Sonntag, der 9. September 1979

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Sonntag, 9. September 1979

Beim Kongress der Gewerkschaftsjugend hielt ich ihnen eine kurze
Ansprache. Ich verwies auf die gute Zusammenarbeit, unterstrich
aber dass ich volles Verständnis habe, wenn die Jugend mehr ver-
langt, als es letzten Endes dann möglich ist, mit den Alten ge-
meinsam dann durchzusetzen. Stürmischen Beifall erhielt ich, als
ich den Satz sagte, wer in der Jugend nicht links war, der ist
nicht jung gewesen. Hier setzte der Beifall ein, ich erklärte dann
zu früh, denn der zweite Satz lautet eben, wer im Alter noch links
ist, hat nichts dazugelernt. Tatsächlich habe ich aber feststellen
können, dass er zum Unterschied von der sozialistischen Jugend die
Gewerkschaftsjugend sehr vernünftig ist, sehr konkrete Forderungen
stellt, sich sehr um die Lage und Situation der Jugendlichen annimmt
und nicht nur theoretisch spintisiert.

Beim Durchgang durch die Wiener Messe, wobei ich ausschliesslich
nur die ausländischen Aussteller besuchen konnte, kam ich diesmal
in einen ungeheuren Zeitdruck. Während ich sonst von Stand zu Stand
laufe und daher jedes Land oft nur mit 5 Minuten im Plan der Messe
eingebaut ist, habe ich mir diesmal mehr Zeit genommen und auch
insbesondere mit den dort anwesenden Attachés und Repräsentanten
längere Zeit gesprochen. Dadurch konnte ich die gewünschten Besuche
bei den österreichischen Firmen Philips, AEG, Siemens usw. nicht
mehr durchführen. Ich glaube aber nicht, dass mir dies übel genommen
wird. Die österreichischen Firmen hoffe ich haben Verständnis dafür,
dass ich ausschliesslich die ausländischen Aussteller besuche. Ge-
rade bei den Oststaaten nämlich wurde dies, wie mir die Messeleitung
immer wieder versichert als ein ausgesprochenes Affront betrachtet
werden, wenn nicht zumindestens ein Minister und zwar natürlich der
zuständige, bei ihnen aufkreuzt. Der Bundespräsident hat auch Gott
sei Dank die Absicht und führt dies auch immer durch, die ausländi-
schen Aussteller insbesondere auch der Oststaaten zu besuchen.

Bei der Fraktionsbesprechung für den Kongress der sozialistischen
Delegierten hatte zuerst Sekanina sehr schnell und daher auch ent-
sprechend kurz über die Leistungen der vergangenen 4 Jahre berichtet.
Anschliessend hat Kreisky dann ein Referat gehalten, das den Titel
hatte, die Bedeutung der Gewerkschaften für die soziale Demokratie.



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Mit Nebensätzen, dadurch erscheint es nicht so dick aufgetragen,
hat er stets aber darauf verwiesen die Bedeutung des Gewerkschafts-
bundes. So hat er gemeint, die letzten 100 Jahre der österreichischen
Geschichte wurden durch die Gewerkschaften geprägt. Die Gründung des
ÖGB der überparteilich und keine Konfessionsdifferenzen mehr hat,
wurde als die geschichtliche Tat dargestellt. Insbesondere aber
dann erwähnte er, dass der damalige Präsident Böhm, als er bei der
Industriellenvereinigung eine Ansprache gehalten hat, von den Kommu-
nisten hart attackiert wurde, aber dadurch schon den Weg der Sozial-
partnerschaft anriss und zeichnete. Die Auseinandersetzungen die es
zwischen Kapital und Arbeit gibt, geschieht jetzt auch in einer
anderen Form. Wenn jemand glaubt, dass diese Auseinandersetzung über-
holt ist, so ist es vollkommen falsch. Wichtig erscheint ihm die
Demokratisierung, auf dem politischen Gebiet ist dies leicht durch
das Mehrheitsprinzip zu erreichen. Auch hier war es nicht möglich
diese Demokratisierung in einem Tag zustande zu bringen. Auf dem
wirtschaftlichen Gebiet ist das Mehrheitsprinzip nicht übertragbar.
Hier müssen neue Formen gesucht werden und dies gilt ganz besonders
für die Mitbestimmung. Wichtig aber sind 3 Punkte. Erstens die
wirtschaftlichen Zusammenhänge muss man durchschauen. Hier ist es
die Bildungsarbeit gewesen, die die Gewerkschaften geleistet haben.
Zweitens durch die Industrialisierung entsteht eine Umweltgefährdung
und hier muss man entsprechend insbesondere für die Zukunft darauf
achten. Wichtig wurde in diesem Punkt hier im Hinblick auf die Kern-
kraftwerksdebatte vom ihm herausgestrichen, dass es immer fraglich
ist, wieweit man abgrenzt, welches Volk und was für ein Volks und
was überhaupt das Volk entscheiden soll und kann. Durch die Energie-
angebote und durch den höheren Lebensstandard ist es heute möglich,
dass das sogenannte Beisl, die Wirtshäuser, die es überall früher
gegeben hatte, immer mehr verschwinden. Früher war es die Wohnung,
jetzt ist es das Kraftfahrzeug, welches Leute veranlasst, wegzufah-
ren und sich eben nicht sinnlos in den Gaststätten zu besaufen.
Drittens die Humanisierung. Diese steht im Gegensatz zum österrei-
chischen Wirtschaftssystem der Profitmaximierung. Hier bei der Huma-
nisierung kann die Sozialversicherung viel helfen. Zum Schluss er-
wähnte er noch seinen Plan, wie man die dritten und vierten Länder
unterstützen müsste und dies ist jetzt noch in den nächsten 5 – 10
Jahren möglich. Wenn wir es bis dorthin nicht machen, wird es mit der
wirtschaftlichen und politischen Entwicklung weltweit sehr schlecht


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Ich habe immer so das Gefühl, er rechnet noch immer wie die
Amerikaner seinerzeit den Marshall-Plan kreiert haben, dass
er jetzt eben einen Kreisky-Plan der Welt aufzwingen kann.
Der Unterschied ist in meinen Augen nur darin, dass die Ameri-
kaner mit ihrem Marshall-Plan die notwendigen finanziellen und
materiellen Hilfen geben konnten, während wir oder besser gesagt
Kreisky nur die Idee den anderen Staaten verkaufen kann. Zu-
allerletzt meinte er, es gibt Leute die sagen, am 6. Mai sei der
subjektive Anteil Kreiskys an der Wahl der entscheidende gewesen.
Dagegen spricht er sich entschieden aus. Es war die Idee die Kreisky
vertreten hat und die eine Veränderung der Gesellschaft anstrebt
und die insbesondere durch die gesellschaftliche Unruhe, die ständig
herrscht gut ist und so so soll es bleiben und daran hat der Gewerk-
schaftsbund einen beträchtlichen Anteil. Natürlich erntete er frene-
tischen Beifall und es gab eigentlich keine besondere Diskussion
und nur Benya hat sich als erster zu Wort gemeldet und da Sekanina
den Vorsitz führte Kreisky besonders gedankt auch für seine Leistungen
die er für die Arbeiterbewegung und in dem Fall auch insbesondere
für die Gewerkschaftsbewegung in den vergangenen Jahren erbracht hat.

Über die organisatorischen Vorbereitungen des Kongresses gab es dann
die üblichen Berichte. Personell gibt es ja keine Probleme, sachlich
ist es sogar möglich gewesen mit der christlichen Gewerkschaft zur
Übereinstimmung zu kommen. Differenzen des über den Marktmechanismus
und Planung über die Trennung der Banken, über die Mitbestimmung
über Kernkraftwerk, über Ganztagsschulen und der Wunsch der christ-
lichen Gewerkschaft ein Rationalisierungsschutzgesetz zu schaffen,
welches dann aber von ihnen selbst zurückgezogen wurde und über die
Urlaubsdifferenzierung. Über den 5-Wochen-Mindesturlaub waren alle
einig. Dass aber dann nicht ausdrücklich gesagt wird, dass wer über
20 Jahre beschäftigt ist, 6 Wochen bekommt, wurde auch in der so-
zialistischen Fraktion heftigst diskutiert. Ein Diskutant meinte,
die oben müssen eben einmal sehen was unten verlangt wird und wie
sehr gerade hier es nicht verstanden wird, dass wieder nur für die
Jungen etwas geschieht, indem man denen einen 5-Wochen-Mindesturlaub
bringt und auf die Alten vergessen wird. Das hat Benya wieder so ge-
reizt, dass er sehr heftig dagegen polemisierte, sich dann allerdings
wieder über die Heftigkeit beim Verabschieden von Böck entschuldigte.
Selbstverständlich wurden alle Beschlüsse einstimmig gefasst.



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Bei dem Tag des Kindes, wo ich dann doch noch 4 Stätten besuchen
konnte, waren ungeheuer viele Teilnehmer in diesem Jahr. Dies
mag am Wetter liegen, oder dass doch immer mehr jetzt bei diesen
Veranstaltungen Preise verlost werden. Für mich war es wirklich
ein Erlebnis, als im 12. Bezirk ein kleiner Bub, den ersten Preis,
ein Fahrrad, gewonnen hat und nicht nur er ganz überrascht und be-
geistert war, sondern alle die es nicht gewonnen haben um ihn
herumstanden und sehnsüchtig dieses Fahrrad betrachteten.

In Ottakring traf ich dann den Arbeiterkammerpräsident Czettel,
der sich bei mir über das Verhalten von GD Hintschig, Messe,
bezüglich der Wünsche der Arbeiterkammer wegen Preisauszeichnung
sehr beschwerte. Er hat jetzt für 50.000 Schilling Waren auf der
Messe kaufen lassen, und wird Hintschig davon informieren, was hier
noch immer für Schweinereien bezüglich der verlangten Preise passie-
ren. Ich ersuchte ihm, da er beabsichtigte sofort in die Öffentlich-
keit zu gehen, damit zuzuwarten. Ich werde versuchen dieses Problem
sofort jetzt in Angriff zu nehmen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte sofort eine Sitzung mit Messe und AK,
ÖGB, bei mir einberufen.

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Tagesprogramm, 9.9.1979


Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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    Tätigkeit: Bundeskanzler
    GND ID: 118566512


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        Tätigkeit: Wr. Bau-SR, ÖGB-Vizepräs., Obmann Gew. Bau-Holz


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          Tätigkeit: GD Wr. Messe, Wr. SPÖ-GR-Abg., Stadtrat


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            Tätigkeit: Präsident AK
            GND ID: 121924882


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              Tätigkeit: erster ÖGB-Präs.


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                Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                GND ID: 119083906


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