Samstag, 23. und Sonntag, 24. April 1983
Die SPÖ Währing hat am Kutschkermarkt eine Veranstaltung organisiert und
mich neben den beiden Nationalratskandidaten Cap und Konecny eingeladen,
ich war zu früh dort und sah die ÖVP-Veranstaltung auf genau demselben
Platz von ÖVP-Bundesparteiobmann Mock, seine Ansprache war dieselbe,
die ich auch schon teils im Fernsehen gehört hatte, der Besuch war
stärker als der bei der SPÖ dann, Musikkapellen sorgen für Stimmung und
vor allem als Abschluß haben sie dann sozusagen einen Abmarsch durch
Währing organisiert.
Die sozialistischen Funktionäre erklärten, daß der größte Teil dieser
Zuhörer von der SPÖ war, da eben viele von ihnen schon zu unserer Ver-
anstaltung auch zu früh wie ich gekommen waren.
Cap sprach sehr gut, ich hatte dann aber den längeren Bart, da mir die
Genossen geduldig zuhörten, und laut Plan 1 1/2 Stunden die Veranstaltung
dauern sollte, Konecny dann wieder nur ganz kurz eigentlich schloß.
Bei der Veranstaltung sprachen mich zwei Leute an, eine Frau, deren Sohn
mit seiner Familie in der Ostpreußenhütte in Salzburg zwar sehr schnell
von uns eine Antwort wegen einer Subvention bekommen hat, die anderen
Stellen haben gar nichts scheinbar bis jetzt geantwortet. Unsere Mittei-
lung war allerdings negativ. Ich versprach ihr, den Akt noch einmal
prüfen zu lassen.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Der Pächter der Ostpreußenhütte heißt Peter
Kocandrle, bitte neuerdings dann schreiben und auf die neuerliche
Intervention verweisen.
Eine Frau Anna Weinhengst im Jodl-Hof, Stiege 1, Tür 8, beschwerte sich,
daß die Wohnung unter ihr an einen Pensionisten vergeben wurde, der sie
gar nicht braucht.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte Wohnungsamt verständigen und Durchschrift
meines Schreibens an Frau Weinhengst.
Bei der Eröffnung des Löver-Hotels
Minister Juhár, mit ihm hatte ich unter Beiziehung unseres Botschafters,
Handelsdelegierten Wagner, Haffner und Vecsei die erste Aussprache. Ein-
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leitend stellte ich sofort fest, daß meine Aufgabe darin gesteht , die
Ausschreibungen nach Österreich zu bringen, wer dann von den österreichi-
schen Firmen den Zuschlag bekommt, liegt ausschließlich auf der ungarischen
Seite, ich nehme darauf keinen Einfluß, so erwarte ich auch, daß das Flug-
hafenprojekt nach Österreich vergeben wird.
Ich erwähnte nur in diesem Kreis den Angriff des Präsidenten der Hilton-
Gruppe, der ja gegenüber Tourist Austria Zeitschrift erklärte, die Ungarn
werden von den Österreichern in diesen unnötigen und kostspieligen Hotel-
bau getrieben. Handelsdelegierter Wagner, aber dann auch Juhár bestätig-
ten mir, daß ich hier, wie ich vermutete, um ein reines Firmenproblem von
Hilton handelt. Hilton hat jetzt, seitdem das Forumhotel und das Atrium
in Budapest eröffnet wurden, eine Konkurrenz und leidet daher sehr unter der
unzulänglichen Führung in Hilton Budapest und damit auch in seiner Aus-
lastung. Diese Hotelkette macht zu wenig.
Juhár teilte mit, daß der Flughafen noch nicht abgeschlossen, daher auch
noch nicht vergeben ist, und daß Österreich gute Chancen hat.
Der Grenzübergang Deutschkreuz wird jetzt bald eröffnet. Die ungarische
Seite ist bemüht, Grenz- und Zollabfertigung schneller abzuwickeln.
Beschwerde herrschte dann über die österreichischen Beschränkungen, die
Zollsektion im Finanzministerium soll dem Zollamt Wien, das auch die
ungarische Grenze betreut, veranlaßt haben, daß jetzt schärfer kontrol-
liert wird, die Spielregeln für den kleinen Grenzverkehr werden nicht
beachtet. Der kleine Grenzverkehr dagegen mit Jugoslawien bis 1.200 S
spielt sehr gut. Seitdem der Visazwang mit den Ungarn aufgehoben ist,
wird dagegen genau nach den Zigaretten, 2 Liter Spirituosen, die man
im kleinen Grenzverkehr öfters einführt als die weiter herkommenden Rei-
senden, drakonisch geprüft. Ich habe sofort zugesagt, mit dem Leiter
der Zollsektion Manhart sprechen zu lassen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Abteilung soll dies prüfen und mit
Manhart darüber sprechen, damit wir Antwort geben können.
Die Ungarn intervenierten neuerdings wegen der ungarischen Kohlerückge-
winnungsgesellschaft in Wolfsberg. Der VÖEST-Alpine-Vertreter Wichat
hätte den Ungarn jetzt eine wohlwollende Prüfung zugesagt, wenn nämlich
der Fachverband seinen Brief zurückzieht, könnte das Handelsministerium
dann die Zollfreistellung für diese Anlage aus Ungarn leichter ausspre-
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chen. Handelsrat Hammer hat mit SC Meisl auch darüber gesprochen und
dieser meint, er werde eine handelspolitisch positive Stellungnahme
Zollfreistellung abgeben.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte wie steht der Fall wirklich.
Ich intervenierte wegen der Errichtung von Büros in Budapest, Präs.
Raml hat ja in Linz ein solches mit Danubius gemeinsam errichtet, jetzt
möchte er eine solche Konstruktion auch in Budapest. Dies wird genauer
von den Ungarn noch geprüft.
Die Errichtung einer gemischten Gesellschaft mit der Fa. Blaguss und der
Landesbank OTB scheiterte , daß die Ungarn 1 Mio. $ Stammkapital verlangten.
Jetzt, nachdem sich überhaupt niemand bereit erklärt hat auf die Ausschrei-
bung für dieses Projekt auch nur zu antworten, nur die Firma Blaguss
hatte ja ein Gegenoffert gestellt, erklärt man ungarischerseits, diese
1 Mio. war gar nie beabsichtigt, sondern hat sich nur so aus Gespräche er-
geben. Auch die Vorauszahlung von einer Miete von 600.000 S pro Jahr
auf 5 Jahre sei alles abänderbar. Juhár erklärte sofort, er werde sich
den Fall noch einmal ansehen, er ist unbedingt für diese Kooperation, der
anwesende GD Kalari versucht den ungarischen Standpunkt zu erklären.
Juhár meinte aber nach einiger Zeit, man soll sich noch einmal zusammen-
setzen. Ich habe daher nachher noch mit Kalari darüber gesprochen und
dieser sagte, Blaguss sollte sofort mit ihm Kontakt aufnehmen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Blaguss verbinden.
Die Besichtigung von Sopron dauerte dann durch die Erklärung des Frem-
denführers verhältnismäßig länger als beabsichtigt, war für die paar
Punkte, die wir besuchten, sehr ins Detail gehend und entsprach so gar
nicht meiner Intention. Ich interessiere mich doch viel mehr, recht
viele Kunststätten und architektonische Teile zu sehen ohne so lange
Geschichterln von jedem einzelnen Stein zu hören, dabei fest stehen
zu bleiben, wenn man mir dies im Gehen erzählt, könnte ich zehnmal
soviel sehen.
Durch die Tatsache, daß ich zu spät aus Ungarn zurückgekommen bin, oder
wenn man so sagen will zu früh, waren im Landstraßer Sekretariat nie-
mand anwesend, sondern sie waren gerade im vorgesehenen Einsatz. Da ich
den nicht genau kannte, mußte ich nach Hause fahren.
Sonntag am Wahltag herrschte so wie immer ein geschäftiges Treiben im
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Bezirkssekretariat und in den Sektionen. Was bis am frühen Nachmittag,
wo die ersten Resultate, dann natürlich nicht zur Veröffentlichung oder
Verlautbarung bestimmt, bekannt wurden, ging es ja primär um die Frage,
ob diese 140.000 Wiener Wähler, die bei der letzten Nationalratswahl in
Wien mehr sozialistisch gewählt haben als bei der 78er Gemeinderats-
wahl, diesmal wieder so wählen würden resp. ob diesmal die Wiener Sozia-
listen zur Wahl gehen werden. Die Wahlbeteiligung stieg aber deutlich
sichtbar.
Bgm. Gratz besuchte unser Sekretariat mit seinem privaten Sekretär,
der auch gleich Presse machen sollte, ich war über diesen Typ, einen ehem.
Kurierredakteur nur verwundert, meine Bezirkssekretärin, die ehem. GR
Tischler und der neue, Hohenberger waren, da sie ihn schon einigemale
getroffen haben, einmal mehr entsetzt über diesen unmöglichen Typ.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Kennst du den Mann.
Als Traditionsgast kam dann am Nachmittag Burgschauspieler Fritz Muliar,
durch die Wahlprognosen insbesondere aber die Meinungsumfragen sehr
verunsichert, meinte er mir gegenüber, man kann ja nicht immer nur zu
Siegesfeiern kommen, man muß auch erscheinen, wenn man eine am Deckel be-
kommt.
Dies stellte sich dann bei den Hochrechnungen zur Nationalratswahl
sehr bald heraus. Die als erstes vorliegenden Vorarlberger Ergebnisse
waren verheerend, die Sozialisten verlieren 6 %, auch die anderen Bundes-
länder waren genauso schlecht. Durchschnittliche Verlsute – 3,3, damit
mindestens 5 Mandate, wahrscheinlich sogar eher meine Prognose, die ich
im Bezirk ja längst vertraulich einzelnen gesagt habe, 89 Mandate, die ÖVP
+ 1,3 % und damit 81 bis 82 Mandate und die Freiheitlichen verloren zwar
1/5 ihrer Stimmen, aber dann letzten Endes erreichten sie noch ein Mandat
Zuwachs von 1, nämlich 13 Mandate. Angenehm überrascht war ich, und dies
hatte ich nicht geglaubt, daß die Grünen kein Grundmandat erhalten, dem
neuen Nationalrat sind wenigsten Typen wie Tollmann und vor allem der
Schauspieler Fux erspart geblieben. Daß Staberl mit seiner Prophezeiung
Recht gehabt hätte, es wäre dann im Nationalrat lustiger geworden, konnte
man ja aus dem Interview des ORF-Fernsehens mit Fux einmal mehr fest-
stellen.
Die Auszählung dauerte wesentlich länger als vorgesehen. Die drei Par-
teiobmänner kamen daher erst vor 10 Uhr zu ihren Schlußerklärungen.
Kreisky erklärte wie ich erwartet habe, daß dies eine Niederlage ist
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und er daher die Konsequenzen zieht und nicht mehr als Kanzler zur Ver-
fügung steht. Über die Koalitionsgespräche äußerte er sich nicht. Mock
feierte dies als großen Triumph, da nach 17 Jahren erstmals die ÖVP
wieder einmal bei einer Wahl gewonnen hat, bis jetzt hat sie nämlich
jede verloren, meinte aber, sie wollten nur eine entscheidende Kraft
sein, andere Politik machen, sprach aber auch nichts über Koalition.
Steger als dritter dann verhielt sich sehr geschickt und meinte, es
wird ja immer nur von der FPÖ zu warten sein, wer mit ihnen spricht. Sie
selbst können ja keinerlei Einfluß auch dann nicht mit den 13 Mandaten
gewinnen. Der allgemeine Eindruck bei unseren Funktionären war, daß
wahrscheinlich eine rot-blaue Koalition kommt.
In der Gemeinde spießte sich die Auszählung der Gemeinderatswahlen
ungeheuer. Nach Mitternacht war noch immer nicht das vorläufige Ender-
gebnis vorhanden, da aber schon feststand, daß die Sozialisten wesentl-
ich besser abschnitten als alle anderen erwartet hatten und nur 1
Mandat verloren, von 62 auf 61, die ÖVP eines dazugewonnen hat ein zweites
von der FPÖ strittig ist, solange nicht die endgültige Auszählung vor-
liegt und vor allem die Wahlkartenwähler, entschloß sich der ORF dann
doch ohne vorläufiges Endergebnis die Wiener Parteiobmänner resp. für
die FPÖ Hirnschall zu interviewen. Wie es also im Bund und im Land
weitergehen wird, war aber auch aus diesen Interviews nicht zu erfahren.
Früher einmal hatten sich Parteiobmänner, und dies war für die nachfol-
genden Verhandlungen immer schlecht, eindeutig schon in der Wahlnacht
festgelegt. Jetzt handhabt man wenigstens das Prinzip, es zu überschlafen
und erst Gespräche zu beginnen, bevor man sich festlegt.
Da ich natürlich im Bezirk so lange als möglich anwesend sein wollte,
um unseren doch niedergeschlagenen Genossen, ich will nicht sagen Mut
zuzusprechen, aber ihnen zu beweisen, daß ich selbstverständlich jetzt
auch bei ihnen bin, bin ich nicht zum Empfang ins Rathaus gefahren. Die
Bezirksergebnisse sind aber für uns auf der Landstraße sehr ermutigend.
Wir hatten mit großen Verlusten bei der Bezirksvertretung gerechnet,
diese ist nicht eingetreten. Der neue Bezirksvorsteher, den wir ja
jetzt dann finden müssen, nachdem Reviczky ja schon erklärt hat, er wird
nicht mehr als Bezirksvorsteher zur Verfügung stehen, braucht daher nicht
um seine Mehrheit bangen.
Einige werden sich vielleicht denken, daß ich um mein Ministerium bange.
Hier irren sie aber ganz gewaltig. Ich habe immer jedermann erzählt,
daß ich in den 13 Jahren ein Optimum an Einflußsicherung für die sozia-
listische Seite glaube ich durchgeführt habe, in den Parteienverhand-
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lungen kann und wird wahrscheinlich das Handelsministerium wahrschein-
lich von einem Nichtsozialisten besetzt werden. Für mich persönlich ist
dies der optimale Abgang. Ich hätte sicherlich auch nichts dagegen
gehabt, wenn bei Erhaltung der absoluten Mehrheit dann früher oder später,
wenn's nach mir gegangen wäre, auf alle Fälle früher, mich in dieser Funktion
jemand abgelöst hätte. Meine Einstellung war immer, 10 Jahre Ministerätig-
keit ist mehr als genug, Kreisky hätte ja seinerzeit nach meiner Idee
beim Streit mit Androsch die ganzen 70er-Minister mit Dank verabschieden
sollen und ein ganz neues Team jetzt in der letzten Legislaturperiode
unter seiner Führung noch präsentieren sollen. Dieses hätte zwei Jahre
mindestens Einarbeitungszeit gehabt, wäre wahrscheinlich gut angekommen
und hätte vielleicht diesen 3,3 % Rückgang zumindestens teilweise auf-
fangen können. Was sollen aber diese ganzen, jetzt ja nichts bringenden
Überlegungen. Kreisky hat meiner Meinung nach vollkommen richtig nach
diesem Rückschlag für sich persönlich entschieden, wie man aus dem Fern-
sehen hören konnte, hätten ihn einige führende Genossen, sicherlich
Benya, Blecha, Fischer Sinowatz und ich weiß nicht wer noch, da ich ja
nicht dabei war, versucht zuzureden, er solle weitertun, er hat aber
glaube ich ganz richtige, nicht nur für ihn persönliche , sondern auch
seinem Ansehen notwendige Entscheidung getroffen. Vor der Wahl sagte er,
wenn er nicht das Vertrauen bekommt und die Mehrheit erringt, dann steht
er als Kanzler nicht mehr zur Verfügung, dies wird er glaube ich auch,
bis er die Parteienverhandlungen abgeschlossen hat und eine neue Regie-
rung dann sich präsentieren wird, halten.
Zusammenfassend muß ich feststellen, daß ich die Vorhersage, wir verlieren
die absolute Mehrheit, zugetroffen ist, diese uns aber durch die Grünen
genommen wird, falsch war, auch die Befürchtung, die ich geteilt habe, daß
in Wien bei den Gemeinderatswahlen und Bezirksvertretungswahlen die
SPÖ schlechter abschließen wird, die ich auch teilte, ist zum Glück
nicht eingetroffen. Im Bezirk sagte ich die Bezirksräte waren gut,
haben daher gut abgeschnitten, die Gemeinderäte waren gut, haben gut
abgeschnitten, die Nationalräte waren schlecht und daher haben wir
schlecht abgeschnitten. Diese vereinfachte Darstellung wurde allerdings
von unseren Funktionären auf das entschiedenste zurückgewiesen. Ich
glaube ja nach wie vor, daß Abgeordnete wirklich nur zu einem verschwin-
dend kleinen Teil Einfluß auf das Wählerverhalten haben. Die Politik wird
von den paar führenden Persönlichkeiten gemacht, im Bund überwältigend und
ausschließlich fast würde ich sagen von Kreisky, in der Gemeinde viel-
leicht von ein paar anderen als Gratz allein, aber letzten Endes liegt
bei diesen Personen die Erklärung für die letzten 13 Jahre.
Tagesprogramm, 23.4.1983
Tagesprogramm, 24.4.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm 24.4. Rückseite)