Montag, 27. Novembeé 1978
Vor dem Jour fixe bei Sallinger waren Mautner Markhof und
Hintschig von der Wiener Messe bei Sallinger und warteten
auch, bis ich zu dieser Besprechung hinzukam. Wieder einmal
gab es wegen dem Messe-Termin unüberwindliche Schwierigkeiten.
Die Wiener Messe hat zur 100-jährigen Welser Messe in diesem
Jahr um eine Woche ihren Messe-Termin rückverlegt. Die Rieder
erwarteten nun, dass auch im nächsten Jahr wieder die Wiener
Messe nicht in der zweiten September-Woche, sondern in der
dritten erst beginnen sollte. Dies ist nach Auffassung von
Hintschig und Mautner-Markhof unmöglich. Sie haben bereits
auch international ihren Messe-Termin festgelegt und bekannt-
gegeben. Dadurch ergibt sich insbesondere für die Landmaschinen
eine Überschneidung. Der Schwerpunkt bei Landmaschinen, bemerkte
Sallinger zu Recht, liegt aber in Oberösterreich. Die Landmaschi-
nenimporteure drängen angeblich nach Wien, die Erzeuger und
Händler nach Ried, wo heuer alternativ die Messe in Oberösterreich
stattfindet. Ich erklärte nur, man solle dieses Problem bei
der Arbeitsgemeinschaft der Messen besprechen, mehr kann ich selbst
nicht tun. Sallinger ist der richtigen Auffassung, dass die
Wiener Messe viel mehr durch besondere Attraktionen in Erscheinung
treten muss. Hintschig ist sehr zufrieden, dass ich immer
versuche, ausländische Minister zur Wiener Messe zu bringen,
dass dies allein nicht genügt, ist mir und auch allen anderen
Anwesenden selbstverständlich vollkommen klar.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Terminfrage in der Arbeitsgemeinschaft
besprechen und mir dann berichten.
Sallinger urgiert den Textileinfuhrschein. Ich bin mir, ich glaube,
er selbst auch nicht, klar, was diese Forderung bedeuten soll.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte prüfe, was die Textilhändler
hier wollen.
Die Staatswappen § 68 GewO-Führung wird für Wolfhose trotz der
Urgenz von dem ehemaligen internationalen Fussballer Decker,
der in diese Firma hineingeheiratet hat, abgelehnt. Der Fachver-
band für Bekleidungsindustrie, aber auch die Handelskammer Wien
machen darauf aufmerksam, dass ein Verfahren nach Finanzstrafgesetz
§ 35 zwar eingestellt wurde, aber für die Untersuchungshaft keine
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Entschädigung bezahlt wurde. Auch die Arbeiterkammer Wien
hat 1970 im Oktober ein solches Ansuchen der damaligen Firma
Wolf abgelehnt. Da überall ein negatives Gutachten kommt,
obwohl man dem Herrn Decker immer etwas anderes sagt, wird
es äusserst schwer sein, ihm das Staatswappen zu verleihen.
Die Firma Hager-Werbung hat im September 1977 bereits um das
Staatswappen angesucht und man hat scheinbar abgewartet, bis
die internationale Werbegesellschaft jetzt die Auszeichnung
bekommen hat. Sallinger plädiert auch für Hager-Werbung.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wenn keine anderen gegenteiligen Stimmen
bitte positiv erledigen.
Die Firma Hrabak soll unter keinen Umständen jetzt schon das
Staatswappen bekommen, da sich die Handelskammer, aber auch
ich mich eigentlich nicht für diese Branche endgültig entschliessen
kann. Die Beispielfolgen wären doch zu gross. Ich schlage des-
halb vor, wir werden jetzt eine umfangreiche Studie über die
Abgrenzung dieser Dienstleistungsbetriebe vornehmen, um Zeit
zu gewinnen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte lass die ursprünglich mir diesbezüg-
lich vorgelegte Aktennotiz wesentlich erweitern und vertiefen.
Ing. Cifer von der Fa. Bauer und seine Frau haben die Verlängerung
des Dienstpasses bekommen, ohne dass die Handelskammer verständigt
wurde. Cifer hat angeblich Sallinger gegenüber bemerkt, er kann
sich alles im Handelsministerium richten und er braucht gar nicht
die Handelskammer. Um die Vorgangsweise zu klären, schlage ich
vor, dass eine Arbeitsgruppe, Min.Rat Ottahal und Dr. Haffner
von der Handelskammer, der Präsidialist Reiger und Sekretär Oder
von Sallinger, die Vorgangsweise bei den zukünftigen Dienstpass-
Ausstellungen besprechen sollen. Die Verstaatlichte Industrie
bekommt über das Bundeskanzleramt jedermann ohne weiteres einen
Dienstpass, während die Handelskammer rigorosere Masstäbe
anlegt. Die Ansuchen von Herrn Vogt – Centrohandelsbank in Wien –
und Herrn Pertsch in Vorarlberg, Molkerei-Einrichtung, sollen
genehmigt werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vereinbare mit Oder die weitere Vor-
gangsweise.
Für Stahlgitter wünscht die Handelskammer jetzt unverzüglich
ein Antidumpingverfahren. Angeblich sind jetzt alle Voraus-
setzungen geschaffen, auch die Verordnung sei bereits erlassen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie steht es hier wirklich?
Sallinger urgiert neuerdings die Bestellung von ihrer Kandidatin
für die Nachfolge Thun-Hohenstein. Auf meine Frage, ob Mussil
jetzt den Brief mit der Intervention schicken wird, meint Sallinger,
er selbst würde einen solchen Brief nie unterschreiben. Er erwartet
als Freundschaftsdienst, dass ich ihm in diesen acht Jahren, wo
ich ausschliesslich Sozialisten in die entsprechenden Stellungen
gebracht habe, jetzt seinen Personalwunsch einmal erfülle.
Ich erkläre einmal mehr, dass ich keinerlei Weisungen geben kann
und will und auch dies niemals in der Vergangenheit getan habe.
Ich verspreche nur neuerdings den Wunsch Sallingers Sekt.Chef Jagoda
mitzuteilen, was ich auch tatsächlich getan habe. Jagoda ist der
Meinung, dass sie übrigens die beste Kandidatin die besten Sachvoraus-
setzungen mitbringt.
Da die Fremdenverkehrswerbung in der Hohenstaufengasse bereit wäre,
wenn sie dort entsprechende Räume bekommt, entsprechende Inve-
stitionen vorzunehmen, ersuche ich neuerdings Sekt.Chef Kazda
und auch den dafür im Bautenministerium zuständigen Sektionschef
Schmelz bei einer Besprechung mit Dir. Zolles, ÖFVW, davon
zu überzeugen, dass jetzt endgültig eine Entscheidung gefällt werden
müsste. Immer wird uns zugesichert, es muss etwas geschehen, dabei
geschieht nichts. Zolles plädiert, in der Hirschengasse ein sofort
verfügbares Bürohaus zu kaufen. Voraussetzung dafür wäre, dass
tatsächlich die Länder jetzt ohne Ablehnung gegenüber jedweden
Hauskauf einstellen würden. Ich bin sehr gespannt, wie dieses
Problem bei der nächsten Generalversammlung von den Ländern
behandelt wird.
Die nordkoreanische Regierung hat den Vizeaussenhandelsminister,
der jetzt zu einem Besuch in Österreich weilt, doch ermächtigt,
mit mir den Vertrag zu unterfertigen. Der Vertragstext ist aus
dem Jahre 1976 und ich muss daher diese Jahreszahl korrigieren.
So lange schon sollte ich nach Pjöngjang fahren. Ich bin
sehr froh, dass es möglich war, jetzt in Wien den Vertrag zu
unterfertigen und verspreche, weil ich diesbezüglich sofort
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gefragt werde, den nächsten Vertrag in Pjöngjang zu fertigen.
Ich bin überzeugt davon, der wird sicherlich, wenn überhaupt,
erst in ein paar Jahren fällig. Gen.Dir. Apfalter hat mich
vorher noch verständigt, dass die Delegation, die ihn nach
der Vertragsunterzeichnung in Linz besucht, wahrscheinlich von
ihm Lieferungen will, die er wegen seiner guten Geschäfte mit
Südkorea gar nicht beabsichtigt zu machen. Unter anderem
interessieren sich die Nordkoreaner für Bergbaumaschinen.
Apfalter befürchtet, dass sie sie dann als Streckenvortriebsmaschinen
nicht nur im Bergbau, sondern auch zur Untergrabung der nord-
südkoreanischen Grenzlinie benützen würden. Er hat scheinbar
diesbezüglich streng vertraulich Hinweise. Da die Nordkoreaner
sowieso nicht zahlen könne, aber wahrscheinlich auch gar nicht
zahlen wollen, ist es für jeder Firma Österreichs leicht möglich,
Lieferwünsche aus diesem Grund abzulehnen.
Im Pressefrühstück berichtet Meisl über die Vertragsunterzeichnung.
Ich werde von den Journalisten gefragt, wie sich in Nord- und
in Südkorea die Exportentwicklung darstellt. In Südkorea ist
tatsächlich in den ersten neun Monaten von 200 Mill. unser
Export auf 100 Mio zurückgegangen, in Nordkorea hat er sich
von 25 Mio auf 27 Mio erhöht. In beiden Staaten ist aber diese
Entwicklung nicht typisch, denn die Ziffern ändern sich sofort
wesentlich, wenn grössere Geschäfte abgeschlossen werden.
In Nordkorea war dies einmal bis 450 Mio S, dann wurden aber
die Zahlungen eingestellt, weil Nordkorea kein Geld hat.
In Südkorea dagegen kommt es auch zu wesentlich stärkerer
Ausweitung unserer Exporte, wenn grosse Anlagen von der Vöest
oder einer sonstigen österr. Firma geliefert werden. In diesem
Fall wird aber für diese Export dann bezahlt.
Steiger berichtet über die EFTA-Tagung und obwohl so interessante
Probleme wie Stahlbriefwechsel, Papierkontingente usw. auch
von ihm referiert werden, ergibt sich überhaupt keine Diskussion.
Ich werde nur gefragt, wie ich mich zum europäischen
Währungssystem stelle.
Min.Rat Marsch berichtet über die Leistungsbilanzreduzierung
von 30 auf 10 Mia, auch die statistische Differenz ist von
15 Mia in den ersten 9 Monaten auf 13 Mia in diesem Jahr zurück-
gegangen. Wie weit die statistische Differenz auf Kapitalbilanz
zurückzuführen ist, kann nicht im Detail beantwortet werden, liegt
aber nach Auskunft der OeNB nicht höher als ca 1 Mia.
Von grösserem Interesse ist die Mitteilung Würzls über den Fremden-
verkehr in Österreich, die Sommersaison hat mit plus 0,3 % abge-
schnitten, die Privatbetten sind daran mit 5 % und die gewerblichen
Betriebe mit plus 1,5 % beteiligt. Die Inländer waren um minus 0,4,
aber die Ausländer um 0,5 mehr Übernachtungen im Sommer in Österreich.
Dr. Schulmeister vom Wirtschaftsforschungsinstitut legt seine
neue Prognose für das nächste Jahr vor. Danach würde der österr.
Tourismus um 7 % billiger. Die österr. Preise werden um plus 3 %
steigen, die anderen europäischen Länder wie Spanien, Italien
usw. um 10 %. Dadurch ergibt sich die relative Verbilligung
in Österreich. In Deutschland muss sich die 13 Mia DM-Investition
mit einer grösseren Nachfrage und damit Konjunkturverbesserung
niederschlagen. Dadurch wird auch der deutsche Tourismus in
Österreich gestärkt. Die Einnahmen werden um 13 % steigen,
die Ausgaben, die schwerer zu prognostizieren sind, um nicht zu
sagen, überhaupt nicht, um 11 %. Die Prognose ist deshalb
so schwierig, weil in Wirklichkeit bei den Fremdenverkehrsausgaben
die Warendirektimporte eine grosse Rolle spielen. Da früher Öster-
reicher in Deutschland und teils in der Schweiz gekauft haben und
jetzt gerade die Schweizer in Österreich, kann man diesen Waren-
direktimport resp. Export kaum klassifizieren.
Jagoda und Würzl besprechen mit mir die Restaufteilung der Fremden-
verkehrsbudgetansätze. Im Prinzip wird wie im Vorjahr die Auf-
teilung vorgenommen und ergibt keinerlei Schwierigkeiten.
Der jug. Botschafter Pribicevic berichtet mir über den Besuch
des Aussenhandelsministers Rotar. Leider war ich zu diesem Zeit-
punkt in Rumänien mit dem Bundespräsidenten auf Staatsbesuch
und konnte deshalb diese erste Kontaktaufnahme, auf die ich mich
sehr freute, nicht absolvieren. Natürlich kam der Botschafter
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auf die schlechte Handelsbilanz für Jugoslawien, die beabsichtigte
offene Grenze, die stärkeren Wirtschaftsbeziehungen und letzten
Endes die Spezialuntersuchungen, wie man die grenznahen Wirt-
schaftsbeziehungen verbessern kann, zu sprechen. Diese ganzen
Probleme hat Rotar auch mit Bundeskanzler Kreisky und Vize-
kanzler Androsch bei seinem Besuch in Wien besprochen. Ich selbst
werde für April nach Jugoslawien eingeladen. Da ich in diesem
Fall beabsichtigte, unmittelbar auch Albanien zu besuchen, melde
ich gleich an, dass ich mit dem Auto kommen werde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Osterfeiertage in dieses Besuchs-
programm einbauen.
Die Firma Knoblich-Leuchten hat ein Entwicklungs- und Forschungs-
zentrum dazugebaut und mich ersucht, es zu eröffnen. Vor mir
hat Präsident Igler gemeint, es gibt 3 wissenschaftliche Richtungen,
die jetzt die Nationalökonomie bestimmen, die Monetaristen, die
Keynesianer, zu denen er sich bekennt, und die Staatsdirigisten aller
Sozialisten östlicher Prägung. Ich erwiderte, dass, soweit Kreisky
mit Wissenschaftlern zweimal im Jahr Gespräche führt, bei denen
ich anwesend bin, es nicht um 3 Meinungen, sondern oft um Dutzende
Meinungen geht. Wirklich ausgeprägte österreichische Theorien
gibt es allerdings gar keine. Wo sind die Zeiten, wo es in Wien
noch ganze Schulen wie z.B. die Grenzen unserer Schule Böhm-
Bawerk, Wieser usw. gegeben hat. Ich glaube auch kaum, dass sie
jemals wieder kommen würden. Ich fragte dann unter vier Augen den
Geschäftsführer Sefcsik, wieso die Firma imstande ist, diese finan-
ziellen Aufwendungen für den Ausbau aufzubringen. Er meinte, durch
die Akonto-Zahlung im AKH hat er einen ungeheuren Zinsenvorteil
und ist liquid, um solche Investitionen durchführen zu können.
Ich bin sehr angenehm überrascht, wie sich diese Firma entwickelt
hat, der man eigentlich schon den Zusammenbruch vorausgesagt hat.
Im Klub kam ich gerade zu recht, als Kreisky über die Energiesituation
berichtete und meinte, die Regierung ist nicht bereit, den finan-
ziellen Folgen der Nichtinbetriebnahme von Zwentendorf auch nur
näherzutreten. Er meinte, es ist gut, dass Staribacher jetzt
kommt, denn auch wenn mir das Herz blutet, wir dürften jetzt nicht
nachgeben. Da ich fest überzeugt bin, dass es früher oder später
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doch zu einer Lösung kommen muss und wird, passt es mir sehr,
dass Kreisky jetzt in der Partei immer wieder unterstreicht, dass
ich hart bleiben muss. Ich bin wahrscheinlich der letzte, der
umfällt, weiss aber jetzt schon genau, dass früher oder später
natürlich wir für die finanzielle Belastung eine Lösung finden
müssen. In der anschliessenden Diskussion wurde auch ausschliess-
lich das Energieproblem angeschnitten. Eypeltauer meinte, man
müsste mehr sparen und die Jugend für ein neues Energiekonzept
gewinnen. Heindl erwiderte mit Recht, dass dies immer wieder er-
folgt, aber mit geringem Erfolg. Köck meinte, man hätte doch jetzt
den Strompreis sofort nachziehen müssen, damit die Leute etwas
bemerken, dass das Kernkraftwerk Zwentendorf nicht in Betrieb
geht. Wille wieder meinte, der sozialistische Einfluss müsste auch
bei den Landesgesellschaften in Wien, Burgenland und Kärnten sich
niederschlagen und dort unsere soz. Energiepolitik vertreten werden.
Teschl plädierte wieder für eine Zentralisierung der Energiepolitik.
Benya sagte dann, der Energieplan hat gestimmt und es wird jetzt
ein neuer erstellt, er meint, der Fehler besteht nur darin, dass
wir uns jetzt in stärkerem Masse von der Opposition treiben lassen.
Wir haben zu bestimmen, was geschieht und sollten nicht immer daran
zweifeln, ob und wie das richtige geschehen sollte. Benya machte auch
als einziger die Bemerkung Haiden gegenüber, er hat ganz recht ge-
handelt, als er in der gestrigen Fernsehdiskussion so hart mit
Minkowitsch zusammengekracht ist. Überall sonst höre ich
nämlich sonst das Gegenteil.
Der Finanzminister und Unterrichtsminister besprachen mit ihren
Beamten und Burian und mir das neue Filmförderungsgesetz. Einleitend
habe ich sofort und diesmal sogar mit Erfolg festgestellt, dass
der Fonds nur bei Sinowatz ressortieren kann. Im Unterrichtsbudget
sind neben den bisherigen 29 Mill. für das nächste Jahr 30 Mill.
vorgesehen. Ausserdem möchte das Finanzministerium Sachleistungen durch
die Wienfilm erbringen. Wir einigten uns, dass ein Fonds aus den
drei Ministern gegründet wird, Vorsitz Unterrichtsminister, Stellvertr.
Finanzen und Handel, zinsverbilligte, ev. zinsenlose Darlehen, 50 %,
wenn bei der Wien-Film gearbeitet wird, die vom Bund ersetzt werden,
ein Beirat als Kontrollorganisation und gleichzeitig dann noch
eine Auswahlkommission, welche Firmen gefördert werden sollen.
Projektförderung vom Drehbuch bis zum Verleih. Bin ich froh,
dass dieses Problem, fast würde ich sagen dieser Kelch, an mir
vorübergegangen ist. Dass wir noch in dieser Saison ein Film-
gesetz machen müssen, ist klar, denn im nachfolgenden Interview
wurde festgestellt, seit 1970 hat Kreisky ein solches bereits
versprochen.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Androsch über die Verurteilung
von Pretterebner über Anklage Jänner 1976 berichtet. Die Strafver-
fahren, die er angestrengt hat, werden fortgesetzt, auch die Tozzer-
Verurteilung durch den ORF-Beschwerdekommission ist erfolgt,
doch in der Öffentlichkeit untergegangen. Überhaupt beschwerte
sich Androsch, dass der Eindruck in der Öffentlichkeit nach wie vor
besteht, dass er seine Wirtschaftsprüfertätigkeit ausübt, was er
auf Grund der Berufsordnung gar nicht durchführen könnte. Dies
ist nämlich viel strenger als die Unvereinbarkeitsbestimmungen.
Die jetzt in der Öffentlichkeit propagierte Schweizer Regelung
hat er schon längst erfüllt. Er wird deshalb einen Brief an den
Vorsitzenden der von Kreisky eingesetzten Kommission richten und
bitten, dass man jetzt seinen Fall entsprechend behandelt. Ihm
erscheint es auch im Interesse seiner Familie notwendig, jetzt
endlich klarzustellen, dass er seit 1970 keinerlei Tätigkeit
ausübt, er kann aber auf seine Klientel nicht verzichten, die
in 37-jähriger Tätigkeit bereits von seinem Vater aufgebaut wurde.
Er würde vorschlagen, dass eine Kommission bestehend aus Höchst-
richtern, Wirtschaftstreuhändern, Rechtsanwälte usw. seinen Fall
beurteilen soll, wie er dazu sagt, unabhängig der politischen
Konsequenzen. Kreisky meinte, auf Grund seiner jetzigen Erfahrungen
und der Berichte, die er von Pahr bekommen hat, der ja die anderen
Länderregelungen zusammenstellte, kann er sagen, es gibt welche
in Europa, die strenger sind, und manche, die weniger streng dieses
Problem auslegen. Die österr. Unvereinbarkeitsregelung von 1919
sei unbefriedigend. In Deutschland wachen darüber Bundesgerichte,
in anderen Ländern gibt es Kommissionen. Er stellt neuerdings
fest, dass Androsch keinerlei Unkorrektheiten sich zuschulden
kommen hat lassen und auch niemand dies öffentlich behauptet.
Pahr ergänzte, dass die Kommission nur das internationale Material
zusammengestellt hat. Sie wird eine Art Weissbuch herausgeben.
Diese Kommission könne nicht über Politiker wie z.B. Androsch
jetzt entscheiden. Kreisky meinte auch, eine solche Vorgangsweise
sei unmöglich, dies müsse noch eine zu bestellende Kommission
eventuell machen, die er bestimmen wird. Androsch beharrte darauf
und meinte, dies geht alles für die Vergangenheit, für die Zukunft
hat er seine eigenen Vorstellungen, doch möchte er sich dazu
nicht äussern und auch keinerlei Einfluss auf die zukünftige Regelung
nehmen.
Fischer berichtete, das in der Präsidialbesprechung es Schwierigkeiten
wegen der Termine und der Gesetzesbeschlüsse in diesem Jahr gegeben
hat. Die ÖVP wird unter allen Umständen verhindern, dass das Mini-
steriengesetz jetzt noch geändert wird. Erst im Jänner wird
dies erfolgen, weshalb auch die Ausschreibung des Generalpostdirek-
tors erst zu diesem Zeitpunkt erfolgen kann. Die ÖVP wehrt sich nicht
gegen die zeitweilige Bestellung des Generalpostdirektors, sie
fürchtet nur, dass dadurch der Beamte auf Zeit eingeführt wird.
Kreisky meint zu Recht, in der Öffentlichkeit kann man gut vertreten,
dass eben nicht ein Generaldirektor auf alle Ewigkeit ernannt wird,
auch dann, wenn sich herausstellt, dass eine ausgesprochene Niete
ist. Lausecker erörterte, dass es einen karenzierten Beamten
gibt, wie z.B. den Gouverneur der Postsparkasse, dass man den ÖBB-
Vorstand aber nicht vergleichen kann, obwohl dieser seit der ÖVP-
Zeit nur zeitweilig bestellt sind. Kreisky meint zu Recht, man soll
nicht jetzt komplizierte beamtenrechtliche Probleme hervorbringen,
sondern der Bevölkerung klar und deutlich sagen, so grosse
Unternehmen wie die Post können nicht auf Lebenszeit von einem
Generalpostdirektor geführt werden. Hier muss es die Möglichkeit
geben, ihn zeitgerecht auslaufen zu lassen, wenn er sich als Ver-
sager herausgestellt hat.
Androsch berichtet, dass jetzt für das Moorheilbad in Weitra das
ERP-Büro keine Kreditzusage für das Jahr 1979 geben kann oder will,
weshalb der Bau gegebenenfalls eingestellt werden muss. Kreisky ent-
scheidet sofort, dass selbstverständlich, dass eine solche Zusage,
die man ja auch bei der Grenzlandbesprechung mit NÖ in Aussicht
gestellt hat, von Gatscha erfolgen muss.
Androsch hat mit den reisenden Kaufleuten, d.h. mit der
Handelskammer der Gewerkschaft entsprechende Gespräche geführt,
sodass bei der Tunnel-Eröffnung am Arlberg keinerlei Schwierig-
keiten zu erwarten sind.
Im Ministerrat hat dann beim Zivildienstgesetz von Lanc Kreisky
wie angekündigt den Vorbehalt gemacht, dass verfassungsmässig noch
einige Fragen zu klären sind. Der Verfassungsdienst steht auf dem
Standpunkt, es müsste dem Zivildiener auch bei laufender Einberufung
und Mobilmachung sogar die Möglichkeit gegeben werden, nach
Beendigung des Grundwehrdienstes auch bei allen Übungen usw.
sich zu jeder Zeit zu einem Zivildienst entscheiden zu können.
Dies würde, wie Rösch mit Recht bemerkte, dazu führen, dass in
Hinkunft keine Mobilmachung mehr möglich sei, weil man nicht
wüsste, wer dann im letzten Moment sich noch als Zivildienstler
bezeichnet. Da jetzt auch während der Grundwehrdienstzeit sich
zum Zivildienst entscheiden kann, soll dies aber auch dann
wirklich der letzte Zeitpunkt für ihn sein.
Rösch hat selbstverständlich den Wunsch Satzinger jetzt von der
zusätzlichen Wehrdienstleistung zu befreien, zur Kenntnis ge-
nommen, er hat sich nur mit Recht bei mir beschwert, dass wir
so spät an ihn herantreten. Satzinger müsste schon seit Monaten
wissen, dass er jetzt einberufen wird und man soll nicht zuwarten,
bis der Einberufungsbefehl zugestellt wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte in Hinkunft zeitgerechter ansuchen.
Tagesprogramm, 27.11.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 141. Ministerratssitzung, 27.11.1978
45_1384_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)