Donnerstag, der 16. März 1978

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Donnerstag, 16. März 1978

Fünf Leibwächter brutal erschossen, zeigt den gewaltigen Unterschied
zwischen diesen beiden Ländern. Wieder einmal bestätigt sich für
mich, dass ein Schutz beim besten Willen nicht möglich ist. Wie
man allerdings dann sich gegen diese Terroristen zur Wehr setzen
soll, weiss ich auch nicht. Ich glaube nur, dass die Ursache einer
solchen Entwicklung immer in der ökonomischen Situation zu suchen
ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ein Elend geben muss,
nicht der Hunger, Obdachlosigkeit, also der absolut tiefe Lebensstandard
ist das Entscheidende, selbst bei einem gewissen Wohlstand, ja veilleicht
gerade wegen eines gewissen Wohlstandes, aber die Ungerechtigkeit
in einer Wirtschaftsordnung, die Arbeitslosigkeit, selbst bei guten
Arbeitslosenunterstützungen, die Hoffnungslosigkeit auf Änderung
dieses Zustandes, die ist, glaube ich, der Nährboden für die terrori-
stische Aktivität. Von den Anarchisten um die Jahrhundertwende, dem
Terror nach dem ersten Weltkrieg über die Studentenunruhen nach dem
zweiten Weltkrieg bis jetzt zu den extremsten Terrorgruppen, glaube
ich, zieht sich wie ein roter Faden, nicht Verzweifelte des Elend sind
es, die diesen Weg beschreiten, sondern meistens Intellektuelle,
die glauben, keine andere Möglichkeit als Gewalt, individuellen
Terror einsetzen zu müssen. Ohne es zu unterschätzen oder gar
zu bagatellisieren, wie glücklich ist da Österreich, wo die Gewalt-
verbrechen überhaupt noch nicht existieren, die schweren Verbrechen
abnehmen und die Bagatell-Delikte zunehmen.

Eine Fraktionsbesprechung mit den Mitgliedern des KKW-Unterausschusses
ergab, dass wir die Taktik ändern müssen. Beim letzten Mal hat nur
die FPÖ und ÖVP die Fragen an die Experten beherrscht. Mit Ausnahme
von Heindl auf unserer Seite hat man sich damit, angeblich um die
Diskussion nicht noch zu verlängern, sehr zurückgehalten. In Hinkunft
wollen wir mehr die Verfechter der Atomenergie durch gezielte Fragen
veranlassen, dass sie ihren positiven Standpunkt noch besser vor-
tragen können und die Schutzmassnahmen immer mehr bestätigen. Wir
kommen überein, dass das Gesundheitsministerium schriftlich fest-
legen soll, was sie schon alles an Auflagen und vor allem wie sie
diese zeitgerecht erlassen hat. Zu diesem Zweck ersuche ich Leodolter,
die leider, weil der Klub vergessen hat sie einzuladen, an dieser
Besprechung nicht teilgenommen hat, die entsprechenden schriftlichen
Unterlagen vorbereiten zu lassen. Ziel der zukünftigen Sitzungen müsste
es sein, nachzuweisen, wieviele Sicherheitsauflage gegeben wurden


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und wie insbesondere der internationale Standard nicht nur erreicht,
sondern wahrscheinlich in den meisten Fällen sogar übertroffen wurde.
Unser Eindruck ist, dass die ÖVP weniger gegen die konkreten Mass-
nahmen oder das Nichterfüllen von Auflagen vorgehen wird, sondern
primär Leodolter und wahrscheinlich auch Lanc hart attackieren werden,
dass sie zu spät und unzulänglich gehandelt haben. Wiesinger möchte
auf alle ein neues Reaktor-Schutzgesetz schaffen. Ich schlage vor, wir
sollten uns keinesfalls dagegen aussprechen. Wenn die ÖVP klar und deut-
lich zu erkennen gibt, dass sie für die Zukunft eine bessere gesetz-
liche Fundierung als das derzeitige Strahlenschutzgesetz möchte,
so zeigt sie indirekt, dass sie an weitere Atomkraftwerke denkt.
Sollte die ÖVP dann wider Erwarten dann noch nicht bereit sein,
einen Entschliessungsantrag mit uns zu beschliessen, dann ist dieser
Wunsch der ÖVP der beste Beweis, dass sie ein doppelzüngiges Spiel be-
treibt. Auf der einen Seite gegen die Kernkraft aufzutreten, auf
der anderen Seite aber gleichzeitig ein Reaktor-Schutzgesetz zu
verlangen, wird ihr schwer gelingen in der Bevölkerung verkaufen
zu können. Darüber hinaus gelingt es Heindl mit Kontakt zu König
immer wieder festzustellen, dass die letzten Endes bereit sind anzuer-
kennen, dass weder bei der Geologie noch bei der Erdbebensicherheit
und zu aller unserer Überraschung auch nicht in der Hydrologie
von der ÖVP behauptet wurde, dass hier Gefahren, die natürlich exi-
stieren, durch die Errichtung des Kernkraftwerkes nicht mit an
die Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit alle Forderungen der
Wissenschaftler, Sicherheitsmassnahmen betreffend, erfüllt wurden.
Wenn uns dies auch bei dem Reaktorbetrieb, Normalbetrieb und Störfall
gelingt, dann bleibt als einzige schwierige Problematik die langfristige
Zwischenlagerung.

Bei dem Interview mit den 3 deutschen DDR-Journalisten zeigt sich für
mich einmal mehr, wie leicht es in Wirklichkeit ist, solche Aussprachen
zu führen. Da wir ja überhaupt keine konkreten Zusammenstellungen
haben, was bei dem Kreisky-Besuch in Berlin an Geschäften wirklich
abgeschlossen wird, brauche ich auf diese Details gar nicht eingehen,
weil darüber erst nach dem Besuch berichtet werden darf. Jeder
westliche Journalist hätte entweder schon selbst ein bisschen wo
anders recherchiert und dann ganz brutal gefragt, also was
wird dort konkret verhandelt resp. unterschrieben. Kein DDR-Journalist
würde sich so etwas getrauen. Über ihre allgemeinen Fragen über die
Wirtschaftsbeziehungen konnte ich auf Grund meiner jetzt wirklich


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jahrelangen guten Kontakte leicht Auskunft geben. Da ich ja
bereits seit 1970 mit dem DDR-Vertreter, damals noch kleinen
Handelskammer-Mann Beil, dem jetzigen Aussenhandelsminister für
die westliche Welt schon guten Kontakt hatte, habe ich, wie man
so schön sagt, dort eine gute Nummer. Die Journalisten, hörte ich,
habe ich am meisten beeindruckt, als ich ihnen sozusagen meine
persönlichen Notizen durch Ablichtungen zur Verfügung stellte.

Rimsky von Chemie-Linz urgiert neuerdings eine schnelle Gaspreis-
Festsetzung. Die oö. Ferngas beabsichtigt ihren jetzt schon 1.42 S
pro m3 betragenden hohen Gaspreis um weitere 25 % zu erhöhen. Die
europäische chemische Industrie zahlt im Durchschnitt 1.24 S.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte versuche das Verfahren zu beschleunigen.

Die Acryl-Nitril-Fabrik in Enns mit 75.000 t Kapazität arbeitet
angeblich und produziert jetzt beste Qualität. Interessant für mich
war nur, dass der Versuch, die Mindestkapazität aus der technischen
Vorgangsseite her festzulegen, ergeben hat, dass diese mindestens
70 %, das sind 50.000 jato, ausmacht. Diese zu verkaufen bei der
weltweiten Überkapazität wird nicht leicht sein. Rimsky gab mir
gegenüber auch zu, dass von der Eybl-Firma für sie nur die Hart-
berger Tufting-Produktion Begolan von Interesse ist. Die anderen
Firmen sollten nach Meinung der Chemie-Linz der CA verbleiben.

Dir. Bock von Leykam hat ebenfalls berichtet, dass die neue Zell-
stoff-Anlage bestens arbeitet und wesentlich bessere Qualität bringt
als die alte. Mit diesem Magnifit-Zellstoff kann man zumindestens,
soweit es ihre Papierproduktion verlangt, ohne weiteres die
Sulfatzellstoff-Beisätze sich ersparen. Die mit 170.000 t angelegte
Fabrik kann maximal 210.000 t produzieren, die der Konzern nie
selbst brauchen kann. 30–50.000 t müssen deshalb verkauft werden.
Bei den jetzt schlechten Sulfitzellstoff-Preisen wird dies gar nicht
leicht sein. Dazu kommt noch, dass in Niklasdorf, um 250 Beschäftigte
nicht entlassen zu müssen, die 50.000 t schlechte Qualität Zellstoff
Produktion aufrechterhalten wird. Da der Eigenbedarf dort nur 28.000 t
ist, wird man versuchen, auf diesen zurückzugehen. Dadurch werden,
so fürchte ich aber, die Kosten für diesen schlechten Zellstoff
noch grösser werden. In einer wirtschaftlichen Rezession gibt es
nichts Furchtbareres, als wenn durch Rationalisierung und bessere
Produkte diese natürlich dann neuerdings andere Produktionsstätten


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so konkurrenzieren, dass sie früher oder später doch ge-
schlossen werden müssen.

Das Gespräch mit dem Fachverband Bergwerke und VÖEST wegen der Braun-
kohlelieferung zur ÖDK konnte entfallen. Durch falsche Information
der Vöest hat diese sich bei mir bitter beschwert, dass man auf
die Kompensation, die sie mit der Kohlelieferung auch bei dem
neuen Vertrag verbinden wollte, vergessen hätte. Bei einem Ver-
trag ist mir dies durch Vermittlung ÖDK-Vöest tatsächlich gelungen.
Wie sich herausstellte, hat aber bei dem zweiten Vertrag die ÖDK
nicht 450.000, wie behauptet, sondern nur 240.000 t abgeschlossen,
darüber hinaus aber die Kompensation sehr wohl vorgesehen, die jug.
Firma Technoimpex im Laibach, die diesen Vertrag jug.seits ver-
handelt, ist sogar der dortige Vöest-Vertreter. Eine grössere Kon-
fusion innerhalb der Vöest in dieser Frage kann ich mir beim
besten Willen nicht vorstellen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Was sagt Apfalter dazu?

Arch. Czernin teilt mir mit, dass er weiss, dass die Verbundgesell-
schaft, Baudirektor Zach, mit der PORR AG, seinem CV-Bruder Huber,
das Verwaltungsgebäude abgeschlossen hat. Da ich mit Recht dahinter
ein ganz grosses Geschäft vermute, werde ich mich bei Bandhauer erkun-
digen, wie es zustandekam. An und für sich hatte ich mich seiner-
zeit schon entschieden, dass ich diese Entscheidung selbst unter gar
keinen Umständen treffen werde, da ich dafür organmässig gar nicht
zuständig bin. Wichtig wird es sein, wer jetzt von der Verbundgesell-
schaft als Prüfer eingesetzt wird. Bei grossen Bauwerken ist es
nämlich üblich, dass nicht die bauende Firma die Prüfung vornimmt,
sondern einen Aussenstehenden damit betraut. Czernin hätte natürlich
diese Position sehr gerne, da er über die CV-Methode erbittert ist.
Czernin hat mit Sekt.Chef Schmelz, der, wie mir auch Holoubek von der
BUWOG bestätigt, ein äusserst tüchtiger Mann ist, Gespräch geführt
über die Gestaltung der Aspangbahn und Rennweger Gründe. Czernin
möchte unbedingt die Bezirksvertretung einschalten, damit nicht
Projekte zustandekommen, die nicht die Zustimmung der Bevölkerungs-
vertreter hätten. Nach der ersten Rücksprache mit unserem Bezirks-
vorsteher Berger sollte dann ein Gespräch Schmelz-Czernin-Berger-Heindl
und mir über die Rennweger Kaserne, überhaupt über das Bezirkszentrum,


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das dort entstehen sollte, geführt werden.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte langfristig einen Termin vereinbaren.

Der Obmann Heizinger vom Verband der Lebensmittel-Kleinhändler
kam mit zwei Vorstandsmitgliedern, um mir die Schwierigkeiten des
Lebensmittelkleinhandels dazulegen. Gott sei Dank konnte ich ihnen
gleich klarmachen, und sie haben es dann auch akzeptiert, dass ich
mich nur zuständig fühle für die im Handelsministerium befindliche
Kompetenz. Pensionsfragen müssen mit dem Sozialminister, Steuer-
fragen mit dem Finanzminister besprochen und geklärt werde. Durch
die neue Arbeitsgruppe Strukturwandel im Handel hatte ich die Mög-
lichkeit alle ihre Aktivitäten auf die Tätigkeit des Ausschusses
hinzuweisen. Die Aussprache verlief deshalb sehr ruhig und ich
glaube sogar nicht nur zu meiner, sondern auch zu ihrer Zufriedenheit.
Ich hatte sofort bemerkt, dass diese Gruppe sich aus verschiedenen
politischen Anschauungen zusammensetzt, was mir sehr willkommen war.
Am Beispiel der Angriffe des "Blauen Kaufmannes" konnte ich demon-
strieren, dass ich, wenn ich bei Gerngross österr. Waren versucht
habe durchzusetzen, dann dort nicht als Propaganda-Trupp für den
Profit dieses ausländischen Konzernes, sondern für die österr. Waren
mich eingesetzt habe. Heizinger sagte, er wird mit dem Herausgeber
des "Blauen Kaufmannes", Kühnel, zusammenkommen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Beim Antwortschreiben auf die Angriffe des
"Blauen Kaufmannes" auf diese Aussprache verweisen.

Bei der Präsentation des Peugeot 305 waren auch wieder französische
Direktoren anwesend. Diese sind wie ich auch davon überzeugt, dass
am Sonntag die bürgerliche Regierungsmehrheit von den Franzosen
wieder wird bestätigt werden. Die wirtschaftliche Situation wird
von den Autofirmen-Produzenten als gut bezeichnet. Da Peugeot im
vergangenen Jahr über 780.000 Einheiten produziert hat und damit,
glaube ich, einen neuen Rekord erzielte, kann ich diese Meinung
auch verstehen. An und für sich aber stimmt es, dass die franz.
Wirtschaft nicht zuletzt durch die ständigen Abwertungen im
Export sehr gefördert, nicht zuletzt aber vor allem durch die Unterstützung
der franz. Agrarwirtschaft über den EG-Agrarfonds bezahlt von den
Deutschen verhältnismässig wirtschaftlich gut liegt. Wie lange
allerdings wird sich erst zeigen.

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Tagesprogramm, 16.3.1978

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


GND ID: 1017902909


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    Tätigkeit: -min.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Gesundheitsministerin


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: KR, Bundesgremialvorsteher Lebensmittelkleinhandel


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ehem. ÖVP-Vizekanzler, Präs. Donaueurop. Institut, AR-Vors. Leykam


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              Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                Tätigkeit: BV Landstraße


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                  Tätigkeit: Dir. Chemie Linz


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                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                    GND ID: 102318379X


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                      Tätigkeit: GD VÖEST


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                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                            Tätigkeit: Vorstandsdir. Porr AG


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                              Tätigkeit: Herausgeber "Blauer Kaufmann"


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                                  Tätigkeit: GD Verbund


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                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
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                                      Tätigkeit: Verb. d. Lebensmittelkleinhändler


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                                        Tätigkeit: Architekt


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                                          Tätigkeit: SC Bautenministerium


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