Die Bibliothek als Partner der Digital Humanities: Ein Einblick in die Erfahrungen und Aktivitäten der Deutschen Nationalbibliothek
https://zenodo.org/records/14943234
Einleitung
In der sich rasant entwickelnden Landschaft der Digital Humanities erweisen sich Bibliotheken zunehmend als unverzichtbare Partner, die Literatur und Informationen nicht nur sammeln und verfügbar machen, sondern immer häufiger auch die Rolle als aktive Vermittler digitaler Methoden und Werkzeuge für die geisteswissenschaftliche Forschung sowie als gleichberechtigter Kooperationspartner in Forschungsprojekten einnehmen (Maier 2016). Dabei spielen sowohl die Entwicklung passender Angebote und Tools eine tragende Rolle, als auch der Aufbau von Infrastrukturen, Strategien sowie Kompetenzen im eigenen Haus. Die Deutsche Nationalbibliothek befasst sich zunehmend auch strategisch mit den Digital Humanities und hat ihre Aktivitäten zur Unterstützung und Förderung von Wissenschaft und Forschung in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet (Deutsche Nationalbibliothek 2016, 10-11).
Die Rollen von Bibliotheken im Kontext der Digital Humanities
Als Partner für die Digital Humanities (DH) fungieren Bibliotheken auf vielfältige Weise, die sich im Groben in die folgenden fünf Kategorien aufteilen lassen:
Als Datengeber bilden Bibliotheken nicht nur mit analogen Beständen, sondern insbesondere durch die Bereitstellung digitaler Ressourcen, die im Kontext der DH als Forschungsdaten verwendet werden, die Basis für geisteswissenschaftliche Forschung (Neuroth 2017, 220f). So stellen sie Metadaten, Digitalisate, E-Books und andere Volltexte sowie bspw. auch Audiofiles, Bilder oder Videos bereit.
Als Vermittler von Wissen und Skills stellen Bibliotheken unter anderem Informationen über ihre Bestände und Daten, aber auch Tutorials und andere Ressourcen zur Wissensvermittlung bereit. Sie veranstalten Schulungen und Workshops zu Themen der Informationskompetenz oder konkreten wissenschaftlichen Methoden und bieten häufig zudem individuelle Beratung nicht nur zur Literaturrecherche, sondern auch zu Schnittstellenabfragen, Metadatenformaten bis hin zu Projektdesign und begleitender Durchführung eines DH-Projektes (Dogunke 2024).
Als Servicestelle für verschiedene Dienstleistungen wie der Datenbereitstellung (technischer Infrastruktur), der Digitalisierung oder auch als „Wegweiser“ zu weiteren Angeboten und Anlaufstellen intern wie extern.
Als Kooperations- und Projektpartner arbeiten Bibliotheken mit Universitäten und Hochschulen oder anderen Forschungseinrichtungen zusammen und fungieren hier als Unterstützende der Forschung durch die Übernahme bestimmter Dienstleistungen oder auch als gleichberechtigter Forschungspartner. Auch im Rahmen von Lehrkooperationen stellen Bibliotheken ihre Expertise zur Verfügung und werden in die Ausbildung Studierender eingebunden.
Als Initiator für Vernetzung und Community-Building agieren Bibliotheken, indem sie Akteure aus Bibliothek und Wissenschaft durch die Organisation von Workshops und anderen Veranstaltungen oder durch gemeinsame Projekte ins Gespräch bringen.
Dabei kann eine Schnittmenge zwischen den DH-relevanten Aktivitäten einer Bibliothek sowie ihrem Portfolio an forschungsnahen Dienstleistungen bestehen (Stille et al. 2021), die zu hilfreichen Synergien führen kann. Auch ist die Ausrichtung der jeweiligen Bibliothek wegweisend für ihre Angebote, und insbesondere der Schwerpunkt ihrer Sammlungen beeinflusst diese stark. Eine Herausforderung bei der Unterstützung von DH-Projekten und -Forschung durch Bibliotheken sind dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen, denn Daten müssen zugänglich gemacht werden, um für die Forschung genutzt werden zu können. Bedingt durch den gesetzlichen Auftrag der DNB bilden Publikationen ab 19131 den Schwerpunkt der Sammlung, so dass ein Großteil der Werke rechtlichen Schutzfristen unterliegt. Die Änderungen im Urheberrechtsgesetz 2018 waren dabei ein wichtiger Meilenstein. Erst diese ermöglichten der DNB die Aufnahme ihrer Tätigkeiten in der Unterstützung von Forschung und Wissenschaft auch im Bereich Text und Data Mining mit geschützten Volltexten (Döhl et al. 2020).
Aktivitäten der DNB
Die DNB hat ihre Angebote in den letzten Jahren stark ausgeweitet und hält eine Vielzahl an Angeboten vor, die insbesondere für die Digital-Humanities-Forschung relevant sind. Dabei liegt der Fokus auf Datenbezug, der anschließenden Verarbeitung der Daten mit Methoden wie Text und Data Mining sowie der Vermittlung grundlegender Skills in diesen Bereichen.
DNBLab
Das 2020 ins Leben gerufene DNBLab2 dient als zentrale Anlaufstelle für alle Nutzer*innen. Der Fokus des DNBLabs liegt auf frei verfügbaren Daten und digitalen Objekten, auf die jederzeit von überall zugegriffen werden kann. Dabei bietet es einen Überblick vorhandener Datensets frei verfügbarer Objekte, Informationen zu Schnittstellen und Metadatenformaten sowie Python-basierte Coding-Tutorials (Jupyter Notebooks) zur Bearbeitung exemplarischer Forschungsfragen. Diese demonstrieren den Datenbezug über Schnittstellen und die Verarbeitung von MARC21-xml Metadaten in nachnutzbaren Skripten. Für eine niedrigschwellige Nutzung der Jupyter Notebooks im Browser wird die Binder-Webumgebung eingesetzt. Regelmäßige virtuelle Einführungsveranstaltungen zur Vorstellung des DNBLabs ergänzen das Angebot. Für eine zielgerichtete Weiterentwicklung werden mit Hilfe von Meinungsabfragen regelmäßig die Bedarfe, Wünsche und Motivation der Interessierten erfragt und einbezogen.3
Das Angebot des DNBLabs erhielt dabei durchweg positives Feedback und wurde in den folgenden Jahren sukzessive ausgeweitet. So ermöglichen Erklärvideos auf Youtube einen zusätzlichen niedrigschwelligen Einstieg und eine neue Kategorie "Praxisbeispiele"4 wurde hinzugefügt, die Anwendungen und Code-Repositories auf Basis von DNB-Daten sammelt und präsentiert. Die Coding-Tutorials wurden um Beispiele für Volltextanalysen, Datenbereinigung und Visualisierungen ergänzt, sind auf die unterschiedlichen Zielgruppen abgestimmt und berücksichtigen die gesammelten Anforderungen. So werden z.B. Schnittstellenabfragen mit verschiedenen Schwerpunkten angeboten, die den heterogenen Vorkenntnissen der Nutzer*innen – sowohl fachlich als auch technisch – gerecht werden. Themenspezifische Workshops, z. B. zur Datenanreicherung mit der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder zum Topic Modelling, ergänzen die virtuellen Einführungsveranstaltungen. Das Lab-Team steht außerdem für individuelle Fragen und Unterstützung ebenso wie für Lehrkooperationen und andere relevante Wissensvermittlungsformate zur Verfügung und bot bspw. 2024 gemeinsam mit der Deutschen Digitalen Bibliothek einen Workshop im Rahmen der Summer School „Digitale Methoden der Zeitungsanalyse“ der Zentralbibliothek Zürich an.5
Im Kontext der Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz (KI) und große Sprachmodelle (LLMs) wird zudem ein KI-basierter Chatbot6 in der Binder-Umgebung angeboten, der Nutzer*innen bei Code-Erklärungen und -Änderungen unterstützen soll (Weill 2023). Und nicht zuletzt sind mit der „Demoabfrage DNB-Daten“7 und DNBVIS_frodiss8 erste eigene Tools entwickelt worden.
DH-Call
Seitdem die Änderung des Urhebergesetzes 2018 Text and Data Mining an geschützten Texten für nicht kommerzielle Forschung erlaubt, ist die DNB auch in diesem Bereich aktiv. Ebenfalls seit 2020 schreibt sie jährlich einen DH-Call aus, auf den sich Forschende bewerben können, die mit maschinellen Methoden an den urheberrechtlich geschützten Texten in der DNB arbeiten möchten.9 Aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen muss die Arbeit mit den Daten auf einer entsprechend abgeschirmten und geschützten Serverinfrastruktur vor Ort (an einem der beiden Standorte der DNB in Leipzig oder Frankfurt) erfolgen. Seit 2024 steht in diesem Kontext auch das Twitterarchiv für Analysen zur Verfügung.10
DH-Stipendien
Das Angebot der DH-Stipendien11 wurde 2022 eingeführt und richtet sich explizit an Nachwuchswissenschaftler*innen, die die Gelegenheit bekommen, ein eigenes Projekt zu planen und durchzuführen. Im Gegensatz zum DH-Call bieten die Stipendien einen monatlichen Zuschuss zum Lebensunterhalt, für die Bearbeitung der selbst gewählten Fragestellungen stehen dagegen wie bereits im DNBLab nur die frei verfügbaren Daten und digitalen Objekte der DNB zur Verfügung. Die Stipendiat*innen arbeiten remote und nutzen ihre eigene Hardware, erhalten durch die DNB aber Unterstützung durch Projektpat*innen. Vor-Ort-Workshops und der Austausch mit anderen Stipendiat*innen sowie Expert*innen aus dem Haus dienen der Vernetzung auch über das Stipendium hinaus.
Projekte
Auch als Projekt- und Kooperationspartner ist die DNB im Kontext der Digital Humanities aktiv. Im vom BMBF geförderten Verbundprojekt HERMES ( Humanities Education in Research, Data and Methods )12 liegt der Schwerpunkt der DNB auf zwei Teilbereichen: Im Forschungsstudienprogramm werden Studien ausgeschrieben, die sich auf bestimmte Datenbestände der DNB stützen; die Vergütung ist im Gegensatz zum Stipendienprogramm an die Abgabe eines Werkes (Bericht zum abgeschlossenen Forschungsprojekt) gebunden. Die Transferwerkstatt hat das Ziel, Akteure aus Bibliotheken, Archiven und Museen mit Forschung und Ausbildungseinrichtungen zu vernetzen, um Veränderungen der Berufsfelder durch die Digitalisierung und die hierfür benötigten Datenkompetenzen des Personals zur Erfüllung der neuen Aufgaben zu erheben.
Die DNB ist außerdem ein wichtiger Partner hauptsächlich geisteswissenschaftlicher Konsortien der NFDI. Als Mitantragsteller ist die DNB einer der Hauptverantwortlichen für das Konsortium Text+ und als Participant auch an NFDI4Culture direkt beteiligt.13
Im Bereich der Digital Humanities ist die DNB zudem an zahlreichen weiteren (Drittmittel-)Projekten mit unterschiedlichen Partnern aus Forschung und Wissenschaft, wie bspw. der Universität Leipzig, dem IDS Mannheim sowie GESIS beteiligt. Hierbei widmet sie sich vermehrt der Erzeugung von und der Arbeit mit abgeleiteten Textformaten sowie großen Sprachmodellen (LLMs), um ein möglichst breites Spektrum an Forschung innerhalb der restriktiven rechtlichen Rahmenbedingungen zu ermöglichen (Schöch et. al. 2020).
Weitere Tätigkeiten
Außer den bereits genannten Kooperationen geht die DNB auch direkte Lehrkooperationen, wie zum Beispiel mit dem Marburg Center for Digital Culture and Infrastructure (MCDCI) oder der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK), ein und gestaltet in Absprache mit Dozierenden Seminarsitzungen oder bietet Workshops an, bei denen der Fokus auf der Arbeit mit entsprechenden DH-Methoden anhand der Daten der DNB liegt.
Um ein möglichst breites Publikum über die verschiedenen Möglichkeiten der Arbeit mit bibliothekarischen Daten und Volltexten zu informieren und die Sichtbarkeit der Angebote zu steigern, beteiligt sich die DNB durch Workshops auf Kongressen wie der DHd2024 (Weis et al. 2024, 43ff.), bietet auf Fachtagungen wie dem Soziologiekongress oder dem Historikertag an einem Stand eine direkte Anlaufstelle für Fachpublikum, organisiert Veranstaltungen für ein breites Publikum wie EFA14 und fördert durch ihre verschiedenen Angebote zudem die Vernetzung zwischen DH-Community und Bibliothek sowie der DH-affinen Bibliothekswelt durch ein regelmäßiges Netzwerktreffen untereinander.
Die Aktivitäten der DNB in der Praxis
Im Kontext von DH-Stipendien sowie dem HERMES-Forschungsstudienprogramm erfolgt DNB-seitig eine forschungsnahe, individuelle Begleitung der Projekte durch Projektpat*innen. Zu Beginn eines Projektes wird eruiert, welche Daten und Objekte benötigt und auf welchem Weg diese bezogen werden können. Regelmäßigen Treffen zwischen Projektpat*in und Forscher*in dienen während der Projektlaufzeit dazu, bei inhaltlichen Fragen zur bibliothekarischen Erschließung oder den Metadatenformaten sowie zu (programmier-)technischen Aspekten des Datenbezugs und der Datenanalyse bis hin zur Methodik zu unterstützen. Gefördert wurden bislang bspw. Projekte zu Alters-, Perioden- und Kohorteneffekten in Stimmung und Schwerpunkt literarischer Werke oder zur Entstehung des Umweltbewusstseins und dessen Nachweisbarkeit in der deutschen Publikationslandschaft.15
Im Rahmen des DH-Calls unterstützt die DNB dagegen primär im Sinne der Bereitstellung technischer Infrastruktur: Für die geförderten Forschungsprojekte wird eine speziell abgeschirmte Serverumgebung vorbereitet und gemeinsam mit den vom Projekt benötigten Daten (hier zumeist urheberrechtlich geschützte Volltexte von Netzpublikationen sowie Digitalisate inklusive OCR) bereitgestellt. Den Forschenden wird während ihres Aufenthalts an der DNB entsprechend auch ein Arbeitsplatz mit Serverzugang zur Verfügung gestellt. Zudem werden die von den Forschenden während ihrer Arbeit erzeugten Daten und Ergebnisse auf Seiten der DNB vor Verlassen des Hauses geprüft, ob sie im Sinne des UrhG rechtlich unbedenklich sind. Auch hier sind die Forschungsgegenstände divers und reichen von einer Analyse des Diskurses zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz in der Presse bis zur Analyse von Fragen zu Stilbildung und Instrumentalisierung von Kirchenmusik in den 1920er und -30er Jahren.16
Darüber hinaus sind insbesondere in DH-Projekten die Tätigkeiten der DNB sehr unterschiedlich. Häufig fungiert die DNB aufgrund ihrer Funktion als Nationalbibliothek als Datengeber sowie als Anbieter von Infrastruktur, beteiligt sich aber ebenso inhaltlich an der Forschung selbst. So ist die DNB im Rahmen von Text+ im Kontext des Aufbaus von Infrastruktur tätig, arbeitet gemeinsam mit GESIS an der Umwandlung eines Twitterdatenkorpus in eine Knowledge Base im Sinne eines Datengebers und forscht im vom BMBF geförderten Verbundprojekt CORAL gemeinsam mit der Universität Kassel, dem INF_AI der Uni Leipzig sowie der Hochschule Anhalt zu Methoden zur Konstruktion und Nutzung von Sprachmodellen, die rechtlichen, technischen und qualitativen Constraints unterliegen.
Digitale Horizonte: Erkenntnisse und Ausblick
Die verschiedenen Aktivitäten und Angebote der DNB decken dabei alle Bereiche der fünf Kategorien an möglichen Rollen von Bibliotheken im DH-Kontext ab, die vielfältigen Beispiele illustrieren die Relevanz für die Digital Humanities. Doch was lässt sich aus den bisherigen Aktivitäten und Evaluationen dieser für die Zusammenarbeit mit der DH-Community und die Entwicklung der Angebote lernen?
Die verschiedenen Umfragen im Kontext der DNBLab-Veranstaltungen haben ergeben, dass die Zielgruppe dieses Angebots hauptsächlich aus Forschenden mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund sowie aus Bibliothekar*innen besteht, was den Erwartungen entsprach. Der Wissensstand der Teilnehmer*innen divergiert teilweise sehr, so dass ein darauf abgestimmtes, mehrstufiges Einstiegsangebot sinnvoll erscheint, welches zwischen „Einsteigern“ und „Fortgeschrittenen“ unterscheidet. Gleichzeitig hat eine Analyse verschiedener Lab-Angebote und deren Tutorials durch Ulrike Förstel im Rahmen einer Bachelor-Arbeit ergeben, dass die bisherigen DNBLab-Angebote besonders einsteigerfreundlich sind (Förstel 2024). Für die fortgeschrittenen Nutzer*innen mit Programmierkenntnissen ist künftig die Bereitstellung von Code-Teilen und Skripten für verschiedene Arbeitsschritte geplant, die diese dann bei Bedarf auch modular kombinieren können.
Während die Arbeit mit frei verfügbaren Volltexten grundsätzlich für alle Interessierten möglich ist, stellt die Arbeit mit geschützten Texten und Daten durch die rechtlichen Beschränkungen derzeit noch einen Flaschenhals dar, da die Bereitstellung und Betreuung der benötigten Infrastruktur sowohl personell als auch finanziell stark ressourcenbindend ist. Ziel ist daher, eine skalierbare, standardisierte Infrastruktur zu entwickeln und gleichzeitig Prozesse und Organisationsstrukturen so zu optimieren, dass diese dem wachsenden Bedarf gerecht werden. Insbesondere die schnellen Entwicklungen und Bedarfe der Forschung rund um KI und LLMs sorgen hier für Handlungsbedarf.
Aus den praktischen Erfahrungen im DNBLab sowie mit den DH-Stipendien wird deutlich, dass Digitalisate und Volltexte von der Forschung zwar stark nachgefragt werden und für viele Projekte unabdingbare Grundlage sind, spannende DH-Projekte aber auch rein auf Basis von Metadaten durchgeführt werden. Anders als von Schüpbach, Langenegger und Suntharam impliziert, ist ein hoher Digitalisierungsstand einer Bibliothek daher nicht zwingende Vorrausetzungen für das Betreiben eines Library Labs (Schüpbach et. al. 2022, 223). Vielmehr können alle Daten, die der Forschung zur Verfügung gestellt werden können, für diese relevant sein, so dass eine erfolgreiche Unterstützung von DH-Projekten vom Stand der Digitalisierung unabhängig ist und Bibliotheken aller Art ermuntert werden sollten, ihre Angebote sichtbar zu machen.
Insgesamt wurde deutlich, dass das Hintergrundwissen der an Angeboten wie DNBLab oder DH-Stipendien Interessierten sehr unterschiedlich ist und dies bei der Entwicklung von Angeboten berücksichtigt werden muss. Dabei ist insbesondere für die Arbeit mit Metadaten ein Grundverständnis der bibliothekarischen Erfassung und Datenformate unumgänglich. Da dies nicht vorausgesetzt werden kann, sind niedrigschwellige Angebote zur Einführung, passend auf die Bedarfe der Forschung zugeschnitten wie bspw. die Übersicht: Inhalte in MARC21-Feldern17 sowie die Möglichkeit zum Austausch mit Expert*innen, besonders wichtig.
Zwischen mittlerweile wie von Stille et. al. beschriebenen forschungsnahen Angeboten von Bibliotheken wie bspw. zu Open-Science-Themen (Open-Access-Publikationen, Referenzierbarkeit, Nachnutzung etc.) oder dem Forschungsdatenmanagement bestehen dabei zwar deutliche Schnittmengen (Stille et al. 2021), doch erfordern spezifische Angebote für die Digital Humanities oft einen Perspektivwechsel der Bibliothek: Geht es bei der Beratung zu Forschungsdatenmanagement meist um die Verwaltung der Forschungsdaten in den verschiedenen Phasen ihres Lebenszyklus, so können bibliothekarische (Meta-)Daten und Objekte die Basis für Digital-Humanities-Projekte darstellen, in denen diese bereits bestehenden Daten als Forschungsdaten nachgenutzt werden (Rapp 2021).
Die dargestellten Erfahrungen und Aktivitäten unterstreichen die zentrale Rolle von Bibliotheken als unverzichtbare Partner der Digital Humanities. Diese bieten nicht nur den Zugang zu wertvollen Forschungsressourcen, sondern auch die notwendige Infrastruktur und Expertise für deren Nutzung. Ihre Fähigkeit, Metadaten, digitale sowie analoge Objekte für die Forschung aufzubereiten und bereitzustellen, macht sie zu Schlüsselakteuren in der DH-Landschaft. Darüber hinaus fungieren Bibliotheken als Brückenbauer zwischen traditionellen geisteswissenschaftlichen Methoden und innovativen digitalen Ansätzen, indem sie Schulungen, Workshops und Unterstützung bei der Anwendung von Text- und Data-Mining-Techniken anbieten. Die Entwicklung skalierbarer Infrastrukturen und die Anpassung an neue Technologien wie KI und LLMs zeigen, dass Bibliotheken aktiv die Zukunft der Digital Humanities mitgestalten. Ihre Rolle als Vermittler, Servicestelle, Datengeber und Projektpartner macht sie zu unentbehrlichen Katalysatoren für die interdisziplinäre Forschung und trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung und Demokratisierung der digitalen Geisteswissenschaften bei.
Fußnoten
Bibliographie
- Deutsche Nationalbibliothek. 2016. „2025. Strategischer Kompass“. urn:nbn:de:101-2016070603 (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Dogunke, Swantje. 2024. „Bestandsorientierte Forschungsprojekte und digitale Infrastruktur und Services“. Konferenzveröffentlichung der 112. BiblioCon. urn:nbn:de:0290-opus4-190670 (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Döhl, Frédéric und Dorothea Zechmann. 2020. „Digital Humanities und Recht: Zu den neuen Regeln für das Text und Data Mining (TDM) und ihrem strategischen Potential für die Bibliotheken“. In b.i.t. online 23 Nr. 4 , 397-404. https://www.b-i-t-online.de/heft/2020-04-fachbeitrag-doehl.pdf (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Förstel, Ulrike. 2024. „Konzeption von Maßnahmen zur Vereinfachung der individuellen Nutzung von technischen Schnittstellen im bibliothekarischen Kontext am Beispiel des Stabi-Labs“. Unveröffentlichte Bachelor-Arbeit, FH-Potsdam.
- Maier, Petra. 2016. „Digital Humanities und Bibliothek als Kooperationspartner. Faktoren einer aktiven Unterstützung im Bereich der Metadaten“. DARIAH-DE Working Paper Nr. 19 . Göttingen: DARIAH-DE. urn:nbn:de:gbv:7-dariah-2016-5-6 (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Neuroth, Heike. 2017. „Biblitohek, Archiv, Museum“. In: Jannidis, Fotis, Hubertus Kohle, Malte Rehbein (Hg.). Digital Humanities. Eine Einführung . Stuttgart: Metzler, 213-222.
- Rapp, Andrea. 2021. „Digital Humanities und Bibliotheken: Traditionen und Transformationen“. In 027.7 Zeitschrift für Bibliothekskultur 8(1) . Basel. https://doi.org/10.21428/1bfadeb6.486c17e5 (zugegriffen: 21. November 2024).
- Schöch, Christof, Frédéric Döhl, Achim Rettinger, Evely Gius, Peer Trilcke, Peter Leinen, Fotis Jannidis. 2020. „Abgeleitete Textformate: Text und Data Mining mit urheberrechtlich geschützten Textbeständen“. In Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften . Wolfenbüttel. 10.17175/2020_006 (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Schüpbach, Johanna, Catrina Langenegger und Sumanghalyah Suntharam. 2022. „Aspekte der Digital Humanities in Bibliotheken“. In Bibliotheksdienst 56(3-4) , 212-226. https://doi.org/10.1515/bd-2022-0034 (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Stille, Wolfgang, Stefan Farrenkopf, Sibylle Hermann, Gerald Jagusch, Caroline Leiß, Annette Strauch-Davey. 2021. „Forschungsunterstützung an Bibliotheken: Positionspapier der Kommission für forschungsnahe Dienste des VDB“. In O-Bib. Das Offene Bibliotheksjournal 8 (2), 1-19. https://doi.org/10.5282/o-bib/5718 (zugegriffen: 21. November 2024).
- Weill, Jason. 2023. „Generative AI in Jupyter“. In Jupyter Blog . https://blog.jupyter.org/generative-ai-in-jupyter-3f7174824862 (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Weis, J., T. Haider und E. Bunout, 2024. „Book of Abstracts - DHd2024. Digital Humanities im deutschsprachigen Raum 2024 (DHd2024)“, https://doi.org/10.5281/zenodo.10686565 (zugegriffen: 23. Juli 2024).