Kompetenzprofile und Qualifikationsziele des Weiterbildenden Studiengangs Digitales Datenmanagement (DDM) an der Schnittstelle zwischen Digital Humanities, Informationswissenschaft und Data Science
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Einleitung
Bereits seit vier Jahren wird der Weiterbildende Masterstudiengang „Digitales Datenmanagement“ (kurz DDM1 ) von der Humboldt-Universität zu Berlin und der Fachhochschule Potsdam gemeinsam angeboten. Der DDM-Master ist an der Schnittstelle zwischen Digital Humanities, Informationswissenschaft und Data Science konzipiert (Kindling und Rothfritz, 2019). Mit seiner spezialisierten und innovativen Ausrichtung auf digitales Datenmanagement erweitert er als weiterbildender Studiengang, ganz im Sinne des lebenslangen Lernens, die beruflichen Fähigkeiten der Teilnehmenden.
Der DDM-Master spricht sehr heterogene Studierendengruppen an. Die Teilnehmenden kommen aus Einrichtungen der Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft und Kultur aus dem gesamten Bundesgebiet sowie dem angrenzenden Ausland und bringen berufliche Erfahrungen aus verschiedenen Arbeitsbereichen mit, z. B. Forschungsreferent*innen, Mitarbeiter*innen im Forschungsservice oder der Informationsinfrastruktur, Daten-Produzent*innen oder -Verarbeiter *innen.
Forschungsfrage
Rollen und Berufsbilder im Bereich des Datenmanagements sowie angrenzenden Bereichen mit erhöhten Bedarfen an Personal mit hohen Datenkompetenzen sind aufgrund der digitalen Transformation im Sinne von Open Science2 und den FAIR-Prinzipien (Wilkinson et al., 2016) permanenten Wandel unterworfen und befinden sich hierdurch in der Weiterentwicklung, was die Definition von Kompetenzbereichen betrifft (Rothfritz et al., 2021). Teilnehmende aus weiterbildenden Studiengängen sind oft besonders aufgeschlossen gegenüber neuen Entwicklungen. Ihre Erfahrungen und Motivationen können wichtige Impulse für die konzeptionelle Weiterentwicklung des Studiengangs sowie seine fachliche Verortung zwischen fächerübergreifenden und fachspezifischen Anforderungen und sich erst über verschiedene Matrikel abzeichnende Trends liefern, die auch über DDM hinaus von Interesse sind. Themen, wie z. B. Forschungsdatenmanagement und Data Stewardship sind, nicht zuletzt durch die Bewilligung von verschiedenen fachspezifisch den Geisteswissenschaften zuzuordnenden NFDI-Konsortien3 , in den Digital Humanities angekommen.
Der jüngste Bericht zum sich neu entfaltenden und professionalisierenden Berufsfeld Data Stewardship versucht dieses neue Gebiet genauer zu erfassen und Handlungsempfehlungen für seine Umsetzung zu geben (Seidlmayer et al., 2023). Als Ergebnis wird eine Art Baukastensystem für Kapazitäten und Bedarfe als Grundlage verschiedener Modelle von Data Stewardship vorgeschlagen (ebd. S. 8). Ein weiteres wichtiges Feld sind Ausbildungen zur Qualifizierung von Data Stewards. Bis auf DDM stellen Qualifizierungen bezüglich Data Stewardship bislang nur Teilaspekte in den untersuchten BA/MA-Studiengängen dar. Viele der DDM-Teilnehmenden scheinen sich gezielt diesen Studiengang mit Fokus “Data Stewardship” auszuwählen, um sich ein theoretisches, informationswissenschaftliches Grundgerüst für den Umgang mit (Forschungs-)Daten (Neuroth, 2023) zu verschaffen, verbunden mit praktischen Kenntnissen der Datenaufbereitung und -verarbeitung (Data Science), situiert in verschiedenen Domänen, insbesondere konkret in den Digital Humanities (Cremer et al. 2018), wie z. B. repräsentiert in Modulen zu Metadatenstandards, aber auch in Reallaboren mit z. B. OpenRefine4 zu erwerben, um damit Querschnittsaufgaben in fachspezifischen bzw. fachübergreifenden Kontexten zu übernehmen.
Dieses “Rezept” scheint gut aufzugehen, wie der Erfolg des Studiengangs und seiner Absolvent*innen beweist, ist jedoch bisher noch nicht systematisch untersucht. Dafür werden nun mittels der Auswertungen der vier Erstsemesterbefragungen erste Erkenntnisse geliefert, die zukünftig sukzessive um z. B. Absolvent*innenbefragungen5 ergänzt werden sollen.
Datenbasis, Methode, Ergebnisse
Anhand der systematischen Auswertung von Daten aus den Erstsemesterbefragungen der DDM-Jahrgänge 2020 bis 2023 (quantitativ und qualitativ), die insbesondere Fragen zu Hintergrund und Motivation der Teilnehmenden enthalten (Kompetenzprofile und Qualifikationsziele), werden u. a. folgende Fragestellungen adressiert:
- Aus welchen (fachspezifischen) Bereichen bzw. Domänen, z. B. Wissenschaft, Gedächtnisinstitutionen (wie Bibliothek, Museum, Archiv), Wirtschaft oder Verwaltung kommen die Teilnehmenden?
- Welche beruflichen Vorerfahrungen mit digitalem Datenmanagement sind vorhanden?
- Welche Erwartungen und Motivation bringen sie mit?
- In welchen Themengebieten identifizieren sie ihre größten Qualifizierungslücken?
- Wie werden die Teilnehmenden vom Arbeitgeber unterstützt, z. B. monetär oder in Form von zeitlichen Freistellungen für die Lehrveranstaltungen?
Die Befragung wurde online mit LimeSurvey durchgeführt. Insgesamt nahmen über die 4 Matrikel (2020-2023) 82 von 97 Studierenden an der Befragung teil, mit einer über die Jahrgänge variierenden Rücklaufquote zwischen 63-100%. Die Auswertung der Daten zu den genannten verschiedenen Aspekten wird zusätzlich durch O-Töne angereichert. Eine zusätzliche, die Selbstevaluierung durch Studierende im ersten Semester bzw. in einem weiteren Schritt Absolvent*innen systematisch ergänzende, externe Evaluation des Studiengangs ist aus Kapazitätsgründen nur im mehrjährigen Akkreditierungsrhythmus vorgesehen und kann daher zu diesem Zeitpunkt nicht einbezogen werden.
Analyse und Ausblick
Im Mittelpunkt der Analyse steht die inhaltliche Evaluierung des Konzepts des Studiengangs, also die Frage, ob der inhaltliche Spagat zwischen fächerübergreifender und fachspezifischer Ausrichtung aufgeht bzw. welche Anpassungen notwendig sind. So scheint der weit überwiegende Anteil der Teilnehmenden einen geisteswissenschaftlichen Hintergrund zu haben und offenbar vor der Herausforderung zu stehen, sich “digital zu qualifizieren” (Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen, 2020) mit besonderem Fokus auf den Umgang mit digitalen Daten. Das Poster zeigt auf, welche Impulse der weiterbildende Masterstudiengang DDM zur strategischen Weiterentwicklung der Data Stewardship gibt.
Fußnoten
Bibliographie
- Cremer, Fabian, Lisa Klaffki und Timo Steyer. 2018. “Der Chimäre auf der Spur: Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften,” o-bib 5, Nr. 2: 142–162, (zugegriffen am 18. Juli 2023).
- Neuroth, Heike. 2023. “Forschungsdaten”. In Grundlagen der Informationswissenschaft, hg. von Rainer Kuhlen, Dirk Lewandowski, Wolfgang Semar, Christa Womser-Hacker, 339-349. Berlin: De Gruyter, (zugegriffen am 18. Juli 2023).
- Rothfritz, Laura, Vivien Petras, Maxi Kindling und Heike Neuroth. 2021. “Aus- und Weiterbildung für das Forschungsdatenmanagement in Deutschland.” In Praxishandbuch Forschungsdatenmanagement, hg. von Markus Putnings, Heike Neuroth, Janna Neumann, 255-276. Berlin: DeGruyter. (zugegriffen am 18. Juli 2023).
- Kindling, Maxi und Laura Rothfritz. 2019. “Data Literacy Education in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft: Über den neuen Masterstudiengang Digitales Datenmanagement”. In Forschungsdaten – Sammeln, sichern, strukturieren. 8. Konferenz der Zentralbibliothek, Forschungszentrum Jülich, WissKom 2019, 4.-6. 06. 2019, hg. von Bernhard Mittermaier, 229-245. Jülich: Zentralbibliothek. (zugegriffen am 18. Juli 2023).
- Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen. 2020. "Wege zur digitalen Qualifikation": Ein Diskussionspapier. (zugegriffen am 18. Juli 2023).
- Seidlmayer, Eva, Fabian Hoffmann, Jens Dierkes, Birte Lindstädt, Ralf Depping, Konrad U. Förstner. 2023. Forschung unterstützen: Empfehlungen für Data Stewardship an akademischen Forschungsinstitutionen, ZB MED Informationszentrum Lebenswissenschaften: Köln. (zugegriffen am 18. Juli 2023).
- Wilkinson, Mark D., Michel Dumontier, IJsbrand Jan Aalbersberg, Gabrielle Appleton, Myles Axton, Arie Baak, Niklas Blomberg, et al. 2016. “The FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship,” Scientific Data 3, Nr. 1 (März): 160018. (zugegriffen am 18. Juli 2023).