Donnerstag, 28. April 1983
Bei der Bürges-Gewerbestrukturbeiratssitzung beschwerte sich die Handels-
kammer, Dr. Kopecky, daß noch immer nicht die neuen Richtlinien bekannt
sind. Der Direktor Hönlinger erklärte, die Bürges hätte vom Ministerium
noch immer nicht die entsprechenden Richtlinien und Merkblätter. Die
von MR Würzl ihm übermittelten seien falsch, er hätte daher diese schon
etliche male zurückgeschickt und wieder urgiert, daraufhin platzte mir
der Kragen. Ich machte ihn, aber auch MR Würzl, der leider bei dieser
Sitzung nicht anwesend war, aufmerksam, daß ich eine solche Vorgangsweise
nicht akzeptieren könne. Die Richtlinien seien im Prinzip im Vorjahr
beschlossen worden, im Jänner hätte ich bereits den entsprechenden Akt
unterschrieben und jetzt Ende April seien noch immer nicht diese Aktionen
in Kraft. Ich machte der Bürges den Vorwurf sie hätte mich mindestens
müssen informieren.
Die Gewerbestruktur, die immerhin 1981 4,6 Mrd., 1982 durch die 1 Mrd. im
Dezember Zuwachs zu der 4 %-igen nur bis Jahresende laufenden Zuschüssen
sogar 4,7 Mrd. S Umfang, wird heuer nicht zuletzt durch die bis jetzt nicht
bekannten neuen Aktionen nur 3,5 Mrd. ausmachen. Die anderen Aktionen,
Kleingewerbe + 3 %, Existenzgründung sogar + 17 %, haben dagegen aufwärts
gerichtete Tendenzen. Ich habe dem Direktor Hönlinger aber auch nachher
MR Würzl, vor allem aber auch dem Leiter der Grundsatzabteilung Burian,
der diese Gespräche und Verhandlungen geführt hat, darauf aufmerksam ge-
macht, daß ich unverzüglich den endgültigen Abschluß der Arbeiten er-
warte und spätestens Anfang der nächsten Woche in Kraft gesetzt wünsche.
Man hat ja wirklich den Eindruck, daß man aus Dummheit und ich hoffe
nicht aus Sabotage zuwartet, bis sozusagen der neue Minister kommt, der,
obwohl er gar nichts dazu beigetragen hätte, dann erklären kann, er hat
die Bürges sozusagen wieder flott gemacht. Fast sehe ich darin eine Dupli-
zität. Mein Amtsvorgänger Mitterer mußte, allerdings weil er dafür keine
finanziellen Mittel hatte, im April 1970 die Bürges schließen. Wir haben
sie damals sofort wieder aufgemacht.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Bitte alles veranlassen, damit nicht
wirklich so etwas eintritt.
Dir. Gmeinhart informiert mich über die Schwierigkeiten beim Staudamm
Zillergründl. Die Staubeckenkommission wird jetzt anfangs Mai in Mayrhofen
2 Tage tagen, er hofft, daß diese zu einem Genehmigungsbescheid sich
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durchringen kann, sollte dies nämlich nicht der Fall sein, dann müßte er
die Bauarbeiten unterbrechen. Bis zu 6 Wochen würde dies gehen, für die
Bauarbeiter eine verheerende Situation, allerdings sollte der Bescheid dann
noch immer nicht kommen, wäre ein wie es in der Fachsprache heißt Beton-
jahr verloren, dies würde dann ca. 500 Mio S kosten. Das Projekt Ziller-
gründl, das inzwischen auf 8 Mrd. S angewachsen ist, macht Gmeinhart, aber
auch mir große Sorgen. Der italienische weltbekannte Sperrenfachmann
Lombardi behauptet allerdings, daß jetzt bei dieser Sperre gar nicht
notwendige zusätzliche Maßnahmen wie z.B. der Vorboden gesetzt wurden,
insgesamt nimmt man an, daß wie Gmeinhart sagt 500 Mio. S bei diesen
8 Mrd. ausschließlich aus Supersicherheitsgründen aufgewendet werden.
Diese Meinung teile ich mit Gmeinhart nicht, ich glaube Sicherheit hat
natürlich so wie für Gmeinhart auch die erste Priorität, wenn die Stau-
beckenkommission daher noch so viel zusätzliche Aufwendungen verlangt,
sie müssen genehmigt werden. Ich gebe allerdings zu, daß seitdem die
Gerichte immer stärker Aufsichtsräte Kommissionen die Gutachter sind
für Fehlschläge mitverantwortlich machen, sind viele in diesen Gremien
sehr vorsichtig. Ich glaube sogar wirklich super vorsichtig geworden.
Mit dem zweiten Salzachkraftwerk gibt es, das ja gemeinsam mit der SAFE
gebaut wird, finanzielle Schwierigkeiten, die TKW ist bereit eine Vorfi-
nanzierung für die SAFE zu machen.
Die Kraftwerke im Oberen Pinzgau werden, wie mir Gmeinhart mitteilte, jetzt
nicht mehr weiter verfolgt, ich bin damit einverstanden, denn derzeit
könnte gegen diese neue Welle in Salzburg, jetzt sogar geführt von LH
Haslauer, kaum ein vernünftiger Kompromiß erzielt werden.
LRat Bassetti ist mit SC Meisl und dem Accordino-Referenten Pschorn ge-
kommen um mich aufzufordern, ich sollte alles unternehmen, damit das
nächste Acoordino-Gespräch Mitte Mai durchgeführt werden kann. Die Land-
wirtschaftskammer Steiermark hat nämlich schärfstens protestiert, daß
jetzt wieder bei einem Volumen von 333 Mio. S Export und dadurch natür-
lich auch dieselbe Summe Import aus Italien dieses um 16 Mio. S erweitert
werden soll. Die Landwirtschaftsseite verlangt im Gegenteil, daß die
zollfreie Einfuhr von Äpfel und womöglich auch von Wein gestoppt werden
müßte. Dies würde bedeuten, daß man das Vertragsvolumen nicht ausdehnt,
sondern sogar reduziert. Der schwerste Angriff und auch das Verlangen
etwas zu ändern ist aber, daß im Artikel 3 des Vertrages die Durchfüh-
rung des Accordino nicht der Handelskammer, sondern der Landeslandwirt-
schaftskammer übertragen werden sollte. Bassetti ist über diese Stellung-
nahme entsetzt, da er weiß, dies würde in einer außenpolitisch gerade
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nicht sehr guten Situation für Südtirol bedeuten, daß man in Rom, also
bei der nationalen Regierung Verhandlungen über die Änderung des Accor-
dino-Vertrages führen müßte. Auch das österreichische Außenamt wird
eine solche Vertragsveränderung nicht einmal in Erwägung ziehen geschwei-
ge denn durchführen. Landwirtschaftsminister Haiden hat mir diesen
Wunsch der Steirer zur Kenntnis gebracht. Haiden möchte nämlich am
liebsten, um sich aus diesem Dilemmakampf zwischen Handelskammer und
Landwirtschaftskammer herauszuhalten, vor allem aber keine Änderung der
Kontingente vorzunehmen, seinen Vertreter MR Reisch gar nicht zur
Kommissionssitzung schicken. Dies wird von Bassetti, sprich also dem Land
Tirol auch entschieden abgelehnt. Er ist der Meinung, es muß der Landwirt-
schaftsvertreter um eine vollständige Kommission zu haben unbedingt an
der Sitzung teilnehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächsten Ministerrat mitgeben.
Der Außenhandelsstellenleiter Dr. Wagner bekommt einen österreichischen
Orden und ist deshalb nach Wien gekommen. Wagner war früher schon in
Ungarn als Außenhandelsstellenleiter, ging dann zum Fachverband der Braue-
reien und ist jetzt seit etlichen Jahren wieder Außenhandelsstellenleiter.
Ich habe sofort gesagt, er bleibt immer bei BB, diesmal aber nicht Brigitte
Bardot, sondern Budapest Bier.
Wagner fragte, ob ich nicht doch noch zur Eröffnung der Budapester Messe
kommen würde, bei dieser Gelegenheit könnte ich gleich den ungarischen
Herren die vom Bundespräsidenten verliehenen Orden überreichen. Ich erklärte
sofort, daß ich als mit der Führung der Geschäfte betrauter Minister
nicht mehr ins Ausland fahren werde. Wagner schlug daher vor, die ungari-
schen Herren sollten nach Wien kommen. Dies wird ihnen sicherlich mehr
behagen als wenn ich nach Budapest komme. Jeder Ungar fährt immer gerne
nach Österreich, besonders wenn er in offizieller Funktion kommen kann
und damit einen guten Grund für seine Dienststelle hat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Wagner und ungarischem Botschafter
besprechen.
Bei der Vertragsunterzeichnung des Fernwärmekreditrahmens für Wien, 2,2
Mrd. S, mit Stadtrat Mayr machte er mich darauf aufmerksam, daß wir die
Frage der Fernwärmesteigleitungsinstallation in den Häusern neu regeln
müssen. Wien ist draufgekommen, daß sie keinen Anschlußzwang braucht, wenn
irgendwo die Fernwärme hingeleitet wird, sind 50 % sofort bereit sich
anzuschließen. 30 % folgen nach und die restlichen 20 lehnen ab. Wollen
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also meistens als ältere Menschen nicht mehr diese Umstellung. Ein An-
schlußzwang ist daher nicht notwendig. Aus der Praxis aber hat sich jetzt
ergeben, daß die Hausherren eine gesetzliche Ermächtigung brauchen, daß
sie aber Steigleitungen errichten dürfen. Wenn nämlich ein Mieter im
Parterre oder 1. Stock sich weigert, dann können die über ihm wohnenden
nicht mehr angeschlossen werden, weil eben die Steigleitung nicht durch-
gezogen werden kann.
ANMERKUNG FÜR ZLUWA UND GROSSENDORFER: Bitte diese Frage prüfen lassen.
Sektionsleiter Zluwa und MR Burian fragten, ob ich nicht doch bereit wäre,
den Antrag der Tiroler Kraftwerke Tiwag, 23 % Elektrizitätspreiserhöhung
abzuschließen. Die AK hat 2,3 % kostenmäßig nachgerechnet und zugestan-
den, das Handelsministerium kommt bei kulanterer Auslegung auf 4 1/2 %.
Die Handelskammer, Obendorfer, meint maximal 8 %. Solange kein Einver-
nehmen mit den Sozialpartnern hergestellt ist, bin ich nicht bereit, noch
im letzten Moment eine wie mir scheint gar nicht so notwendige Elektri-
zitätspreiserhöhung durchzuführen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Jour fixe AK ÖGB setzen.
Die Fa. Illichmann hat Leichtmetallguß in Altmünster, 130 Beschäftigte und
einen Umsatz von 70 Mio. S. Davon gehen 60 % in den Export. Die Firma
bräuchte dringendst eine Unterstützung, u.a. hat sie jetzt einen Dreh-
schiebermotor entwickelt, eine Mio. S aufgewendet, der Forschungsförderungs-
fonds verlangt nun, daß ein Gutachten von Prof. Lenz eingeholt werden
soll, dieser erklärte sofort, er müsse eine eigene Versuchsreihe durchführen.
Die Firma ist außerstande, dies zu finanzieren. Ähnlich verhält es sich
auch mit anderen Investitionsnotwendigkeiten. Wir haben die Firma wei-
testgehend beraten und auf alle Förderungsmöglichkeiten aufmerksam ge-
macht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was ist dabei herausgekommen.
Dir. Simader von der vereinigten Fettindustrie Wels, 200 Beschäftigte,
beklagt sich, daß die Fa. Hofer die zwar jetzt gegenüber 70 statt
2.500 to 7000 to bei ihm kauft, jetzt ganz schlechte Preise anbietet.
Insgesamt wird in Österreich 30.000 to Öl für die Haushalte raffiniert
und abgefüllt oder importiert, 10.000 to braucht die Industrie. Hofer
erklärt nun, er kann anstelle der 11.60 S nur mehr 10.98 zahlen, in
Deutschland bekommt er dieses Öl so billig, weil dort die Firmen Extrak-
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tion, Raffination und gleichzeitig Plastikflaschenproduktion in einem
erfolgt. In Österreich gibt es in Wels aber auch in anderen Ölfirmen nur
die Raffination. Sollte Wels zugrunde gehen, dann bleibt nur noch als ein-
ziger Monopolbetrieb fast die Unilever. Dir. Simader ersuchte um Inter-
vention bei Hofer, was ich sofort zugesagt habe.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND MANDL: Bitte einen entsprechenden Brief mit
den notwendigen Unterlagen vorlegen.
Der Präsident des Briefmarkenverbandes Wagner, der die Wipo bestens orga-
nisiert hat und jetzt von der ÖFVW die 100 Jahre Fremdenverkehrstag in
Graz organisieren und vorbereiten soll, hat, wie ich nicht erwartet habe,
keine Anstellung bei der ÖFVW bekommen. Es wurde mit ihm ein Werksver-
trag nur vereinbart. Geschäftsführer Zolles erklärt mir zwar, dies sei
nur der erste Schritt, der nächste würde dann schon nach Durchführung
dieser 100-Jahr-Feier erfolgen. Gleichzeitig aber haben im die Personal-
büroleiter und der Rechtsanwalt der ÖFVW erklärt, er bekommt einen Werks-
vertrag und muß alles dann aus diesen angeblich 20.000 S, wie mir Zolles
angedeutet hat, selbst bezahlen. Dies ist vollkommen unmöglich, da allein
eine Sekretärin, ein Büro, das er einrichten müßte, ja wesentlich mehr
kostet als ihm dann bleibt. Zolles sagte mir, er wird sich des Falles
annehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte kümmere dich darum.
Mit NR Heindl besprach ich die weitere Vorgangsweise wegen seines Na-
tionalratsmandates. Ich teile nicht die Meinung, daß er, wenn dann einige
Minister zurücklegen, automatisch sein Nationalratsmandat wieder bekommen
wird. Ich weiß, daß jetzt die Frauen, die JG, vor allem aber der Gewerk-
schaftsbund allein 3 sichere Kandidaten hat, nämlich den Gemeindebedien-
stetenobmann und gleichzeitigen Wiener Fraktionsführer Pöder, die Frauen-
sekretärin Traxler und den Bauarbeiterobmann Rautner. Da Parteiobmann
Kreisky allen diesen eher ein Mandat zusprechen wird als Heindl, stehe
ich auf dem Standpunkt, ich werde noch bevor die Angelobung erfolgt mein
Mandat zurücklegen, in diesem Fall rückt automatisch der nächste auf der
Liste, und dies ist Heindl, vor, niemand kann ihm dann dieses Mandat
streitig machen und Heindl ist damit wieder im Nationalrat. Heindl will
sich dies auch noch einmal überlegen ich selbst habe ihm vorgeschlagen,
daß wir am Dienstag im Vorstand auf der Landstraße beschließen.
Tagesprogramm, 28.4.1983