Dienstag, 17. Juni 1980
Beim Jour fixe in der Handelskammer, Gen.Sekr. Kehrer, berichtete
ich ihm über die Verhandlungen im Handelsausschuß. Überrascht war
ich, daß er mir strengst vertraulich mitteilte, die Handelskammer
wäre auch beim Energiesicherungsgesetz bereit gewesen, eine flexi-
blere Haltung einzunehmen, als dies der ÖVP-Klub dann beschlossen
hat. Die Ablehnung aller Vorschläge außer der Erhöhung von 20 auf
25 % der Importmenge für das Krisenlager geht also ausschließlich
auf die politische Entscheidung der ÖVP zurück. Kehrer bestätigt
mir auch, daß meine Auffassung, ich kann aufgrund der derzeitigen
Rechtslage nur die Beschlüsse der Internationalen Energieagentur
nachvollziehen, absolut richtig ist. Alle anderen Maßnahmen, die ich
zwar theoretisch aufgrund der gesetzlichen Bestimmung ergreifen
könnte, wenn Versorgungsschwierigkeiten drohen, muß ich vorher durch
marktkonforme Maßnahmen bekämpfen, bevor ich lenkend eingreifen kann.
Diese marktkonformen Maßnahmen wie z.B. Preiserhöhungen, die na-
türlich sofort dem Verbrauch entsprechend reduzieren, würden nur
dann nicht mehr ausreichen, wenn kein echter Markt mehr existiert.
Kehrer meinte, dies wäre der Falk, wenn z.B. größere Mengen von
Rohöl oder Derivaten nicht mehr, zu welchem Preis auch immer, zuge-
kauft werden könnten. Erst dann dürfte ich seiner Auffassung nach
Zuteilungsmaßnahmen ergreifen. Meine Argumentation, daß wir an-
stelle des Preisgesetzes oder des Energiegesetzes viel lieber eine,
wie ich es immer bezeichne, Rute ins Fenster gesetzt lieber wäre,
weil ich gar nicht administrieren kann und will, glaubte er sofort.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Dr. Zluwa soll solche Formulierungen mit
mir einmal besprechen.
Die Handelskammer nahm zur Kenntnis, daß ich jetzt in der Sommer-
zeit keinerlei Benzinpreiserhöhungen mehr durchführen werde, was
immer auch die vorgelegten Preisanträge ergeben würden.
Gen.Sekr. Kehrer wird sich mit seinem Amtsvorgänger Mussil wegen
der notwendigen energiepolitischen Maßnahmen und insbes. dem Aus-
bau des Bundeslastverteilers in gesetzlicher, aber auch in techni-
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scher Hinsicht, ins Einvernehmen setzen. Ich habe ihm erklärt,
daß Präs. Mussil von der Verbundgesellschaft jetzt, so hoffe ich,
auch immer die Unterstützung der Handelskammer in seiner Elektrizi-
täts- und Energiepolitik bekommen wird.
Ich berichtete Kehrer auch über die Aussprache in Schweden mit der
österreichischen Delegation zur EFTA-Konsultativkomiteesitzung
bezüglich der Griechenland-Verhandlungen. Die Intervention, die ich
neuerdings mit Botschafter Seyffertitz bei Vizepräs. Haferkamp der
EG-Kommission durchführte, wurde einhellig bei dieser Besprechung
beschlossen. Ergänzend sagte ich dann Kehrer, daß die Beamten über
das Verhalten der Interessensvertretung, insbes. Landwirtschafts-
kammer, aber auch der Handelskammer, sehr erbost sind. Insbesondere
Botschafter Seyffertitz hat mir erklärt, daß in seiner 30jährigen
Beamtentätigkeit er ein solches Verhalten noch niemals feststellen
konnte. Auch die Beamten Dr. Scheich, Außenministerium, aber insbes.
Gruppenleiter MR Steiger vom Handelsministerium sind über die
intransigente Haltung der Handelskammer, aber noch viel mehr der
Landwirtschaftskammer und deren unqualifizierten Angriffe auch
sehr verärgert. Ich habe Kehrer empfohlen, er soll mit diesen Be-
amten gelegentlich unter 4 Augen sprechen, damit er vielleicht die-
se Mißstimmung ausräumen kann. Für mich persönlich ist es sehr
erschütternd, daß die Handelskammerleute ihren eigenen Fraktions-
kollegen so mißtrauen.
Kehrer teilte mir mit, daß der Atomminister Krotow aus der Sojwet-
union jetzt nicht nur mit den Austroatomfirmen, sondern in der
Handelskammer entsprechende Gespräche mit Elin, Voith, Siemens,
Schippel , Kallique , Austroplan und Austroverbund führen wird.
Kehrer fragte, ob ich mit dieser Ergänzung einverstanden bin, ich
habe sofort erklärt, daß mir dies sogar sehr recht ist. Ich infor-
mierte ihn auch über das vertrauliche 4-Augen-Gespräch bezüglich
der Atommüllagerung gegen Atomkomponentenlieferungen, das ich
von der Fahrt vom Flughafen nach Wien mit dem Minister Krotow ge-
führt hatte.
Kehrer urgierte die Erlassung der Verordnung für den Verkauf unter
dem Einstandspreis bei Bier und Eiern.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Warum ist das tatsächlich noch nicht vor-
bereitet?
Die Textileinfuhrscheinerhöhung von 4000 auf 20.000 S wurde von
Kehrer neuerdings urgiert. Ich habe ihn nicht im Unklaren gelassen,
daß ich darüber noch eingehende Gespräche führen muß, weil seitens
der Industrie gegen diesen koordinierten und von der Handelskammer
mir jetzt mitgeteilten einstimmigen Beschluß größte Bedenken an-
gemeldet wurden. Die Koordinierungsaufgabe von Kehrer ist nicht
zu beneiden, in diesem Fall wird aber eine bessere Lösung im Han-
delsministerium angestrebt werden müssen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Fischer soll entsprechende Vorschläge
für die Aussprache mit Industrie und Gewerkschaft vorbereiten.
GR. Sevcik und sein Chef Mischek wollten von mir entsprechende
Unterstützung, damit sie auch in Ungarn zu den Hotelbauten zugezogen
werden. Mischek erklärte mir dankbar, daß dies in Polen nur möglich
war, weil ich entsprechend interveniert hatte. Die Oststaaten ver-
langen nämlich Nachweis von Referenzbauten in Oststaaten, bevor sie
eine Firma heranziehen. Für einen newcomer ist daher der Einstieg
äußerst schwierig. Ich bin fest davon überzeugt, daß aber die
Ungarn sehr wohl bei entsprechenden preiswerten Offerten die Firma
Mischek heranziehen werden. Die Vorbereitungsarbeiten müssen die
Firmen mit den österreichischen Handelsräten in den entsprechenden
Ländern treffen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ohne daß wir es groß publizieren, frage ich
mich immer, wieso nur vereinzelt Firmen um Intervention ersuchen.
Der venezolanische Botschafter glaubte allen Ernstes, er könne von
mir einen umfassenden und detaillierten und womöglich mit vertrau-
lichen Informationen gespickten Bericht über meine Moskau-Reise
erhalten. Insbes. interessierte ihn natürlich die Energiefrage.
Seiner Information nach hat die sowjetische Seite größte Schwierig-
keiten mit der Energieversorgung, sprich insbes. Öl- und Gaslieferung
für das Inland und noch viel mehr für die COMECON-Staaten und
betreibt trotzdem eine exportoffensive Politik. Im Prinzip ver-
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suchte ich ihm die Situation, wie ich sie gesehen habe, zu erklären.
Vertrauliche Ziffern hatte ich sowieso nicht. MR Willenpart hat
allerdings mir nachher mit Recht gesagt, selbst wenn wir sie
hätten, würden wir sie sicherlich nicht der venezolanischen Seite
zur Verfügung stellen. Immerhin ist es mir jetzt in meiner 10jäh-
rigen Praxis das erste Mal untergekommen, daß ein Botschafter so
direkt um Informationen gebeten hat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Willenpart soll den diesbezüglichen Akt
mir zur Einsichtnahme vorlegen.
Mit Gruppenleiter Gröger und Marsch besprach ich die Finanzierungs-
möglichkeiten des Kaufes von Bunzl & Biach durch die anderen Pa-
pierfabriken, Laakirchen, Heinzel und Salzer. Gröger teilte meine
Meinung, daß wenn wir diese Finanzierung aus unserer zweiten großen
Papierkreditaktion mit 3 Mrd. S Umfang durchführen, eine diesbezüg-
liche Aufforderung vom Finanzministerium und Bundeskanzleramt not-
wendig ist. Wir müssen dann auf alle Fälle unsere Richtlinien
ändern. MR Marsch bestätigte mir allerdings auch, daß diese Trans-
aktion in unserer Papieraktion weniger gefährliches Präjudiz dar-
stellt, als wenn dies über die allgemeine Regierungszinsenzuschuß-
aktion des Bundeskanzleramtes gehen würde. Dort würde ein solcher
Beschluß für alle Branchen gelten und daher die Begehrlichkeit
wesentlich größer sein, als in unserer Papieraktion, wo eben nur
Papierfabriken dafür infrage kommen. Mittel sind aus dem 3 Mrd.
Rahmen genug vorhanden, da die Investitionstätigkeit in der Papier-
industrie nicht wie erwartet so stark zugenommen hat, daß der Rahmen
sehr bald ausgeschöpft sein wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Transaktion wird nur auf Antrag des
Finanzministers durch Regierungsbeschluß von mir durchgeführt.
Prof. Fantl, seinerzeit EVA, jetzt zukünftiger Leiter des Energie-
wirtschaftlichen Institutes, welches die Verbundgesellschaft und
die Ölgesellschaft gründen, vom österreichischen Energiekonsumenten
verband wird Hofbauer als zweiter Mann neben Fantl in diesem Insti-
tut wirken. Während der österreichische Energiekonsumentenverband
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ein Budget von 4 1/5 Mio S hat, hat dieses neue Institut allein
schon ein 17 Mio. S Standardbudget. Dazu kommen noch die außer-
ordentlichen Aufwendungen. Die Ölwirtschaft und die Verbundgesell-
schaft sind angeblich bereit, bis zu 100 Mio S und darüber für
energiesparende Maßnahmen aufzuwenden. Gegen die Bestellung von
Fantl waren nur lange Zeit Hirnigel, GD BP, und Mieling, GD von SHELL.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Versuche herauszubekommen die Begründung
dieser beiden.
Fantl möchte auch in der Technischen Universität im Institut für
Hochbau, Panzhauser, als außerordentlichen Professor wirken. Ich
habe ihm meine diesbezügliche Intervention bei der Bundesminister
Firnberg zugesagt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte nächste MRV erinnern.
Ein gebürtiger Araber, Samaha, hat sich die Arbeit gemacht und die
in der Schweiz für die österr. Bundeskammer durchgeführten Über-
setzungen durchgesehen. Zu seiner und noch viel mehr zu meiner
größten Überraschung wurden dabei so grobe Übersetzungsfehler ge-
macht, daß es fast unverantwortlich ist, dies ins Ausland zu senden.
Die Araber werden nicht nur darüber lachen, sondern über einzelne
Übersetzungen empört sein. Natürlich möchte Samaha bei der Bundes-
kammer oder sonst wo als Übersetzer herangezogen werden. Aufgrund
der freiwillig geleisteten Prüfarbeit hat er sich dies auch verdient.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächstes Jour fixe Handelskammer mit-
geben.
Dir. Gerharter vom Konsum berichtet mir über seine Erfahrungen
bei der Mühlenkontingentregelungsverhandlung. In den vergangenen
Jahrzehnten, solange ich in der Arbeiterkammer dafür die Verantwortung
getragen habe, wurde stets auf diesem Gebiet Einvernehmen zwischen
allen Interessensvertretungen erzielt und auch für den Konsum be-
friedigende Lösung gefunden. Der Konsum hat für seine 3 Mühlen ein
Kontingent von 28.000 t, sein eigener Bedarf ist aber 38.000 t.
Dies braucht er für seine Brot- und Gebäckerzeugung, aber auch für
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seinen Mehldetailverkauf. In der Vergangenheit war es daher möglich,
daß ihm 7.200 t Lei-kontingent von der Fa. Vonwiller gegeben wurde.
Wie bei allen anderen Mühlen würde seine eigene Kapazität der 3
Mühlen ausreichen, um seinen Bedarf zu decken. Ursprünglich wollte
deshalb der Konsum die Duswald-Mühle, 5.400 t Kontingent, kaufen.
Gerharter war auch bereit, bis zu 55 Mio. S dafür zu bezahlen. AK,
aber auch der Landessekretär der LUGA Dragosits in der Steiermark
haben ihm davon abgeraten. Jetzt wurde die Duswald-Mühle mit 50 Mio.
stillgelegt, er hat keine Kontingenterhöhung dadurch bekommen und
das Leikontingent von Vonwiller kann er auch nicht mehr erhalten.
Verhandlungen mit Konsum mit dem Bundesheer, Spannocchi, haben dazu
geführt, daß dieses jetzt ein 2-Wochen-Versorgungskontingent kaufen
möchte. Dies würde 150 Mio. S kosten, ursprünglich sollte die
landwirtschaftliche Genossenschaft und der Konsum zur Hälfte diese
Versorgung übernehmen. Jetzt hat sich natürlich, wie nicht anders
erwartet, auch der Handel eingeschaltet. Wahrscheinlich wird jeder
1/3 bekommen. Da das Heer nicht bereit ist für diese Lagerung
Zinsen zu zahlen und für die Lagerkosten nur 1 % zu vergüten, wird
es nach Meinung Gerharters kein gutes Geschäft. Ich habe ihm so-
fort widersprochen, denn für mich ist ja gar keine Frage, daß ein
solcher Bedarf innerhalb der großen Konsumorganisation jederzeit
sozusagen mitlaufen kann und keinerlei konkreten zusätzlichen
Lager oder zusätzliche Aufwendungen entstehen.
Olioprot, die zwischen Konsum, 48.000 S Stammkapital, Oversea, sprich
Eisenberger , 48.000 S Stammkapital, und auch das letzte Drittel von
der landwirtschaftlichen Gruppe gegründete Ölsaatenverarbeitungs-
gesellschaft, soll jetzt liquidiert werden. Der Konsum hat bis
jetzt 500.000 S Baraufwendungen gehabt. Die NÖM würde ihren Anteil
übernehmen, ist aber bereit nur 20.000 S dafür zu bezahlen. Gerharter
wollte von mir wissen, ob ich gegen eine Liquidation etwas einzu-
wenden hätte. Da ich diesem Projekt niemals eine Chance gegeben
habe, habe ich natürlich keinerlei Bedenken, wenn dies jetzt ge-
schieht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß unsere Industriesektion?
Präs. Weiser von der Produktionsförderungsgesellschaft hat mit
MR Gröger mir über die alte, jetzt neu verhandelte Idee, 1.000.––
S für die Autos zur Wrackbeseitigung zu verlangen, referiert.
Zum Unterschied von früher sind jetzt der ÖAMTC und der ARBÖ, aber
auch die Interessensvertretungen damit einverstanden. Die S 1.000.––
würden als Kaution beim Autokauf zu erlegen sein und wenn man das
Autowrack nachher zur Verschrottung übergeben hat, bekommt man die
S 1.000.–– wieder zurück. Die ganze Aktion wird noch im Beirat mit
den Ländern besprochen, ich selbst habe dezidiert erklärt, ich
werde in dieser Frage nicht initiativ. Als ich vor Jahren dies ge-
tan habe, wurde mir sofort von allen Zeitungen und Interessensver-
tretungen und ganz besonders von den Autoverbänden vorgeworfen, ich
würde die Autofahrer nur neuerdings belasten wollen.
Die 13.000 t Reifen, die jährlich anfallen, könnten durch Ver-
brennung bei den Zementfabriken, Mannersdorf macht den ersten Ver-
suche, Haschek, aber auch einer Vorarlberger Textilfirma ohne
weiteres sozusagen nicht umweltschädigend weggeschaffen werden. Eine
ähnliche Regelung ist auch für Altaluminium und Altsilber geplant.
Das wirkliche Problem ist aber die Autowrackbeseitigung und die
Autoreifenvernichtung.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe AK, aber auch HK setzen.
Die fraktionellen Fremdenverkehrsleute NR Heindl, Dir. Zolles, ÖFVW,
Krebs, Wr. Fremdenverkehrsverband, und GD Luczensky, DDSG, hatten
große Bedenken, daß jetzt eine Statutenänderung von den Bundeslän-
dern und von der Handelskammer in der Österr. Fremdenverkehrswerbung
verlangt wird, wo ich als Obmann praktisch durch den ständigen Ver-
treter Dir. Scheiner ersetzt werde. Diese Gefahr sehe ich überhaupt
nicht, ich habe mit dem Sprecher der Bundesländer und gleichzeitig
ÖVP-Repräsentant LRat Bassetti aus Tirol klar und deutlich vor
der letzten Generalversammlung der Österr. Fremdenverkehrswerbung
vereinbart, daß Scheiner zwar ständiger Vertreter gewählt wird, dies
erfolgte auch einstimmig, daß aber jedwede Statutenänderungen erst
erfolgen, bis der Bericht des Rechnungshofes vorliegt. Bis zu
dieser Zeit habe ich mich in der Österr. Fremdenverkehrswerbung schon
wieder so eingearbeitet, wie dies in den vergangenen Jahren der
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Fall war, bevor ich den geschäftsführenden Obmann Zedek bestellte.
Krebs hat dann auch insbesondere auf die Notwendigkeit der Erhöhung
des Geschäftsführergehaltes verwiesen. Tatsächlich bekommen ver-
gleichbare Leute wie Wallner von der Spielbanken AG 120.000.––
AUA-Vorstände 107.000.––, Sokol vom Verkehrsbüro 73.000.–– mit
Pensionsanspruch und PKW, Zolles aber nur 46.000.–– ohne Pensions-
anspruch und ohne PKW. Letzteren soll er auch bekommen und außerdem
sein Gehalt um 10.–15.000 S erhöht werden. Ein diesbezüglicher
Vorschlag wurde aber schon seinerzeit vereinbart, wird mir von
den Vertretern der Bundesländer und der Handelskammer Scheiner in
der Direktoriumssitzung gemacht werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Erinnere mich, daß ich nach der nächsten
Direktoriumssitzung mit Würzl über die Statutenfrage spreche.
Beim 70jährigen Gründungsjubiläums des Kreditvereines, wo ich die
Festansprache halten mußte, war eine sehr gute Stimmung. Die Vor-
redner, GD Vak, Z, Stadtrat Neusser für das Gewerbe und auch Stadt-
rat Mayr für die Finanzen und Gemeinde Wien hatten interessanter-
weise alle an die k.u.k Gründungszeit angeknüpft. Sicherlich wurde
dies auch durch den Saal in der Wr. Handelskammer bedingt. Dieser
Jugendstil, der nach Neusser der letzte Ausflug eines bedeutenden
Bürgertums fundiert auf den kleinen Gewerbe- und Mittelbetrieben
war, hatte insbes. ihn dazu animiert. Ich hatte interessante
Unterlagen von Marsch über den damaligen k.u.k Handelsminister be-
kommen. Es war daher sehr reizvoll für mich die k.u.k Zeit, kaiser-
lich königlich bis Kirchschläger-Kreisky, humorvoll Revue passieren
zu lassen. Aus allen Statistiken, die dort auflagen und auch
graphisch klar und deutlich hervorging, war aber insbesondere aber
in den letzten 10 Jahren ein exorbitanter Anstieg der Aktivitäten
des Vereines festzustellen. Der Sitzungsaal, der ja im Verein
meistens von Genossen gefüllt wurde, war daher in jeder Beziehung
in einer guten Stimmung.
Bei der Präsidiumssitzung auf der Landstraße beschlossen wir jetzt
die Bezirkszeitung zu gründen, die in der Wiener Organisation be-
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schlossen und vorgesehen ist. Die Gestaltung wird Weisbier über-
nehmen. Er hofft, daß es ihm und mir möglich sein wird, von der
Arbeiterzeitung die sehr erfahrene Redakteurin Lorenz ehrenamtlich
auch dafür zu gewinnen.
In der Sektionsleitersitzung gab es dann eine harte Diskussion
wegen der jetzt aufgeflammten Meinungsverschiedenheit zwischen
Kreisky und Androsch bezüglich der Quellensteuer. Erschütternd für
mich war, daß die meisten Genossen gefühlsmäßig ahnen, daß hier
ein Konflikt heraufkommt, der vielleicht noch unabsehbare Folgen
hat, noch erschütternder aber war für mich, daß die Leute annehmen,
daß eben nicht der Zinsertrag, sagen wir wie in der Schweiz mit
20 %, besteuert wird, sondern daß eben die Sparguthaben schön lang-
sam mit der Steuer verschwinden würden. Weiters wurde auch hart
kritisiert, daß Kreisky sich jetzt viel mehr in die weltpolitischen
Probleme einmischt und durch seine Auslandsreisen nach Meinung Ver-
einzelter damit die Inlandsaktivität nachläßt, ja sogar vernach-
lässigt. Diese Kritik kommt allerdings meistens von Sektionen, wo
noch ein gewisser jüdischer Mitgliedsstand zu verzeichnen ist.
Ich unterschätze nicht solche Kritiken und bin sehr froh, daß bei
uns auf der Landstraße sehr hart und offen diskutiert wird. Über-
schätzen darf man allerdings solche Aussagen auch nicht, oft sind
es nur vereinzelte Meinungen, die allerdings durch Zeitungsinfor-
mationen, ganz besonders Kronen-Zeitung und Kurier, artikuliert wer-
den. NR Heindl, aber auch ich versuchten verzweifelt unseren Spitzen-
funktionären der Landstraße, und das sind die Sektionsleiter, klar
zu machen, daß wir diese außenpolitische sehr anstrengende Leistung
dringendst als neutraler Staat brauchen. Durch die Länge der
Diskussion habe ich dann, wie nicht anders zu erwarten, den Empfang
bei der Z selbstverständlich versäumt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte beim KR Bartl, Vorsitzender des Kredit-
vereines, entschuldigen.
Tagesprogramm, 17.6.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)