Gesamtsitzung am 22. Jänner 1848

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A 4.


Kaiserliche Akademie der Wissenschaften


Protokoll


der Gesammtsitzung am 22. Jänner 1848


Anwesend: Der Präsident Freiherr von Hammer-Purgstall,
der Vicepräsident Baumgartner
der General-Secretär von Ettingshausen,
der zweiter Secretär Wolf,
Die wirklichen Mitglieder: Labus,


Prechtl,
Grillparzer,
Arneth,
Partsch,
Stampfer,
Freiherr von Hügel,
Chmel,
Schrötter,
Endlicher,
Freiherr von Münch,
Hyrtl,
Auer.


Verhandlungen.


Der Herr Präsident eröffnet die
Sitzung mit der Ablesung nachstehender
in Vorhein zu Papier gebrachter Note:
Der Beschluß der Akademie, daß
der Präsident seine Eröffnungsrede,
welche kein wissenschaftlicher Vortrag,

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der Akademie vorzulegen nicht ver-
pflichtet sey, steht durch den Beschluß der
letzten Gesammtsitzung fest, wiewohl
meine Stimme nicht gezählt worden ist,
durch die entscheidene Herrn Director
Carlini's, daß im lombardischen Insti-
tute nie dergleichen Anforderungen
von den Präsidenten gestellt werden,

indessen habe ich lange vorher, ehe
dieser Gegenstand in der Akademie
zur Sprache gekommen, meine Rede
dem Herrn General-Secretär mit
dem Ersuchen um seine kritischen
Bemerkungen oder Ergänzungen vor-
gelegt, in der vollsten Überzeugung,
daß kein Mitglied der einen Classe
sich einbilden dürfe, von den Gegen-
ständen der andern auch nur ober-
flächlich zu sprechen, ohne durch Be-
rathung mit einem Mitgliede der
anderen Classe sich überzeugt zu
haben, daß er nichts Unrichtiges
gesagt. Ich habe dieß aus derselben
Uberzeugung gethan, die ich seit zehn
Jahren zu wiederholten Malen aus-
gesprochen, daß der Präsident der
einen Classe nicht in der anderen
als solcher speziell präsidiren könne,
wenn er nicht aristoteles oder Leibnitz
wäre. Da indessen jener Beschluß
nur mit Mehrheit Einer Stimme
aber (wenn meine gezählt worden wäre)
mit der Mehrheit von zweien

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durchgegangen, und da vier Augen mehr
sehen als zwei, so bin ich bereit zweien
oder auch vier Mitgliedern, wovon die
Hälfte von mir, die andere Hälfte von
der Akademie zu ernennen, meine
Rede schon morgen, (weil die Zeit drängt)
vorzulesen und ihre Bemerkungen
zu berücksichtigen, wenn dieselben
nur Irriges oder zu Kürzendes, Aus-
zulassendes oder Hinzuzusetzendes
betreffen.


Der Herr Vice-Präsident bemerk-
te, daß die Art, wie der Herr Prä-
sident auf die entscheidene Stimme des
Herrn Directors Carlini sich beruft,
eine Berichtigung nöthig mache. Die
Akademie hat den Beschluß, daß der
Herr Präsident ihr seine Eröffnungs-
rede nicht vorzulegen brauche, nicht
aus dem Grunde gefaßt, weil Herr
Director Carlini gesagt, daß dieß bei
dem lombardischen Institute so geübt
werde, sondern darum, weil die Stimme
Herrn Carlini's die Stimmenmehrheit
herbeiführte. Es kann nämlich, was
bei dem lombardischen Institute besteht
auf keine Weise für unsere Akademie
maßgebend seyn.


Der Herr Präsident erklärt sich
mit dieser Bemerkung einverstan-
den und nimmt die in dem Aufsatze
seine Vortrages enthaltenen, in der
obigen Abschrift unterstrichenen Worte

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zurück, an deren Stelle er setzt: "durch
die Mehrheit der Stimmen."
Auf seinen
Vorschlag zurückkommend erklärt derselbe,
daß Er den Herrn Vice-Präsidenten und
den General-Secretär als Beurtheiler
seiner Rede wähle, und fordert die Aka-
demie auf, ihrerseits gleichfalls zwei Be-
urtheiler zu bestimmen.


Der Antrag des Herrn Präsidenten
wurde von Herrn Regierungsrath
Endlicher, Freiherrn von Hügel, Frei-
herrn von Münch und von dem Herrn
Vice-Präsidenten besprochen und dabei
hervorgehoben, daß es ihnen bei der
Äußerung ihrer Meinungen in der
vorhergehenden Gesammtsitzung bloß
um Aufrechthaltung eines Princips zu
thun gewesen sey, und weder Mangel
an Vertrauen zu dem Präsidenten,
noch sonst eine persönliche Rücksicht
sie dabei geleitet habe; daß ihnen
sonach kein zureichender Grund vor-
handen zu seyn scheine, aus welchem
die Akademie von dem einmal gefaßten
Beschlusse abzugehen hätte. Dieser Be-
schluß stehe übrigens bloß für den
vorliegenden Fall fest, er erleide
keine Anwendung auf künftige Fälle,
übrigens werde man bei der Revision
der Geschäftsordnung daran zu denken
haben, die gegenwärtig vorhandene
Unbestimmtheit der Vorschriften bezüg-
lich der Gutheißung öffentlicher Vor-

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träge des Präsidenten zu beseitigen.


Es wird nun über den Antrag des
Herrn Präsidenten zur Abstimmung ge-
schritten. Gegen die Annahme des An-
trages stimmten die Herren:
Auer, Hyrtl, Münch, Endlicher,
Schrötter, Chmel, Hügel, Stampfer,
Arneth, Partsch, Labus und Wolf.
Für die Annahme des Antrages aber
Grillparzer, Prechtl, der General-
Secretär
und der Vice-Präsident.
Somit wurde der Antrag des
Herrn Präsidenten, seine Rede der
Beurtheilung eines Ausschusses der
Akademie unterziehen zu wollen,
mit 12 Stimmen gegen 4 abgelehnt.


Der Präsident ertheilte hierauf
Herrn Professor Schrötter das Wort.
Derselbe stellte den Antrag, die
Akademie solle dahin wirken, daß die
Anzahl der correspondirenden Mit-
glieder, da sie dem Bedürfnisse nicht
entspreche, schon gegenwärtig ver-
mehrt werde.


Es wurde Herrn Professor
Schrötter die Bemerkung entgegen ge-
halten, daß dieser Gegenstand jetzt,
wo die Anzahl der zu wählenden, corres-
pondirenden Mitglieder bereits durch
die Geschäftsordnung festgesetzt ist, nicht
wohl zu erledigen sey und selbst zur
Einleitung einer Verhandlung hierü-
ber, die Zustimmung der auswärtigen

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Mitglieder einzuholen wäre.


Professor Schrötter erklärt sich
bereit, seinen Antrag bis zur Anwe-
senheit der auswärtigen Mitglieder
zu verschieben.


Der General-Secretär ging zur
Mittheilung der seit der letzten Ge-
sammtsitzung eingegangenen Erlasse
Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauch-
tigsten Herrn Curators, wie auch des
Hofkammer-Präsidiums über.
Diese waren, nach der Zeitfolge geord-
net:
a. Der Erlaß des Curators vom 10ten
Jänner mit beiliegender Abschrift
eines Decretes der kaiserlich-königlichen kk: Hofkammer,
die Porto-Freiheit der akademischen
Correspondenz betreffend.
b. Der Erlaß des Hofkammer-Prä-
sident
en vom 13. Jänner, worin die
Dotationsquote vom 1ten Juli bis letzten
October 1847 der Akademie zur Ver-
fügung gestellt wird.


Der General-Secretär bemerkt
hiebei, daß die Auslagen für das Ver-
waltungsjahr 1846/7 von jenen für das
laufende Jahr 1847/8 streng getrennt
werden müssen; wenn daher die
Akademie die nächst bevorstehenden
Auslagen, wie es in diesem Erlaße
und auch in einem früheren des
durchlauchtigsten Curators vom 9ten
Jänner angedeutet worden, aus der

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angewiesenen Dotationsquote bestreite,
dieses lediglich in Form eines Vor-
schußes geschehen könne, den die
Akademie aus den Ersparnissen des
früheren Verwaltungsjahres unter
dem Vorbehalte des Rückersatzes aus
der Dotation für das laufende Jahr
deren Anweisung erst bevorsteht, ge-
schehen könne. Diese Ansicht der Sache
wird von der Akademie gutgeheißen.


c. Der Erlaß des Curators vom
18. Jänner, worin die Äußerung
der Akademie über die Vorschläge
des Hofkammer-Präsidiums wegen
der Controlle über die Gebahrung
mit der Dotation verlangt wird.


Die Akademie erklärt einstimmig,
daß das höchst vortheilhafte Anerbie-
ten des Hofkammer-Präsidiums für
die buchhalterische Revision der
Casserechnungen der Akademie Sorge
tragen zu wollen, mit Dank anzuneh-
men sey.


d. Der Erlaß des Curators vom 18. Jänner, worin die Ansicht der
Akademie über das Programm der
feierlichen Eröffnungssitzung ver-
langt wird.


Nach einer Besprechung, worin
von verschiedenen Seiten auf die
Schwierigkeit hingewiesen wurde, die
von SeinerSr. kaiserlichen Hoheit angedeu-
teten Berichte über das künftige

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Wirken der Akademie so einzulei-
ten, daß nicht zu viel und nicht zu
wenig verheißen wird, stellte der
General-Secretär die Frage, ob es
zur Ausfüllung der Zeit von 1 1/2 Stunden,
welche nach der Willensmeinung Seiner Sr.
kaiserlichen Hoheit die feierliche
Sitzung währen solle, doch nicht ge-
rathener erscheinen möchte, die in
den Classensitzungen bereits ge-
nehmigten wissenschaftlichen Vor-
träge in Vorschlag zu bringen, da
diese feierliche Sitzung, indem die
Akademie ja bereits in Wirksam-
keit sich befindet, nicht ganz den Charak-
ter einer eigentlichen Eröffnungs-
sitzung an sich tragen könne.


Regierungsrath Chmel äußert
sich, daß, wenn nur die gehörige
Ausfüllung der Zeit hier Anstand
verursache, er der Akademie be-
merklich machen müsse, daß er be-
absichtige, seinen Vorschlag der histo-
rischen Preisaufgabe wesentlich zu
ändern, er werde einen ganzen
Cychis von Preisaufgaben bezüglich
der Geschäfte Kaiser K. Rudolph's I. in An-
trag bringen und diesen Antrag mo-
tiviren; sollten nun diese Aufgaben
mit ihrer Motivirung, wie es ihm
angemessen erscheine, in der feierlichen
Sitzung kundgemacht werden, so gebe
dieß allein schon einen Vortrag

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der wenigstens 10 Minuten im Anspruch
nehmen wird.


General-Secretär : Dieß ist ein sehr
gutes Auskunftsmittel; werden die drei
anderen Preisaufgaben auch motivirt, so
gibt dieß leicht einen interessanten, nahe
einer halben Stunde dauernden Vortrag. Er
frage nun, wer diese Aufgaben zu lesen
haben werde?


Nach einer kurzen Besprechung,
worin einerseits in Antrag gebracht wur-
de, jeder Secretär solle die von seiner
Classe gegebenen Preisaufgaben lesen,
andererseits aber behauptet wurde, dieß
Geschäft stehe dem General-Secretär
zu, da die Akademie als solche die Auf-
gaben stellt, wurde über die Frage
abgestimmt und mit überwiegender
Mehrheit (es waren bloß zwei Stimmen
der entgegengesetzten Meinung) entschie-
den, der General-Secretär solle sämmt-
liche Preis-Aufgaben mit ihrer Be-
gründung vortragen.


Nunmehr wurde die Seiner Sr kaiserlichen
Hoheit zu unterbreitende Äußerung
besprochen und einstimmig erkannt,
daß die einleitenden Worte, welche
Se kaiserliche Hoheit zur höchsten Ehre
der Akademie zu sprechen die Gnade
haben wollen, ferner die nach An-
gabe des Herrn Präsidenten eine halbe
Stunde erfordernde Rede desselben, endlich
der Vortrag des General-Secretärs

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welcher nebst den Preisaufgaben und
deren Begründung noch den Bericht über
die bisherige Thätigkeit der Akademie,
die Verkündigung der Wahlen, die Ge-
dächtnißworte für Wenrich und Pyrker
zu enthalten haben wird, hinreichendes
Material zur Ausfüllung der für die
feierliche Sitzung bemessenen Zeit
bieten, daß es sogar genügen würde,
wenn sich diese Sitzung nicht bedeutend
über eine Stunde hinaus erstrecken
sollte, was endlich die künftigen Leistun-
gen der Akademie betrifft, so können
der Präsident und der General-Secre-
tär
derselben, so weit es thunlich ist, im
Allgemeinen erwähnen, wodruch zu-
gleich vermieden wird, daß hierüber
positive Versprechungen gemacht wer-
den


Der General-Secretär stellt
die Frage, ob er der Akademie seinen
Vortrag zur Gutheißung vorzulegen
habe?


Auf den Antrag des Herrn Hofrathes
Freiherrn von Münch und des Herrn
Regierungsrathes Endlicher entscheidet
die Akademie, der General-Secretär
habe ihr bloß den Ideengang seiner Ge-
dächtnißworte für die beiden abgeschiede-
nen Mitglieder in der Gesammtsitzung am
31. Jänner mitzutheilen.


e. Der General-Secretär legt die
genehmigende Erwiederung des Herrn

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Landmarschall Grafen von Montecuccoli
vom 12. Jänner auf das Ansuchen des
Akademie-Präsidiums vom 7. Jänner
um Überlassung des großen ständischen
Sitzungsaales für die Festlichkeit der
Eröffnung der Akademie vor.


Die Akademie beschließt, daß dem
Herrn Landmarschall und den ständischen
Verordneten seiner Zeit für die be-
wiesene Gefälligkeit im Namen der
Akademie verbindlichst gedankt werden
solle.


Der Herr Vice-Präsident be-
merkt, daß es nöthig sey, Jemanden
mit den zur feierlichen Sitzung nöthi-
gen Vorkehrungen zu beauftragen. Es
scheine hierin zwar auf den General-
Secretär gerechnet zu werden, doch sey
dieß nicht bestimmt ausgesprochen.


Auf den Antrag des Herrn Regierungs-
rathes Endlicher beschließt die Akademie,
dieses Geschäft im Ganzen, den vier
Functionären zu übertragen und die
Vertheilung der einzelnen Verrichtungen
unter sich ihrem Ermessen anheim zu
stellen.


f. Der General-Secretär liest den
hohen Erlaß Seiner Sr kaiserlichen Hoheit des
durchlauchtigsten Herrn Curators vom
21. Jänner vor, worin der Akademie
die mit Allerhöchster Entschließung
Seiner Majestät vom 19. Jänner
an den obersten Kanzler herabge-
langten Bestimmungen im Betreffe
der Uniform der wirklichen Mit-
glieder kundgegeben werden.


Die Stelle des hohen Erlaßes,
worin es heißt, daß alle wirklichen
Akademiker ohne Unterschied, bei
Gelegenheit, wo sie in der Eigenschaft
als Akademiker auftreten, sich der
Uniform bedienen dürfen, gibt zu

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der Frage Veranlassung, ob die hier aus-
gesprochene Bedingung buchstäblich zu nehmen
sey? Denn im Bejahungsfalls könnten
Professoren, welche Akademiker sind, bei
Universitätsfeierlichkeite, Aufwartun-
gen des Lehrkörpers und u. dergleichen dgl. sich der
akademischen Uniform nicht bedienen,
weil sie bei solchen Gelegenheiten nicht
streng als Akademiker auftreten.


Mehrere Mitglieder sprechen die
Ansicht aus, es sey dieß nur so gemeint,
daß Akademiker, dort, wo sie ihre Eigen-
schaft zu erkennen geben wollen, sich der Uni-
form bedienen dürfen, übrigens könne man
sich hierwegen später gelegenheitlich aufre-
gen, für jetzt sey ohnehin die Anfertigung der
Uniformen bis zur feierlichen Sitzung wegen
Kürze der Zeit nicht mehr möglich.


Die Akademie schließt sich der obigen Ansicht
an und läßt den Gegenstand auf sich beruhen.


Der General-Secretär zeigt der Aka-
demie an, es sey der Zunahme der Schreibge-
schäfte wegen, unerläßlich gewesen, einen Diur-
nisten aufzunehmen, wozu die Vorstände vor-
läufig ihre Zustimmung gegeben hätten. Er stelle
jetzt das Ansuchen, die Akademie möge diesen
Vorgang gutheißen, und die Beibehaltung dieses
Diurnisten gegen das Taggeld von einem
Gulden bewilligen.


Die Akademie erklärt sich hiemit voll-
kommen einverstanden.
Hiermit wurde die Sitzung geschlossen


Hammer-Purgstall
ABaumgartner
WHaidinger
JJPrechtl
P. Partsch
CvHügel
Hyrtl
Jos. Chmel
S. Stampfer
Jv. Arneth
FWolf
ASchrötter
AvEttingshausen
Endlicher