Montag, 2. Oktober 1982
Beim Jour fixe in der Handelskammer berichtete Sallinger mit großem
Stolz über seine Amerikareise, insbesondere die Eröffnung der vierten
Außenhandelsstelle in Houston. Der Süden, insbesondere Texas hat eine
wesentlich bessere Konjunktursituation als der Osten, diese 88.
Außenhandelsstelle ist in den Vereinigten Staaten wahrscheinlich
tatsächlich derzeit die wichtigste. Sallinger erwähnte auch, daß er mit
den amerikanischen Politikern gute Gespräche geführt hat, der distan-
zierte sich ganz entschieden von der ÖVP-Politik, dort besonders auf
den "ÖVP-Freund" Douglas. Mit den österreichfreundlichen Politikern
hätte er auch über die Embargoprobleme gesprochen. Ich glaube sicher-
lich nicht im Detail, denn diese Gelegenheit nützte ich sofort, um die
Schwierigkeiten der VÖEST-Alpine mit der 51 %-igen gemeinsamen ameri-
kanisch-österreichischen neuen Chipfabrik zu besprechen.
Die Amerikaner haben in dieser VÖEST-Joint-venture-Firma zwar die
Mehrheit, können aber jetzt durch Regierungseinspruch ihr technical
know how nicht einbringen. Auch Gen.Sekr. Kehrer war kaum informiert,
meinte nur, das könne man sich nicht gefallen lassen. Da die VÖEST-Alpine
aber bereits die Betriebsstätte die Betriebsstätte errichtet hat und
mit der Produktion beginnen muß und will, erscheint mir ein Justament-
Standpunkt des Handelsministeriums oder gar der Regierung für diese
VÖEST-Politik gerade nicht sehr förderlich.
Ich informierte Kehrer, daß es in der Frage des Vergabegesetzes es
jetzt im Parlament behandelt wird, gegen das die EG, die Kommission in
Brüssel schwerste Bedenken hat. Die Ausnahmegenehmigung von der Verga-
be im Falle einer volkswirtschaftlichen Benachteiligung, Arbeitsplatz-
sicherung, Zahlungsbilanznotwendigkeit, regionale Berücksichtigung
von Krisengebieten, läuft die Kommission Sturm. Kehrer teilt aber genau
wie ich die Meinung, daß wenn diese Bestimmungen aus dem Gesetz heraus-
kommen sollten, dies für die österreichische Wirtschaft katastrophale
Folgen hätte.
Ich informierte Kehrer, daß die Zugeständnisse der Handelskammer bezüg-
lich der gemeinsamen Abwehrfront für die Einweggebinde vollkommen unzu-
länglich sind. Dr. Farnleitner hat jetzt mitgeteilt, daß außer einem
Beratungsgremium in Wirklichkeit keinerlei konkrete Zugeständnisse mehr
von der Handelskammer gemacht werden können. Nicht einmal das Selbst-
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beschränkungsabkommen sollte erneuert und von mir aus auch mit Maßnahmen
versehen werden, daß es jeder einhalten muß. Kehrer meinte, die ver-
staatlichte Industrie, VÖEST-Alpine, 2 Liter Plastikflaschen, VMW Rans-
hofen, Aludosenneuproduktionen, hätten sich eben Subsistenzproduktionen an dieses
Selbstbeschränkungsabkommen gehalten. Kehrer war sehr erschüttert von
mir zu hören, daß dann sicherlich das Gesundheitsministerium über das
Sondermüllgesetz ein rigoroses Einwegflaschenverbot festlegen wird.
Kehrer meinte, dies sei ausschließlich meine Kompetenz und daher könnte
das Gesundheitsministerium hier nicht gesetzliche Maßnahmen treffen.
Hier irrt Kehrer, weil ich fest davon überzeugt bin, daß im Parlament
alle drei Parteien dem Gesundheitsminister nicht nur diese Ermächtigung,
sondern wahrscheinlich sehr wohl auch von ihm die entsprechenden ge-
setzlichen Bestimmungen verlangen werden.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND Burian : Bitte die entsprechenden Verhandlun-
gen fortsetzen.
Ich informierte Kehrer, daß jetzt die schriftliche Anfrage der beiden
ÖVP Abgeordneten Heinzinger und Riegler bezüglich der Durchführung zum
Dampfkesselgesetz und zum Forstgesetz vorliegt, dort wird von immer-
hin 2 prominenten Generalsekretären des ÖAAB und des Bauernbundes
eine wesentlich härtere Gangart verlangt, die Grenzwerte gehören alle
wesentlich herabgesetzt. Der Gesundheitsminister wird daher sicherlich
diesem Verlangen entsprechen und ich werde mich bei dieser demagogi-
schen Haltung der ÖVP nicht querlegen. Kehrer war sehr erschüttert und
wird sich sofort diese schriftliche Anfrage geben lassen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Unsere Stellungnahme mit den Interessensvertre-
tungen, insbesondere HK wortwörtlich abstimmen.
Ich informierte Kehrer, daß jetzt auf der Fernwärme mit allen Inte-
ressensvertretungen Kalkulationsschema ausgearbeitet wurde. Dadurch
wird jetzt die Delegierung an die Landeshauptleuten auch mit Zustimmung
der AK erfolgen können, da jetzt doch noch einheitlich in Österreich
vorgegangen wird.
Der Obmann der Gastronomie, KR Fröhlich hat bei der Interhoga bekanntlich
sich beschwert, daß von anderen Berufsgruppen Gewerbeordnungsübertre-
tungen in immer stärkerem Ausmaße festzustellen sind, ich schlug
Kehrer vor, wir sollten dies sozusagen kammerintern mit dem Handels-
ministerium still und leise bereinigen. Kehrer teilt sofort diese
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Meinung und meint er wird Dr. Kubka informieren. Wir vereinbaren, daß
SC Jagoda und Kubka die einzelnen Fälle ohne viel Aufsehen erledigen
sollten.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Bitte mit Kubka Kontakt aufnehmen
und fragen, wo Fröhlich Übertretungen festgestellt hat.
Gen.Sekr. Kehrer hatte bereits erfahren, daß die Gewerbereferententagung
sehr erfolgreich verlaufen ist und mir neuerdings bestätigt, daß
mit SC Jagoda es eine ganz hervorragende Zusammenarbeit gibt. Kehrer
ersuchte daher auch, ich sollte die allgemeine Maschinen- und Geräte-
Sicherheitsverordnung AMSV nach dem Ergebnis der Begutachtung noch
einmal mit der Handelskammer besprechen. Jagoda sollte ersucht werden
diese Gespräche dann mit seinen Fachleuten zu führen, die Handelskammer
behauptet, daß die jetzige Formulierung gegen das Elektrotechnikgesetz,
gegen das Kraftfahrgesetz und gegen die allgemeinen Arbeitnehmerschutz-
bestimmungen verstößt.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Ich habe selbstverständlich diese ge-
wünschte Zusage gegeben.
Ich berichtete Präs. Sallinger, daß in der ÖFVW die Gespräche über eine
Satzungsänderung derzeit gescheitert sind. LRat Bassetti erklärt, daß
er mit der von der Handelskammer vorgeschlagenen Lösung, die insbeson-
dere auch MR Würzl versucht hat den Ländern schmackhaft zu machen,
nicht einverstanden ist. Sallinger, der sich natürlich sehr ärgert
erklärte dezidiert, er wird noch einmal mit Bassetti sprechen, Kehrer
dagegen meint er hätte mit Syndikus Schimka und MR Würzl gesprochen
und gehört, daß derzeit eine Änderung eben nicht möglich ist. Für
mich ist das egal, weshalb ich auch die Erklärung Kehrers zur Kenntnis
genommen habe. Ich bin sehr gespannt ob Sallinger hier wirklich sich
gegen die Länder durchsetzen wird und die Wünsche der Bundeshandels-
kammer durchbringt. Derzeit schaut es nicht danach aus.
Im BKA fand eine Trauerfeierlichkeit für Staatssekretär Nußbaumer
statt. Kreisky hielt wie erklärt die kurze Ansprache, ich hatte ange-
nommen, daß dies dort eine Rede sozusagen vor versammelter Mannschaft
ist, in Wirklichkeit war es natürlich ein richtiges Staatsbegräbnis.
Der Sarg war im Kongreßsaal aufgebahrt, selbst der Bundespräsident
ist trotz seiner jetzt knapp überstandenen Grippe zu diesem Teil der
Trauerfeierlichkeit erschienen. Neben der Familie hatte man für ihn
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sogar einen Sessel bereitgestellt, er lehnt dies allerdings immer de-
monstrativ ab, sondern will in diesem Fall, wenn man so sagen darf,
sich auf die Seite der Regierung stellen. Kreisky würdigte den Verdienste
Nußbaumers und meinte einleitend gleich, die Wissenschaft wird noch Ge-
legenheit zur Würdigung haben.
Am Neustifter Friedhof hat dann der Gen.Sekr. der Akademie der Wissen-
schaft und Nußbaumers persönlicher Freund und Leiter des Institutes
für Statistik an der Uni Wien, der Name fällt mir nicht ein , die
Person und ganz besonders seine wissenschaftliche Leistung gewürdigt.
Nußbaumer selbst ist ja als, wenn man so sagen darf, Sozialpartnermit-
arbeiter der ÖVP im Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen, wo ich
ihn auch das erste Mal getroffen habe, als Präsident der landwirt-
schaftlichen Gesellschaft, als Präsident der Postsparkasse, des Staats-
schuldenausschusses usw. groß geworden, bevor er von Kreisky vor 5
Jahren in die Bundesregierung als Nachfolger von Veselsky geholt wurde.
Die Feier war ungeheuer würdig. Ich kann verstehen, obwohl ich per-
sönlich dafür überhaupt nichts übrig habe, daß sich sehr wohl manche
vorstellen können, es gibt nichts schöneres als wie im aktiven Dienst
zu sterben, um dann eben ein Staatsbegräbnis zu bekommen.
Prof. Heinemann, der nach der Ungarnrevolution nach Österreich gekommen
ist und derzeit auf der Montanuniversität Leoben über Öllagerstätten
und Ölgewinnung vorträgt, setzt sich sehr ein, damit ein Buch von
Staatssekretär Kapolyi über funktionelle und Systemanalyse der Prospek-
tion in Österreich erscheinen sollte. Ich habe sofort MR Sterk zu
dieser Besprechung geben , weil ich auch sehr gerne Staatssekretär
Kapolyi, mit dem wir ja bezüglich der Stromlieferungen und sonstigen
Energieprobleme immer wieder verhandeln, sehr unterstützen möchte.
Heinemann und Sterk sind der Meinung, wenn wir vielleicht 50 Exemplare
dem Springerverlag garantieren können, dann würde schon dieses Buch
in Österreich gedruckt werden. Die Übersetzung müßte Kapolyi durchfüh-
ren, der Druck würde ca. 100.000.-- S kosten. MR Sterk wird die not-
wendigen Verhandlungen mit Springer und insbesondere mit Heinemann
führen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte nächstes Jour fixe Fremuth setzen.
Botschafter Schramm von der DDR wollte unbedingt im Auftrag von Staats-
sekretär Beil von mir hören, ob jetzt die Öllieferung durch die VÖEST-
Alpine oder, wie die DDR lieber hätte, von der ÖMV erfolgen wird. Die
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Gespräche lt. Intrac-Mitteilung in Berlin sind mit der ÖMV sehr gut
gelaufen und man nimmt an, daß am 5. November die Endbesprechung eine
Liefermöglichkeit noch in diesem Jahr von 400.000 to sich ergeben wird.
Da ich genau weiß, daß die ÖMV eine solche überhaupt nur dann in Erwä-
gung zieht, wenn die 5 Mrd. S vom Staate der ÖMV garantiert werden,
wozu ein eigenes Gesetz notwendig wäre, erklärte ich Schramm sofort,
man sollte die Verhandlungen mit der ÖMV weiterführen, wird aber frü-
hestens für das Jahr 1984 eine Lösung finden. Da die DDR dringendst
diese Ölmengen braucht, gibt es keine andere Möglichkeit als so wie
bisher über die Intertrade, VÖEST-Alpine dieses Geschäft abzuwickeln.
Im Laufe der Diskussion bin ich dann draufgekommen, daß die DDR
deshalb die ÖMV bevorzugen möchte, weil sie noch immer hofft, von dem
ursprünglichen Vertrag, wo mit der Intertrade, wo sie noch 200.000 to
Option offen hat, daß diese tatsächlich noch ausgeliefert wird. Die
Intertrade dagegen beabsichtigt, und das mit meinem vollen Einverständ-
nis, diese 200.000 to Option nicht mehr zu erfüllen, der Vorteil einer
Option ist eben, daß man kann, aber nicht muß, und dafür eben die neuen
400.000 to aufgrund der Vereinbarung zwischen Kreisky und Mittag abzu-
wickeln. SC Meisl, der bei dieser Besprechung auch anwesend war, teilte
meine Meinung, daß die ÖMV sicherlich nicht so schnell die Ölliefe-
rung aufnehmen wird. Trotzdem empfahl ich Botschafter Schramm, weiter-
hin zwischen Intrac und ÖMV die Kontakte aufrecht zu erhalten und die
Gespräche weiterzuführen, für die Zukunft glaube ich wird die ÖMV doch
noch einmal auch Lösungen finden, die für die DDR akzeptabel sind.
Die Aussprache mit den Betriebsräten der GKB und der Direktion über
Liefermöglichkeiten von österreichischer Kohle an die E-Wirtschaft
war eine harte aber freundschaftliche Auseinandersetzung. Ich hatte
nicht zuletzt auf Wunsch der GKB bei der Grazer Messe darauf verwie-
sen, daß es unmöglich ist, wenn man in der Steiermark glaubt, die
GKB wird steirische Kohlen fördern und andere Länder werden sie dann
verbrauchen. Die steirischen Politiker gehen immer mehr dazu über,
den Forderungen der Umwelt- und Landschaftsschützer Rechnung zu tragen,
dies hat dazu geführt, daß in Mellach jetzt keine Kohle verheizt wird,
sondern man auf Gas umstellt. Für das Fernheizwerk Graz hat die
STEWEAG aber nur einen Vertrag auf 250.000 to, der bis März 83 läuft.
In diesem Vertrag wird sogar bessere Qualität den Steirern zugesichert
als die ÖDK für das Kraftwerk in St. Andrä bekommt. Der Grundvertrag
der ÖDK ist 700.000 to bei einer Gesamtproduktion von 1,9 Mio. GKB
Kohle will daher die E-Wirtschaft resp. die Fernwärme eine Basis.
Ab 1986 wird der Vertrag auf 1 Mio. to plus oder minus 10 % für die ÖDK
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erhöht. Ich verlange nun, da ja auch die Produktion der GKB ständig
ansteigt, daß die Steirer auch mehr Kohle übernehmen. Die GKB dagegen
wollte von mir nur haben, daß die E-Wirtschaft, sprich Verbund gezwun-
gen wird, mehr Kohle zu verbrauchen. Im Prinzip ist es mir vollkommen
klar, daß dies langfristig sowieso unsere Kohlepolitik sein wird.
Derzeit gibt es noch einen Jugoliefervertrag mit der ÖDK auf 400.000
to Braunkohle. Da jetzt das Kraftwerk Zeltweg auf Steinkohle umgestellt
werden soll. Die Verbund fährt kostenmäßig dann günstiger, machen sich
die GKB-Leute große Sorgen, daß sie ihre Braunkohle in Hinkunft verkau-
fen werden. Durch Vertrag ist sozusagen nur noch Voitsberg III, 800.000
to abgesichert. Die Voraussetzung, daß die E-Wirtschaft diese ver-
hältnismäßig schwefeligen Kohlen übernimmt, die Schwefelwerte liegen
wesentlich höher als bei der polnischen Steinkohle, ist aber, daß
eben die Politiker, ganz egal ob rot, schwarz oder blau, sich zum
österreichischen Bergbau bekennen und tatsächlich die Kohle verheizen
lassen. Der Grünanstrich der Politiker insbesondere in der Steiermark
hat dazu geführt, daß jetzt der Bevölkerung versprochen wird, man wird
so lange zuwarten, bis ein entsprechendes Rauchgasentschwefelungsver-
fahren gefunden ist. Abgesehen davon, daß dies Milliardenbeträge kostet,
ist es derzeit nicht Stand der Technik und kann daher von der E-Wirt-
schaft auch gar nicht eingebaut werden. Der Ausweg, daß man eben jetzt
das vorhandene und vielleicht auch in absehbarer Zukunft genügend
vorhandene Gas verheizt, ist meiner Meinung nach nur bedingt möglich.
Immerhin ist nach Berechnung der GKB der Mio.-kcal-Wert bei Gas
240 S und bei österreichischer Braunkohle in Voitsberg 190 S, wenn man
den Transport dann noch bis St. Andrä mit 17,3 dazurechnet, 207 S.
Das ist immerhin um etliches billiger als Gas. Ich ersuchte die GKB-
Vertreter, ob Gewerkschafter oder Direktoren, jetzt unmittelbar mit
ihren politischen Freunden und Organisationen zu reden, damit in der
Steiermark das Bewußtsein wiederkommt, wir müssen etwas für die
heimische Braunkohle tun, d.h. wir dürfen keine Bestimmungen verlangen,
die ein Verheizen unmöglich machen. Zuletzt habe ich natürlich den
Braunkohlenleuten zugesichert, daß ich, so wie in meiner 12-jährigen
Vergangenheit bis jetzt, natürlich die Interessen der Bergarbeiter und
deren Arbeitsplätze entsprechend verteidigen werde. Dr. Hille und
MR Sterk haben mir dezidiert nachher versichert, daß die Steirer nur
diese Sprache verstehen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte laß die Liefer- und Absatzmengen der
österreichischen Braunkohle deren kcal-Wert im Verhältnis zu Gas und Öl
zusammenstellen.
Tagesprogramm, 25.10.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)