Dienstag, der 29. Februar 1972

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Dienstag, 29. Feber 1972

Im Ministerrat wird die Ankunft Waldheims besprochen. Waldheim
gilt als Ministerpräsident und erwartet sich, wie mir Halkusek
vor längere Zeit gesagt hat, einen ganz grossen Empfang. Kreisky
war zuerst der Meinung, dass er überhaupt nuct als gewöhnlicher Mini-
ster gilt. Als Ministerpräsident wird er vom Vizekanzler, da Kreisky
noch immer auf seiner EWG-Reise ist und Aussenminister und Innen-
minister empfangen. Zum Glück haben wir bereits bei Ministerprä-
sident Palme aus Schweden ein Zeremoniell eingeführt, welches sich
wesentlich von dem der ÖVP-Regierung unterscheidet. Dadurch kann
Waldheim zwar vielleicht verschnupft sein, aber nicht erklären,
dass aus politischen Gründen er so schlecht behandelt wird. Trotzdem
bin ich überzeugt, wird die ÖVP dies behauptet.

Die EWG-Rom-Reise will Kreisky am 14., 15. unternehmen, wenn im
Parlament der Integrationsbericht nicht zur Debatte steht. Daraus ent-
nehme ich, dass er natürlich auch im Parlament über seine EWG-Reise
berichten wird, d.h. der nächste Integrationsbericht wird ganz
im Zeichen von Kreisky stehen. Sicherlich war es sachlich ganz rich-
tig, dass Kreisky jetzt in die Hauptstädte gefahren ist. Sicherlich
war es auch gut, dass er kraft seiner Verbindungen diese Reise gemacht hat
Genauso sicher aber ist, dass wenn ich nicht so uninteressiert mich
gezeigt hätte, an den Auslandsreisen, ich doch als zuständiger Mini-
ster jetzt sehr verärgert sein müsste. Ich kann mir vorstellen, wenn
er alle diese Probleme immer an sich zieht, besonders dann, wenn es
dem Ende zugeht, dass früher oder später bei den zuständigen Ministern
er wird grossen inneren Widerstand bekommen. Noch funktioniert dieses
System sehr gut, weil er eben durch seine geschickte politische Taktik
und bis jetzt auch dem Erfolg diese aufkommenden Widerstände leicht
überwinden kann. Auch die Dauer wird ihm dies aber nicht gut tun.
Ich glaube, dass insbesondere Lütgendorf, aber auch Kirchschläger, die
beide politisch nicht verankert sind, es schwer ertragen werden, wenn
er in ihre Kompetenz teils über den Landesverteidigungsrat oder
beim Aussenminister durch seien bisherige Aussenministertätigkeit
immer wieder eingreift. Zum Glück bin derzeit noch ich zuständig
und mich persönlich interessiert eigentlich die ganze Reiserei wirk-
lich nicht und vor allem lege ich keinen besonderen Wert, in der
Integration Erfolg zu haben. Ich glaube, dass sich die Freundschaft


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zwischen Kirchschläger und mit hauptsächlich deshalb so schnell ent-
wickelt hat, weil ich ihn damals, obwohl er noch gar nicht eine Kompetenz
gehabt habe, den Vortritt gegeben habe, damit er in Brüssel das Eröff-
nungsgespräch führt und dass er immer wieder als Aussenminister in der
Integration stark in Erscheinung treten konnte.

Bei der Sektionsleiterbesprechung hat Metzner berichtet, dass er hofft,
das Homologisierungsabkommen in Österreich wird jetzt leicht durchge-
führt werden können. Ich habe angenommen, dass er wir jetzt eine Erklä-
rung geben wird, warum es bis jetzt an technischen oder administrativen
Massnahmen gescheitert ist. Dann erklärt er aber zu meiner grössten Ver-
wunderung und ich musste mich sehr zurückhalten, dass es jetzt möglich
ist, dass der Leiter der Überprüfungsanstalt, Zangl, Hofrat wird, d.h.
den Achterposten bekommen kann und damit alle Widerstände in der Kraft-
fahrprüfanstalt ausgeräumt sein werden. Ich habe mich in die Zunge ge-
bissen, damit ich nicht aufschreie und erkläre, dann kriegt er den
Achter-Posten nicht und dann werden wir sehen, ob er imstande ist,
tatsächlich diese ganze technische Abwicklung zu sabotieren. Nachher
erfuhr ich von Metzner, dass Sagl einmal Vertretern seines Amtes
im Verwaltungsgerichtsverfahren beigestanden ist und deshalb das BKA
ihm dezidiert erklärt hat, dafür wird er nie mehr Hofrat. Es war doch
gut, dass ich mich zurückgehalten habe, denn vielleicht hätte ich ihm
unrecht getan. Man sieht, wie die Bürokratie des BKA mit unserer Büro-
kratie manchmal auf Kosten der sachlichen Arbeit ihre privaten Fehden
austrägt.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, den Fall prüfen.

Die Frauendemonstrationen der ÖVP gegen die Preissteigerungen war eine
matte Sache. Ich muss zugeben, sie hatten aber auch das Pech, dass
es um diese Zeit gerate in Wien genieselt hat, Vielleicht wäre bei
Schönwetter eine grössere Beteiligung gewesen. Ich hoffte, dass ich
mit der Delegation, die zu mir hinaufkam, eine längere Diskussion
haben könnte. Die Delegationsleiterin hat aber nur eine Resolution
mir übergeben. Im letzten Moment hatte ich dann wenigstens eine kleine
Diskussion mit den Teilnehmerinnen beginnen können, die aber von
der Delegationsleiterin dann sehr bald beendet wurde, indem sie erklärte
sie müsste jetzt noch zu Frühbauer und ins BKA. Ich wiederholte mein


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Angebot, jederzeit mit ihrer Organisation eine Diskussion abzuführen,
und bitte um ihre Einleidung resp. erklärte, dass ich auch bereit
bin, eine Delegation jederzeit zu einer wirklichen Diskussion
zu empfangen. Die Frauen hatten das furchtbare Handikap, dass sie
natürlich über die Einzelheiten der Probleme, welches Instrumenta-
rium man wirklich braucht und wie man eine Änderung des Preisgesetzes
herbeiführen kann, nicht informiert waren, sodass ich sofort auf ihre
Frage, dass überhaupt doch die ÖVP auch mit dem Instrument nur eine
3 %-ige Preiserhöhung gehabt hat, leicht antworten konnte. Im Abend-
journal wurde dann sogar dieser Satz, wo ich darauf hinwies, dass
das ehemalige Innenminister Soronics schon öffentlich erklärt hätte,
es müsste ein besseres Preisgesetz kommen, gebracht. Bei Frühbauer wie-
der hat der Rundfunk den treffenden Satz gesendet, dass der Vorstand
der ÖBB, der mehrheitlich ÖVP-zusammengesetzt ist, einen wesentlich
höheren Tarifantrag gestellt hat. Da dies die zweite ÖVP-Frauen-
Delegation war, die demonstrierend bei mir vorgesprochen hat, konnte
ich einige alte Bekannte wieder begrüssen und habe natürlich sie
sofort entsprechend herzlichst empfangen.

Da die Delegation scheinbar unten im Lautsprecherwagen eine Informa-
tion an die restlichen Demonstrantinnen gegeben hat, ersuchte ich
Heindl sofort hinunterzugehen und zu hören, was hier mitgeteilt wird.
In Hinkunft sollten wir Vorkehrung treffen, dass wir dies gleich
von Anfang an mithören können. Heindl kam nämlich zu spät, hat aber
immerhin noch bemerkt, dass die Frau Abgeordnete Hubinek bei
den Demonstranten unten stehengeblieben ist. Ich bin sehr verwundert,
warum sie eigentlich nicht mit der Demonstrationsleitung zu mir
hinaufgekommen ist.

Anmerkung für Koppe: In Hinkunft müssen wir Vorsorge treffen, dass
wir durch ein Taschentonband womöglich wortwörtlich hören, was den
Demonstranten unten gesagt wird.

Dr. Veith vom ÖAMTC wollte meine Intervention beim ARBÖ, ohne dass
er dies wortwörtlich verlangte. Er wollte sich auch nicht beschweren,
doch im Grund genommen klagte er über die mangelnde Zusammenarbeit
der Kraftfahrverbände. Der ÖAMTC hat, seitdem sie den Krieg mit den
Feuerlöschern gegen den ARBÖ auf die Spitze getrieben hatten, systema-
tisch versucht, sich mehr und mehr eine Zusammenarbeit mit dem ARBÖ
anzustreben. Veith verhandelt nun eigentlich mit dem NR Hobl. Er


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hat nun das Gefühl, dass eigentlich immer wenn es zu konkreten
Besprechungen kommen müsste, niemals ein wirklich konkretes Er-
gebnis erzielt werden kann, weil Hobl dann immer wieder ausweicht.
Ich weiss natürlich nicht, ob Hobl einen solchen Auftrag vom
Präsidium hat, doch kann ich mir sehr gut vorstellen, dass Hobl
in seiner Art ihn zum Verzweifeln bringt. Z.B. führen sie Ge-
spräche über die Sätze, die sie von Nichtmitgliedern bei Pannenhilfe
auf den Strassen verlangen sollten. Zum Schluss erklärt Hobl, der
Vorstand des ARBÖ wird dies beschliessen und er wird dann Mitteilung
erhalten. Veith meint, dazu bräuchte er doch nicht zu verhandeln,
da könnte er ja abwarten, bis in der Freien Fahrt, der Zeitschrift
des ARBÖ die Sätze liest. Da Veith keine Intervention wünscht,
ich aber andererseits genau bemerke, dass er eine solche erwartet,
verspreche ich ihm, mit Effenberger über dieses Problem zu
sprechen.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte eventuell im Institut eine solche Zu-
sammenkunft arrangieren.

Der Vortrag des Min.Präsidenten von Bayern Goppel über den Rhein-
Main-Donau-Kanal war für mich sehr lehrreich. Goppel ist der
Präsident des Aufsichtsrates; der Kanal wurde 1921 begonnen und
soll 1981 fertig sein. Kotzina als der Vorsitzende des österr.
Kanal- und Schiffahrtsvereines zeigte grosses Interesse und hat
im Schlusswort sogar unterstrichen, dass der Schiffahrtsverein
auch einem österreichischen Minister gerne aus Forum diene würde,
damit die österreichische Regierung ebenfalls so grosses Inter-
esse an dem Kanalbau bekunden würde wie Bayern. Kotzina hat nur
vergessen, dass der Kanal eben in Deutschland gebaut werden muss
und nicht in Österreich. Die österreichische Donau wird sowieso
ausgebaut, da sie ja infolge der Elektrizitätsgewinnung jetzt in
einem Donaugesetz, das Moser einbringen wird, endgültig fixiert
werden soll. Für meinen Geschmack hätte Goppel wesentlich mehr
Zahlen und interne Probleme bringen müssen. Kotzina war vom Fern-
sehen, wie er in der Versammlung mitteilte, vorher gefragt worden,
ob der Vortrag von Goppel irgendetwas mit der zu erwartenden Sanie-
rung der DDSG, die jetzt in Angriff genommen werden soll, zu tun hat.
Kotzina kennt ganz genau die Schwäche unserer Verkehrsproblematik,
d.h. dass wir nur sehr schwierig die hunderte Millionen aufbringen


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könne, die für Sanierung der DDSG notwendig wären. Frühbauer hat mir
auf meine Frage geflüstert, dass es 700 Mill. sein sollten.

Bei der Ministerratsbesprechung wo ich mit Frühbauer vereinbart
hatte, dass ich für Kirchschläger diesen Vortrag mit anhören werde,
hat Frühbauer Kirchschläger und mir berichtet, dass überhaupt er in
der Schiffahrtsfrage jetzt eine neue Politik einschlagen wird, in
den letzten Monaten haben sich sehr viele ausländische Reedereien
gemeldet, um unter österreichischer Flagge zu fahren. Sie wollen
allerdings nicht als österreichische Firmen gelten, sondern nur die
österreichische Flagge benützen, um die strengen Bestimmungen der
Deutschen Vereinbarung insbesondere über die Bemannung der Schiffe
auszuweichen.Eine Frage an Frühbauer, ob er nicht versucht hat, dass
die Gewerkschaft ebenfalls einen solchen Vertrag in Österreich abschliesst,
wurde nur mit einem Lächeln und Achselzuchen von ihm beantwortet. D.h.
der HTV konnte einen solchen Vertrag bis jetzt noch nicht abschliessen.
Und Scheinbar befürchtet Frühbauer, dass dies auch in Hinkunft nicht
gelingen wird. Kirchschläger und ich legten aber grössten Wert darauf,
dass ausländische Reedereien unter österreichischer Flagge fahren. d.h.
ins österreichische Schiffahrtsregister sich eintragen lassen. Früh-
bauer
wird nun eine Novelle des Schiffahrtsgesetz veranlassen. Nach sein
Meinung dauert dies aber mindestens 2 Jahre, ehe diese Novelle wirksam
werden kann.

Frau Gesundheitsminister hat als Einstand einen Empfang in ihren
Räumen gegeben. Ich muss zugestehen, dass dies eine ganz tolle Idee
gewesen ist. Sie hat mit einem verhältnismässig geringen Aufwand
die ganzen Journalisten geladen, unch einige Minister sind erschienen.
Ausserdem waren selbstverständlich die soz. Frauen im NR und BR
gekommen. Ich fragte alle Minister, ob sie jemals eine solche Idee
gehabt haben und alle verneinten. Kirchschläger meinte allerdings mit
gutem Grund, er würde eher eine solche Party dann geben, wenn er
Abschied nimmt. Dann würde sich nämlich erst zeigen, wer wirklich zu
diesem Empfang, sei es von der Bürokratie oder von den entsprechenden
politischen Parteien und Zeitungen kommen würde. Beim Antrittsempfang
kommen natürlich alle, weil sie erstens einmal nicht wissen, wie sich
die ganze politische Lage weiter entwickelt und und sie sich zweitens
natürlich mit dem neuen Minister gut stellen wollen. Beim Abschieds-


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empfang dagegen kommen sicherlich nur die, die tatsächlich eine
entsprechende Bindung zu dem scheidenden Minister gehabt haben. Ich
glaube allerdings, dass man auch dann keinen Empfang geben sollte.
So wie wir gekommen sind, werden wir auch wieder verschwinden, das
einzige, was ich hoffe, dass wir mit ruhigem Gewissen sagen können.
wir haben versucht, die uns übertragene Arbeit zu leisten, auch dann,
wenn sie sehr anstrengend gewesen ist, was vielleicht gar nicht viele
bemerken werden.

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Tagesprogramm, 29.2.1972

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesordnung 16. Ministerratssitzung, 29.2.1972


Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ehem. Bautenmin., ÖVP


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Hofrat, Leiter Kraftfahrprüfanstalt; Vorname, sofern Nachname korrekt, evtl. Alfred


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: VM (Ministerienneuorganisation 1974)


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
          GND ID: 118723189


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Bautenminister


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ÖAMTC


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                Tätigkeit: sagte JS, dass Waldheim für März 1972 einen "ganz großen Empfang" in Ö erwarte; Falschschreibung?


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                  GND ID: 12053536X


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                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                          GND ID: 102318379X


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                            Tätigkeit: LH-Stv. Burgenland, ÖVP


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                              Tätigkeit: UNO-Generalsekretär


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                                Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.
                                GND ID: 102071865X


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                                  Tätigkeit: ARBÖ-Bundessekretär


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                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                    GND ID: 118566512


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                                      Tätigkeit: bayr. Min.präs. bis 1978


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