Montag, 9. August 1971
Dr. Stern hat von seiner Mandantschaft den Auftrag bekommen,
beim Ministerium die Genehmigung für eine Sicherhheitssprengung
im Steinbruch in Hohenems zu erreichen. Anderenfalls würde
er die Säumnisbeschwerde einbringen. Ich erklärte ihm sofort,
dass es nur einen einzigen Weg gibt, entweder die Firma hält
sich an die Vereinbarung, dass wir gemeinsam versuchen, eine
Lösung aus dem Dilemma für die Firma zu erreichen, das heisst
auf gütigen-kulanten Weg das Problem zu lösen oder es wird
der Rechtswege beschritten, dann braucht er aber keine Säumnis-
beschwerde einreichen, dann gebe ich ihm sofort einen negativen
Bescheid. Min.Rat Beran ist auf Urlaub und sein Stellvertreter
Min.Rat Schedl, der bei der Besprechung anwesend war, erzählte
mir nachher, es ist unmöglich, auf Grund der vorliegenden Gut-
achten einen negativen Bescheid zu geben. Die Argumentation
liess ich nicht gelten. Selbst wenn der Sachverständige des Sozialministeriums Dr. Holub festgestellt hat, dass eine Sprengung
möglich sei, so war dies noch bevor im Steinbruch die Felswand
abgebrochen ist. Ich glaube kaum, dass derzeit ein Sachverständiger
ohne weiteres erklärt, dass Sprengungen in Hohenems ohne
weiteres möglich sind. Ich erklärte, dass ich gegebenenfalls
eine Weisung erteilen würde und er dann im Akt dies vermerken
könnte.
Bei der Verhandlung der KFZ-Novelle hatte ich in einer Dienst-
besprechung Anweisung gegeben, dass der Verordnungsentwurf,
der jetzt zur Durchführung dieser Kraftfahrgesetznovelle erlassen
wird, unverzüglich in Angriff genommen werden soll. Ich habe natür-
lich auf diese Anordnung längst vergessen und war daher sehr positiv
berührt, als Dr. Storek und Dr. Haselberger wegen der technischen
Details dieser Verordnung, die sie betrifft, bei mir vorsprachen.
Bezüglich des Bleigehalt von Benzin einigten wir uns nach längerer
Debatte, dass es zielführender ist, zwei Etappen bei der Herabsetzung
des Bleigehaltes bei Benzin zu machen. Als erstes wollte er die
seinerzeit den Ölfirmen mitgeteilten 0,7 Gramm pro Liter, diese
Grenze wurde auch von den Ölfirmen bereits akzeptiert, und in wei-
terer Folge dann 0,4 Gramm pro Liter erlassen. 0,4 Gramm sind davon
abhängig, bis die Platformer-Anlage der ÖMV fertig wird. Die ÖMV hat
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versprochen, dass dies im Sommer der Fall sein wird, dann hiess
es im Herbst und nun teilen sie mit, dass sie frühestens im
Dezember in Probebetrieb gehen können. Über den Kohlenmonoxid-
gehalt und über die Lärmbekämpfung werden wir noch weitere
Besprechungen abführen.
Auf der Pressekonferenz wurde unser Tätigkeitsbericht zur Debatte
gestellt. Der Tätigkeitsbericht des Ministeriums ist in der Kon-
struktion vollkommen unmöglich. Jede Abteilung meldet an die
Pressestelle, was sie für mitteilungswürdig erachtet. Dann wird
das Ganze kombiniert und gibt einen vollkommenen unmöglichen Ein-
druck über die Leistungen des Ministeriums. Da ich auf eine Natio-
nalratsanfrage im Vorjahr, wo man uns wegen des Aufwandes – er
betrug ca. 6.000 S – zur Rede gestellt hat, erklärt habe, wir werden
wenn es gewünscht wird auch auf diesen Aufwand verzichten, haben
wir die Blätter nur in eine ganz gewöhnliche Einschlagmappe
gegeben. Koppe hat einen Waschzettel zusammengeschrieben, wo er
ganz unabhängig von dem Material eine sinnvolle Zusammenfassung
der Tätigkeit geschrieben hat, in der Diskussion wurde verschieden-
stes gefragt, in Wirklichkeit aber hat sich sowohl das Fernsehen
als auch der Rundfunk als ganz besonders natürlich die einzelnen
Zeitungen für die Bleiverordnungen interessiert. Man sieht, dass
aktuelle Probleme in Wirklichkeit für die Presseleute noch immer
ausschlaggebend sind.
In der Ministerratsvorbesprechung resp. im Ministerrat wurde
mitgeteilt, dass Kreisky nicht beabsichtigt, einen neuen Staats-
sekretär für Wondrack zu bestellen. Als Abgeordnete wahrscheinlich
muss unverzüglich ein Nachfolger bestellt werden. Wenn das Parla-
ment einberufen werden sollte, müssten wieder 165 Abgeordnete an-
wesend . Hier ergibt sich nun natürlich für die Wiener Organisation
und für den Parteivorstand ein besonderes Problem. Frauen werden
sicherlich wieder eine Frau verlangen. Andererseits soll ja die
neue Liste der Nationalräte, die Anfang September in Wien beschlos-
sen werden muss, nicht präjudiziert werden.
Wegen der Mandatsaufstellung hatte ich auch mit Sekr. Nittel eine
längere Aussprache. Nittel sah die Schwierigkeit ein, die sich für
den dritten Bezirk ergeben. Er akzeptierte deshalb unsere 5 Kandi-
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daten, da der 5. der Genosse Sallaberger ist, den der Freie
Wirtschaftsverband wünscht und den auf alle Fälle auf einer
Liste unterbringen würde, bleiben alle fünf auf der Kandidaten-
liste. Im Prinzip allerdings wird er nicht von seinem Vorhaben
abrücken, dass der dritte Bezirk nur 4 Kandidaten hat, wie er
sich ausdrückte. Bei der nächsten Wahl, wo Wien mit nur 3 Mandate
verliert, sonst unmögliche Schwierigkeiten hat, überhaupt eine
Kandidatenliste zu erstellen.
Am Abend haben wir dieses Problem auch in unserem Bezirksausschuss
eingehend diskutiert. Nur gegen drei Stimmen, die sich hauptsäch-
lich gegen die Aufstellung von Sallaberger richteten, wurden
unsere Kandidaten beschlossen. Ich war so stockheiser, dass ich
zum Schluss nicht einmal mehr ein Wort herausbrachte. Ich kann
ja nicht verstehen, dass es mir nicht gelungen ist, alle davon
zu überzeugen, dass wir taktisch richtig vorgegangen sind, wenn
wir die fünf Kandidaten in der besprochenen Reihenfolge aufgestellt
haben, wenn die drei Gegenstimmen wirklich Jodlbauer helfen wollen,
dann hätten sie auf alle Fälle auch dafür stimmen müssen, dass
Sallaberger als 5. Kandidat kommt. Wäre nämlich Jodlbauer an diese
Stelle gekommen, dann wäre es ein noch grösserer Eklat gewesen,
da der Wiener Vorstand dann sicherlich beschlossen hätte, uns
nur 4 Kandidaten zu geben. Eine ungeheure Debatte ergab sich
aus der Pensionsregelung für den Wiener Stadtsenat. Leider konnte
ich in diese Debatte nicht mehr eingreifen. Hier bemerkte ich, dass
es furchtbar sein muss, wenn man stimmlich benachteiligt ist und
sich daher nicht entsprechend Gehör verschaffen kann. Natürlich
war es vollkommen still, wenn ich gesprochen habe, d.h sprechen
kann man es nicht nennen, geflüstert habe, aber dann ist doch der
eine oder andere mit einem Zwischenruf dazwischengefahren und das
Endergebnis war, dass natürlich jede Gedankendarlegung zerstört
wurde. Ich bin auch überzeugt, dass durch diese Pensionsregelung die
Wiener Organisation noch eine harte Zeit wird in der öffentlichen Dis-
kussion mitmachen müssen. Für unsere Vertrauenspersonen wird dies
aber noch viel schlimmer sein. Pittermann behauptet, dass in den
Bundesländern aber noch viel krassere Regelungen existieren.
Tagesprogramm, 9.8.1971
Tagesordnung 64. Ministerratssitzung, 9.8.1971
07_0964_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)