Dienstag, 26. Oktober 1976
Auf dem weg bei der Kranzniederlegung und während der ganzen Zeit diskutierte
ich mit Firnberg ihr Interview über die Ladenschlusszeitänderung.
Sie ist fest davon überzeugt, dass es der Wunsch der Frauen ist
dass unbedingt eine einmal in der Woche längere Abendeinkaufs-
möglichkeit besteht und sogar an einem Samstag im Monat eine ganz-
tägige, so wie in Deutschland. Interessanterweise wusste sie gar nicht,
dass in Deutschland dieses System schon existiert. Androsch meint
zu mir, ich sei ja auch dieser Meinung, nur traue ich es mir nur
nicht zu sagen. Kreisky wieder meinte, ich sei ein verkappter Ge-
werkschafter als Handelsminister, der deshalb hier nicht berechtigte
Wünsche anerkenne. Wahrscheinlich wie eigentlich der Grossteil der
Regierung, fast würde ich sagen, die wichtigsten Leute zu dieser
Frage stehen. Mit Argumenten lässt sich hier kaum etwas machen,
weshalb ich dezidiert erklärte, ich denke nicht daran, eine Änderung
durchzuführen, sodass alle wussten, bei mir würden sie in diesem Fall
nicht durchdringen.
Im Ministerrat hat der Bundeskanzler den Antrag auf Dienstreise des
MR Dr. Franz Hubacek nach Südafrika, den er selbst eingebracht,
nach einer interessanten Diskussion zurückstellen lassen. Kreisky
fragte Veselsky, was Hubacek in Südafrika macht. Veselsky antwortete
er kommt nicht nach Südafrika, sondern nach Lesotho zu Entwicklungs-
hilfebesprechungen. Pahr, der neben mir sass, flüsterte mir, er
hätte dies kommen gesehen, auch grosse Bedenken, denn Hubacek
fährt auf Kosten der südafrikanischen Airlines. Veselsky hatte näm-
lich behauptet, dass dies dem Bundeskanzler nichts kostet. Kreisky
sieht also die Anträge scheinbar nicht genau an, auch dann, wenn er sie sicherlich
unterschreiben muss, kommt aber dann während des Ministerrates doch
selbst bei dem schnellsten Vorgehen auf die Schwachstellen. Da üblicher-
weise jeder Minister und er selbst bei seinen Anträgen die stereotype
Frage stellt, bitte um Annahme, so hat man kaum Zeit den Titel zu
lesen, geschweige denn den Antrag. Zur genauen Kontrolle hat ja eigentlich
jeder Minister seine Abteilungen, die den entsprechenden Ministerrats-
vortag bekommen, oder zumindestens bekommen sollten. Ich bin überzeugt
auch bei uns im Haus wird kaum der Ministerratsvortrag eines anderen
Ressorts gelesen. Ich gehe sogar noch soweit zu behaupten, dass auch
der Ministervortag des eigenen Ressorts nur von der betreffenden
Sektion und dort wahrscheinlich nur von der Abteilung die ihn ausarbeitet,
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gelesen wird. Dieser Zustand stört mich im Handelsministerium über-
haupt nicht. Da diese Regierung darauf aufbaut, dass ein jeder Minister
seine Arbeit nach besten Gewissen macht und kaum den anderen etwas
dreinredet, ergibt sich eine ziemlich reibungslose Arbeit der Regierung,
allerdings mit dem Risiko, dass gegen Einzelinteressen und Wünsche
kaum irgendwelche andere Stellungnahmen kommen.
Der Fitmarsch von der Perchtoldsdorfer Heide zum Höllenstein, den die
Naturfreunde organisieren, ist scheinbar immer so gut besucht, dass
um 1/2 11 Uhr keine Teilnehmerurkunde mehr vorhanden ist. Mich stört
dies natürlich überhaupt nicht, wohl aber Familien die mit Kindern kom-
men, da die offizielle Startzeit bis 11 Uhr dauert, sind dann die
Kleinen meistens furchtbar enttäuscht. Ich verstehe, dass entsprechende
Plaketten und Auszeichnungen sowie die Urkunden nicht unbegrenzt herge-
stellt werden können, da die Gefahr besteht, dass bei Schlechtwetter
dann alle liegenbleiben. Hier könnte man dadurch Abhilfe schaffen,
dass man die Teilnehmerurkunde ohne Jahreszahl ausstellt, dann mit der
Hand das Jahr hineinschreibt. Wenn man beim Hinmarsch dann schon die rückmar-
schierenden Teilnehmer sieht, kann man feststellen, wie viele auch
ältere Menschen sich um 25 Schilling die Teilnahmsplakette am Höllen-
stein kaufen. Auch diese war vorzeitig bereits ausverkauft. Der Preis
der Plakette blieb dieses Jahr unverändert, dafür aber wurde eine
Brotreklame aufgenommen. Wahrscheinlich wären Dutzende von 25-Schilling-
Plaketten noch zu verkaufen gewesen.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Die Naturfreunde sollen dies nächstes Jahr besser
organisieren.
Kreisky rief mich am Abend überraschend an und fragte, ob der EFTA-
Vertrag vorsieht, dass schweizerische Gewerbetreibende bei uns
Dienstleistungen erbringen können. Scheinbar hat sich bei ihm je-
mand beschwert, oder er selbst hat eine entsprechende Erfahrung machen
müssen, dass österreichische Unternehmer für Heizungsüberprüfungen nach
seiner Meinung zu viel verlangten. Ich erklärte ihm Details nicht
auswendig zu kennen und dann entsprechend prüfen zu lassen.
Tagesprogramm, 26.10.1976
Tagesordnung 48. Ministerratssitzung, 26.10.1976
33_1199_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)