Mittwoch, 30. Juni 1982
Präs. Sallinger ersuchte meine Sekretärin unbedingt um einen Besuchs-
termin vor 9 Uhr. Er erklärte ihr, er ist schon am Wege herüber; da ich
sofort wußte, es handelt sich um das sogenannte Mittelstandsgesetz,
habe ich SC Jagoda über die Wünsche von Sallinger informiert und gebe-
ten dabei zu sein. Sallinger erklärte rundweg, Jagoda möge bitte nicht
beleidigt sein, aber muß unbedingt mit mir allein sprechen. Unter 4
Augen versicherte er mir neuerdings seine absolute Freundschaft und
meinte die Formulierung des sogenannten Gesetzes für die Klein- und
Mittelbetriebe müsse unbedingt auf die alte Formel, wie sie die Ex-
perten, Gen.Sekr. Schüssel vom Wirtschaftsbund und Präs. Mühlbacher
vom Freien Wirtschaftsverband, ausgemacht hatten im Gesetz wieder auf-
genommen werden. Ich sei, so vermutete er beleidigt, weil er mit Bun-
deskanzler Kreisky, ein Freund von ihm, wie er stets behauptet, ver-
handelt hat und dort ja die Zustimmung Kreiskys bekommen hat, wonach
das Handelsministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium prü-
fen soll, ob die Richtlinien für Förderungsaktionen auch für Betriebs-
mittelkredite in Angriff zu nehmen. Kreisky hat allerdings, wie ich
sofort erwiderte, einen Brief an Sallinger geschrieben, worin drinnen-
steht, daß er immer für die Klein- und Mittelbetriebe eingetreten ist,
daher das Gesetz und den Entschließungsantrag akzeptiert, vor Betriebs-
mittelkrediten allerdings gleichzeitig gewarnt hat. Da Sallinger die
Details des Gesetzes ja nicht kennt, in Wirklichkeit auch nur auf
Intervention Gen.Sekr. Schüssels gekommen ist, der ja stets die De-
tails kennt so wie auch in der Bundeskammer Gen.Sekr. Kehrer, ersuchte
er, ich sollte doch jetzt gleich mit Gen.Sekr. Schüssel, der im Vor-
zimmer saß, verhandeln. Damit war ich einverstanden und rief dann auch
gleichzeitig SC Jagoda. Die Verhandlungen ergaben dann, daß Schüssel die
Formulierung als Kompromiß vorschlug, die er bereits gestern mit Klub-
obmann Fischer vereinbart hatte. Der Bund hat nach Maßgabe dieses Bun-
desgesetzes sowie besonderer bundesgesetzlicher Bestimmungen und dann
kann nicht so wie bei allen Planungen, Programmen und sonstigen Maßnahmen,
sondern eben nur bei seinen wirtschaftspolitischen Tätigkeiten auf
die Stärkung der Unternehmungen im Sinne der Definition dieses Gesetzes
eben bedacht zu nehmen. Obwohl ich Klubobmann Fischer schon längst er-
mächtigt habe, ich könnte jede Formulierung des Gesetzes bringen und
er würde sie akzeptieren, habe ich allein, um Sallinger schon zu zeigen,
wie es bei uns genau zugeht und welche Disziplin herrscht, Klubobmann
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Fischer extra angerufen, ihm die Situation Sallingers geschildert und
Sallinger dann den Hörer übergeben. Dieser hat noch einmal darauf
hingewiesen, daß er diese Bestimmung unbedingt braucht und war sehr
glücklich dann zu hören, daß die SPÖ sie akzeptiert.
Wenn man bedenkt, daß Sallinger bei jeder passenden und unpassenden
Gelegenheit bei den Verhandlungen immer wieder erklärt, dieses Gesetz
bringt ihm sowieso nichts und er wird im Haus dagegen reden, in Wirklich-
keit aber alles daran setzt, von Kreisky bis zu mir rennt, um, wie ich
wirklich glaube, Kleinigkeiten zu ändern und zu erreichen, dann kann
er mir nicht einreden, daß ihm dieses Gesetz wirklich so egal ist.
Auf alle Fälle hat er mir jetzt neuerdings seine ganze Freundschaft
versichert.
Im konsumentenpolitischen Jour fixe von Staatssekretär Albrecht wurde
auch eine Einigung zwischen AK und ÖGB und ihr erzielt, daß man jetzt
den Entwurf des Gesetzes für gefährliche Produkte in die Begutachtung
schicken sollte. SC Jagoda hat vollkommen richtig und mit meiner
ganzen Unterstützung darauf verwiesen, daß dieser Gesetzentwurf nicht
Bestimmungen enthalten kann, die das Handelsministerium, insbesondere
die zuständigen Beamten dann nicht administrieren können oder wollen,
da sie wegen der Amtshaftung natürlich hier leicht belangt werden
könnten. Jagoda hat deshalb einen Beirat vorgesehen, der einstimmig über
die Vorgangsweise gegen diese gefährlichen Produkte beschließen müßte.
Ich denke mir oft, daß es wirklich nicht auszudenken wäre, wenn an-
stelle des nicht nur sehr tüchtigen und loyalen, sondern auch auf ver-
nünftige Kompromisse und Gesetze hinarbeitenden Jagoda jemand anderer
diese wichtige Sektion leiten würde.
Die Drogerie-Groß- und Kleinhandelsfirma Wallner & Neubert GesmbH
hat, da sie die Gesellschaftsform eben änderte, neuerdings das Dekret
zur Führung des Staatswappens von mir im Ministerium überreicht be-
kommen. Ich hätte auch gerne die Firma besucht, doch wünschte die
Firma die Übergabe sofort; da sie auch mit einer großen Anzahl von
Belegschaftsmitgliedern und dem Betriebsrat erschienen ist, habe ich
diesen Wunsch schnell und gerne erfüllt und nur dann abgelehnt an
einem Buffet, das irgendwo gegeben wurde, teilzunehmen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Warum hat die Firma eigentlich nicht gewollt,
daß ich in ihr Domizil komme.
Die beiden Geschäftsführer der Adria Hafenstudiengesellschaft mbH
Dr. Stemberger von Shell und Dr. Plöchl von der NEWAG berichteten mir
über den Abschluß ihrer Arbeit. Strengst vertraulich haben sie mir
auch einen Bericht gegeben, den alle Gesellschafter, VÖEST-Alpine,
Verbund, Stadtwerke Wien, NEWAG und Shell, bekommen haben, zur persönli-
chen Information; streng vertraulich wird diese ganze Angelegenheit
deshalb behandelt, weil die Gesellschafter jetzt doch insgesamt in die-
ser ein Jahr bestehenden Gesellschaft 2,6 Mio. Aufwendungen gehabt ha-
ben. Sie möchten natürlich nicht, daß jetzt unbefugte dritte in Kennt-
nis dieses Wissens, das gerade die beiden Geschäftsführer erworben haben,
kommen, Sie haben um die Vorbereitungsarbeiten für eine Beteiligung
am Triester Hafen begründen zu können die Adriahäfen untersucht, ins-
besondere Koper, dann aber vor allem auch die norddeutschen Häfen
Hamburg und Wilhelmshaven, und sind zur Überzeugung gekommen, daß Triest
nicht mehr diese Priorität hat, wie sie ursprünglich angenommen hatten.
Da bei der Kohle, die nach Europa importiert wird, die Fracht 75 % aus-
macht und der Grubenanteil nur 25, kommt der Fracht und vor allem der
Hafenumschlagsgebühr und sonstigen Kosten das größte Augenmerk zu. Da
die Fracht einen so hohen Anteil hat, spielt auch der Kaloriengehalt
der Kohle eine große Rolle; da die amerikanische um ca. 10 % gegenüber
der südafrikanischen besser ist, wird bei sonst eigentlich gleichen
Frachtbedingungen der amerikanischen Kohle der Vorzug gegeben werden.
Shell International, Kohlendepartement, hat auch in der Praxis erprobt,
ob die Jugoslawen, die ja bekanntlicherweise keine südafrikanische Kohle
kaufen, doch die Schiffe mit südafrikanischer Kohle sehr wohl in Koper
oder anderen Hafen entladen lassen. Für die Jugoslawen ist ausschließ-
lich nur die Flagge des Schiffes entscheidend. Sie prüfen also nicht
die Herkunft der Ware, die auf diesen Schiffen transportiert wird.
Auch der Hafen Constanta wurde geprüft. Dort kann es in weiterer Zukunft
zu einem rentableren Umschlag kommen als beim Mittelmeerhafen oder
Nordseehafen, wenn man weiß, welche Gebühren die Rumänen nach Fertig-
stellung des Donaukanals Konstanza verlangen werden.
Gescheitert ist die Idee, daß sich diese Gesellschafter dann an einem
Ausbau des Triester Hafens beteiligen, weil die italienische Regierung
beschlossen hat, den Triester Hafen für die Agip Carbone mit 50 % Anteil
zu übertragen, 50 % erhält Zanussi in Bartioni mit Präs. Matzer und 35 %
sollten höchstens für Ausländer reserviert werden. Die Verhandlungen mit
dem GD von Agip Carbone, Coffrini, ergaben eindeutig, daß diese Firma
nicht bereit ist einen Syndikatsvertrag, ja nicht einmal Arrangement
ship or pay abzuschließen. Die Italiener haben sich also jetzt selbst
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die Möglichkeit genommen, Gesellschaft und Kapital von Ausländern für
diesen Hafenausbau zumindestens aus Österreich zu beziehen. Die Stu-
diengesellschaft wird jetzt aufgelöst, eine ARGE verbleibt aber, die
weiterhin prüfen wird, wie sich die Situation in Italien und auch in
anderen Häfen entwickelt. Ich dankte den Geschäftsführern für ihre
Tätigkeit und insbesondere den Bericht und verwies darauf, daß damit
den Italienern bewiesen wurde, daß wir bevorzugt sie nicht nur behan-
delt haben, sondern auch mit ihnen zu einem Arrangement kommen wollten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächste Tavola Rotonda vormerken.
Das Arbeitsgespräch mit dem chilenischen Minister Danus wäre, wenn es
nach ihm gegangen wäre sehr kurz gewesen. Bevor er gekommen ist, gab
es vor dem Ministerium eine Demonstration von ca. höchstens 50 Leuten
gegen die chilenische Militärregierung, vielleicht hat ihn dies auch
innerlich getroffen oder verärgert, denn unsere Aussprache war sehr
offen und freundschaftlich, aber wie gesagt, von mir gesehen sehr kurz.
Ich habe daher die Projektliste, die ich ihm am Montag bereits über-
reicht habe, im einzelnen durchbesprochen. Vielleicht aber wollte er
auch über keine Details reden, um nicht in besondere Verlegenheit zu
kommen, weil er ja doch erst sehr kurz im Amt ist und befürchtet, daß
er alle Details nicht kennt. Bei seinem Gegenessen haben mir dann beide
chilenischen Botschafter in Österreich, der eine für die bilateralen
Beziehungen, der andere bei der UNIDO und sonstigen internationalen
Organisationen akkreditierte, versichert, daß der Minister über diese
Reise sehr begeistert ist, auch mit dem Ergebnis sehr zufrieden ist und
daß wenn er zurückkommt, sofort dem Präsidenten berichten wird. Aus
diesen Äußerungen entnehme ich, daß Danus doch entsprechende gute Be-
ziehungen zu dem Chef der Militärregierung hat. Der österreichische
Handelsdelegierte in Chile, der ihn die ganze Zeit begleitet, was für
ihn ein ungeheurer Vorteil ist, wurde von mir bei dem Gespräch als per-
sönlicher Vertreter vorgestellt, der für die Entwicklung der einzel-
nen Geschäfte jetzt verantwortlich ist. Wenn wir nämlich einen Groß-
auftrag von den zahlreichen Projekten, die von einzelnen Firmen bear-
beitet werden, in Chile bekommen können, dann wären die 150 Mio. S Passi-
vum, das wir jährlich im Handelsverkehr haben, sofort weg. Danus war mit
dieser Vorgangsweise sofort einverstanden, da ich ja auch gleichzei-
tig angeboten habe, daß ich jederzeit für den chilenischen Handelsdele-
gierten zur Verfügung stehe. Wie mir unser Handelsdelegierte dann
mitteilte, hatte ihm Danus dann auch noch das Du-Wort angeboten. Vom
österreichischen Standpunkt war daher dieser Besuch auch ein guter
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Erfolg.
Eine österreichische Firma geführt von Mayr-Melnhof, ein Sohn des
großen alten Mannes und bedeutendsten Unternehmers Österreichs, mit
seinem Dir. Hutter wollte auf Intervention Heindls, daß ich sie unbe-
dingt mit dem Minister bekanntmache; da ich dies ja auch jeder anderen
Firma gewähren würde, habe ich diese dann in meinem Zimmer zusammenge-
bracht und alleine gelassen, weil ich mich über die Einzelgeschäfte,
die dort besprochen wurden, nicht interessierte und auch eine andere
Besprechung hatte. Einmal mehr aber wollte ich beweisen, daß wenn sich
eine Firma an mich wendet, ich sehr wohl bereit bin jede Unterstützung
zu gewähren.
Der Verband der Ansichtskartenverleger hat jetzt ein sehr nettes Buch
um 150 S herausgebracht, wo er in Vierfarbendruck alte Ansichtskarten
des vorigen Jahrhunderts abdruckt. Ich glaube, daß dieses Buch, immer-
hin eine Auflage von 30.000 Stk., verkauft werden kann, die nostalgi-
sche Welle besteht noch immer, und daß damit wieder Propaganda in
Österreich gemacht wird. Darüber hinaus ist dieser Verband jederzeit
bereit, die Fremdenverkehrsaktivitäten, die auch ich immer wieder ver-
trete, zu unterstützen. Dafür habe ich ihm herzlichst gedankt. Ich
bin nämlich fest davon überzeugt, daß die 120 Mio. Ansichtskarten, die
jährlich erzeugt werden, in Österreich werden scheinbar auch viele impor-
tiert, denn nach Meinungsumfragen werden 150 Mio. in Österreich ge-
schrieben, die gezielteste Fremdenverkehrswerbung, die noch dazu die ÖFVW
nichts kostet, durchgeführt. Wenn angeblich nach Meinungserhebungen 4
Personen im Schnitt eine solche Postkarte sehen, bedeutet dies, daß
300 Mio. mal Österreich ganz gezielt in der Welt, aber natürlich ins-
besondere in Deutschland propagiert wird. Eine Wiener Postkarte wurde
von diesem Erzeuger bereits 1 Mio. mal gedruckt. Sie hat 8 kleine ty-
pische österreichische Punkte fotografiert, was für mich der deutlich-
ste Beweis ist, daß man eben recht viel von Wien mit einer Postkarte
dem Empfänger optisch mitteilen möchte.
Beim Mittagessen des chilenischen Wirtschaftsministers und meiner
Erwiderung zur Tischrede, wo er besonders die Schönheit Österreichs
herausstrich, habe ich dann allein, um die ÖVPler an diesem Tisch, auch
Gen.Sekr. Kehrer, der sich auch dann ein klein wenig mokierte, da-
durch gereizt, daß ich die Entstehung des Hotels Imperial schilderte.
Ich dankte nämlich für die Einladung in dieses Hotel und meinte, bis
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zum Jahre 1945 , Staatsvertrag, ist man nicht sehr gerne ins Hotel
Imperial gekommen, weil dort ja die sowjetische Kommandantur war. Da
dieses Hotel jetzt über 100 Jahre alt ist und im Rahmen der Pracht-
bauten und der Ringstraße sich gut einfügt, es war ja auch ein Palais
des Herzogs von Würrtemberg, meinte ich, die damaligen Saurier hätten
eben Gutes geleistet. Die Grünen der ÖVP, an der Spitze Vizebürger-
meister Busek und Stadtrat Mauthe, reden nämlich jetzt nur mehr von
Sauriern, die Österreich verbetonieren wollen und kommen dadurch in
immer größerem Gegensatz zu dem Handelskammerpräsidenten Sallinger, der
ja ein Baumensch, wie er sich immer bezeichnet, ist. Ich strich daher die
großen Bauleistungen der österreichischen Bauwirtschaft hervor, weil
ich wirklich glaube, daß man ein wenig dieser neuen Richtung in allen
Parteien Einhalt gebieten müßte.
Interessanterweise hat es dann spät abends im Couloir im Parlament auch
eine Diskussion zwischen, wenn ich so sagen darf, grünen Gesundheitsmi-
nister Steyrer und Landwirtschaftsminister Haiden auf der einen Seite
und Wissenschaftsminister Firnberg auf der anderen Seite gegeben, wie
mir diese erzählte. Sie hätte sich ursprünglich, wo noch gar niemand
anderer daran gedacht hat, dieses Problemes angenommen, aber jetzt muß
sie feststellen, daß man weit über das Ziel hinausschießt. Wem sagt
sie das.
Die Geschäftsführung der Schwelm Tankgerätebau, ehem. Leopoldsdorfer
Maschinenfabrik Strager, möchte bei Erdgaspipelineprojekten in der SU,
aber auch in Ungarn, wenn die Pipeline dort durchgeht, zum Zuge kommen.
Sie hat etliche Offerte gestellt, ich habe erklärt, daß ich jederzeit
bereit bin, wenn die nächste Gemischte Kommission entweder in Moskau oder,
wie beabsichtigt, in Wien stattfindet, Vertretern Gelegenheit zu geben,
mit sowjetischen Stellen Kontakt aufzunehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Firma entsprechend zeitgerecht dann
verständigen.
BRO Kopf von der Fa. Bauknecht und Finanzdirektor Musil erzählten mir
über den letzten Stand der Gespräche mit der Mutter in Deutschland. Der
deutsche Ausgleichsverwalter ist sehr geschäftstüchtig, er wird nach
Österreich kommen und seine Konzepte hier darlegen. Die beiden befürch-
teten, daß dabei Vorschläge gemacht werden, die die Lebensfähigkeit
der österreichischen Betriebe nicht gewährleisten würden. Insbesondere
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fürchtet man, daß doch auf dem Haushaltsgerätesektor Philips, wenn ich
so sagen darf, die Zuckerln kauft und herausnimmt und der verblei-
bende Rest dann bei Bauknecht unbedingt in Österreich zumindestens
früher oder später zugrunde geht. Selbst wenn nämlich die Markennamen
bei Bauknecht bleiben, wird durch die Übernahme des Vertriebsapparates,
wobei in Österreich ja gar keiner besteht, früher oder später die Pro-
dukte vom Markt verdrängen. Ich habe beiden zugesagt, daß wir uns
das Projekt noch ganz genau dann bei den Verhandlungen mit den
Deutschen anschauen werden, daß insbesondere SC Marsch, der ja die
Verhandlungen führt und bei dieser Besprechung natürlich auch dabei
war, mit ihnen jedes einzelne Detail noch besprechen wird und daß wir
uns dann noch vor der Aussprache mit den Deutschen und offiziellen
Sitzung zusammensetzen werden.
Die Getreidepreisverhandlungen und damit im Zusammenhang auch das
gesamte Getreidekonzept für das nächste Jahr konnte dann endgültig be-
schlossen werden. Der Verwertungsbeitrag wird von 19,5 Groschen auf
25 Groschen erhöht, allerdings für einzelne Sorten verschieden gestaffelt.
Der Preis für Normalweizen und Roggen wird für den Bauern netto um 10
Groschen, für Qualitätsweizen und Durumweizen um 12 Groschen erhöht, für
Mais um 9 Groschen und für Gerste um 5 Groschen. Eine furchtbar lange
Diskussion gab es dann über die Details der Getreidepreiseinlagerungs-
aufkäuferprobleme und sonstiger Maßnahmen, die das Landwirtschafts-
ministerium Jahr für Jahr verfügt. Ich selbst empfehle Landwirtschafts-
minister Haiden, nachdem er die größten Schwierigkeiten hat mit den
Bauern zurande zu kommen, er sollte ihnen ernstlich androhen, dann wird
eben diese Aktion und jene nicht mehr gemacht. Er war z.B. bereit so
wie in der Vergangenheit für 135.000 to Gerste ein Sperrlager zu er-
richten. Gleichzeitig wollte dann die Bauernvertretung und dann der
Handel, daß er auch noch für Mais ein Sperrlager von x-zehntausend to
zugesteht. Zum Schluß war die Erklärung Haidens, 135.000 to in Summe
wenn sie ein Sperrlager für Mais wollen, dann muß eben Gerstesperrlager
verringert werden. Zum Glück ist das Finanzministerium durch den für
das Landwirtschaftsministerium zuständigen MR Schultes immer sehr gut
vertreten. Wenn dort ein weniger aktiver und verantwortungsbewußter Be-
amter sitzt, würde es wahrscheinlich sehr oft schon zu Kompromissen
auf Kosten des Finanzministers kommen. Haiden selbst gibt zu, daß er
heuer 1 Mrd. S BÜG beim Finanzminister beantragen mußte und auch für das
nächste Jahr muß man mit 400 Mio. S neuerlicher Vergrößerung des Land-
wirtschaftsbudgets rechnen, weil allein aus den schon bestehenden zuge-
standenen Aktionen infolge des höheren Ertrages mit diesen weiteren Be-
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lastungen gerechnet werden muß.
Zu guter Letzt hat dann Gen.Sekr. Kehrer noch für die weiteren Verhand-
lungen über den Mehl- und Brotpreis deponiert, daß die Kleinhändler mit
den vorgesehenen Spannenerhöhungen nicht einverstanden sind. Wieder
würde die perzentuelle Spanne nur 1/4 % erhöht werden. Ich konnte Kehrer
allerdings nachweisen, daß wir seit dem Jahre 1976 stets ein 1/4
Prozent die Handelsspanne herangehoben haben. Meine Amtsvorgänger haben
durch Jahrzehnte diese Handelspannen unverändert gelassen und nur im
Anhängeverfahren kleine absolute Beträge dazugerechnet. Kehrer meinte
dann, das sei eben die Folge meiner Politik in der AK gewesen, wo ich
stark genug war, die Ministerien vor einer, wie er sagt, jetzt vernünf-
tigeren Lösung abzuhalten. Er mußte allerdings zugeben, daß tatsächlich
dieses kleinschrittweise Anheben der Spanne ein großer Fortschritt ge-
genüber meinen Amtsvorgängern ist. Vor allem intervenierte er aber auch
bei mir, daß man unbedingt den Bäckern Gelegenheit zu einer Aussprache
geben muß, was ich ihm natürlich sofort zugesichert habe.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte entsprechenden Termin vereinbaren.
Im Parlament stand primär die Schulorganisationsgesetznovelle zur
Debatte, immer wenn, wie ich es sage, Lehrerkirtag ist. Ob das im Budget
oder bei Gesetzen ist, sind ungeheuer viele Redner und daher dauern
solche Sitzungen besonders lange. Ich erkläre mir dies dadurch, daß
nicht nur bei der SPÖ der höchste Bildungsgrad, den man erreichen darf,
ein Lehrer ist, sondern daß eben im Parlament verhältnismäßig so viele
Lehrer sind, die alle bei dieser Gelegenheit sofort kommen müssen, daß
dann eben diese Sitzungen ähnlich wie bei der Landwirtschaft furchtbar
lange dauern.
Tagesprogramm, 30.6.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)