Sonntag, 4. August 1974
Bei der BEWAG gibt es keine Kraftwerke zu besichtigen, da sie
keine besitzt. Sie hat glaube ich die günstigste Ausgangs-
situation jeder Elektrizitätsgesellschaft. Sie kauft von der
Verbund den ganzen Bedarf und hat vertraglich festgelegt, auf
20 Jahre kein Kraftwerk zu errichten und sich auch an keinem zu
beteiligen. Aus ihren Stromerlösen muss sie 44 % der Verbund
anliefern. Von ca. 400 Mill. kWh macht der Stromerlös 360 Mio S
ungefähr aus. Horwath hat, wie er mir mitteilt, seit 1970
von den 100 Mill. S ERP-Mitteln, die für die E-Wirtschaft zur
Verfügung stehen, immer 10 Mill. S zum Netzausbau bekommen. Er
hofft, dass er dies auch 1974 und 1975 wieder bekommen würde.
Angeblich hat Sekt.Chef Frank vorgesehen, die ganzen 100 Mill.
der DoKW zu geben. Bis 1970 haben immer eine schwarze Landes-
gesellschaften einen entsprechenden Anteil an den ERP-Mitteln
gehabt, so behauptet zumindestens Horwath.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte eine fraktionelle Besprechung der
ERP-Mittel-Aufteilung einberufen.
Der Betriebsrat der BEWAG hat mir Mitteilungsblätter über seine
Tätigkeit gegeben. Daraus konnte ich entnehmen, dass auch bei
den Landesgesellschaften natürlich die Gewerkschaft und ganz
besonders die Betriebsräte Sonderregelung für ihre Mitglieder
herausholen. Horwath gibt nur zu, dass dies eine kostspielige
Angelegenheit ist. Jede Landesgesellschaft hat nicht nur ihr eigenes
Schema sondern ihre besonderen Benefizien. Horwath möchte unbe-
dingt ein einheitliches Schema für die gesamte Elektrizitäts-
wirtschaft. Es wird äusserst schwierig zu erreichen sein, da
solche einheitlichen Schemata dann immer so erstellt werden,
dass von jedem natürlich die günstigste Lösung als in das
Schema einzubauen herauskommt. Trotzdem wird Horwath bei der
nächsten Kontaktbesprechung dieses Problem vorbringen. Richtig ist
eines, dass die Personalkosten ständig wachsen. Die Betriebs-
räte und die Gewerkschaft werden diese Politik natürlich weiter
fortsetzen, der einzige Ausweg aus diesem Dilemma ist eine Ratio-
nalisierung. Im Verbund, in den Sondergesellschaften und natür-
lich in den Landesgesellschaften. Dies aber nicht nur in den un-
teren Kategorien sondern bis hinauf in die Vorstände.
Dr. Hetfleisch, der sehr aktive Landesfremdenverkehrsdirektor,
LR Vogl bedauert, dass nicht unser Mann Hofrat Tschach von der
Abteilung Fremdenverkehr der Landesregierung so tüchtig ist, er-
zählt mir, dass im Burgenland der Fremdenverkehr keinesfalls
einen so schlechten Erfolg im Jahre 1974 erzielen wird. Burgenland
als ein typisches ein saisonales Fremdenverkehrsland steht und
fällt allerdings mit dem Wetter. Seit der Schönwetterperiode gibt es
an den Seen gigantische Umsätze. Abends in Mörbisch kann ich das
selbst miterleben. Die Gemeinde betreibt ein Seehotel mit einem
riesigen Restaurantbetrieb. Als Aushilfe, erzählt mir der Pächter,
muss er Studenten nehmen um den Anforderungen gerecht werden zu
können. Mörbisch selbst hat 1.500 Betten, für diese kleine Gemeinde
eine gigantische Zahl, und alles ausverkauft. Die Festspiele kosten
dem Land 4,5 Mill. 1,5 Mill. gibt der Bund und sind eine richtige
Fremdenverkehrsattraktion. Mit den Operetten, die eine schöne
Ausstattung haben, ist insbesondere der deutsche Gast glaube ich
sehr zufrieden. Wieder habe ich den Eindruck, dass es notwendig
ist, nicht gegen die Salzburger Festspiele zu argumentieren, aber um
die anderen Aufführungen von Fremdenverkehrsstandpunkt aus zu be-
gründen, eine Analyse zu veranlassen. Das ganze Nordburgenland
kann und ist ein Einzugsgebiet für die Wiener, die sich auch immer
in stärkerem Masse Zweitwohnungen kaufen. Im Burgenland geschieht
dies auch durch den Erwerb von Bauernhöfen. Prof. Gamsjäger,
Operndirektor, hat in Oslip, wo wir ihn durch Zufall trafen,
ein solches Millionenprojekt. Die Renovierung kostet nämlich ein
Heidengeld. Billig bekommt man die aufgelassenen Bauernhöfe auch
nicht. Interessant ist das Gerücht, welches sogar die Landes-
regierung glaubt, dass Gratz daran beteiligt ist. Dies trifft
sicher nicht zu, wie mir Gamsjäger versichert. Vogl ist sehr ge-
schickt, erklärte beim Besuch gleich, dass Gratz sehr beliebt ist,
weil er immer 1.000 S für die Lokalorganisation gibt, was Gamsjäger
sofort veranlasste, zu sagen, ich habe richtig verstanden, d.h.
dass er auch etwas für die Lokalorganisation blechen muss und wird.
Die beste Lösung wäre natürlich vom ökonomischen Standpunkt die
reichen Leute kaufen sich alte Bauernhöfe, die verfallen, restau-
rieren sie, die Geldempfänger können sich eine Wirtschaftliche
Existenz gründen, das Dorf bekommt einen wesentlich höheren Standard.
Voraussetzung dafür ist nur, dass eine gute Raumplanung und zwar
ein rigoroses Durchgreifen auf diesem Gebiet nicht eine vollkommene
Zersiedlung der Landschaft bringt. Das Ergebnis müsste mit der
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Zeit auch im Burgenland und in Niederösterreich eine Entwicklung
werden, wie wir sie in Westösterreich schon lange haben. Die
Infrastruktur soll dazu wesentlich beitragen. Das gibt aber
Projekte, die gigantisch sind. Um die Autobahn, die von Wien
bis Eisenstadt geführt wird, auch in den Seewinkel zu verlängern,
beabsichtigt Vogl, nachdem nun sein Brückenprojekt über den Neu-
siedler See gescheitert ist, den Neusiedler See zu untertunneln.
Als vor Jahren diese Diskussion begann und insbesondere Koenig sich
gegen die Brücke aussprach und immer mehr Umweltschützer sich
anschlossen, brachte ich, wie ich glaubte, den Gag und erklärte,
dann gehen wir eben unter den See mit der Strasse hindurch. Der
Witz, stellt sich nun heraus, wird vielleicht sogar Ernst.
Ein ganz schönes gigantisches Projekt. Vogl und die Burgenländer
liessen sich natürlich nicht durch meine blöde Bemerkung inspirieren
doch würde ich fast sagen, man darf heute in Österreich über nichts
mehr einen Witz machen, schon das kostet dann Irrsinnssummen.