Montag, 20. Dezember 1982
Der japanische Botschafter Yamato ist mit dem neuen Handelsrat
Tschisimaka im Auftrage seiner Regierung gekommen, um die Verlänge-
rung der Einfuhrkontingentierregelung zu protestieren. Ich habe versucht
ihm klar zu machen, daß sich seit Einführung dieser Kontingentierung
nichts geändert hat. Auch im heurigen Jahr werden wir über 9 Mrd. S
importieren und die Japaner lassen, obwohl sie behaupten einen voll-
kommen freien Markt zu haben, defacto uns nur für 2 Mrd. S Exporte
zu. Ich erklärte mit aller Deutlichkeit, daß zwar theoretisch ein
freier Markt in Japan besteht, aber europäische Firmen kaum eine Chance
haben auf diesen Markt zu kommen.
Da mich der Botschafter Yamato namens seiner Regierung schon vor länge-
rer Zeit eingeladen hatte und ich diese Einladung nicht ablehnen darf,
habe ich ihm zugesagt, daß ich nächstes Frühjahr nach Japan kommen
werde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn möglich, bitte Zwischenlandung, Hin- oder
Rückflug, in Teheran.
Beim Jour fixe in der HK traf ich im Zimmer des Präsidenten den Chef-
redakteur der Presse, Chorherr. Präs. Sallinger hatte mit ihm, wie er
mir nachher noch zornentbrannt mitteilte, eine harte Auseinandersetzung.
Die Presse hat durch ihre Berichterstattung über die österreichisch-
amerikanischen Beziehungen sehr den Unwillen nicht nur Kreiskys, sondern
auch vieler anderer, darunter auch der Handelskammer, erregt. Der ehem.
Militärberichterstatter Possanner, der jetzt als Pressekorrespondent in
den Vereinigten Staaten für die Presse tätig ist, hat eine unglückliche
Art zu schreiben. Als Militarist hat er gute Beziehungen zum Pentagon;
wenn er dort irgendetwas erfährt, schreibt er es gleich brühwarm, die
Folge davon ist , ist dann daß die Herald Tribune, also eine große ame-
rikanische Zeitung, diese Mitteilung über die Presse erfährt, groß auf-
macht und so eine Anti-Österreich-Stimmung drüben entsteht. Daran sind
vielleicht Teile der Österreichischen Volkspartei interessiert,
sicherlich nicht die Bundeswirtschaftskammer. Sallinger, der seit der
Übergabe des Lipizzaners Reagan besonders diese Goodwill-Aktion natürlich
auch innenpolitisch nützen möchte und besonders, wenn ich so sagen darf,
bei Kreisky sich einhauen will, ist über die Schreibweise der Presse
sehr empört. Staatssekretär Albrecht hatte größte Mühe ihn einigermaßen
zu beruhigen.
Als Kontra für diese Presseaktion hat mir Sallinger dann eine Kopie
eines Artikels in der Tiroler Tageszeitung von Dallinger gegeben, wo
dieser erklärt, die nächste Periode muß die Mitbestimmung verstärkt
werden und wenn sich die Sozialpartnerschaft dagegen wendet oder nicht
mitmachen will, dann muß man eben gegen diese entscheiden. Dallinger
ist für sie der Buhmann, fast würde ich sagen wie Possanner für die Re-
gierung.
Wir kamen dann mit Kehrer insbesondere auf das Problem der CoCom-Liste
und Durchführung zu sprechen. Sallinger teilte einleitend mit, daß
Kreisky ihn ersucht hatte, es möge ein Vertreter der Handelskammer mit
Staatssekretär Lacina nach Washington fahren. Sallinger konnte dieser
Einladung nicht ausweichen, hat aber dann entschieden, daß der Außen-
handelsreferent Gleißner zwar nicht zur offiziellen Delegation von
Lacina gehören soll, wohl aber mitfährt und in der Botschaft zur Ver-
fügung steht, wieder eine typisch halbherzige Entscheidung, die sich
aus der innenpolitischen Situation der Handelskammer ergibt. Sallinger
behauptet zwar immer wieder, daß er ausschließlich die Politik der
Handelskammer bestimmt, bei konkreten Maßnahmen aber versucht er doch
auf die ÖVP entsprechend Rücksicht zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit
habe ich ihn auch attackiert, daß jetzt der Gen.Sekr der ÖVP, Graff,
scheinbar die Außenhandelspolitik bestimmen will, in letzter Zeit
nämlich kann man feststellen, daß dieses eigentlich der Handelskammer
bis jetzt vorbehaltene Gebiet immer mehr von ÖVP-Spitzenfunktionären
indirekt attackiert wird. Graff hat heute in der Presse verlautbart,
daß eine neue Außenhandelspolitik notwendig sein. Graff versucht dies
zwar zu tarnen, indem er erklärt, man müsse die Klein- und Mittelbe-
triebe stärker in den Export einschalten, was übrigens ganz groß ge-
schieht, und hofft damit seine Kritik für die Handelskammer akzeptabler
zu machen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Man soll diese Attacken nicht durch-
lassen.
Bezüglich der CoCom-Verhandlungen erklärte Kehrer, daß jetzt auch für
GFM in Steyr die amerikanische Kontrolle resp. Ausfuhrbehinderungen
für die Handelskammer vollkommen unakzeptabel sind. Hier decken sich
die Auffassungen zwischen Kreisky, dem Handelsministerium und der Han-
delskammer vollkommen. Der Staatssekretär Lacina wird eine schwierige
Funktion in Washington haben, doch kann er mit der Unterstützung aller
tatsächlich rechnen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Lacina verbinden.
Ich informierte die Handelskammer über meine Aussprache mit Staatsse-
kretär Beil; da er nachher mit Präs. Sallinger und der Abg. Tichy-
Schreder ebenfalls gesprochen hat, ist jetzt die Mißstimmung zwischen
Sallinger und ihm endgültig bereinigt. Beim vorletztenmal nämlich hat
Sallinger, wie ich jetzt erst erfahren habe, einen großen Heurigenabend
arrangiert, dazu sogar aus Kärnten irgendwelche Sänger kommen lassen
und Beil hatte dann abgesagt. Ich persönlich kann das voll verstehen,
denn ich würde auch lieber nach Hause fahren, als mich dann spät abends
beim Heurigen sozusagen dann anstrudln zu lassen.
Mit dem Ergebnis, insbesondere daß anstelle der 700 Mio. S jetzt für
820 Mio. Konsumgüter bezogen werden, ist Sallinger natürlich sehr einver-
standen. Gen.Sekr. Kehrer hatte nur nach wie vor Bedenken, daß die
Finanzierung in der DDR auch für diese Geschäfte den Kreditrahmen sehr
überzieht. Nach angeblicher Information von der Redakteurin Palme be-
tragen die Schulden jetzt 46 Mrd. S, diese Ziffer stimmt aber garantiert
nicht. Der Referent für die finanzielle Abwicklung der Exporte, Sobotka,
hat dann dezidiert erklärt, daß jetzt die garantierten Schulden 27,4
Mrd. betragen, inkl. der 1,7 Mrd. für die ersten Ölraten. Insgesamt sollen
ja bis jetzt 350.000 to über die Kontrollbank finanziert worden sein.
Sobotka versprach mir dann sofort eine Aufstellung, die er dann im
Laufe des Vormittags dann noch geliefert hat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Warum haben wir solche Aufstellungen nicht
parat.
Die Verschuldung der DDR liegt allerdings höher als die 27 Mrd., weil
dazu noch nicht garantierte Kredite kommen, Kehrer z.B. bestätigte,
ohne daß er auch nur eine Zahl andeutete, daß er als Aufsichtsrat der
CA weiß, daß über den Europadollarkreditmarkt sich österreichische
Banken auch an Finanzierungen der DDR und anderen Oststaaten indirekt
beteiligt haben.
Das wirklich aber große Problem ist derzeit Jugoslawien, diese haben
eine Gesamtverschuldung von 20 Mrd. $, müssen in der nächsten Zeit
umschulden und verlassen sich ganz auf die Unterstützung der USA. Ich
glaube, daß auch tatsächlich die USA die Jugoslawen in diesen speziell
Fall nicht hängen lassen können und auch nicht wollen.
Der Handelsdelegierte von Guatemala hat dem dortigen Finanzminister
67-1486
Figueroa, der auf einen Deutschlandbesuch im Jänner 83 sein wird, ge-
beten, man sollte ihn auch nach Österreich einladen. Der österreichische
Botschafter in Mexiko, Kellner, hat gewisse Bedenken, das Außenministe-
rium, Schmid , aber meint, es besteht keine Schwierigkeit auch aus
Mittelamerika, wenn man so will, Militärdiktaturen Minister nach Öster-
reich einzuladen. Ich habe sofort erklärt, daß dafür der Finanzminister
zuständig wäre, bei einem Telefongespräch zwischen Salcher, Sallinger
und mir hat dann auch geklärt, daß Sallinger dann nach Rücksprache mit
Kreisky und Pahr bereit wäre, wenn diese zustimmen, den guatemaltekischen
Finanzminister einzuladen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wir brauchen uns hier nicht darum kümmern.
Im Journalistenfrühstück gelang es mir dann doch unter der Vorsitz-
führung von Albrecht die beiden Streithähne GD Malzacher, SDP, und
dem Sprecher des Forstes Orsini-Rosenberg beizulegen. Anfangs hatte es
den Anschein, wie wenn der Streit, der vorige Woche schon einigermaßen
beigelegt war, wieder voll aufflammen würde. Orsini wollte nämlich sei
Empfehlung, wenn SDP aus Kompensationsgründen Holz nach Österreich
bringt, dann würde man andere Marken im Forst bevorzugen, also Steyr
boykottieren, nicht zurücknehmen. Letzten Endes ist es aber dann doch
gelungen, daß beide erklärt haben, sie werden jetzt konkrete Gespräche
jetzt führen, ich selbst habe mich als Vermittler angeboten, wenn dies
notwendig sein sollte. Wein ein Streit beigelegt wird, hat der Streit-
schlichter immer eine gute Position und vor allem kann sich dann leich
wieder für zukünftige Auseinandersetzungen anbieten. Dies habe ich dann
natürlich auch gemacht.
SC Jagoda und MR Würzl berichteten dann über die neuen Förderungsricht-
linien für die Gewerbestrukturverbesserung und auch dann noch über die
Reduktion der Kreditobergrenze für geförderte Kredite. Diese wurden
jetzt noch einmal um 3/4 % gesenkt, wir nähern uns jetzt schon sehr
der Automatikklausel, die sagt, 1/2 % über dem nominalen Bundesanleihe-
zinsfuß sollte die Kreditobergrenze betragen.
Vom Handelsministerium Ref. Schandel vor allem RR Turecek vom Österrei-
chischen Statistischen Zentralamt berichteten dann über den Energie-
endverbrauch in den ersten 3 Quartalen. In Summe wurden bis jetzt
3,8 % Energie weniger verbraucht als im Vorjahr in den ersten 3 Quar-
talen, dies ist eine beachtliche Leistung, was aber meiner Meinung nao
noch viel beeindruckender ist, daß wir jetzt im Jahre 1982 um 2 % we-
niger verbrauchen werden als vor der Ölkrise 1973.
Die Vertreter der Vereinigung Greenpeace haben bei uns wegen dem Import
von Robbenbabyfellen protestiert. Da diese Felle liberalisiert sind,
kann ohne eine Gegenposition anzubieten dagegen auf dieser Basis nichts
unternommen werden. Wir einigten uns dann darauf, daß MR Bachmayer, der
ja sehr geschickt agiert, bei der österreichischen Botschaft in Kanada,
aber auch in Brüssel feststellen wird, welche Maßnahmen tatsächlich
jetzt die EG gegen diese Tötung der Tiere unternimmt.
Die Zeitschrift 3A hat eine Roundtablekonferenz über Videorekorder-
kontingentierung ins Hotel Modul geladen. Dort haben die Importeure,
wie nicht anders zu erwarten, gegen eine Kontingentierung ausgesprochen,
die Produktionsindustrie, sowohl Philips, Grundig, Siemens, ITT, dagegen
waren unbedingt für die Beibehaltung der Kontingentierung. Aus der
stundenlangen Diskussion kann ich nur sagen, wurde dann zum Schluß
dahingehend, ohne daß es ausdrücklich bestätigt wurde, eine gemeinsame
Auffassung gewonnen. Wahrscheinlich wird die Handelskammer einer Ver-
längerung der Kontingentierung zustimmen. Der Importhandel würde sich
nämlich damit abfinden, ganz entschieden spricht er sich aber gegen die
Ausdehnung der Kontingentierung auf portable Videorecorder aus. Ich
habe den Industrievertretern in einer kleinen Aussprache klargemacht,
daß sie unbedingt darauf drängen müssen, daß die Handelskammer einen
diesbezüglichen Antrag an das Handelsministerium stellt. MR Fischer hat
mir nämlich klargemacht, daß wir bis jetzt immer nur aufgrund eines
Antrages der Handelskammer solche Maßnahmen gesetzt haben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe HK setzen.
Tagesprogramm, 20.12.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)