Mittwoch, 15. März 1978
Präs. Bock des Aufsichtsrates der TKW fragt, ob bei der nächsten
Hauptversammlung Arthold ausscheidet, weil Landesrat Basetti
an seine Stelle kommt. Ich stelle noch einmal fest, dass die poli-
tischen Verhältnisse 6 SPÖ – 5 ÖVP – 1 FPÖ werden, wie vereinbart
wurde. Bei dieser Gelegenheit wird auch Dr. Gehart von Dr. Haffner
abgelöst. Gehart kommt dafür in den Verbund-Aufsichtsrat.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte alle Vorbereitungen treffen.
Im Bürges-Beirat wird berichtet, dass die Eingänge für Kredit-An-
suchen in den ersten zwei Monaten dieses Jahres der Anzahl nach
und der Kreditsumme nach bis zu einem Viertel geringer sind als
im Vorjahr. Übereinstimmend wird festgestellt, dass die Banken
versuchen, ihre Konditionen ihren Kommittenten aufzuzwingen und
die Bürges-Möglichkeiten, 3 % Zinsverbilligung, wenn eben die Kredit-
höhe 8,5 % nicht überschreitet, vernachlässigen. Wir einigen uns
darauf, in den Handelskammer-Zeitschriften diesbezügliche Hinweise
mit Fachartikeln, nötigenfalls Annoncen einzuschalten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte kontrolliere, wie dies geschieht.
Bei der Bettenvermehrung für Fremdenverkehr wird festgestellt, dass
die Komfortzimmer-Aktion so durchschlagend war, dass jetzt die
Einbaumöglichkeiten weitestgehend erschöpft sind. In gewissen Regionen,
wo ein Bettenstop sogar regional vorgesehen ist, wird es notwendig
sein, alte Hotels stillzulegen und neue aufzubauen. Ich habe für
diese Aktion sofort den Slogan: Niederreissen, bessere bauen, geprägt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würzl soll ein solches Konzept entwickeln.
Im Parlamentsklub berichtete Lausecker über den Strassenförderungs-
beitrag 100.- S pro t und Monat bei 5-Tonnern, über 8-Tonner 200.- S
pro Tonne und Monat. Die Abgeordneten wollen im Detail wissen auch
über die Dieselbeschränkung, welche Lausecker nicht beantworten
kann, weil die Detailarbeit vom Finanzministerium nicht nicht abgeschlos-
sen ist. Hier zeigt sich für mich einmal mehr, dass fast alle Mass-
nahmen im Finanzministerium münden und dort wahrscheinlich auch
durch Überarbeitung die diversen Verzögerungen eintreten.
Kreisky berichtet dann über die Koalitionsideen der ÖVP und FPÖ
über Götz und natürlich die wirtschaftspolitische Frage, insbesondere
Korens Äusserung der Steuersenkungsmöglichkeit. Kreisky meint,
Korens Stellungnahmen wird man noch später dringend brauchen. Im
Wahlkampf bei der Konfrontierung, wer ist der bessere Wirtschafts-
politiker, Taus oder Koren. Eingehend geht er zum Schluss auf die
Israel-Ereignisse ein. Er hat nicht telepathisch, sondern den
vollen Text der Pahr-Erklärung gekannt und vertritt ihn in Inhalt
und Form. Wenn man den 3 Mill. Palästinensern keine Heimat geben will,
dann wird es zu Terror kommen, den er ganz entschieden ablehnt.
Begin selbst hat auch mit solchen Methoden für den Judenstaat
gearbeitet. Jetzt ist er sicher, ist das Ende der Verständigungsbereit-
schaft gekommen, er bleibt dabei, dass seine Beurteilung richtig ist,
diese hat übrigens 250.000 Israelis ermöglicht aus der Sowjetunion
über Schwechat nach Israel auszuwandern. Das Palästinenser-Büro in Wien
wird deshalb auch nicht verboten. Jedermann hat erwartet, dass jetzt
eine Debatte darüber losbricht. Benya hat als ÖGB-Präsident Histadrut
ein Beileidstelegramm geschickt, der dritte Präsident des National-
rates, gleichzeitig Präsident der israelisch-österreichischen Ge-
sellschaft, hat in aller Öffentlichkeit für Israel Stellung genommen.
Obwohl Pahr bei diesem Tagesordnungspunkt auch schon im Klub war,
herrschte nichts als betretenes Schweigen. Das hat mich eigentlich
sehr überrascht.
Im Plenum gab es eine langwierige Debatte über den Rechnungshof-
bericht. Interessanterweise hat sich kein einziger Minister
zu Wort gemeldet, da die ganze Taktik der Opposition nur auf die
allgemeine Verschwendungspolitik aufgebaut war. Selbst Kreisky,
der sich mit viel Material versorgt hatte, reagierte, Gott sei Dank,
nicht darauf. Ich sehe nämlich gar keinen besonderen Vorteil,
wenn man in der Öffentlichkeit sagt, die Landeshauptleute oder
die Kammern sind genauso repräsentationsverpflichtend.
Bei der BAWAG-Filialeröffnung in der Josefstadt hat Gen.Dir. Flöttl
darauf hingewiesen, dass in Hinkunft keinerlei Beschränkungen über
Neuzulassung von Filialen bestehen werden. Dadurch hat die BAWAG
die Möglichkeit, jetzt im verstärkten Ausmass ihr Filialnetz
auszubauen. Wenn dies alle Banken und Sparkassen machen werden,
wird es sicherlich bald soweit kommen, wie seinerzeit bei den
Münzwaschanstalten, Tankstellen usw. Hier wird es zu vielen Fehl-
investitionen kommen.
Der Vorsitzende der Schweizer Delegation, Sommaruga, die erstmalig
mit österreichischen Beamten eine Art Gemischte Kommission bildeten,
teilte mir mit, dass er persönlich genauso wie Willenpart der
Meinung ist, heuer würde noch die GATT-Runde abgeschlossen. Ich
teile diese Optimismus nicht. Obwohl seit Tokio, wo 1973 bereits
die Minister grosse Grundsatzerklärungen abgaben, diese längst fällig
wäre. Die Schweiz erwartet, dass Österreich, jetzt Vorsitzender des
EFTA-Rates, alles unternimmt, um Spanien so schnell wie möglich
in die EFTA aufzunehmen. Da dies die erklärte Politik unserer
Regierung ist, darüber hinaus Pahr als Aussenminister die nächste
EFTA-Tagung leiten wird, sind alle Voraussetzung getroffen, dass dies
hoffentlich zustandekommt. Die Schweiz ist auch daran sehr interessiert
von unseren wirtschaftlichen Erfahrungen mit dem Osten zu profitieren.
Wirklich beschwert hat er sich nur über die Einfuhrscheinregelung
bei Textilien und Stahl, von der wir allerdings nicht abgehen
können.
Vizeminister Gineff mit dem bulgarischen Botschafter Georgiew beschwert
sich ebenfalls über das Vidierungsverfahren. Angeblich muss er bis
zu drei Wochen warten, bis die Vidierung durchgeführt wird. Ich
erörterte Gineff, dass dies nur vereinzelt der Fall sein kann,
wenn die Exporteure behaupten, dies sei generell, dann möge man
mich sofort informieren und ich werde der Sache sofort nachgehen.
Tatsächlich stellte sich dann heraus, dass nur bei einigen landwirt-
schaftlichen Produkten, saure Gurken in Gläsern und pikantes, soge-
nanntes Donaugemüse hätte wegen der Dumpingpreise eine Verzögerung
resp. Nichteinfuhr in der letzten Zeit gegeben. Bei Hemdenimporten
wurden 95.000 Stück vereinbart und aus 1977 sei noch ein Rest von
45.000 Stück nach Meinung der Bulgaren. Beantragt haben sie aber
240.000 Stück. Hier verlangt unsere Textil- und Bekleidungsindustrie
eine ähnliche Regelung, wie wir sie mit Rumänien getroffen haben.
In den letzten 5 Jahren hätten die Bulgaren 170 Mill. $ Handels-
bilanzdefizit auszugleichen gehabt. Nach ihrer Statistik sei der österr.
Export von 85 Mill. $ 1976 auf 73 Mill. $ 1977 zurückgegangen, der
Import von 46 Mill $ auf 41 Mill. $. Im Jänner dieses Jahres ist nach
unserer Statistik erstmalig der Import aus Bulgarien mit 50,8 Mill. S
höher als unser Export mit 49,7 Mill. Tatsache ist, dass durch De-facto-
Importrestriktionen Bulgarien den Ausgleich herbeiführen will, obwohl
sie immer das Gegenteil behaupten. Min-Rat Fälbl teilt mir an-
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schliessend an die Aussprache mit, dass bei der bulg.-österr. Gesell-
schaft unser Handelsdelegierter Schmidt allen Ernstes erklärt hat,
die Vidierung sei eine Diskriminierung Bulgariens. Dies steht im
krassen Widerspruch auch zur Handelskammer-Wünschen und -Ideologie
und muss deshalb vom Handelsministerium der Handelskammer klar
und deutlich gesagt werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte veranlasse die entsprechende Information.
Bei der Ordensüberreichung auch an Dir. Diotallevi, Alitalia, erfuhr
ich von diesem, dass die italienische Fremdenverkehrswerbung viel
stärker dezentralisiert wird, d.h. von der ENIT auf die Provinz
übergeht, als ich dies erwartet habe. Bei uns ist der umgekehrte
Trend festzustellen, von den Ländern mehr in die Zentralwerbung
ÖFVW zu gehen, ich persönlich glaube, dass die richtige Lösung ein
Mittelweg ist.
In der Paritätischen Kommission, wo ich den Vorsitz führe, kommt
es insbesondere wegen der Lohnfreigaben für Metallarbeiter, Chemie-
arbeiter usw. zu einer interessanten Diskussion und Feststellung.
Die Bundeskammer möchte, dass die konkrete Freigabe erst im Lohn-
unterausschuss erfolgen soll und möchte am liebsten den Antrag wieder
zurückverweisen. Benya stellt mit Recht fest, dass immer kleine
Gruppen wie z.B. viele der Lebensmittelarbeiter von der Paritätischen
Kommission freigegeben werden müssen, weil eben der Lohnunter-
ausschuss sich nicht einigen kann und diese herausschickt. Jetzt
würde bei den Grossen, Metallarbeiter, Chemiearbeiter und Angestellte,
nicht die Paritätische zur Fühlungnahme freigeben, sondern der Lohn-
unterausschuss. Da die Angestellten noch nicht eingereicht haben,
schlägt Benya vor, Freigabe, aber gleichzeitige Aufforderung
an den Lohnunterausschuss, der Problem noch einmal zu behandeln und
die Angestellten mit einzubeziehen. Der Obmann der Angestellten-
gewerkschaft Dallinger erklärt, dass dies zum ersten Mal ist, dass
die Paritätische Kommission die Angestellten auffordert, ebenfalls
Anträge zu stellen. Bei den Lebensmittel-Anträgen auf Freigabe für
Müller, Bäcker usw. wird festgehalten, dass diese Verhandlungen
nicht vor Mitte April beginnen sollen. Die Preisanträge, meistens
Lebensmittelpreise, Sirup, Konserven, Limonaden, werden an den Preis-
unterausschuss zur Entscheidung zurückverweisen.
Dir. Beurle von der BRAU-AG berichtet NR Tonn und mir, dass in
Schwechat 16 Angestellte und 99 Arbeiter sofort in weiterer Folge
insgesamt 189 eingespart werden müssen. Die Direktoren nehmen eine
15 %-ige Gehaltskürzung zur Kenntnis und auch dort werden verschiedene
nicht mehr ersetzt resp. entlassen. Schwechat hat eine Minus-Bilanz
und überproportionale Personalbesetzung und Kosten. Die beabsichtigte
Bierpreiserhöhung, die jetzt mit 3. April vereinbart ist, bringt auch
nicht die 55.– S pro hl, sondern nur 40.– S pro hl für Flaschenbier
in Wien, 35.– S in der Provinz, für Fassbier nicht die 50.– S, sondern
34.– S pro hl und 32.– S in NÖ. Nach Berechnung der Brauer müssten
zu den 18 Groschen je Flasche 41 % Steuer 8 Groschen kommen und
insgesamt der Handelseinstandspreis 26 Groschen nur betragen, sodass
ihrer Meinung nach die Verbraucherpreise für das Flascherl Bier um
30 Groschen steigen werden. Beim Wirt wird das Krügel 50 Groschen
mehr kosten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte durch Preisvergleiche diese Behauptung
prüfen lassen .
Ing. Drescher, der Italien-Vertreter Agusta, teilt Wanke und mir
mit, am späten Abend dann noch Präs. Probst, den er gut kennt und
auch NR Mühlbacher als seinen Obmann des Freien Wirtschaftsverbandes,
dass es unmöglich ist, die Pönale-Zahlung höher als 6 % zu erreichen.
Er hat mit Rom noch einmal telefoniert und Graf Agusta hat ihm als
weitere Sicherung zugesagt, er könne im Vertrag jedwede Bestimmung,
wie wenn die Kompensation nicht 100 %-ig erfüllt wird, dann kann
Agusta mit keinen weiteren Geschäften in Österreich rechnen, ohne
weiteres aufnehmen. Da Agusta nur mehr zu 49 % der Familie gehört,
51 % hat der verstaatlichte Konzern EFIM, so kann nur mit dessen
Zustimmung das Pönale festgesetzt werden. Die Italiener fühlen
sich jetzt schon diskriminiert, denn die VÖEST z.B. hat nur gegenüber
Oststaaten ein 5 %-iges Pönale bei Nichterfüllung. Bei Westlieferungen
wurde so etwas vom österr. Staat überhaupt noch nie verlangt. Wanke
wird die Textvereinbarung für den Vertrag, den letzten Endes das
Verteidigungsministerium schliesst, mit Drescher am Freitag verein-
baren. Wenn dieses Monat der later offident vom Rösch unterzeichnet
wird, dann bekommt Österreich noch um 7 Mill. die 24 Hubschrauber
billiger. Insgesamt wird das Geschäft ca. 6 Mill. S alles in
allem ausmachen. Agusta hat sich verpflichtet, die 23 alten Hubschrauber
für 80–100.000 S das Stück zurückzunehmen. Rösch, den ich über
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die Aussprache eingehend informierte, ersuchte mich, der Lösung
Drescher zuzustimmen, weil tatsächlich schon optimale Bedingungen
erreicht wurden und Rösch überzeugt ist, dass die Kompensation
sicherlich abgenommen wird. Die Italiener rechnen nämlich mit weite-
ren Hubschrauberlieferungen.
Plesch berichtet mir nach einer Rücksprache mit Ettl von der Textil-
arbeitergewerkschaft, dass die Vöslauer Sanierung misslungen ist.
Bis 1980 werden 450 Mill. neuerdings benötigt. 130 Mill. S ist
das Defizit des rumänischen Strumpfhosenvertrages. Die Beschäftigung
müsste bei den Arbeitern von 1.015 auf 807 zurückgeführt werden.
Insgesamt würden die 1.360 Beschäftigten auf 1.050 im Jahre 1979
schrumpfen, wenn es eine Sanierung nach dem derzeitigen Vorstands-
direktor Angerer geben soll. Abg. Fiedler hat an Minister Broda,
aber auch an mich eine Anfrage gerichtet, was wir gegen die Erlag-
scheinschwindler, die auch Unternehmer schädigen, unternehmen.
Abg. Schranz verweist mir gegenüber darauf, dass der Pensionisten-
verband schon immer gegen die Belästiger und Schädiger der Pensionisten
aufgetreten ist. Dies sollte man in der Anfragebeantwortung von
Fiedler bemerken.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte mit Schranz sich ins Einvernehmen setzen.
Die Abg. Dobesberger wird in Linz mit den soz. Frauen eine Enquete
über Werbung gegen oder für den Konsumenten veranstalten. Sie ersucht
das Handelsministerium durch Referenten daran teilzunehmen. Insbesondere
wäre sie natürlich auch daran interessiert, Prof. Mittag als den
Vorsitzenden des Werbe-Ausschusses zu gewinnen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte setze Dich sofort mit Dobesberger in
Verbindung.
Spät abends nach 10 Uhr, d.h. nach der Haussitzung wurde ich verständigt,
dass im Hauptausschuss auch die Verordnung über die Bewilligungspflicht
von Roheisen und Warmbreitband bei der Einfuhr verhandelt wird. Ich
war sehr überrascht, dass mich niemand verständigte, angeblich wurde
das Büro um 8 Uhr früh davon in Kenntnis gesetzt. Natürlich musste
ich dann zu dieser Hauptausschuss-Sitzung gehen, dort herrscht aber die
strenge Sitte, dass der Minister nur zu seinem Tagesordnungspunkt
zugelassen wird. Ehe ich noch den Saal betreten konnte, hatte schon
der Hauptausschuss einstimmig die Verordnung beschlossen. Ich prote-
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stierte spasshalber gegen die Vorgangsweise und erklärte, dies
sei eine Diskriminierung des Ministers. Zuerst wird man hinbe-
stellt und dann ohne seine Anwesenheit sogar beschlossen. Dieses
Problem der Einfuhrscheine wird uns organisatorisch noch viel
aufzulösen geben. Bei Textilien sind derzeit 30.000 bis 40.000
Anträge pro Monat, bei Stahl immerhin auch 1.200 durch die funktionellen
Organe in den Bundesländern abzuwickeln. Die starke Antragszahl ist
darauf zurückzuführen, dass wir über 4.000 S Einfuhr jeden Antrag
vorgelegt bekommen müssen. Wir sind allein schon aus administrativer
Notwendigkeit zu einer liberalen Politik Gott sei Dank verurteilt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wieso wurde ich von dieser Sitzung nicht ver-
ständigt?
Tagesprogramm, 15.3.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)