Freitag, der 21. März 1980 bis Samstag, der 22. März 1980

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Freitag, 21. März 1980 und Samstag, 22. März 1980

Vor der Eröffnung der GAST traf ich dort einen Dr. Ragossnig, den
mir Landeshauptmann Wagner empfohlen hatte. Dieser hat auch mit
GEZEBA, eine Engineering-Firma in Deutschland, Kontakt. Diese Indu-
striegruppenberatung hat außer Zellstoff und Papier schon viele
Projekte in Entwicklungsländern, aber auch Industriestaaten verwirk-
licht. Für Zellstoff und Papier haben sie nun den ehemaligen Direk-
tor von Frantschach, Ragossnig, engagiert. In Ägypten haben nun die
Deutschen ein 500.000 Mio DM Projekt auf Zellstoffproduktion, Ba-
gasse und Baumwollstengel. Für diese Firmen kämen VÖEST-Alpine,
Andritz oder Waagner-Biro als Erzeuger in Frage. Ich versprach ihm,
eine Möglichkeit mit dem ägyptischen Botschafter zu verhandeln, zu
erschließen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Botschafter anrufen.

Ragossnig teilte mir auch mit, daß sie jetzt eine Fabrik auf mine-
ralische Steinwolle 10.000 t in St. Paul errichten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß unsere Abteilung davon.

Die GAST ist eine reine Fremdenverkehrsmesse und ich war jetzt
zum zweiten mal dort. Der Messepräsident Dermuth hat bei seiner
Eröffnungsansprache zwei mal darauf verwiesen, daß er sich sehr
freut, daß ich jetzt endlich wieder einmal in Kärnten bin, nachdem
ich die Messe längere Zeit nicht besucht hatte. Zum Glück war ich
aber im Vorjahr bei einer Holzmesse mit dem deutschen Landwirtschafts-
minister Ertl und habe natürlich darauf sofort repliziert. Insbe-
sondere aber meinte ich, daß ich als Minister sehr viele Einladungen
und keine Zeit und wenn ich kein Minister mehr sein werde, viel
Zeit und keine Einladung haben werde. Landeshauptmann Wagner war
dagegen mit meinem Besuch sehr zufrieden und meinte, ich ließe ihn
nie im Stich. Mit 1. April wird jetzt ein Klagenfurt-Wien inner-
städtischer Luftverkehr in Kraft treten, wodurch es eher möglich
sein wird, nach Klagenfurt zu solchen Veranstaltungen zu kommen.
Immerhin mußten wir bei Schnee, Glätte und schlechtesten Straßen-
verhältnissen vor 5 Uhr schon wegfahren, um zeitgerecht nach Klagen-


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furt zu kommen. Der Präsident der Philips-Gesellschaft war mit dem
Generaldirektor von Wien mit einem Flugzeug nach Klagenfurt geflo-
gen. Wagner erklärte gleich einleitend, da sieht man halt den Unter-
schied zwischen einem Minister, der fast zu Fuß kommen muß, und
einem Direktor resp. Eigentümer von Philips, der sich ein eigenes
Flugzeug leisten kann. Natürlich wollten mich dann die Philips-
Leute nach Hause mitnehmen, was ich aber ablehnen mußte, da ich ja
noch politische Veranstaltungen hatte.

Nach dem Rundgang hat mir dann der Messedirektor mitgeteilt, daß
er mit der Wiener Messe AG insofern große Schwierigkeiten hat, als
die Wiener Messedirektion jetzt erklärt, die Zeit der Zusammenarbeit
sei vorüber, jetzt würden auch sie die Boxhandschuhe anziehen und
in den Ring steigen. Solche Äußerungen sind natürlich verheerend
und stören das mühsam von mir aufgebaute Klima der Zusammenarbeit
zwischen ihm und den anderen Messen. Ich werde diesbezüglich mit
GD Hintschig sprechen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte bei nächster Gelegenheit bei Zusammen-
treffen mit Hintschig mich erinnern.

Beim Gespräch mit dem Bürgermeister und der sozialistischen Frak-
tion sowie beim Betriebsbesuch der Firma Prym konnte ich feststellen,
daß dort eine verdammt scheußliche Situation herrscht. Die Firma
Prym hat jetzt ihren Betrieb dort aufgelassen, das Land Steiermark
wird wahrscheinlich die ganze Anlage um S 3,5 Mio. kaufen, eine
neue Halle 35 x 22 m ist dort errichtet und könnte besser genutzt
werden. Außerdem stehen dann nicht 10.000 m^2 zur Verfügung. In die
alten Gebäude möchte der Landesrat Peltzmann eine Schneiderei ein-
mieten. Diese Fa. Gregor Mai hat in Hartberg eine Kleiderfabrik und
beschäftigt 87 Arbeiterinnen und Angestellte, davon nur 4 Männer.
Die Löhne sind dort sehr nieder 28.––, für Jugendliche gar nur 24.––
In der Fabrik in Lafnitz hat man wenigstens S 32.–– Mindestlohn
gezahlt. Der Bürgermeister Koller, 03338 2258, erwartet von mir, daß
wir ihm entsprechende Investoren schicken. Ich habe keinerlei Zu-
sagen gemacht, außer daß ich sofort unsere Investorenabteilung
darauf aufmerksam machen werde und versuche, eventuell einen Aus-
länder für eine Zuliefertätigkeit für Volkswagen oder sonstigen


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Importeur zu bringen. Derzeit sind noch 56 beschäftigt, die allerdings
jetzt auch schon alle gekündigt sind.

Die Firma IFES, Gehmacher, hat ein Gutachten von S 150.000,––
für die Entwicklungsgemeinschaft Lafnitz, Rohrbach und Schlag offe-
riert. Die Arbeiterkammer hat sich bereit erklärt, S 50.000,–– da-
zuzuzahlen. Wenn nun jemand die 100.000,–– aufbringt, so kann für
dieses Gebiet ein Entwicklungskonzept von Gehmacher vorgelegt werden.
Auch hier hatte ich keine Zusagen gemacht, ich glaube aber, daß es
tatsächlich notwendig wäre, in dieser Beziehung dieses ganze Gebiet
zu unterstützen. Wenn die Handelskammer eventuell 50.000.–– geben
würde, sollten auch wir die restlichen 50.000.–– dazu beisteuern.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Gehmacher darüber sprechen, damit
ich beim Jour fixe notwendige Unterlagen vorlegen kann.

Die Konferenz des Freien Wirtschaftsverbandes im Sophiensaal war
ganz gut besucht, aber nicht so wie Sallaberger angenommen hat,
daß alles bummvoll sein wird. Einleitend verwies Mühlbacher darauf,
daß 68/69 das Zielprogramm des Freien Wirtschaftsverbandes vorge-
legt wurde. In den 70-er Jahren wurde es verwirklicht. Mühlbacher
verwies insbesondere darauf, daß er stets im engsten Einvernehmen
mit mir und meiner guten Zusammenarbeit viele Punkte, die das
Handelsministerium betreffen, wie z.B. Gewerbeordnung, internationale
EG usw. abgeschlossen werden konnten. Auch mit dem Finanzminister
hat er gut zusammengearbeitet und Etliches gemeinsam erreicht.
Staatssekretär Albrecht, die er besonders lobte, weil sie sofort
den Kontakt mit den Frauen des Freien Wirtschaftsverbandes aufge-
nommen hatte, hat dann ganz hervorragend, frei sprechend, wie sie
dies immer tut, ihre Absicht auf diesem Gebiet im Handelsministe-
rium dargelegt. Sie erhielt nicht nur einen herrlichen Blumenstrauß,
den sie dann sogar versteckt meiner Frau schickte, sondern riesigen
Applaus. Mir war die Aufgabe gestellt, die Klein- und Mittelbetriebe,
deren Bedeutung und insbes. natürlich über die zukünftige Arbeit
zu berichten. Nichts leichter als das, weil ich dadurch gleich
eine Art Rechenschaftsbericht, mit dem entsprechenden Wiener Schmäh
aufgelockert, geben konnte und mich dann mit dem Wirtschaftsbund und
seiner Mittelstandspolitik auseinandersetzen konnte. Mühlbacher hat


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ja auch im Parlament diesen Mittelstandsinitiativantrag im
wahrsten Sinne des Wortes zerpflückt. Ich bin hier mit Mühlbacher
wirklich auf einer Linie. Da dies ja auch in allen anderen Fragen
zutrifft, habe ich mit dem Freien Wirtschaftsverband überhaupt
keine Schwierigkeiten. Wesentlich anders sieht dies beim Finanz-
minister aus. Mühlbacher und Sallaberger haben wegen der Steuerer-
mäßigung für Kombifahrzeuge die härtesten Auseinandersetzungen.
Androsch war angeblich verärgert, weil Mühlbacher, ohne mit ihm die
Details zu besprechen, vorgeprellt ist. Mühlbacher hat mir allerdings
zugesichert, und dies stimmt auch, daß er vorher sehr wohl die Grund-
sätze mit Androsch besprochen hat und Androsch auch prinzipiell ein-
verstanden war. Nachher dürften seine Beamten sich gegen die Kombi-
Lösung ausgesprochen haben, weshalb Androsch wieder einen Rückzie-
her machen wollte, dies war aber deshalb nicht mehr möglich, weil
ja Mühlbacher mit Einverständnis von Androsch gerade diese Frage
im Handelskammerwahlkampf an die Spitze gestellt hat. Nach längerem
hin und her und ganz harten Diskussionen, die allerdings so intern
geführt wurden, daß sie Gott sei Dank nicht nach außen gedrungen
sind, hat sich Androsch jetzt durchgerungen, mit 1. Jänner 1981
diese Kombi-Lösung zu akzeptieren. Androsch hatte auch ein vorbe-
reitetes, sehr groß angelegtes Referat, da ja die Aufgabe, die er
übertragen bekommen hat, wesentlich umfangreicher und komplizierter
war als die meine. Er sollte über die 80-er Jahre und die Politik
der 80-er Jahre referieren. Kreisky selbst wieder nützte die Ge-
legenheit dieser Konferenz, um seine außenpolitische Begründung der
Anerkennung der PLO neuerdings zu dokumentieren. Kreisky kam gera-
de von München, wo er am Vortag eine scheinbar große deutsche Ver-
sammlung mit Wirtschaftskapazitäten gehabt hat. An und für sich war
diese Konferenz des Wirtschaftsverbandes ein voller Erfolg, Bundes-
kanzler, Vizekanzler, Handelsminister, Staatssekretär, was will man
hier wirklich noch mehr. In der anschließenden Pressekonferenz
konnte ich allerdings feststellen, daß überhaupt niemand auch nur
eine Frage stellte, mit Ausnahme der Redakteurin Bayer von der
Kronen-Zeitung, die wissen wollte, warum jetzt eigentlich die Kombi-
Lösung erst mit 1. Jänner 1981 in Kraft tritt. Der Freie Wirtschafts-
verband hat natürlich gehofft, daß sie bereits heuer, wie ja ange-
kündigt wurde, diese für die Gewerbetreibenden sicherlich sehr
wichtige Frage schon geregelt wird. Mühlbacher und Sallaberger
haben sehr geschickt reagiert, indem sie ja bereits in der Konfe-


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renz festgestellt haben, sie hätten gehofft, daß es bereits
heuer zu dieser Regelung kommt und sie werden weiter kämpfen, da-
mit doch vielleicht eine Vorziehung erfolgen wird. Niemand gibt
sich allerdings der Illusion hin, daß Androsch hier nachgibt,
wahrscheinlich auch gar nicht nachgeben kann. Seine Taktik ist,
wenn mit 1. Jänner 1981 doch eine kleine Korrektur der Mindestein-
kommen erfolgen wird, dies gilt insbesondere für eine Regelung,
den Mindeststeuerbetrag, der nicht mehr bezahlt werden muß, um ein
paar Schilling zu erhöhen, dann eben gleichzeitig auch so Wünsche,
die die Selbständigen besonders betreffen, mitzuerledigen. Schein-
bar schwebt Androsch doch vor, mit 1. Jänner 1981 zwar keine Steuer-
reform, aber dann eine kleine Steueranpassung vorzunehmen. Bis zu
diesem Zeitpunkt wird er natürlich alles rausschieben, um dann ein
größeres Paket zusammenzubringen.

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Tagesprogramm, 21.3.1980

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Tagesprogramm, 22.3.1980


Tätigkeit: Landesrat Stmk


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Dir. Zellstoff- u. Papierfabrik Frantschach AG


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Bgm. Lafnitz, Stmk. (?)


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Sts. HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: BRD-LWM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                  GND ID: 118566512


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: nur Firmenname etc.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: GD Wr. Messe, Wr. SPÖ-GR-Abg., Stadtrat


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Finanzminister
                          GND ID: 118503049


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Redakteurin Kronen-Zeitung


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: LH Kärnten, SPÖ


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                                Tätigkeit: Präs. Fremdenverkehrsmesse "GAST"


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                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: IFES


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