Mittwoch, 15. Mai 1974
Der Industrieminister, ein Generaldirektor und der Botschafter aus
Mali haben bei der Unido wegen ihrer Projekte verhandelt. Sie
statteten mir einen Besuch ab um darzulegen, dass sie auch daran
interessiert wären, wenn österreichische Unternehmen sich in Mali
an Industrieprojekten beteiligen würden. Mali ist eines der ärmsten
Länder der Welt, wir exportieren einige hunderttausend Schilling
und importieren nicht einmal einen Bruchteil davon, da es hauptsäch-
lich Gemüse und Nüsse sind, können wir derzeit infolge der Trockenheit
nicht einmal diese Produkte kaufen. Die einzige Entwicklungshilfe, die
wir geben ist , dass wir einigen Studenten Stipendien für ihre Aus-
bildung hier zahlen. Mit Recht sagt der Industrieminister, es wäre
ihnen mehr geholfen, wenn wir sie in einer französischen Schule aus-
bilden liessen. Im frankophilen Raum lernen die Afrikaner mit sicher-
lich grossen Schwierigkeiten die franz. Sprache, zur Weiterbildng
kommen sie dann in eine deutschsprachige Universität, was ganz sinnlos
ist., da sie doch vorerst dann die Landessprache lernen müssen.
Ich versprach, dass ich darüber mit dem Unterrichtsministerium ver-
handeln würde. Grosse Hoffnungen mache ich mir natürlich nicht, denn
da wir nur ganz wenig Entwicklungshilfe leisten glaube ich kaum,
dass das Unterrichtsministerium bereit ist, ein Stipendium für eine
Schule in Frankreich zu geben.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte das Problem mit dem Unterrichtsministerium
besprechen.
Der Internationale Fett-Kongress war von 750 Delegierten besucht.
Da fast die Hälfte Damen waren, war es für mich klar, dass es sich
auch um eine Sightseeing-Tour handelt. Wien ist als Kongressplatz
glaube ich sehr beliebt, weil es doch hier Möglichkeiten gibt, ent-
sprechendes Damenprogramm abzuwickeln. Wie reich diese Gruppe ist,
zeigt, dass sie nicht nur die Hofburg gemietet haben, sondern auch
dort noch ein Festbankett geben, bei dem ich mich selbstverständlich
entschuldigen liess. Der Präsident ist ein Unilever-Mann Ragan
und der Gen.Dir. von Unilever Seiffert hat den Kongress begrüsst.
Ich hatte Gelegenheit vorher mit ihm über die Margarinepreisentwicklung
zu reden. Ich gab meiner Verwunderung Ausdruck, dass er die Unterlagen
nicht den Interessensvertretungen gibt und ich deshalb die Wirtschafts-
polizei zu ihm schicken musste. Er erklärte rundweg selbstverständlich
bekommt die Wirtschaftspolizei alle Unterlagen, er möchte sie aber nicht
den Interessensvertretungen geben, weil er damit gleich wie er sich
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ausdrückt in den Zeitungen schreiben kann, wie seine Verhältnisse
liegen. Ich verlangte von Seiffert, dass wir unbedingt eine Lösung
finden müssen, denn die Regierung könnte es nicht ertragen, dass
eine Produktion eingestellt wird, die gerade für die grosse Masse
der Bevölkerung von eminenter Bedeutung ist.
Bei der Preisauszeichnung für die schönsten Bücher Österreichs
hatte ich in meiner Begrüssungsrede vorgeschlagen, es mögen sich
alle den Kopf zerbrechen, wie wir für die schönsten Bücher und insbe-
sondere für das System der Auszeichnung Verbesserungen machen können.
Diesmal beteiligten sich schon weniger Verlage, voriges Jahr waren
es noch 35, heuer nur mehr 26 und bei einer Gesamtsumme von 250
Verlagen, wovon 50 ungefähr in Frage kämen ist dies ein schlechtes
Zeichen. Versehentlich wollte ich schon nach der Auszeichnung durch
den Hauptverband schon schliessen und es wäre der sehr oft ausgezeich-
nete Residenzverlag mit seinem tüchtiger Eigentümer Schaffler gar
nicht mehr zu den Dankesworten gekommen. Schaffler meinte, soll ich
nicht ? Was in dem Fall wirklich eine nicht nur Missachtung seiner
Person sondern auch sachlich ein grosser Fehler gewesen wäre.
Schaffler hatte nämlich ein ganzes Bukett von Vorschlägen, die
man tatsächlich jetzt durchdiskutieren muss, ich habe Fr. Dr. Rameder
ersucht, sie soll über diese Vorschläge Besprechungen mit den dafür
in Frage kommenden Stellen beginnen. Ich glaube nämlich tatsächlich
dass es hier, ohne dass es uns im Handelsminister viel kosten würde,
einige ganz interessante Punkte gibt. Nachher hat mir aber Schaffler
noch einen wichtigen gesagt.: Während früher zu den Auszeichnungen
der schönsten Bücher das Fernsehen gekommen ist, interessiert sich
jetzt fast überhaupt niemand mehr dafür. Der Hauptverband, der
dies organisiert, ladet zwar auch die von den Büchern getroffenen
Künstler ein, doch ausser dem Maler Fuchs ist niemand gekommen,
obwohl z.B. eine Illustration von Hrdlicka das Buch die Hochzeit
den Staatspreis bekam und ein Buch über Hrdlicka den dritten Preis.
Schaffler meint mit Recht, hier müsste der Verlag den Künstler
auffordern und er ist überzeugt, wenn der Künstler kommen würde,
so wie das auch Fuchs mit seiner Familie getan hat, als Schaffler
ihn aufforderte. Wenn die Künstler aber kommen, dann kann man damit
rechnen, dass man wieder das Fernsehen organisieren kann. Ich habe
Rameder ersucht, in Hinkunft soll sie dies organisieren, mir mitteilen
damit ich dann meinen Einfluss geltend machen kann, das Fernsehen
tatsächlich wieder zu den Auszeichnungen zu bringen und damit die
die Auszeichnung auch wieder interessanter zu machen.
Komm.Rat Lißbauer und Dr. Zedek sprachen bei mir vor und erklärten,
sie hätten mit Bassetti aber auch anderen Landesvertretern jetzt über
die Ablöse Langer-Hansels gesprochen. Sie würden mein Kompromiss, ihn
bis zur Jahresmitte als Geschäftsführer zu belassen akzeptieren,
Zolles und Kübler könnten in der Zwischenzeit auf Urlaub gehen und
für die zweite Jahreshälfte, bevor sein Pensionsalter erreicht ist,
sollte er die internationalen Agenden wahrnehmen und schön langsam die
Nachfolgefrage auch dort lösen. Sie sprechen sich aber gegen einen
Konsulentenvertrag aus, weil die dann befürchten, dass dieser auch
noch über das Jahr hinaus verlängert werden könnte. Auf alle Fäl-
le dürfte er keinen wie immer gearteten Einfluss mehr auf die Ge-
schäftsführung haben.
Hofrat Manzano und Baumgartner kamen als angebliche Sprecher der Länder
obwohl sie dazu kein Mandat zumindestens keinen Beschluss hatten,
um angeblich auch wegen Langer-Hansel mit mir zu reden. Die ganze Zeit
war aber fast nur die Beschwerde von Manzano, dass man jetzt doch die
Länder überfährt, dass er davon in die Detailverhandlungen nicht ein-
geschaltet war und sie auch nicht wusste, dass ganz besonders aber
zum Schluss Würzl die Länder fast unter Druck gesetzt hat, er drückte
sich aus wie ein Lehrer, hatte sie wie Schulbuben behandelt, damit
sie das Kompromiss akzeptieren. Sachlich musste er allerdings zugeben
dass es die optimalste Lösung ist. Ich erklärte ihnen, dass
ich jetzt auch mit Langer-Hansel, dem ich auseinandergesetzt hatte,
dass er nicht ins Ministerium zurückmuss, dass ich ihm allerdings
keinen Konsulentenvertrag geben könnte, dass man aber vielleicht
eine Lösung finden kann, dass er woanders, er möchte im Gewerbeverein,
ein Zimmer und einen Schreibtisch bekommt und vor allem dass die
internationalen Agenden auf alle Fälle bis Jahresende bei ihm bleiben
mit dieser Lösung einverstanden ist.
Die Generalversammlung ging also wie besprochen und wie am Schnürchen
über die Bühne. Das einzige Problem war, dass der Kärntner Delegierte
Knofler verlangte, dass wir aus der Reserve von 1,6 Mill. 300.000 S
zusätzlch für einen Aufbau einer Münchner Kontaktstelle verwenden
sollen. Diesen Vorschlag hatten sich dann letzten Endes alle Länder
selbst die westlichen angeschlossen, sodass es für mich leicht
war, den Antrag abstimmen zu lassen und auch hier die Einstimmigkeit
zu erreichen. Interessant war nur, dass der Wunsch der ÖFVW, das
Budget nächstes Jahr um 15 % zu erhöhen, diesmal gar nicht auf
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den Widerstand des FM-Vertreters Min.Rat Kaber hat wohlweislich
geschwiegen sondern schon auf den Widerstand der Länder gestossen
ist. Bassetti als Vertreter Tirols aber gleichzeitig auch Finanz-
referent erklärte, es würden jetzt grosse Schwierigkeiten entstehen,
wenn das Budget weiterhin ausgeweitet wird. Dem haben sich dann auch
die Steirer und Oberöstereicher in diesem Fall hier die Fremdenver-
kehrsdirektoren angeschlossen. Würzl flüsterte mir zu, jetzt ist
es so weit, die Länder machen gegen die Budgetausweitung Front
und es kann uns niemand mehr vorwerfen, dass wir hier nicht alles
getan haben. Da ich jetzt als mehr oder minder aktiver Obmann aus-
scheide, passt mir diese Entwicklung auch, man wird dann früher oder
später doch behaupten, solange Staribacher der Obmann war und sich
um den Fremdenverkehr so intensiv gekümmert hat, war er auch imstande
nicht nur die Fremdenverkehrswerbung umzuorganisieren sondern auch
zusätzliche bedeutende Mittel zu beschaffen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Wir sollten in diesem Punkt bei den Budgetver-
handlungen wirklich sehr zurückhaltend sein, solange die Länder nicht
dezidiert erklärt haben, dass sie mehr zahlen wollen.
Ich habe dem ausscheidenden Manzano gedankt aber dann ganz be-
sonders sogar zweimal, einmal nach seinem Bericht und dann ganz
zuletzt als das neue System beschlossen war, Langer-Hansel. Ich
habe ihm bereits vorher gesagt und er weiss dies auch, dass ich die
Vorgangsweise seiner Freunde nicht richtig finde. Er meint, er wird
jetzt als Verräter betrachtet, weil er mit mir kooperiert hat, ich
sagte ihm und unterstrich es, welche bedeutende Aufbauarbeit, aber
insbesondere geschickte Regelung der Nachfolgefrage ihn auszeichnet.
ANMERKUNG FÜR PUFFLER: Bei einer passenden Gelegenheit bevor sein
Mandat als Geschäftsführer abläuft Langer-Hansel zu einem Rechen-
schaftsbericht zur Frühstücksrunde einladen.
Die Paritätische Kommission unter meinem Vorsitz stand unter einem
schlechten Stern, Zöllner aber auch Lachs hatten mir angekündigt,
es würde wieder einmal zum Krach kommen, da sie sich über die
wichtigsten Fragen nicht einigen können. Tatsächlich war auch bei
der letzten Sitzung wo ich den Vorsitz führte ein solcher Krach ange-
kündigt worden und wir konnten ihn dann doch verhindern. Diesmal
war es bei zwei Punkten schwieriger, ja fast unmöglich eine Lösung
zu finden. Benya beschwerte sich, dass die Unilever keine Unterlagen
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geben will, deshalb auch kein Preis festgesetzt werden kann. Mussil
wollte unbedingt feststellen, dass keine Einigung erfolgt und damit
nach 5 Wochen die Unilever den freien Preis verlangen kann. Der ÖGB
und die Arbeiterkammer stellten aber gleichzeitig den Antrag, dass
für Margarine die Preisregelung wieder eingeführt werden soll. Mussil
meinte, dies sei nicht möglich, weil wenn einmal ein Preis sistiert
ist, keine Möglichkeit mehr besteht, ihn auf Grund des Preisregelungs-
gesetzes neu einzuführen, sondern es müsste dann im Parlament neu
beschlossen werden, dass dieses Produkt der Preisregelung unterliegt.
Ein vollkommen falscher Standpunkt, wie meine Juristen immer wieder
sagen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte in der Grundsatzgruppe dieses juristische
Problem klären und berichten.
Der zweite strittige Punkt war, dass für die Baustoffpreise die Bun-
deshandelskammer das letzte Mal Vorbehalt gemacht hat und Mussil mit-
teilte, er war nicht imstande, den Fachverband und seine Mitglieder bei
angeblich 120 Besuchern, die zu der Veranstaltung kamen, davon zu
überzeugen, dass sie akzeptieren sollten. Trotzdem weigerte sich Benya
hartnäckig festzustellen, dass keine Einigung zustande kam, obwohl dies
natürlich de facto der Fall ist. Benya erklärte, er würde von der Re-
gierung erwarten, dass niemand mehr bei den Zuschlägen der öffentlichen
Hand die Erhöhung akzeptiert und damit eigentlich die unbotmässigen
Unternehmer- mehr geschädigt werden als wenn sie akzeptiert hätten.
Der ÖGB wird sein Schreiben an die Regierung, d.h. an mich richten.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte das Schreiben, das ich nachher bei Lachs ur-
giert habe, sofort in einen Ministerratsvortrag umbauen, damit es Diens-
tag in der Regierung beschlossen werden kann.
Aus der leidigen Margarine-Situation herauszukommen, habe ich Singer beauf
tragt, er soll unverzüglich Verhandlungen mit den Interessensvertretungen
und den Firmenvertretern von Unilever also Dr. Büttner aufnehmen. Singer
meinte, dafür sei Min.Rat Kurzel zuständig und er werde ihm diesen
Auftrag geben. Ich erklärte rundwegs, dass ich eine solche Vorgangs-
weise für volkommen falsch halte. Wenn Singer in der Paritätischen
Kommission sitzt, die ganze Details kennt und als Gruppenleiter
fungiert, dann muss er auch selbstverständlich unter Zuziehung von
Kurzel von mir aus kann er ihm auch den Vorsitz geben, ich mache das
auch selbst einige Male, aber unbedingt anwesend sein, weil ja nur er
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das Klima und die Details kennt, eben die Verhandlung beeinflussen
um nicht zu sagen, selbst zu führen. Wir müssen so schnell als
möglich zu einem Erfolg kommen. Mein Drängen wurde dann anschliessend
wenigstens mit den Interessensvertretungen der Sitzungstermin fixiert.
Donnerstag, 18 Uhr bei Singer. Ich selbst werde ebenfalls dort er-
scheinen. Es müsste nämlich unbedingt gelingen, entweder dort eine
Übereinstimmung über einen gewissen Preisausmass zumindestens für
Tea zu erreichen, damit die Produktion wieder aufgenommen wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Kümmere Dich bitte um die Preisgruppen, damit wir
mit Jagoda gemeinsam ein besseres System erarbeiten können.
Das Abendessen und die Arbeitsgespräche mit dem albanischen Aussen-
handelsminister ergaben keinerlei neue Gesichtspunkte. Allgemein
werden wir uns bemühen, ihm einen Teil von Österreich zu zeigen, da
er das erste Mal in Österreich ist. Gleichzeitig will er natürlich
mit den Firmen, wo sie Geschäfte machen, wie Fruchtunion, Schmid-
berger, mit Bitumen usw. Beziehen und Gespräche führen. Zum Glück
kann ich mich wenigstens Sonntag ein bisschen ihm widmen. Nach der
Eröffnung der IFABO werde ich mit ihm die Fruchtunion besuchen,
nachher in Baden ein Essen anschliessend Schönbrunn besichtigen und
den Kahlenberg. Abends wird er dann wegen Kostenersparungen allein
in die Oper gehen, d.h. wir haben eine Loge für die Albaner selbst
gekauft. Was mich gewundert hat, ist, dass er unser Anbot im Imperial
zu schlafen nicht akzeptierte sondern lieber die Botschaft bevorzugt.
Ottahal behauptet, er ist bestens betreut, wovon ich nicht so
restlos überzeugt bin. U.a. hätte dann nach Abschluss des Arbeits-
gespräches es schon Schwierigkeiten mit den Autos gegeben, da
zwar ein österreichischer Wagen ihm zur Verfügung gestellt wurde,
doch Fälbl nicht genau wusste, ob er ihn auch benutzen kann.
Die Lösung wurde dann allerdings so gefunden, dass zuerst selbstver-
ständlich der Gast in die Residenz gebracht wurde und dann wahr-
scheinlich Fälbl nach Bisamberg. Ich kann und will mich nicht über
die Details kümmern, aber manchmal habe ich schon das Gefühl, dass
durch Improvisation einiges danebengeht. Wie dies funktionieren
sollte, wenn bei der Messe gleich drei Minister kommen, ist
mir jetzt ein Rätsel. Hier werden wir allein für die Vorkehrung,
dass entsprechende Autos zur Verfügung stehen, wirklich einen sinn-
vollen Plan machen müssen. Ich hoffe immer, dass ein Grossteil der
Eingeladenen absagt und nicht kommt.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI:
Bitte achte besonders darauf, wenn tatsächlich drei oder vier
Minister zur Messe kommen, dass hier nicht grössere Pannen
passieren.
Tagesprogramm, 15.5.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)