Freitag, 6. August 1971
In der Zweigstelle des ÖFVW, die in Berlin von einem Adeligen,
von Wallpach, geleitet wird, hatte ich insbesondere Gelegenheit,
mit den dortigen Damen, d.h. mit dem Schalterpersonal Kontakt
aufzunehmen. Wallpach erklärte, dass die Hauptschwierigkeit darin
besteht, dass sie keinerlei Verkaufserfolge feststellen können,
die Damen dort bemühten sich sehr, ich konnte das an Hand eines
Beispiels selbst miterleben, gute Auskünfte und entsprechend zweckmäs-
siges Material den Nachfragenden zu geben. Niemals aber wissen sie,
ob ihre Aktivitäten auch einen entsprechenden Niederschlag haben.
Ich glaube deshalb, es wäre sehr zielführend, wenn man am Jahresende
oder vielleicht bei einer sonstigen Gelegenheit, wenn sich heraus-
stellt, dass der Fremdenverkehr aus dem und dem Land wieder besonders
gestiegen ist, der Verkaufsstelle, resp. der Aussenstelle des ÖFVW
ein Dankschreiben für den geleisteten Erfolg, das das Ziffernmaterial
beinhaltet, übersendet.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, vormerken und bei der nächsten Gelegenheit
an die Fremdenverkehrsstellen solche Schreiben von mir absenden. Das Un-
terlagenmaterial, insbesondere die Osterreich-Karte, wird von den Gästen
sehr gewünscht, es müsste nur nach Auffassung der Berliner Stelle nicht
so aufwendig sein.
Es gibt die kleine Handkarte und dann den grossen Prospekt. Am besten
wäre eine Kombination zwischen den beiden und gleichzeitig aber auf-
gedruckt eine Tabelle, wo die einzelnen Orte und deren Leistungen an-
geführt werden.
Wichtig ist für die Zweigstellen, dass die Unterteilungen und Klassi-
fizierungen der einzelnen Orte jetzt zusammenfassend vorliegt. Es wer-
den immer wieder die Bäder gefragt, die Reitmöglichkeiten, die Fische-
rei und sonstige Hobbys und eine diesbezügliche Zusammenfassung ist
für die Zweigstellen von allergrösster Bedeutung. Wallpach meinte auch,
dass in Hinkunft die Reservierung von Zimmer erfolgen sollte. Mein
Einwand, dass er damit einen grossen Gegensatz zu den Reisebüros kommen
müsste, bestätigte er, doch glaubt er, dass in Hinkunft die Reisebüros
nur immer einen kleineren Prozentsatz der Reisenden erfassen werden.
Derzeit seien es seiner Meinung nach höchstens noch ein bisschen
etwas über 10 %. Die Reisebüros bekommen das Prospektmaterial von
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uns umsonst und sie verlangen wie z.B. für die Erholungsdörfer-
broschüre 50 Pfennig Schutzgebühren. Nach Auffassung von Wallpach
nehmen auch die Wünsche nach Einzelzimmern immer stärker zu.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, eine diesbezügliche Untersuchung unver-
züglich veranlassen. Wenn dieser Trend wirklich vorliegt, dann müss-
te in den Bauprojekten für neue Hotels und Gaststätten dies berück-
sichtigt werden.
In Berlin sind die 16 Reisebüro-Veranstalter in einer Interessen-
gemeinschaft zusammengefasst. Der Sprecher und Vorsitzende Dr. Walz
hat selbst zwar nur ein sehr kleines Reisebüro mit 4 Beschäftigten
aber hat freimütig mit mir alle Probleme diskutiert. Die sonstigen
300 Reisebüros in Berlin sind nur Verkaufs- und Buchungsstellen.
Der Versand von Ortsprospekten an diese Reisebüros geschieht viel
zu formell und ist grösstenteils sinnlos. Die Prospekte, ob es
sich um Landesprospekte, Regionalprospekte oder Ortsprospekte handelt,
werden auf Grund von Anzeigenlisten von diesen Buchungsstellen be-
stellt. Ein nicht Zuständiger füllt die Bestellkarte aus und dann
bekommt er 50 Prospekte zugesandt, die er wahrscheinlich überhaupt
nicht braucht. Walz meint, es wäre nur sinnvoll, wenn man über die
ÖFVW ein solches Prospektmaterial verschickt, resp. zumindestens
die ÖFVW fragt, ob es überhaupt sinnvoll ist, den Betreffenden dieses
Material zu schicken. Die Zweigstelle könnte nämlich feststellen,
ob das einzelne Reisebüro oder die Buchungsstelle überhaupt eine
Kapazität hat, dass sie so viel Material braucht.
Weitere Werbemöglichkeit bestünde darin, wenn die einzelnen Orte oder
die ÖFVW Farbklischees den Reisebüros zur Verfügung stellen würde, da
diese gerne ihre Prospekte, die sie für ihr eigenes Büro drucken, mit
solchen Bildern ausstatten würden. An Prospekten wird in Hinkunft bei
den Reisebüros äusserst vorsichtig vorgehen. Durch die Gerichtsentschei-
dungen in der BRD wird nun die Haftung wesentlich verstärkt. Hoess hat
mir versprochen, er wird mir sämtliche Urteile diesbezüglich schicken.
Die Berliner haben nun feststellen müssen, dass sie mit Kärnten, mit
den Kärntner Landesreisebüros, einige Schwierigkeiten diesbezüglich ge-
habt haben. In Nordtirol und Salzburg funktioniert es dagegen bestens.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte von Kärnten den Fremdenvekehrsreferenten
aufmerksam machen. Die Möglichkeit, eventuell das Mühlviertel und das
Waldviertel mehr zu erschliessen, sieht Walz derzeit nicht gegeben.
Durch die EG-Bestimmung müssen sie jetzt dem Busfahrer nicht nur
einen zweiten Mann mitgeben, sondern in der Schlafkabine darf sich
der zweite Mann nur ausruhen, wenn der Bus steht. Dadurch müsste
die 10-stündige Ruhepause eingehalten werden. Dies ergibt, dass von
Berlin die Busse nur mehr bis in den Bayerischen Wald geführt werden
können. Zugmässig können die Berliner nur durch den Alpenexpress nach
Tirol und Salzburg gebracht werden, alles andere ist für sie zu kompli-
ziert. Hoess meinte, er hätte seinerzeit im Auftrag von Klaus Bespre-
chungen geführt, ob man nicht eine Grenzlandstrasse durch das Mühl-
und das Waldviertel von Bayern aus führen könnte und damit diese Ge-
biete dem Fremdenverkehr erschliessen. Hoess machte mich darauf aufmerk-
sam, dass ein gewisser Dr. Illetschko Helmut, ein Zivilingenieur, der
gleichzeitig auch Konsulent im Bautenministerium ist, für das Wald-
viertel eine Fremdenverkehrsstudie ausgearbeitet hat.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, diese Arbeit zu beschaffen, d.h. sich
mit Dr. Illetschko in Verbindung setzen.
Interessant war, dass in der BRD, aber auch in Westberlin die Reise-
büros daran denken, sich gegen Regressansprüche zu versichern. Die
Versicherung Colonia in Köln hat nun ein Offert gelegt, wo sie für
25 Pfennig pro Kopf das Risiko übernehmen wollen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte, sich sofort mit der Versicherung in Ver-
bindung setzen, damit wir das Angebot im Detail kennen. Ich glaube näm-
lich, dass eine solche Möglichkeit auch unsere Aktion, die Versicherungs-
bedingungen zu verbessern wesentlich erleichtern würde.
Bezüglich der Idee, ob in Österreich die Halbpensionen stärker forciert
werden könnten, meint Walz, dass dies nur beschränkt möglich sei.
Im Winter glaubt er, dass es nicht zielführend ist, wenn man ein
starkes Frühstück und dann nur ein Abendessen gibt, hier wird man wohl
mit einer Vollpension, d.h. mit 3 Mahlzeiten rechnen müssen. Im Sommer
dagegen könnte man eine Halbpension, d.h. ein starkes Frühstück und
dann ein wirklich befriedigendes Abendessen einführen. Voraussetzung
dafür ist, dass man aber nicht so wie heute beim Abendessen nur eine
eingeschränkte Hauptspeise resp. keine Nachspeise gibt. Ich glaube,
je länger ich mir diese Idee, die zweifelsohne für den einzelnen Gast-
wirt eine grosse Entlastung bringen würde, überlege, umso negativer
stelle ich mich auch dazu ein. Wir haben letzten Endes einen grossen
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Verpflegungskapazitätsmangel, würde nun die vorhandene Verpflegungs-
kapazität umstellen, würden so und so viele laufende Kundschaften
überhaupt mittags wieder nichts zu essen bekommen. Den einzigen Aus-
weg aus diesem Dilemma sehe ich durch Herstellung von vorbereiteten
Fertigmenüs, die man dann nur entsprechend aufwärmt. Hoess war bei
dieser Aussprache anwesend und da sie in einem ganz kleinen Kammerl
erfolgte meinte er zuerst, er könnte ja draussen warten. Ich lehnte
natürlich ab und er war an dieser Aussprache auch sehr interessiert.
Arbeiten war er unter dem Regime Klaus sicherlich auch sehr gewohnt.
Das Unkonventionelle war ihm sicherlich ganz neu.
Im Generalkonsulat hat er den stellvertretenden Aussenhandelsstellen-
leiter von Ostberlin Dkfm. Schmiermaul bestellt. Dieser erläuterte
mir, dass die Ostdeutschen grössten Wert darauf legen würden, wenn
sie in einen engeren Kontakt mit den offiziellen, d.h. amtlichen
Stellen mir Österreich kommen könnten. Sie selbst haben auf der Leip-
ziger Messe den Österreich-Pavillon entsprechend immer forciert und
würden sehr gerne offizielle Vertreter in Leipzig begrüssen. Ich
erklärte ihm, dass ich mit Kirchschläger einer Meinung bin, im jetzigen
Zeitpunkt eine solche Kontaktaufnahme unter gar keinen Umständen zu
forcieren. Für die Aussenstelle ist es furchtbar schwer, mit den
einzelnen Firmen in Kontakt zu kommen. Jede Firma würde einen solchen
Kontakt ablehnen, da die Firmenleitung überhaupt nicht wissen würde,
das sie mit einer Vorsprache eines Handelsdelegierten anfangen sollte.
Sie würde ihn ganz automatisch wieder an die amtlichen staatlichen
Stellen verweisen. Darüber hinaus haben sich in Ostberlin einige
Firmen, die grösste darunter ist die Firma Novum mit Direktor Fürböck,
fast ein Monopol des Kontaktes geschaffen. Ähnlich wie die Fa. Gertner
in der UdSSR hat die Firma Novum den besten Draht zu allen staatlichen
Stellen und ist deshalb in allen Aussenhandelsgeschäften zwischen
Österreich und der DDR eingeschaltet. Andererseits hat sich Dir.
Fürböck gerade um den Österreich-Pavillon auf der Leipziger Messe
sehr verdient gemacht. Ich bin überzeugt und hoffe, dass es der
Aussenhandelsstelle auch in Ostberlin gelingen wird, auch in Laufe der
Jahre bessere Kontakte zu allen Stellen zu bekommen, derzeit ist sie
noch viel zu jung und gerade in den Oststaaten dauert es sehr sehr lange
bis man endgültig Fuss gefasst hat.
Bei der Ankunft in Wien war der Chauffeur Reiss entzückend. Auf der
einen Seite glaubte er, er müsste irgendetwas sagen, auf der anderen
Seite wollte er nicht kritisieren, so tat er den Ausspruch: Es ist
nicht sehr gut gegangen. Wanke dagegen war mit seiner Kritik im
Büro viel härter, er meinte, es müssten wirklich Überlegungen ange-
stellt werden, ob die Popularität unter allen Umständen erreicht werden
müsse. Auf den Einwand von Heindl meinte er, wenn ich nackt auf der
Kärntnerstrasse ginge, würde ich wahrscheinlich den populärsten
Schlager des Jahres geliefert haben. Ich glaube, man sollte sich
in dieser Beziehung viel weniger den Kopf zerbrechen. Man soll seine
Arbeit so gut es geht, machen, alles andere kommt sowieso von
selbst oder kommt nicht. Das Letztere ist vielleicht persönlich das
bessere.
Der polnische Forstminister Popko, bei dem übrigens auch die Papierindu-
strie ressortiert, wollte auf der Durchreise zur Klagenfurter Messe
mit mir eine kurze Aussprache. Ich konnte ihm bei dieser Gelegenheit
neuerdings versichern, dass ich und die ganze Bundesregierung grössten
Wert darauf legen, die Wirtschaftsverhältnisse zu den Oststaaten
zu verbessern und insbesondere ersuchen, er möge dem Aussenhandels-
minister beste Grüsse ausrichten, da wir doch im Herbst den neuen
Vertrag in Wien unterzeichnen werden. Konkret fragte ich ihn, ob er
in Hinkunft auch bereit wäre, nach Österreich grössere Mengen von
Schleifholz zur Zelluloseproduktion zu senden. Österreich gibt es
Meinungen, die behaupten, dass die Oststaaten und natürlich auch
Polen in Hinkunft alles Schleifholz selbst verarbeiten werden und
keine längerfristigen Lieferverträge mit Österreich abschliessen.
Ich stellte diese Frage im Hinblick auf das Landegger-Projekt ohne
natürlich konkrete Ziffern zu sagen oder auch nur von ihm zu erwarten.
Popko erklärte, dass sie eine Fabrik mit 250.000 t jetzt in Betrieb
nehmen werden und eine zweite Zellulosefabrik in derselben Grössen-
ordnung geplant ist. Trotzdem werden sie jedwede Menge Schleifholz
das Österreich wünscht, liefern können. Das Landegger-Projekt müsste
also vom Rohstoffstandpunkt keinesfalls scheitern. Eine Bestätigung
für mich war es ausserdem, dass die Grössenordnung von
200 bis 250.000 jato richtig ist, da man scheinbar auch im Osten
in Hinkunft nur mehr so grosse Kombinate errichtet.