Mittwoch, 12. Jänner 1983
Die beiden Vorstände der Illwerke Dr. Reich und Dr. Peter haben gestern
vor dem Rechnungshofuntersuchungsausschuß ausgesagt. Dort haben sie
mit Rechnungshofpräsidenten Broesigke bezüglich der Beschuldigung und
des Regresses über den ehem. Vorstand Berchtold Broesigke einen Kom-
promißvorschlag gemacht. Die Illwerke haben 4 1/2 Mio. S Pension von
Berchtold zurückgehalten, derzeit 37.500 S pro Monat, vom zweiten
Vorstandsdirektor Wirnschimmel, unheilbar im Irrenhaus des Landes,
1 Mio S. Diese 5 1/2 bis 6 Mio. S würden sie nun als Wiedergutmachung
von Berchtold und Wirnschimmel als verfallen erklären. Ein Kompromiß
erscheint ihnen zweckmäßig u.a. gegen den jetzt laufenden Prozeß des
deutschen Abnehmers RWE und VES Zeugenaussagen von anderen Bediensteten
der Illwerke, Pretun und Turnher notwendig wären. Diese könnten aber
bei einer Prozeßführung gegen Berchtold nach wie vor veranlaßt werden
nicht ihre wirklichen Aussagen, die sie machen könnten, gegen RWE zu
machen. Berchtold wieder könnte sich z.B. in der Abfertigungsfrage,
er hat 17 Monate von den Vorarlberger Kraftwerken und 17 Monate von
den Illwerken bekommen, sich auf die selbe Abfertigung vom ehem. GD
der Verbund Hintermayer berufen. Da von RWE 60 Mio. S pro Jahr Mehr-
zahlung eingeklagt wird, stehen diese Summen in keinem Verhältnis zu
den ev. größeren, die Berchtold vielleicht vor Gericht verurteilt wird,
an die Illwerke zu bezahlen. Reich, der Sprecher der beiden und gleic-
hzeitig auch der ÖVP-Vertreter im Vorstand, glaubt daher dieses Kompromiß,
daß auch namens des Peter gemacht hat akzeptieren zu können. Auch
Rechnungshofpräsident Broesigke war damit einverstanden. Ich erklärte
daher sofort, daß damit die zuständigen Organe Aufsichtsrat und Eigen-
tumsvertreter Verbundgesellschaft zuständig sind. Wenn diese diesen
Kompromiß akzeptieren, ich selbst hätte dann ebenfalls nichts dagegen.
Grossendorfer hat dann sofort GD Fremuth informiert. Dieser hat ver-
anlaßt, daß eine Aufsichtsratssitzung, wie er mir dann beim Festakt
100 Jahre Bestehen österreichischer Postsparkasse mitteilte, sofort
einberufen wird. Auch er könnte sich vorstellen, daß ein solcher Kom-
promiß die zweckmäßigere Lösung ist.
ANMERKUNG FÜR ZLUWA UND GROSSENDORFER: Was sagt MR Burian als Auf-
sichtsratsvertreter der Illwerke dazu.
Die Vertreter der Siegendorfer Zuckerfabrik, Vorstand und Betriebsrat,
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intervenierten damit sie doch einen höheren ERP-Kredit für den Diffu-
sionsturm, Investitionssumme 68 Mio. S, bekommen. Ursprünglich waren
dafür 24 Mio. in Aussicht gestellt, jetzt sollen es nur 15 Mio. werden.
Dr. Mandl wird sofort mit dem ERP-Büro darüber verhandeln. Insgesamt
hat die Zuckerfabrik schon 56 Mio. für die Kesselanlage, für die Schlep-
peranlage 12 Mio., für das Lager 15 Mio. investiert. Die Tullner als
neue Besitzer von Siegendorf unternehmen durch die Investition alles
um diesen Betrieb auszubauen.
Natürlich kam bei dieser Gelegenheit die zweite Zuckerfabrik in Bruck,
an der die Landwirtschaft besonders jetzt beteiligt ist zur Sprache,
die dortigen 250 Beschäftigten werden auf die Dauer nicht gehalten
werden können, diese Zuckerfabrik müßte rein betriebswirtschaftlich
kalkuliert gesehen schon längst sperren. In Bruck wird auch nichts mehr
investiert, der einzige Ausweg ist, dort eine Biospritanlage zu errich-
ten, dadurch könnte aber mit der weiteren Zuckerübernahme Beschäftigte
maximal die Hälfte der jetzt Beschäftigten unterkommen.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Dr. Mandl sollte mit den Parlamenta-
riern klären welche Biospritproduktion jetzt die zweckmäßigste ist.
Dir. Reh von Berlin berichtete mir, daß jetzt 30 bis 50.000 to Zucker
kaufen werden. GD Wolf wird am 19. Jänner nach Wien kommen. MR Tschach
wird ihn empfangen und gleichzeitig den Zuckerexporteur Mauthner, der
im Auftrag der Zuckerindustrie alle diese Zuckerexportgeschäfte ab-
wickelt, diesen mit Wolf zusammenbringen. Reh stellte eindeutig fest,
daß eine Kreditgewährung von 360 Tagen gegeben werden muß. Ich habe
telefonisch die diesbezügliche Zustimmung von Fritz Mauthner eingeholt.
Dieser sagte mir, daß es kaum dabei Schwierigkeiten geben wird. Nur
das Finanzministerium, MR Staringer wird dazu zustimmen müssen.
Staringer habe ich ebenfalls bei der PSK-Jubiläumsfeier getroffen und
ihn diesbezüglich angesprochen. Er erklärte sofort, da ja ähnliche und
teilweise sogar längere Kreditzusagen gegeben wurden, mit 360 Tagen ein-
verstanden zu sein.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte MR Tschach, damit der Mauthner verständigt
informieren.
Reh erklärte mir, im 1. Quartal werden für 3 1/2 Mio. S Stubaier Werkzeuge
gekauft. Staatssekretär Beil hat ihn beauftragt, dies mir ausdrücklich
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jetzt als endgültige Zusage mitzuteilen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Stubai verständigen.
Im ersten Halbjahr werden wir 14 Mio. S Kakaoerzeugnisse sprich also
Heller-Bonbons, Prinzen-Keks, Pralinen, wie die Deutschen sagen usw.
gekauft . für 3 1/2 Mio. S Tee.
Auch Wein, im Vorjahr 7 Mio. S, sollen bis zu 15 Mio. S exportiert werden
können. Diesbezüglich hat Beil mit Präs. Sallinger Gespräche geführt.
Dieser hat insbesondere die Fa. Tichy-Schreder als Exporteur gewünscht,
die von dieser Firma verlangten Preise, 32 S pro Flasche werden keines-
falls bezahlt. Die DDR stellt sich einen Bouteillen-Preis von 10 S
pro Liter vor. Über die Preise erklärte ich, könne ich keine wie immer
geartete Aussage oder Zusage machen, hier seien die Qualitäten viel
zu unterschiedlich.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was ist mit der Untersuchung über die Tichy-
Schreder-Vorwürfe im Nationalrat über Zollabfertigungen geworden.
Staatssekretär Beil hat mich mit Brief, vom deutschen Botschafter über-
geben zur Leipziger Messe eingeladen. Reh urgierte, ich selbst erklärte,
daß ich diesmal infolge der jetzt vorverlegten Gemeinderatswahlen unter
gar keinen Umständen kommen könnte. Reh wird dies neuerdings mit Staats-
sekretär Beil besprechen und mir dann Bescheid sagen.
Für die beiden Firmen Integral, Projekt 40 Mio. S und vor allem Waagner-
Biro, 700 Mio. S habe ich bei Reh interveniert und gleichzeitig entspre-
chende Briefe an Staatssekretär Beil übergeben.
Der Sohn des Botschafters Matsch hat die Idee, eine Fernsehsatelliten-
sendung nach Österreich zu bringen. Warum er mir dieses Material auch
übergibt ist mir nicht klar, da er genau weiß, daß ich damit überhaupt
nichts zu tun habe.
Dir. Matousek und vom deutschen VW-Konzern Wiedemann, der die Entwicklung
der Wärmepumpen dort gemacht hat, wird alles vorbereitet für die morgi-
ge Vertragsunterzeichnung. Bei einer Aussprache mit den beiden erfahre
ich, daß das Wärmepumpenprojekt, bisheriger Aufwand 50 Mio. DM, von VW,
Matousek liebstes Kind jetzt ist. Er ist davon fest überzeugt, daß
5.000 bis 10.000 Stück in Österreich produziert werden können. Damit
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besteht die Möglichkeit allein in der Produktion bis zu 600 Leute zu
beschäftigen, darüber hinaus wird durch den Kundendienst und Service
auch noch eine beträchtliche Anzahl von Beschäftigten kommen. Da Matousek
sich jetzt voll dahinterkniet bin ich überzeugt, wird aus diesem Pro-
jekt sicherlich etwas werden.
Beim Festakt 100 Jahre PSK begrüßte Gouverneur Nößlinger, Finanzmini-
ster Salcher wünscht der PSK, die für ihn ja nicht nur die Bank ist wo
alle Budgets abgewickelt werden, sondern auch noch die österreichischen
Staatspapiere herausgegeben werden, weiterhin eine so gute Zusammenarbeit
wie in den vergangenen Zeiten. Auch Bundespräsident Kirchschläger
streicht die Bedeutung der Österreichischen Postsparkasse heraus. Der
Vorsitzende des Verwaltungsrates, Univ.-Prof. Frisch hält eine sehr
gute Festrede. Sogar Bundespräsident Kirchschläger fragt mich, wer
dieser Mann, ein guter Freund von mir, ist, ich erkläre, daß er an der
Technischen Hochschule in Wien Ökonomie lehrt und seine ökonomischen
Grundsätze auch von mir als Keynesianer, der auch er ist, vertreten
werden.
Abends beim Empfang in der PSK selbst sind derartig viele Leute, daß
man kaum sich in den Kassensaal und auch in allen anderen Nebensälen
die mit Buffets offen sind bewegen kann. Prof. Frisch, der den Fest-
vortrag gehalten hat, treffe ich dann nicht mehr, konnte ihm aber
bereits mittags sagen, daß mir seine Rede so wie auch dem Bundespräsi-
denten sehr gut gefallen hat.
Dr. Schmircher, der neue GD von Waldheim-Eberle und der BRO Laschitz
sprechen vor, um bei der Eröffnung ihrer neuen Druckerei im Frühherbst
vielleicht auch für Waldheim-Eberle das Staatswappen zu bekommen. Da
sehe ich wirklich keine Schwierigkeiten, ersuche aber, daß man unverzüg-
lich jetzt dafür einreicht. Natürlich unterhalte ich mich lange Zeit
über diesen Betrieb, wo ich einmal als Lehrling gearbeitet habe, und
später als Aufsichtsratspräsident der Pachtgesellschaft Der Kreis die-
sem Betrieb sozusagen mein besonderes Augenmerk immer zugewendet hatte.
Schmircher erklärte mir, daß er mit dem Kronen-Zeitungs-Herausgeber
Dichand einen guten persönlichen Kontakt hat, er ist fest davon über-
zeugt, daß Dichand den Kurier, indem er zuerst andeutete er wird auch
eine riesen Druckerei bauen, jetzt dies aber nicht macht, nicht reinle-
gen wollte. Der Vorteil den jetzt der Kurier hat ist, daß zwar nach
großen Investitionen hohe Abschreibungen hat, die er sicherlich erst ver-
dienen muß, nun eine der größten Farboffsetdruckkapazitäten darstellt.
Bei der Eröffnung werde ich alles sehen, Dichand wird mit seiner Kronen-
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Zeitung immer auf Schwarz-weiß bleiben müssen. Solange er nicht
eine neue Druckerei baut. Schmircher ist davon überzeugt, daß es keinem
harten Konkurrenzkampf zwischen der Kronenzeitung und dem Kurier kommen
wird. Erhöht nämlich Dichand den Preis der Kronen-Zeitung z.B. um
1 S nicht, dann verliert er 1 Mio. S. Der Kurier aber nur 500.000
pro Tag. Ich bin sehr gespannt, wie dieser Konkurrenzkampf in Zukunft
wirklich geführt wird und wie er letzten Endes endet. Wird sich die
teure bessere Druckqualität für Kurier durchsetzen und dadurch auch
vom Bild der Zeitung mehr Leser gewinnen als die jetzt doppelt so
starke Kronen-Zeitung. Schmircher wollte mir einreden, daß der Kurier
sich bemüht ein objektives und nicht parteigebundenes Blatt zu sein,
dies konnte ich ihm glaube ich aber eindeutig aufgrund der Erfahrungen,
die alleine ich mit dem Kurier gemacht habe, eindeutig widerlegen.
Die Koordinationssitzung des Vizekanzler Sinowatz bezüglich Masterfood,
Katzen- und Hundefutterproduktion wurde nach einer Stunde härtesten
Widerstandes der Veterinäre im Gesundheitsministerium dann doch mit
einem Kompromiß abgeschlossen. Ursprünglich hatte es den Anschein als
ob eine Kompromißlösung gar nicht möglich wäre, nur das intransigente
Verhalten von mir, daß ich mir nicht erklären könne, wenn man will einen
Ausweg aus der Fleischbeschau zu finden, gab dann den Anstoß, daß die
Veterinärvertreter nachgaben. Sinowatz als Vorsitzender war innerlich
schon sicher ganz verzweifelt, wie hartnäckig ein Projekt, wo immerhin
gleich bei Beginn bis zu 60 Beschäftige in Breitenbrunn im Burgenland
zusätzlich beschäftigt werden könnten, verhandelt werden muß. Gesund-
heitsminister Steyrer hat dann wie er sagt, durch mich halt wieder
einmal überrollt, seine Zustimmung gegeben, daß die im Fleischbeschau
mögliche entsprechende Maßnahmen gesundheitsmäßig akzeptable Lösung
auch für das Tier, sprich Futterfleisch gegeben werden kann. Über
1 Stunde lang haben mir die Beamten nur erzählen wollen, daß es unter
gar keinen Umständen geht. Auch hier konnte ich einmal mehr feststellen,
daß das prinzipielle Verhalten der Beamten immer davon geprägt ist,
zu erklären, daß es nicht geht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Mandl soll jetzt so schnell als möglich schauen,
daß wir dieses Projekt weitertreiben.
Im Präsidium auf der Landstraße haben wir mit den für den Wahlkampf be-
sonders verantwortlichen Woller, Weisbier und vor allem unserem neuen
Sekretär Hohenberger und dem neuen Bez.Vst. Reviczky unsere Wahlkampf-
aktivität im Detail durchbesprochen. Insbesondere habe ich mit Unter-
stützung von NR Heindl und Landesparteisekretär Sallaberger darauf ge-
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drängt, daß für jeden einzelnen Punkt ein Verantwortlicher festgelegt
wurde. Hohenberger, der letzten Endes für alles verantwortlich ist,
wurde mit der koordinierenden Leitung beauftragt, da ja jetzt nicht nur
die Nationalratswahl sondern eben auch die Landtags- und Gemeinderats-
wahl im April vorbereitet werden muß, hat die Landstraße in allen meiner
Terminvorstellungen die größte Priorität.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte dies unbedingt beachten.
In der Urania wurde der neue Film über die Widerstandskämpfer Gebrüder Scholl, die Weiße Rose gezeigt, ich war überrascht, neben dem
Bundespräsidenten, der die Schirmherrschaft übernommen hat, auch Kreisky
dort mit Kahane zu treffen. Ich nutzte die Gelegenheit, um Kreisky vor
Kahane zu erklären, warum das Handelsministerium dem israelischen
Staatsbürger Memmi die zweite österreichische Staatsbürgerschaft be-
fürwortet hat. Bei der Gelegenheit bemerkte ich erst, daß Kreisky gegen
die von mir betriebene Politik, gegebenenfalls durch Prämien der Staats-
bürgerschaft Unternehmen zu Investitionen zu veranlassen, gar nichts
dagegen einzuwenden hat. Kreisky möchte nur unter allen Umständen abge-
sichert sein, damit nicht, so wie seinerzeit von Androsch über den
Rechtsanwalt Marsoner in Tirol durchgeführte Einbürgerung eines letzten
Endes, wie sich herausstellte, Schiebers möglich wird. Kreisky meinte,
damals sei ein richtiger Korruptionsfall damit betrieben worden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nach wie vor die Handelsministeriumsbefürwor-
tung für Ministerrat immer mitgeben.
Der Widerstandsfilm erinnerte mich an meine Jugend. Nachher wurde ich
vom ORF interviewt, Vecsei hat dies scheinbar organisiert. Natürlich
wurde ich auch darüber gefragt, ob es nicht Emotionen bei mir weckt,
dies erkläre ich ist um so verständlicher als ich meine erste Jugend-
freundin Erna Diwisch mit genau der selben Straftat wie Scholl
verloren habe. Auch sie wurde wegen Verbreitung von Flugblättern, da-
mals allerdings für die Kommunistische Jugend, sie hatte dort einen
neuen Freund kennengelernt, geköpft. Trotzdem erklärte ich, und das ist
auch meine innere Überzeugung, muß man insbesondere der jungen Genera-
tion diese furchtbare Zeit immer wieder in Erinnerung rufen. Mir per-
sönlich erschien der Film ein bißchen zu lang, der Produzent und Regi-
sseur meinte, daß man in Deutschland feststellen kann, es handelt ja
von einer deutschen Widerstandsgruppe, daß sich dafür insbesondere die
jungen Leute sehr interessieren. Für die glaube ich ist auch der Film
gemacht worden und für die muß man auch diese Vergangenheit immer wie-
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der dokumentieren.
Tagesprogramm, 12.1.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)