte
sofort, die internationalen Verpflichtungen und insbesondere die ÖNORM
lassen bei einer eindeutigen Auslegung eine solche Ablehnung nicht zu.
Die ganze Zeit aber plädiere ich dafür, daß in diesen Stahlimporten
das Bautenministerium sehr wohl, da angeblich nicht einmal die ÖNORM
vorgeschriebenen Qualitäten eingehalten werden, durch Stichproben Kontrollen und gegebenenfalls durch Rückhalten der Ware, bis eben die
Qualität nachgewiesen ist, sehr wohl die Importe auf administrativem
Wege verhindert werden könnten. So machen es übrigens auch viele andere
Staaten. Der Bautenminister ist nicht anwesend und Frau Staatssekretär
Eypeltauer wird dieses Problem mit ihm besprechen. Verteidigungsminister
Rösch verweist darauf, daß er und ich das beste Einvernehmen haben und
stets an die Schwierigkeiten der ÖNORM und in Hinkunft noch viel mehr
an das Vergabegesetz gebunden sein werden und daher die Bevorzugung
der österreichischen Lieferfirmen noch schwieriger wird. Staatssekre-
tär Löschnak meint, jetzt im Vergabegesetz gibt es einen Passus, die
volkswirtschaftlichen Interessen seien zu berücksichtigen. Rösch und
ich sind der Meinung, daß dies dadurch nicht besser wird, da letzten
Endes eine Kommission dann darüber entscheiden müßte. Kreisky sagt
sofort, dann wird man dieser Kommission sofort eine entsprechende Wei-
sung geben. Ich hoffe nach wie vor, daß dieses Vergabegesetz im NR
an dem Widerspruch der ÖVP, Verfassungsbestimmung, die Länder wollen
ihre Kompetenz aber nicht abgeben, scheitern wird. Ich teile nämlich
die Meinung Rösch's, daß es dadurch nicht leichter, sondern wesentlich
schwieriger werden wird. Sozialminister Dallinger bemerkt, daß in Deutsch-
land ein Gesetz existieren soll, wonach die inländischen Produzenten be-
vorzugt werden, wenn damit eine gewisse nationale Wertschöpfung er-
folgt. Niemand kennt dieses Gesetz. Kreisky schlägt vor, es soll jetzt
ein Komitee, das Bautenministerium, Sekanina, Finanzministerium Staats-
sekretär, Seidel, und ich bei ihm diese Frage klären.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Fauland-Brief und sofortige Recherchen
wegen des deutschen Gesetzes vorbereiten.
Kreisky fragt auch, wie es mit dem Karawankentunnel weitergeht. Ich
erkläre ihm sofort die letzten Ziffern und vor allem über das Gespräch
beim Staatsbesuch Kirchschlägers in Jugoslawien. Finanzminister Salcher
erwägt, ob es nicht zweckmäßig ist, daß Österreich den Tunnel über-
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haupt ganz allein baut. Dies wäre sicherlich eine bessere Lösung, wenn
wir die entsprechende Finanzierung sowieso übernehmen müssen. Ich er-
innere Kreisky gleichfalls daran, daß der jugoslawische Ministerpräsi-
dent ihm einen Brief wegen eines weiteren 100-Mio.-$-Kredites geschrie-
ben hat. Salcher hakt sofort ein und meint, man hätte seinerzeit den
Polen auch 100 Mio. $ gegeben und jetzt wird den Polen nicht einmal der
Zinsendienst geleistet. Die 60 Mio. S, die pro Monat zu zahlen sind,
gehen nur zögernd, verspätet, derzeit überhaupt nicht ein. Kreisky
wiederholt nur seinen Standpunkt. Jugoslawien wird auch von USA anders
zu behandeln sein als Polen. Entschieden wird nichts.
Kreisky hat auch bezüglich der Dampfkesselemissionsgesetzverordnung
eine Beschwerde bekommen und meint, man müsse jetzt doch auch mehr die
wirtschaftliche Situation bei allem Verständnis für den Umweltschutz
berücksichtigen. Staatssekretär Eypeltauer berichtete, daß jetzt der
vierte Verordnungsentwurf vorliegt und dies mit den in Betracht kommen-
den Stellen, insbesondere auch dem Handelsministerium, bis ins kleinste
Detail abgestimmt ist. Dies kann ich bestätigen, verweise aber neuer-
dings darauf, daß auch dann wenn Prof. Hackl, den Eypeltauer zitiert,
sich unbedingt jetzt für diese Verordnung ausspricht, das große unga-
risch-österreichische Kohlenprojekt im Burgenland nicht mehr verwirk-
licht werden kann. Kreisky ist sehr betrübt dies zu hören, da er
letzten Endes gerade dieses Projekt am meisten vertreten hat. Er meint,
die Umweltschutzkommission, die jetzt der Parteivorstand gegründet hat,
wird man sehr genau beachten müssen, auch sonst wird das Ergebnis ein
richtiger Pallawatsch. Den Umweltschutz muß man in den größeren Perspek-
tiven sehen, die Sozialisten haben das Gesundheitsministerium gegründet,
haben die Seereinigung durchgeführt, die wirklich große Verschmutzung
kommt, weil wir überhaupt Kohlekraftwerke bauen anstelle das Atom-
kraftwerk in Betrieb zu nehmen und die wirklich größte Umweltschutz-
belastung liegt durch die internationalen Konzerne mit ihren Wasch-
mitteln . Hier haben die Massenmedien aufgehört dagegen zu polemisieren,
weil sie vom Inseratengeschäft dieser Multis leben. Kreisky hat man er-
zählt, daß wenn alle Städte die Wäsche der Bürger umsonst waschen,
es billiger kommt als deren Umweltschutzschaden, den die Waschmittel
in den Abwässern verursachen. Ich ergänze sofort, daß es sich nicht
nur bei den Waschmitteln um die Seenverunreinigung und Wasserverunrei-
nigung handelt, sondern noch viel mehr durch Kunstdünger, der letzten
Endes in die Seen geschwemmt wird. Haiden verweist darauf, daß jetzt
immer mehr der Wald beschädigt wird und daher nach 6 Jahren jetzt
endlich die Verordnung über die Emissionsbegrenzung braucht. Hier er-
widere ich sofort, daß es schwierig sein wird, eine administrierbare
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und für die Wirtschaft einigermaßen erträgliche Verordnung zu schaffen.
Kreisky stellt fest, daß man der Grünen Bewegung größeres Augenmerk
zuwenden muß. Nach den jetzigen Meinungsumfragen würde die SPÖ und die
FPÖ ca. 1 bis 2 % an die Grünen verlieren, die ÖVP nichts.
Nentwich, ein guter und verläßlicher Direktor der GKT, geht jetzt zu
AEG und hat ihm mitgeteilt, daß ein Weiterbau und Fertigstellung des
KKW wahrscheinlich gar nicht mehr notwendig sein wird, weil die Be-
triebsleute dann fehlen werden. Kreisky wird eine Aussprache mit Fre-
muth, Nentwich, KKW-Union, der Baugesellschaft von Zwentendorf, und mir
veranlassen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Jour fixe Fremuth setzen.
GD Bauer von der ÖMV wird jetzt auf alle Fälle in Pension gehen, er
war zwar ein Ölhändler, hat aber bei der Errichtung der Raffinerie de-
ren Anlage vollkommen versagt. Die ÖVP möchte jetzt einen Subdirektor
von Elin, Kreisky ist dafür, daß der Posten ausgeschrieben wird, da
er im höchsten Maße nur Befähigten zur Verfügung gestellt werden kann.
Kreisky ersucht mich zu erklären, wieso ich für das Messeschiff, wel-
ches laufende Ausstellungen in die Welt bringen soll, ein Vorwort ge-
schrieben habe und wie ich diese Exportförderungsmaßnahme beurteile.
Ich erkläre sofort, Vorwörter schreibe ich eine ganze Menge, damit
übernehme ich keine wie immer geartete Haftung und wenn die Firmen In-
teresse daran haben, das Messeschiff tatsächlich finanziell sich
rechnet und zustandekommt, kann ich mir wohl vorstellen, daß eine ge-
wisse zusätzliche Exportförderung damit erfolgen könnte.
Bezüglich General Motors wird von Kreisky kritisiert, daß in einem von
Sozialisten herausgegebenen Handbuch der österreichischen Gesellschafts-
politik ein Artikel gegen dieses Werk geschrieben wurde, der übrigens
falsche Angaben bringt. Er erwähnt auch das Verhalten der Frau Lanc,
die jetzt in einem Artikel sagt, japanische PKW-Importe sichern tau-
sende Arbeitsplätze und richtet sich damit auch indirekt gegen GM.
Frau Lanc, der Innenminister ist nicht anwesend, hat neben ihrer Funk-
tion als Publicrelationmann für Zweiradindustrie jetzt auch die Ver-
tretung der Japaner Public Relations übernommen. Für mich ist dies ein
weiteres Beispiel, wie eine Frau, auch dann, wenn sie, was in diesem Fall
sicherlich gar nicht zutrifft, ihre schon seinerzeit durchgeführte Be-
rufsarbeit fortsetzt, in Kollision mit der Tätigkeit ihres Mannes, d.h
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in der Bundesregierung kommen muß. Kann ich die Berichte der anderen
Minister in der Vorbesprechung und im Ministerrat nicht mehr abwarten.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte was war dann noch los?
Bei der rumänisch-österreichisch Gemischten Kommission ergab sich eine
harte Diskussion. Die Außenhandelsstelle, Dkfm. Renner, hatte ein
umfangreiches Material vorbereitet über die Nichtbezahlung der Rumänen.
Eine Aussprache mit fast 10 österreichischen Firmenvertretern, die extra
nach Bukarest gekommen waren, ergab, daß etliche offene Fragen ohne der
mangelnden Zahlungsfähigkeit der Rumänen zur Debatte stehen. Die Rumänen
halten die Kontrakte nicht ein, erfüllen nicht Akkreditive, stellen
die gewünschten Kompensationen letzten Endes dann nicht zur Verfügung,
und haben vor allem vorgesehen, daß die einzelnen Handelsorganisationen
in sich ihre Exporte und Importe abdecken. Dies geht deshalb schwer,
z.B. hat mir Canoexport 85 % Exporte und 15 % Importe, kann das daher
leicht erfüllen. Technoexport , die Ersatzteile beschaffen sollen, haben
nur 25 % Export und brauchen 75 % Importe. Diese Frage habe ich sowohl
in der Gemischten Kommission als auch dann beim Finanzminister Gigea
und vor allem auch in der Außenhandelsbank zur Sprache gebracht. Über-
all hat man rumgeredet und erklärt, man sollte doch mehr Verständnis
österreichischerseits für die rumänische Situation haben und die Öster-
reichische Kontrollbank weitere Exporte finanzieren. Die Österreichische
Kontrollbank hat aber bereits einen Rahmen von 1,6 Mrd. S Garantieüber-
nahme und ist nicht bereit diesen zu erhöhen. Bei der Außenhandelsbank
sagte man, es gäbe nur für 47 österreichische Lieferanten Zahlungsrück-
stände, lt. Aufstellung der Außenhandelsstelle aber 110. Bezüglich der
der Kleinstlieferanten wird man jetzt die Bezahlung durchführen, be-
züglich der Großlieferanten hat man sich mit ihnen über neue Zahlungs-
modalitäten geeinigt. Dies gilt für Treibacher, VEW, Ratex, Veitscher
Magnesit, Planseewerke usw.
Die Rumänen hatten den Eindruck erweckt, als ob sie mit dem Interna-
tionalen Währungsfonds spätestens mit 1. Juni zu einem Arrangement
kommen werden. Die Bankenumschuldungsverhandlungen in New York und
soweit es sich um Garantiezahlungen wie z.B. Österr. Kontrollbank auch
bei den Umschuldungen in Paris handelt, laufen nach ihrer Information
und Mitteilung sehr positiv. Genau das Gegenteil, fürchteten alle An-
wesenden österreichischerseits, wird eintreten. Anzeichen gibt es leider
dafür schon.
Im Handelsministerium hat der Staatssekretär zuerst geglaubt, er kann
Österreich die Schuld geben, weil wir Importlizenzen nicht schnell
erledigen oder sie überhaupt nicht geben, riesige Zollbelastungen
eintreten usw. Ich konnte ihm natürlich anhand der konkreten Ziffern
genau das Gegenteil nachweisen. Das einzig Positive, das bei diesen
Besprechungen dann herausgekommen ist, war außer einem Protokoll, wo
sich die Rumänen verpflichten so schnell als möglich die Zahlungs-
schwierigkeiten zu beseitigen, das Dkfm. Renner von mir beauftragt und
damit akkreditiert ist, die Details mit den zuständigen rumänischen
Stellen zu besprechen und dann wo möglich so schnell wie möglich zu
bereinigen. Renner war darüber sehr erfreut auch der jetzige Botschafter
in Bukarest, der das erstemal eine Gemischte Kommission mit mir mitge-
macht hat, meinte, hier hätten sie jetzt eine gute Unterstützung be-
kommen. Dir. Roth von Voith hat bei einer internen Vorbesprechung ge-
sagt, es ist traurig, aber der Handelsminister muß sich jetzt als Zah-
lungseintreiber betätigen. Da ich meine einzige Funktion ja darin
sehe, den österreichischen Unternehmern und vor allem auch den Außen-
handelsstellen und Botschaften im Ausland mit meinem Besuch zu helfen,
finde ich dies alles als selbstverständlich.
Da Präs. Ceaucescu in China war, der mich sonst immer zu einer Aus-
sprache einlädt, wurde ich diesmal von Ministerpräsident Verdet gebeten.
Auch dort habe ich freimütigst darauf verweisen, daß diesmal die Ge-
mischte Kommission im Zeichen der Zahlungsschwierigkeiten steht. Er meint,
in der Vergangenheit hätten sie industrialisiert, jetzt müssen sie
sich konsolidieren, in der Zukunft wünschen sie ein positives Saldo
in der Handelsbilanz mit allen Staaten, um eben den Ausgleich der Schul-
den durch zusätzliche Lieferungen herbeiführen zu können. Dazu dienen
in den COMECON-Staaten die Clearings, bei den westlichen Staaten die
parter und Kompensationsgeschäfte. Die Situation hat sich aus der
internationalen Hochzinspolitik ergeben, mit den jetzigen Schulden,
die sie zurückzahlen, zahlen sie ja nicht nur ihren Bezug der Ware, son-
dern auch noch den Gewinn, der in diesen Waren steckt. Ich versuchte
bei all diesen Aussprachen immer wieder klarzustellen, daß wir ja mit
Rumänen keine politischen Differenzen haben und unsere politischen Be-
ziehungen problemlos sind, sondern ausschließlich die Wirtschaftsfrager
eben verbessert und geklärt werden müssen.
Diesmal hat die Gemischte Kommission nicht der von der Regierung beauf-
tragte Avram geleitet, sondern eben der Schwager von Ceaucescu Petrescu
der seinerzeit Vizeminister bei Avram war jetzt wurde Avrams Ministe-
rium geteilt, er behielt Maschinenbau, Petrescu bekam Elektronik und
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elektrische Industrie und ist auch gleichzeitig Vorsitzender der
deutsch-rumänischen Gemischten Kommission. Wie er mir dann im kleinsten
Kreis erörterte, urteilen die Rumänen sehr exakt, wer sich jetzt zu
ihnen freundschaftlich verhält. Die Deutschen haben angeblich alle
Lieferungen eingestellt, weil sie sie nicht bezahlen können und das
betrachtet Rumänien als einen sehr unfreundlichen Akt, den man nicht
vergessen wird.
Avram war dann am letzten Tag bei der Unterzeichnung doch anwesend
und hat mich aufmerksam gemacht, daß sie jetzt mit der Türkei ein
Ferry-boat-Abkommen abgeschlossen haben. Von Constanta soll nach
Trabisund resp. Samsun ein Roll-on/Roll-off eingerichtet werden, der
Kanal der die Donau wesentlich verkürzen wird und nach Constanta
führt, wird nächstes Jahr beendet. Dann wäre eine Transportmöglichkeit
in den Nahen Osten einmaliger Art geschaffen. Österreich sollte sich
daran beteiligen. Ich informierte die Rumänen, daß wir große Schwie-
rigkeiten der Irak-Belieferung von Holz gehabt haben und daß sehr wohl
eine entsprechende Aussprache diesbezüglich erfolgen sollte. Die Rumänen
schlugen trilaterale Gespräche zwischen Österreich, Türkei und Rumänien
vor, wenn die DDSG und das Verkehrsministerium damit einverstanden ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Fälbl soll Verkehrsministerium verständigen,
mich bitte mit Luczensky verbinden.
Avram hat den Eindruck, daß die Chinesen jetzt ihren Industrieausbau
zurückstellen werden, die vorgesehenen großen Eisenkombinate, die
Rumänien mit der VÖEST-Alpine machen würden haben keine Chance. Die
Japaner haben ihnen 5 bis 6 Mio. Kapazitätsausbau angeboten und Liefe-
rungen für 2 Mrd. $ durchgeführt, die jetzt rumliegen und nicht vollen-
det werden.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Apfalter verbinden.
Ich hatte auch Gelegenheit zwei Elektronikfirmen zu besuchen, VCE, ein
rumänischer, zuerst auf französischer Lizenz 72 errichteter Betrieb,
der Prozeßrechner Micro , Büro und Buchhaltungen, Taschenrechner usw.
erzeugt, ich habe den Eindruck fast hauptsächlich Assembling, obwohl
sie erklären, sie haben ihre eigene Technologie entwickelt und jetzt
weiter ausgebaut. 2100 Beschäftigte, davon 350 Ingenieure, 40 % Frauen,
ein Umsatz von 150 Mio. $ bei nur mehr 3 Mio. Importen, die Ziffer kann
hinten und vorne nicht stimmen. Angeblich 20 % Export, in Zukunft sollen
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es 40 % sein, insbesondere im Rahmen des COMECON und nach China. In-
teressant für mich war nur der Verdienst: 2300 Lei im Durchschnitt pro
Monat, mit 10 % durch Gruppenakkord noch zu verbessern, neu jetzt für
die ungeheuren Teuerungen eine Kompensation von bis 200 Lei, die Oberen
bekommen aber nichts dafür. Der Maximalverdienst ist 4000 bis 5000 Lei,
der Minimalverdienst bei 200 Stunden pro Monat 1700 Lei. Die 200 Stun-
den pro Monaten werden deshalb immer wieder angeführt, weil scheinbar
viele ganz einfach der Arbeit fernbleiben. Überraschend sind auch die
ungeheuer vielen Männer während der Tageszeit in den Straßen und auch
in den Kaufhäusern. Überall, wo man sich anstellen muß, stehen auch
Männer. Die zweite Fabrik war ein Joint venture zwischen US Control Data,
45 % und 55 % die Rumänen, deren Produkte werden ausschließlich in $
verrechnet, auch dann, wenn es sich um inlandsrumänische Lieferungen han-
delt. Der Umsatz ist 11 bis 12 1/2 Mio. $, 4 1/2 bis 6 Mio. $ werden ex-
portiert. 210 Beschäftigte, das Board besteht aus 4 Rumänen und 4
Amerikanern, einer der Generaldirektoren ist zwar auch Rumäne, zählt aber
nicht auf dieser Quote. Die Fabrik wurde 74 errichtet und hat 78 be-
reits einen Profit von 6 1/2 bis 11 %. Voriges Jahr waren es 1 Mio. $
netto vor Steuerabzug. Die Steuer beträgt 30 %; wenn der ausgeschüttete
Teil nicht wieder investiert wird, ist eine weitere Steuer von 10 % zu
bezahlen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Österr. Control Data, GD Matz, verbinden.
Abends konnte ich noch das Caldarusani-Kloster besichtigen. Leider wurden
die alten Fresken 1911 übermalt. Die Aufnahme war so wie überall sehr
herzlich. Weiter war interessant die Diplomatenerholungsstätte für den
Sommer in der Nähe Bukarest zu sehen. Dort verlangt man jetzt 3000 $
pro Monat für einen Bungalow, sodaß immer weniger Diplomaten dorthin
ziehen. In dem dort vorhandenen Hotel, ehem. Erholungsstätte der Aslan-
Klinik, ganz nett geführt, für ein 2-Bett-Zimmer bezahlt der Rumäne 92
Lei, der Ausländer 450.
Noch interessanter war es für mich wenn auch nur sehr kurz zwei Museen
zu besuchen. Das eine wurde vor 5 Jahren durch Gesetz gegründet. Pri-
vate Sammler haben dort "freiwillig" ihre Gegenstände dem Staat zur
Verfügung gestellt. Ungeheure Millionenwerke das zweite Museum war das
Nationalmuseum. Hier wurde zum 60. Geburtstag von Ceaucescu der Ober-
stock total geräumt und alle seine Geschenke, Orden und alles, was sich
sozusagen auf ihn bezieht, dort ausgestellt. Jedermann sagte mir, na-
türlich nur flüsternd, daß in Rumänien die größte Diktatur im Osten
64-0451
herrscht, nur bemerkt man sie nicht, so zumindestens als Außenstehender.
Ministerrat, 20. April 1982
Dallinger appelliert, daß Jugendliche eingestellt werden sollen.
BK schlägt vor, daß die Chefs der verstaatlichten Betriebe, der
öffentlichen Unternehmen (Bahn und Post), die zuständigen Minister
eine Konferenz über dieses Problem abhalten sollten. Es geht nicht an,
daß nur die Klein- und Mittelbetriebe sich als "Retter der Arbeitsplätze"
hervortun, geht auch Großbetriebe an.
Müssen uns sehr bald um eine populäre Darstellung bemühen (Petritsch
leistet die Vorarbeiten), die aussagt, was in den 12 bzw. 13 Jahren
der sozialistischen Regierung alles anders und besser geworden ist.
Wir müssen gegen den gezielten ÖVP-Pessimismus antreten.
Auslandsberichte über Österreich werden von ÖVP-Journalisten bewußt
negativ abgefaßt.
Müssen in Erinnerung bringen: haben Arbeitslosigkeit hintangehalten,
das Land von Grund auf modernisiert.
Der Bundeskanzler spricht sich zwar nicht ausgesprochen für seine
Wiederkandidatur aus, läßt sie aber unmißverständlich durchblicken.
Als möglichen Wahltermin nennt er den 24. April 1983 – was ein volles
Auslaufen der Legislaturperiode bedeutet.
Lausecker noch einmal zur Jugendausbildung: Nicht jeder ausgebildete
Jugendliche kann nach der Lehre damit rechnen, auch in seinem Beruf
unterzukommen, das heißt etwa für die Post: Monteure gehen als Briefträger.
Firnberg spendet lebhaften Beifall, regt Lehrlinge für den Universitätsbesuch
an.
Fast: Jedes Ressort müsse durchgehen, wo Ausbildungsplätze zu finden wären –
Bujatti? Vielleicht ist das aber bei uns auch schon gemacht worden.
Franzi Fast kommt auch auf die leere VEW-Werkstätte zu sprechen, die man
den General Motors zur Verfügung stellen könnte.
Löschnak erinnert daran, daß er dies alles im Auge gehabt hätte, Lehr-
stellen könnten nur dort sein, wo auch ausgebildet wird (warnt vor
Büro-Lehrstellen, die sollten hier nicht einbezogen werden).
64-0453
Es kommt auch die Unsitte der Baufirmen zur Sprache, Polen oder andere
Ausländer in alten Häusern zu beschäftigen.
Bundeskanzler will das nicht dramatisieren.
Pahr kommt auf das heikle Problem zu sprechen, das die Steyr-Werke
gebeten hätten den türkischen Landwirtschaftsminister einzuladen.
Haiden stellt die Frage, ob dies noch opportun wäre, da ja die
innenpolitische Situation in der Türkei hinlänglich bekannt ist.
Der Bundeskanzler wendet ein, daß dann, wenn Ecevit immer wieder einge-
sperrt würde, man die Einladung verzögern bzw. auf die lange Bank schieben
müsse.
Haiden meint, daß zwar die Steyr-Werke bereit wären den Türken einzu-
laden, dieser sich aber damit nicht zufrieden gibt.
Der Bundeskanzler berichtet dann über außenpolitische Fragen, wobei,
kurz gesagt, er die Gefahr weniger im Falkland-Konflikt sieht, sondern
vielmehr in der Entwicklung im Mittleren Osten. Da der Irak-Iran-
Konflikt nun anscheinend doch zu Gunsten des Iran ausgehen dürfte,
würde dies die Iranische Revolution stärken und die gesamte Lage in
den Golfstaaten gefährden. Von dort drohe daher größte Gefahr.
Zu einem anderen Problem Rösch: Nimmt Bezug auf eine Sitzung der
Dokumentationskommission, er möchte den Militärischen Datenverbund heraus-
nehmen.
Fast zur Polenhilfe: Ob man sie verlängern solle (Verdoppelung der Spenden).
Wird nicht verlängert.
In Erinnerung gebracht wird der 19. Mai, 10.30 Uhr, wo ein Autobus die
Regierungsmitglieder zu General Motors hinausfahren soll (damit keine
Mercedes parken). Die Besichtigung ist mit 12.30 Uhr beschränkt, den
Wünschen des Betriebsrates, in der Kantine zu essen, wird entsprochen,
wobei man lediglich einem kalten Buffet zustimmt. Offen bleibt, ob der
Wunsch des Betriebsrates nach anschließender Besprechung mit den
Regierungsmitgliedern erfüllt werden soll.
Der Bundeskanzler schießt dann auch noch die Johanna Dohnal an wegen
ihrer Aussage zur Waffenproduktion.
Johanna lenkt ein und stellt schlechte Berichterstattung fest.
Erklärt sich bereit ihre Rede zur Verfügung zu stellen.
Bundeskanzler kratzt wieder ein bißchen am Zwentendorf-Problem,
da die Umweltbelastung durch Kohle wieder ein wenig die Beatrix
aufregt.
Der Bundeskanzler warnt vor einer Kohleabhängigkeit von den
Vereinigten Staaten.
Löschnak bringt wieder die Notwendigkeit der Überstundenreduzierung
zur Sprache. Erinnert auch an den Verein für Gesetzgebungslehre,
dessen Aufforderung, beizutreten, die Ministerien bzw. Regierungsmit-
glieder entsprechen sollten.
Schluß des Ministerrates knapp nach 12.00 Uhr
Tagesprogramm, 20.–22.4.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Ergänzung 129. Ministerratssitzung, 20.4.1982