Montag, 6., bis Donnerstag, 9. September 1982
Offizieller Staatsbesuch des Bundespräsidenten in Deutschland, so wie
immer Begleitung des Außenministers Pahr und auch ich wurde jetzt schon
ganz automatisch von Kirchschläger dazu eingeladen. Dieser Besuch war
schon lange fällig, sowohl Schärf als auch Jonas hatten zum Unterschied
von der ersten Republik als Bundespräsidenten Westdeutschland besucht,
die Besuchsvorbereitungen haben verhältnismäßig lange gedauert, strittig
war, wie sich dann beim Besuch herausstellte, nur die Frage, welche
Länder in Deutschland besucht werden sollten. Bonn wollte, daß auch
Westberlin besucht wird, Kirchschläger hat, nachdem er gesehen hat, daß
außer den Staatsmännern der NATO-Länder andere westeuropäische Staats-
männer Westberlin auch nicht besuchten, erklärt, er würde vorschlagen,
Bremen als das kleinste Bundesland, außerdem noch sozialdemokratisch
regiert, und natürlich den Nachbarstaat und größtes Bundesland in Deutsch-
land, Bayern. Der Staatsbesuch verlief nicht nur reibungslos, sondern
auch äußerst freundschaftlich. Die einzige Frage, die insbesondere von
den Medien hochgespielt wurde, war, warum Kirchschläger nicht auch nach
Westberlin gefahren ist. Kirchschläger hat sich darüber mit Recht ein
wenig geärgert, denn, wie er bei den Pressegesprächen dann immer wieder
sagte, wurde vor ihm keineswegs über die Frage, warum andere Staatsober-
häupter nicht nach Westberlin fuhren, keinerlei Diskussion darüber ge-
führt. Die offiziellen Stellen hatten glaube ich für die Entscheidung
Kirchschlägers auch volles Verständnis, weniger die österreichischen
Journalisten, die mit waren, und vielleicht natürlich auch die westdeutschen
Medien.
Der Besuch fand in einer äußerst innenpolitisch kritischen Situation
statt. Diesmal waren nicht, wie es sonst bei Staatsbesuchen üblich ist,
große gemeinsame Sitzungen zwischen den beiden Staatsoberhäuptern unter
Anwesenheit der Minister statt, sondern nach der Ankunft in Bonn mit
entsprechendem militärischen Zeremoniell gab es einen Gedankenaustausch
zwischen den Bundespräsidenten Carstens mit Kirchschläger, noch in An-
wesenheit von Pahr und mir und dann splitterte sich sozusagen alles
auf. Kirchschläger hat dann teils mit Pahr, teils allein, einmal war
sogar auch ich dabei, mit den Parteiobmännern Gespräche geführt, Vize-
kanzler und Außenminister Genscher kam in Begleitung seiner Sekretäre
oder persönlichen Referenten zu einem richtiggehenden Frühstück, also
nicht das fälschlich immer so bezeichnete Mittagessen, sondern eben wirk-
lich um 9.00 Uhr früh und unterhielt sich mit Kirchschläger 3/4
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Stunden. Er erklärte sofort, daß es jetzt eine sehr innenpolitisch
große fragliche Zeit ist. Die FDP-SPD-Koalition entstand auf einer
Basis insbesondere gemeinsamer Außenpolitik und auch Innenpolitik,
strittig seien eben jetzt wirtschaftspolitische Fragen, insbesondere die
Staatsausgaben, und darüber würde eben jetzt verhandelt.
Kirchschläger hatte dann noch mit dem SPD-Obmann-Stellvertreter und
dann noch mit den CDU-Obmann Kohl allein ein Vier-Augen-Gespräch, mit
Bundeskanzler Schmidt hatte er vor dem offiziellen Mittagessen eben-
falls eine längere Aussprache. Kirchschläger hatte den Eindruck, Schmidt
hat ihm diesbezüglich angedeutet, es kommt jetzt zur Konfrontation
bei dem im Bundestag durchgeführten Bericht zur Nation. Zur aller Über-
raschung haben dann scheinbar die Parteigremien sowohl von der SPD als
auch von der FDP beschlossen, doch nicht bei dieser Konfrontation den
Bruch jetzt schon herbeizuführen, alles wartet die Hessener Landtagswahl
ab, dort wird die SPD schwer verlieren, ein weiteres Bundesland geht
garantiert der SPD verloren, fraglich ist aber auch, ob die FDP die
5 %-Hürde nehmen kann. Mit größter Wahrscheinlichkeit kommen Grüne in
den Landtag, die CDU wird aber dort der große Sieger. Durch die Ver-
fassungskonstruktion wird dann im Bundesrat die CDU-CSU eine solche
überwältigende Mehrheit haben, daß sie mit 3/4-Mehrheit alle Gesetze
des Bundestages zurückweisen kann, dann muß im Bundestag mit der sel-
ben Mehrheit ein Beharrungsbeschluß gefaßt werden, das dies nicht mög-
lich ist, steht von vorne herein fest, da die CDU-CSU dies jederzeit
verhindern kann. In Hinkunft können daher in Deutschland nur mehr Gesetze
beschlossen werden, die die Zustimmung der CDU-CSU bekommen. Damit ist
ziemlich klar, daß die Koalition auseinanderfallen wird. Die Frage, die
sich nur ergibt, wie soll es dann weitergehen. Die CDU-CSU würden am
liebsten Neuwahlen machen, um dann 4 Jahre Zeit haben zu regieren, die
FDP ist glaube ich jetzt ohne weiteres bereit, zur CDU-CSU umzuschwenken
und mit denen eine Koalition zu machen, wünschen natürlich aber jetzt
keine Neuwahlen, sondern möchten sich eben in den zwei Jahren dann als
Koalitionspartner der CDU-CSU profilieren. Bundeskanzler Schmidt erklärt
weiterregieren zu wollen, stellte auch nicht die Vertrauensfrage mit dem
Argument, er kann nicht alle paar Monate eine solche Frage im Haus stel-
len, die letzte im Februar hat er mit Hilfe des Koalitionspartners FDP
überstanden.
Kirchschläger fürchtete, daß er irgendwie in die innenpolitische Aus-
einandersetzungen einbezogen wird, wie es für uns als außenstehende den
Eindruck ergab. Zum Glück ist es dann nicht jetzt schon zu dem Krach
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gekommen und daher verlief alles viel reibungsloser als erwartet. Selbst
der Ministerpräsident Bayerns, Strauß, hatte zwar immer wieder Seiten-
hiebe nach Bonn gemacht und bei jeder passenden und unpassenden Ge-
legenheit seine politische Philosophie dargelegt. Insbesondere bei der
Ordensüberreichung an ihn freimütig bekannte er , daß er auf diesen
österreichischen Orden schon lange gewartet und ihn erwünscht hat, bei
dieser Gelegenheit hat er eine Rede gelesen, die alte Strauß-Härte ge-
genüber dem Osten, also genau entgegengesetzt unserer österreichischen
Politik, vortrug. Kirchschläger hat dann sofort sehr geschickt gekontert,
auf die verschiedene Lage Deutschlands und Österreichs verwiesen und
auf die verschiedene politische Denkungsart und auch Außenpolitik, jeder
dieser Staaten macht die ihm adäquate.
In den Programmen wurden wirtschaftliche Besichtigungen vorgesehen, in
Bremen war es die Hafenanlage. Dort gibt es den größten Containerver-
kehr. Bei dieser Gelegenheit diskutierte ich natürlich auch mit den
Direktoren resp. begleitenden Landespolitikern die Frage, wie weit der
Rhein-Main-Donau-Kanal für Bremen von Nachteil sein kann. Da der
Containertransport der schnellere ist und wahrscheinlich der größte
Teil davon wegen der Schnelligkeit wegen über die Bahn weitergefahren
wird resp. durch die Bahn zugefahren wird, wird kaum unter dem Rhein-
Main-Donau-Kanal leiden. Für diesen kommen ja doch im großen und ganzen
nur Massengüter auf langen Strecken transportiert in Frage. Daß es aber
eine gewisse Konkurrenz und damit eine Angst im Norden gegen den
Rhein-Main-Donau-Kanal gibt, ist ganz selbstverständlich. Strauß hat das
eben in seiner offenen brutalen Art eindeutig bei einem Abendessen
erklärt. In Bayern haben wir den Kanal von Kelheim bis Bamberg mit
Hubschrauber überflogen, dabei konnte ich feststellen, daß gigantische
Bauwerke, insbesondere Schleusens teilweise fertig, teilweise in Arbeit
sind, sodaß wenn man dieses Projekt jetzt stillegen würde oder, wie
es so schön heißt, in Nümberg qualifiziert beendet, dann diese Bauwerke
schleifen müßte und sozusagen neu begrünen. Daß dies niemand kann, steht
für mich fest. Der Kanal kommt, vielleicht wesentlich später als beab-
sichtigt, weil man ihn nur zögernd ausbaut, eine neue CDU-CSU-Regierung
insbesondere in Bonn kann gar nicht anders als diesen Wunsch Bayerns
dann beschleunigt zu erfüllen.
In Bonn war vorgesehen, daß ich einen Tag mit Wirtschaftsminister
Lambsdorff verbringe. Da er gerade einen Tag vorher, in der Zeitung
war es zu lesen, vom Bundeskanzler beauftragt war seine wirtschaftspoli-
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tische Konzeption, sprich, eigentlich der FDP bis zum nächsten Tag darzu-
Iegen, habe ich ihm, als er mit dem Hubschrauber angeflogen kam, sofort
erklärt, ich hätte volles Verständnis, wenn wir unser Programm ändern,
ich könnte die Besichtigung der Braunkohlenwerke allein durchführen, er
hat aber erklärt, es sei alles von ihm schon erledigt und eingeplant und
da er selbst auch noch nie bei den rheinischen Braunkohlegebieten war,
war er brennendst daran interessiert. Der Tagabbau ist in der Nähe
Kölns, auch sehr beeindruckend, ganze Dörfer werden umgesiedelt, die
Kohle wird mit riesigen Baggern herausgebuddelt, derzeit ist das Ver-
hältnis 3 Teile Abraum, 1 Teil Kohle, in Hinkunft werden die neuen Gruben,
eine solche wurde von uns auch überflogen, nur mehr im Verhältnis
6:1, also 6 Teile Abraum gewonnen werden können. Das neue Revier hat
riesige Investitionen von 7 Mrd. DM benötigt, 1970 geplant, 83 die erste
Kohle und 92 erst der Vollbetrieb. Die Braunkohle bekommt keinerlei
Subvention, sie kann nur steuerfreie Rücklagen bilden und hat 1,1 Mrd.
DM in ihren Bilanzen. Das Braunkohlegebiet gehört der Rheinwestfälischen E-Unternehmen , RWE, das an Ort und Stelle gleich die Kohle ver-
stromt. Die Umweltbelastung spielt eine große Rolle, derzeit gibt es
die Auflage 650 mg pro m² S02, jetzt wollen die Umweltschützer, und die
Bundesregierung hat sich dem angeschlossen, eine Verordnung mit 400 mg;
wenn dies zutrifft, erklärt RWE, sie könne es nicht erfüllen, Lambsdorff
hat dies auch aktenmäßig, wie er sagt, genau festgehalten und am Rande
bemerkt, dies ist nicht Stand der Technik. Derzeit gibt es eine kleine
Pilotanlage, RWE entwickelt auch neue Systeme. In der Nähe der Grube
Fortuna gibt es ein Kraftwerk mit 100 MW, jetzt wird eines bei Pfaffberg
Neurath mit 300 MW fertig, dort sollen mit dem Additivverfahren entspre-
chende Umwelt weniger belastende Methoden erprobt werden.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Ich habe entsprechendes Material ange-
fordert.
Die Arbeitsgespräche wie immer bei einem Arbeitsessen haben von öster-
reichischer Seite drei Probleme gebracht. Die Landwirtschaft möchte, daß
der Flaschenweinzoll gesenkt wird, dadurch könnte beim Abfüllen in
der BRD von österreichischen Weinen das jetzt vereinzelt vorkommende
Pantschen verhindert werden. Nach wie vor gibt es bei den Stahlpreisen
die österreichische Behauptung, Händler machen Dumpingangebote in
Österreich, Lambsdorff wieder erklärte, daß in Deutschland festgestellt
wird, daß österreichische Angebote tiefer sind als die vereinbarten
EGKS-Preise. Da im Inner-EG-Verkehr bereits die Händler in die EGKS-
Preisregelung einbezogen sind, wäre es auch der Wunsch Österreichs, daß
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dies nicht nur in der EG, sondern auch gegenüber der EFTA ergänzend be-
schlossen wird. Lambsdorff hat dafür Verständnis; ob die EG so etwas mit
der EFTA vereinbart, ist allerdings fraglich, ein dritter und immer
offener Punkt ist die Frage der Vereinfachung der Ursprungsregeln. Hier
ist die französische Regierung innerhalb der EG sehr unbeweglich, um nicht
zu sagen dagegen. Überhaupt wurde bei dem Essen festgestellt, es war
auch Staatssekretär Schlecht anwesend, daß die Hauptschwierigkeit
und die antiliberale Politik von den Franzosen immer stärker vertreten
wird.
Die deutsche Seite urgierte nach wie vor die Frage der österreichischen
Qualitätszeichen und "Aktion kauft österreichische Waren", hier gibt es
den Briefwechsel zwischen Lambsdorff und mir. Lambsdorff hat jetzt vor-
geschlagen, nachdem wir es direkt nicht lösen können, daß sich die Beam-
ten weiter damit beschäftigen sollen. Die zweite offene Frage sind
die öffentlichen Aufträge, wo immer wieder die deutsche Seite meint, daß
in Österreich ihre Anbieter benachteiligt werden. Auch darüber wird
weiter gesprochen, doch meint Lambsdorff, die beste Lösung wäre, wenn
die EG und die EFTA ein diesbezügliches Zusatzabkommen schließen
konnten.
Als Multilateral wurde nur die nächste GATT-Ministersitzung in Genf
besprochen. Dort möchte Deutschland, daß doch eine gewisse Schutzklau-
selregelung und vor allem auch Dienstleistung in die GATT-Regelung ein-
bezogen werden. Lambsdorff hat in Amerika festgestellt, daß Shultz sehr
positiv ist, Frankreich verhindert aber innerhalb der EG, daß es zu
entsprechenden positiven Beschlüssen kommt.
Die deutsche Seite hat dann noch erwähnt, daß jetzt in Bonn eine bila-
terale Beamtenkommission, alle Jahre treffen sich ja die höchsten Beamten,
mit einer Riesendelegation im Oktober zusammentritt, da ich die Unter-
lagen mir unverständlicherweise in Wien nicht bekommen habe, mußte ich
sie mir vom Handelsdelegierten Roth verschaffen. Besondere Probleme
gibt es aber auch wahrscheinlich bei diesen Beamtenbesprechungen nicht.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der BRD und Österreich sind in die-
ser Beziehung wirklich problemlos.
Meine alte Taktik war einmal mehr zu beweisen, daß offizielle Gespräche
zwischen der BRD und Österreich nicht notwendig sind, ich verweise ja
immer mit Stolz , daß ich jetzt, obwohl 12 Jahre schon Handelsminister,
noch niemals offiziell in der BRD gewesen bin. Jetzt muß ich allerdings
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dann wenigstens ergänzend sagen, daß ich einmal Gelegenheit hatte
den Bundespräsidenten bei der offiziellen Reise zu begleiten. Die inof-
fiziellen Gespräche reichen vollkommen aus. Die Beamtenbesprechungen
sind zwar mit einer umfangreichen Tagungsliste, aber meistens lauter
Kinkerlitzchen.
Am Rande gibt es dann immer wieder Probleme, besser gesagt, Problemchen,
der ehem. Verkehrsminister Leber hat mich ersucht, ich sollte doch bei
Lausecker neuerlich intervenieren, ob es nicht zweckmäßig wäre, von
Salzburg eine Frühmaschine nach Frankfurt zu schicken, die am Abend dann
wieder zurückfliegt. In Frankfurt kostet die Übernachtung mehr, weshalb
dieser Kurs gut ausgelastet sein müßte. Derzeit müssen die westlichen
Bundesländer, sprich OÖ und Salzburger, nach München fahren, um dort
eine Frühmaschine zu bekommen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächsten Ministerrat mitgeben.
Der Bürgermeister von Recklinghausen und Energiesprecher im Bundestag
Wolfram ersuchte mich, ich sollte bei Sinowatz unbedingt urgieren, damit
er bei seinem Staatsbesuch in Bonn Recklinghausen besucht.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächsten Ministerrat mitgeben.
Botschafter Pein in Bonn hat sich ausgedacht, es wäre ein kulturelles
Ereignis, wenn in München bei einem Konzert der Wr. Philharmoniker unter
Leitung von Bernstein der Bundespräsident diese Veranstaltung besuchen
würde. Da wir erst sehr spät angekommen sind, war ja klar, daß man nur
den zweiten Teil des Konzertes hören konnte, wir kamen zeitgerecht in der
Pause, die Philharmoniker sind in einer Delegation erschienen, um den
Bundespräsident zu begrüßen, bei dieser Gelegenheit habe ich mit ihnen
auch über die Auslandsreisen gesprochen. Die Philharmoniker fahren immer
wieder nach Japan und teilweise jetzt sogar nach Sofia mit Karajan. Hier
wäre dann insbesondere Japan eine gute Gelegenheit die Begeisterungs-
welle für Österreich auch kommerziell zu nützen. Die Philharmoniker
werden mir diesbezüglich ihre Auslandstourneen mitteilen, damit ev. die
ÖFVW oder sonstige Institutionen diesen good will, den wir dort erreichen,
entsprechend nützen können.
Im Konzert dann, wo ja Kirchschläger gar nicht offiziell empfangen
wurde, wir sind sozusagen in der Pause halt reingegangen, war Bernstein
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wieder so verärgert, daß man ihm wahrscheinlich nicht vorher dies mit-
geteilt hat, daß er nicht einen einzigen Blick zu Bundespräsident Kirch-
schläger raufgeworfen hat. Demonstrativ hat er sich überall hinver-
neigt, nur nicht auf unsere Seite. Dies war wieder eine Mißachtung des
Bundespräsidenten, also Verärgerung auf allen Linien. Überhaupt gab
es etliche Protokollfehler, Probleme oder wie immer man das bezeichnen
will. Obwohl ich natürlich mit Haffner darüber gekeppelt habe, berührt
es mich kaum. In Hinkunft muß ich nur vorsichtiger sein, denn niemand
glaubt mir sonst, daß es mich wirklich nicht berührt. Wenn ich aber
miterlebe, welche Bekleidungssorgen und sonstige Problemchen bei all
diesen Gelegenheiten auftauchen, so kann ich innerlich wirklich nur
lachen.
Bei der Rückfahrt im Schlafwagen haben dann die Journalisten ersucht,
ich sollte mit ihnen ein wenig über die Reise, aber vor allem über wahr-
scheinlich andere Probleme plaudern; da es sich in diesem Fall ja nicht
um die wirtschaftspolitischen Redakteure handelt, sondern um die Innen-
politiker, bin ich diesem Verlangen gerne nachgekommen. Wir diskutierten
über die Fragen der Energiebeziehungen resp. -probleme und auch halt
über den problemlosen deutsch-österreichischen Handel. Mein Hinweis, daß
ich sie ständig gerne und jetzt wieder zu meinem Montagpressegespräch
einlade, wurde dahingehend erklärend von ihnen festgestellt, daß sie als
Innenpolitiker nicht dazu kommen, sondern eben die Wirtschaftspolitiker
der Redaktionen. Da sie Innenpolitiker sind, hat auch Rauscher vom Kurier
mich allerdings schon vor dieser Aussprache gefragt, ob ich jetzt Prä-
sident des ÖGB werde. Ich habe ihm sofort entsprechen richtiggestellt,
daß dies eine sinnlose Frage ist, die Personalprobleme im ÖGB werden
prinzipiell immer nur vor den Gewerkschaftskongressen besprochen und
beschlossen. Präs. Benya hat ja auch bereits zu erkennen gegeben, daß
er neuerdings kandidieren wird.
Freitag, 10. September 1982
Dies war ein Tag für oder, wenn man so sagen will, gegen den Umweltschutz.
Morgens hatte Klubobmann Fischer Gesundheitsminister Steyrer, Ver-
bund-GD Fremuth und mich ins Parlament geladen wegen des Österreichi-
schen Nationalparks. Vorerst gab es aber eine heftige Diskussion, sehr
freundschaftlich, jeder will wirklich dem anderen helfen, aber es wird
kaum möglich sein eine befriedigende Kompromißlösung zu finden, in der
Frage der E-Werke. Ich berichtete von den Erfahrungen der größten E-
Unternehmungen Deutschlands, RWE, in der Frage von Schwefeloxidemission.
Steyrer ist fest davon überzeugt, daß die 400 mg SO2 pro m² Vorschlag
in Deutschland bald Gesetz wird. Er sei deshalb von den Naturschützern
und Umweltschützern hart attackiert worden, weil er die 850-mg-Verordnung
unterschrieben hat. Ich erklärte, daß als erster Schritt diese Dampf-
kesseldurchführungsverordnung ein großer Erfolg der neuen Umweltschutz-
politik ist. Ähnlich wie seinerzeit die Herabsetzung von Schwefelgehalt
im Heizöl als erster Schritt jetzt von allen anerkannt wird, muß man
eben die schrittweisen Erfolge entsprechend verkaufen. So lange wir uns
immer nur nach der Kritik der Umweltschützer richten, wird es niemals
ein befriedigendes Ergebnis geben. Die E-Gesellschaften, Verbund und
NEWAG haben sich jetzt auch mit der Gemeinde Wien über die Entschwe-
felung von Dürnrohr geeinigt, sodaß man auch dies positiv darstellen
muß.
Bezüglich der Einbeziehung der Umbalfälle in das Kraftwerkssystem
Osttirol habe ich die wahrlich nicht von mir veranlaßte Studie von IFES-
Leiter Gehmacher verwiesen. Auch Steyrer und Fischer, der heuer überhaupt
in Osttirol Urlaub machte, mußten mir bestätigen, daß tatsächlich jetzt die
Umbalfälle durch die Negativpropaganda so bekannt sind, daß dort jetzt
ein Massenauftrieb an Autos und Wanderern herrscht. Fremuth erklärte, daß
wenn die Umbalfälle und Gößnitz, die ja schon durch Naturschutzstellung
des Landes Kärnten sowieso ausfallen, nicht einbezogen werden, würde sich
der Strompreis von 14 S bei der Variante 74/3 auf 19.70 pro kWh erhö-
hen. Fischer konnte dies überhaupt nicht glauben, als er dann erfuhr,
daß die Verbund im Durchschnitt jetzt 60 Groschen pro kWh aus allen
ihren Kraftwerken erlöst und dabei noch ganz gut fährt. Kohlekraftwerk
würde jetzt ungefähr 1,05 die kWh kosten und ein Gaskraftwerk 1,20,
wenn man solche neu errichtet. Derzeit kann also niemand einen über
10 Mrd. Aufwand, mit der Verzinsung dann fast 20 Mrd. S Aufwand, für das
Osttiroler Kraftwerk vertreten, ohne nicht die notwendigen Wassermengen
zu bekommen. Gegen die Einbeziehung des nächsten, südlich gelegenen
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Schwarzenbachtalswasser wendet sich selbst Klubobmann Fischer als Na-
turfreundepräsident, er hat jetzt endlich erkannt, daß damit nur die
schönen Wasserfälle in Huben wesentlich beeindruckt werden. Die Osttiroler
Kraftwerke werden zwar weitere Varianten durchrechnen, aber nicht, wie
Fischer und auch Steyrer erwartet haben, in den nächsten Monaten schon
eine Sparvariante vorlegen, wo entsprechend die Umbalfälle unberücksich-
tigt bleiben. Ich glaube, wenn man in 5 bis 10 Jahren dann wird infolge
der gestiegenen Energiepreise neue Berechnungen anstellen, dann man
vielleicht zu einer Sparvariante kommen kann. Dies bezweifelt aber
nach wie vor GD Fremuth.
Da Steyrer und Fischer zur Arbeitsgruppe Ökologie der SPÖ gehen mußten,
wurde die Sitzung ohne konkretes Ergebnis beendet. Nach wie vor er-
klärte ich aber, daß das wirkliche Problem die Fremdenverkehrseinrich-
tungen sind, die die Osttiroler wünschen und daß Fischer so schnell als
möglich schauen soll zu einer verkleinerten Variante der Kernzone durch
Gesetz zu kommen, weil ansonsten die ganz große Gefahr besteht, daß
überhaupt nichts zustande kommt.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte die Einigung über Dürnrohr fest-
stellen.
Herr Holzer mit seiner Frau, die den italienischen Zirkus Metrano ver-
treten, beschwerten sich, daß dieser, aber auch die deutschen Zirkusse
Sarrasani, Busch, Krone entweder überhaupt nicht oder nur sehr schwer
in Österreich auftreten können. Dies ist darauf zurückzuführen, weil
der Zirkus Althoff als sogenannter österreichischer Nationalzirkus
von den Ländern ungerechtfertigt bevorzugt wird. Kärnten beschränkt die
Auftrittsmöglichkeit auf das Land, nicht aber auf die Landeshauptstadt
Klagenfurt. Oberösterreich macht Terminfestlegungen, Salzburg lehnt
überhaupt ab und meint, die Ostdeutschen seien schon hier und damit sei
der Bedarf mit dem Althoffzirkus gedeckt. Steiermark verlangt wieder
eine Gleichstellungserklärung der italienischen Regierung für österrei-
chischen Zirkus, der in Italien auftritt usw. SC Jagoda sieht mit Recht
die einzige Lösung, daß man mit den Ländern Gespräche führt, die Be-
hauptung, daß durch den österreichischen Nationalzirkus Althoff österr.
Interessen besonders geschützt werden müssen, im Zuge der Diskussion
wurde die Frage der Beschäftigung dahingehend erklärt, daß Althoff
selbst nur einen Sekretär und Public-Relations-Mann ständig beschäftigt,
alles andere hat sie angeblich nur vorübergehend aufgenommen, dasselbe
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machen auch teilweise die ausländischen Zirkusse, die Gewerkschaft
Kunst, freie Berufe, Prof. Gartner, würde mir dies bestätigen und wünscht,
daß ausländische Zirkusse nach Österreich kommen können, weil ansonsten
die Gefahr der nicht mehr engagieren österreichischer Künstler bei die-
sen Zirkussen besteht.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Prof. Gartner verbinden.
GD Wolfsberger von Siemens berichtete über die schlechte Situation in
der Kabelindustrie. Dort mußten bereits 10 % der Beschäftigten abge-
baut werden, heuer wird die Kabelindustrie trotz des Kartells, das sie
in Österreich haben, mit Minus letzten Endes abschließen. Wolfsberger
ersuchte mich, daß ich in der UdSSR, aber auch in Ungarn wegen Exporten
interveniere, was ich selbstverständlich zugesagt habe. Im vergangenen
Jahr konnte mit der UdSSR dahingehend eine Lösung gefunden werden, daß
sie Kabelaufträge für das Jahr 1982 auf 1981 vorgezogen hat. Wenn dasselbe
auch jetzt für 83 auf 82 erreicht wird, wäre die Kabelindustrie damit
zufrieden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte für Ungarn die Unterlagen bei Ministerprä-
sident-Lazar-Besuch bereithalten.
In der Direktoriumssitzung der ÖFVW berichtete Geschäftsführer Zolles,
daß die Auslandsurlaube in Deutschland sehr zurückgehen, auch der In-
landsreiseverkehr in der BRD ist in Bayern stagnierend nur durch das
gute Wetter bedingt an der Nord- und Ostsee sehr gut gewesen. Deutschland
wendet mehr für die Inlandswerbung auf.
Die österreichische Inlandswerbung hat die erweiterte Bundesländer-
sitzung der Fremdenverkehrsorganisationen der Handelskammer Kritik ge-
übt am Werbekonzept der ÖFVW. KR Scheiner und Dr. Schimka ersuchen
deshalb Zolles, er möge bei der Innsbrucker Messeeröffnung, vorher trifft
sich immer die Fremdenverkehrswirtschaft, entsprechendes Aufklärungsre-
ferat halten.
Überhaupt zeigt sich wieder einmal mehr, daß es notwendig ist die Ge-
schäftsführung stärker bei entsprechenden Tagungen, sei es der Länder
oder der Bundeshandelskammer, einzuschalten.
Dkfm. Kübler berichtet, daß die Abteilung Werbung jetzt in Abteilung
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Marketingkonzeption und Werbung umgetauft wird, im Prinzipiellen und
Materiellen wird sich gar nichts ändern. Immer wieder ergibt sich nur
die Notwendigkeit durch entsprechende Geschäftseinteilungsänderungen,
Abgang gewisser Beschäftigter in den anderen Staaten oder in der Zen-
trale werden solche Geschäftsordnungsänderungen notwendig. Ebenso ist
es notwendig in Deutschland jetzt für den ausscheidenden Maro eine
andere Konstruktion zu finden, auch hier wünschen die Ländervertreter
Hofrat Hlous und Tschach, daß sie früher informiert werden.
Zolles hat mir einen Brief geschrieben, und wir besprechen ihn in der
Direktoriumssitzung, ob wir nicht noch für heuer ein höheres Budget, durch
die Länder noch zu beschließen, durchsetzen könnten. Stadtrat Mayr
von Wien hat ihm diesbezügliche Hoffnungen gemacht. Übereinstimmend
herrscht die Meinung, daß wir dies zwar versuchen sollen, ich aber schlage
sehr konkret vor, daß der Budgetausschuß, der am 11. Oktober tagen wird,
sich nicht nur wegen des Budgets 83, sondern vielmehr wegen des Budgets
84 seine Grundlinien erarbeiten soll, damit man zeitgerecht dann bei
den Ländern eine entsprechende Budgeterhöhung für die ÖFVW anmelden
kann.
Die Länder, insbesondere Wien, Dr. Krebs, hat den Wunsch die Expositur
Rom, derzeit nur ein Auskunftsbüro, in Hinkunft Expositur zu nennen.
Wenn es bei den 2 1/2 Dienstposten bleibt, die jetzt in Rom existieren,
ist dagegen nichts einzuwenden. Die Gefahr besteht nur, daß dann er-
klärt wird, die Expositur braucht einen Expositurleiter und entspre-
chende Mitarbeiter, wodurch der Budgetrahmen für Rom und für die ge-
samten Auslandsvertretungen wesentlich gesprengt werden würde.
Da noch immer nicht feststeht, ob die Länder bereit sind für den Büro-
hauskauf in der Margaretenstraße die notwendigen Mittel aufzubringen,
da andererseits immer wieder erklärt wird, daß die Forderung der Versi-
cherung als Eigentümer zu hoch ist, wurde die Geschäftsführung beauf-
tragt, entsprechende andere Projekte zu untersuchen, 46 wurden einge-
reicht, 12 wurden besichtigt, in die engere Wahl kam die Schottenfeld-
gasse, mit 25 Mio. verhältnismäßig sehr teuer, eine weitere Investition
von 20 Mio. müßte noch geleistet werden. Die VEW wollen die Franz Josephs
Kais abstoßen, hier würde allerdings nur ein Teileigentum von 54 % ent-
stehen. Am Parkring und am Deutschmeisterplatz gab es weitere Projekte,
letzteres würde Intercontinental 30 Mio. verlangen und weitere Investi-
tionen wären notwendig. Das Direktorium beschließt neuerdings, daß man
so wie ich seinerzeit auch als erstes den Antrag gemacht hatte, alle
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weiteren Projekte untersuchen soll, um ständig den Bürogebäudemarkt zu
verfolgen, damit der Rechnungshof uns nicht vorwerfen kann, wir hätten
nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Wenn die Bundesländer aber nicht
bereit sind durch einen größeren Finanzierungsbetrag für den Kauf der
Margaretenstraße zur Verfügung zu stehen, dann bleibt sowieso nichts
anderes übrig, als in die Hohenstaufengasse zurückzugehen oder Marga-
retenstraße weiter zu mieten. Da die finanzielle Schwierigkeit mit den
Ländern sich nur vergrößert, keinesfalls aber verringert, rechnet nie-
mand mehr damit, daß es uns gelingen wird ein Finanzierungskonzept für
den Hauskauf zustandezubringen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe HK setzen.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB wurde neuerdings das Problem der Ein-
weggebindelösung, Verbotsgesetz, Pfandgesetz, Selbstbeschränkung usw.,
diskutiert. Tatsache ist, daß wenn es zu keiner vernünftigen Lösung
mit der Verpackungsindustrie und insbesondere den Produktionsbetrieben
für Einwegverpackung kommt, wahrscheinlich tatsächlich gewisse gesetz-
liche Verbotsmaßnahmen beschlossen werden müßten. SC Marsch macht da-
rauf aufmerksam, daß jetzt in der Weingesetznovelle die Chance besteht
eine sogenannte Flaschenpflicht zu statuieren. Derzeit kommen aus
Ungarn Weine in Kartons ähnlich den Milchverpackungen. Wenn sich sicher-
lich in absehbarer Zeit dieser neue Verteilerweg nicht durchsetzt,
glaube ich, daß für die Zukunft eine gewisse Gefahr insbesondere für
Massenwein durch eine solche Verpackungslösung weg von der Flasche hin
zum Karton besteht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte für Händler, Verpackungsgipfel, Weingesetz-
novelle, und davon betroffene Flaschenmengen feststellen lassen.
Das Beschäftigungsprogramm für die Septemberklausur wird im einzelnen
erörtert und von allen positiv beurteilt. Allerdings kennen nicht alle
die Details, die Handelsministeriumsvorschläge werden im Detail erör-
tert und akzeptiert. Die Biospritfrage ausgeklammert. Diese wird der
Landwirtschaftsminister entsprechend vorbereiten. Die Frage der Fremden-
verkehrsförderung, Übergabe der Hausaktion an die Bürges, Umstellung
auf Prämien, die jetzt in den Richtlinien bei der AK zur Begutachtung
sind, werden im Prinzip anerkannt, sollen aber noch mit den AK-Vertre-
tern offiziell erörtert werden.
Das Haustürgeschäft sollte durch ein Verbot der Keiler, zumindestens
für die Versicherungsberater und -agenten und die Vermögensberater und
-verwalter, eine Verordnung der Gewerbeordnung endlich inkraft gesetzt
werden. Die AK urgiert, daß bei dem Wettbewerbsausschuß, Vorsitzender
LAbg. Ebert, der Handelskammer nur langwierig die Verhandlungen weiter-
gehen. SC Jagoda erklärt sich zu einer solchen Vorgangsweise bereit,
meint allerdings, vorher wird er noch mit allen Interessensvertretungen
darüber verhandeln, denn im Konsumentenforum wurde der Beschluß ge-
faßt, daß alles, was auf diesem Sektor geschieht, vorher in Ausschuß-
beratungen, sprich, mit Interessensvertretungen abzustimmen ist.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte unterstütze Jagoda bei der Erledigung
dieser schwierigen Probleme
Dr. Koppe, VKI, berichtet über eine Aussprache mit Stadtrat Veleta über
die Preisauszeichnung bei der Messeveranstaltung. Die einzelnen Länder
handhaben eben ihren Bedürfnissen entsprechend für ihre Messen die Er-
mächtigung verschieden, deshalb soll jetzt doch wieder im Handelsmini-
sterium, ARGE Messen, dieses Problem besprochen werden. Dagegen habe
ich gar nichts einzuwenden, ich habe nur seinerzeit für die Delegierung
plädiert, weil ansonsten wir in der Zentralverwaltung den Streit über
die einzelnen Messen untereinander, ja sogar mit den Messen gegen die
Interessensvertretung oder umgekehrt hätten durchführen müssen, eine
solche Lösung erschien mir unzweckmäßig. Die Länder haben einmal den
näheren Kontakt zu den Messen und sollen daher mit den örtlichen
Interessensvertretungen insbesondere der AK die notwendigen Beschlüsse
und Lösungen finden.
Die Aussprache beim Bundeskanzler über Umweltschutzgesetz usw. be-
handelte nicht ein konkretes Gesetz, sondern um eine von Gesundheits-
minister Steyrer vorgelegte Punktation seiner aktiven Maßnahmen in der
nächsten Zeit. Beim ersten Punkt Berichterstattung ARGE, Ökologisches
Konzept, gab es bereits eine heftige Diskussion. In der Kreistagssitzung
dieser ARGE wurde bezüglich des Kernkraftwerks Zwentendorf als Kompro-
miß beschlossen, die Extremumweltschützer Cap und Vizebgm. Stingl von
Graz wollten eine Ablehnung der Atomkraft auf alle Zukunft, als Kompro-
miß hat Klubobmann Fischer dann vorgeschlagen, daß die SPÖ-Entschlie-
ßung bezüglich der 2/3-Mehrheit im Parlament weiterhin als Aufrecht gilt.
Kreisky lehnt dies entschieden ab, er meint, wir könnten uns nicht
durch diese Extremleute in der Kernkraft binden lassen, das einzige, was
er bereit ist zuzusagen, ist, daß wieder eine neue Volksabstimmung über
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die Entscheidung im Parlament durchgeführt wird. Wie diese Entscheidung
zustande kommt, ob der Verfassungsgerichtshof jetzt das Verbotsgesetz
aufhebt usw., will sich Kreisky unter gar keinen Umständen präjudizieren.
Ich habe seit je Kreiskys Meinung, die er allerdings erst in der letzten
Zeit formulierte, ebenfalls vertreten, daß uns nichts Besseres passieren
kann, als daß der Verfassungsgerichtshof hebt das Atomsperrgesetz als
verfassungswidrig auf. Dann braucht der Nationalrat überhaupt nichts
mehr beschießen. Kreisky verwies darauf, daß jetzt in der Schweiz eine
Naturschutzgesetzregelung gekommen ist, der auch die Antikernkraftwerk-
leute zugestimmt haben, Dort gibt es neue Sicherheitsfragenerkenntnisse,
die auch für Österreich bindend sein müßten.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte besorgen.
Die anderen Punkte bezüglich der Durchführungsverordnung zum Dampfkessel-
emissionsgesetz möchte Steyrer eine Absichtserklärung haben, daß wenn
der Stand der Technik sich verbessert, wir auch diese neuen Möglichkei-
ten dann einbauen, dagegen habe ich gar nichts einzuwenden, die Formu-
lierung allerdings, die er vorschlägt, wurde im Detail nicht mehr disku-
tiert und kann von uns wahrscheinlich so nicht akzeptiert werden.
Die anderen Punkte seiner langen Liste wurden im einzelnen gar nicht
durchbesprochen. Ich wehrte mich nur insbesondere gegen den Begriff
Umweltverträglichkeitsprüfung bei Großprojekten. Insbesondere sprach
ich mich dagegen aus, daß dieser Gesetzentwurf von Steyrer allein exe-
kutiert wird. Hier müßte ich auf alle Fälle versuchen mit Steyrer mich
zu einigen, daß eine sinnvolle und zweckmäßige Durchführung gewährlei-
stet wird. SC Jagoda soll sich mit dem neuen Sektionschef Bobek dies-
bezüglich einigen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Bitte Details mit mir noch vorher durchbesprechen.
Tagesprogramm, 6.–10.9.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm 6.–10.9. Rückseite)
Ministerrat, 7.9.1982
66_1045_03Tagesprogramm, 10.9.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm 10.9. Rückseite)