Sitzung der phil.-hist. Klasse am 18. November 1848

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Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.


Protokoll


der Sitzung der historisch-philologischen Classe


am 18. November 1848.


Anwesend: Die wirklichen Mitglieder Herr Hr. Arneth (welcher den Vorsitz einnahm)
Herr " Chmel
Herr " Bergmann
Herr " Diemer
Der Secretär Herr " Wolf
Als Gäste: Der Herr General-Secretär von v. Ettingshausen
das wirkliche wirkl. Mitglied Herr Hr. Professor Schrötter
Die correspondirenden Mitglieder: Herr Hr. General von Hauslab.
Herr " Birk
Herr " Schlager


Der Secretär trug folgende einer
Erledigung bedürfende Eingaben vor:


(703) a. von Herrn Hrn. Ivichievich ein Exemplar
seines Planes einer "Pangrafia" mit der
Bitte seine Erfindung, mit Bezug auf den
Erlaß der Akademie vom 19. Juli dieses d. JahresJ., eine
Commission zu ernennen, der er, da er
gerade gegenwärtig, die nöthigen Auf-
klärungen mündlich ertheilen will.


Es werden der Herr Hr. Präsident Frei-
herr von Hammer-Purgstall und
der Herr Hr. Regierungsrath Auer zu Mit-
gliedern dieser Prüfungs-Commission
ernannt.

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(697) b.) ein Schreiben von Herrn Hrn. Doctor Dor Letteris, worin
er um Erlaubniß bittet, in der Akademie
Proben schriftlicher Improvisationen in
der alten hebraischen Sprache ablegen zu
dürfen.


Dem Secretär wird aufgetragen,
Herrn Hrn. Doctor Dor Letteris für dieses Anerbieten zu
danken, es aber abzulehnen, da eine solche
Production, die mehr eine Kunstfertigkeit
als die Lösung einer wissenschaftlichen
Aufgabe ist, nicht in den Bereich der
Akademie gehört.


(690) c.) von Herrn Professor Prof. Carrara aus
Spalato ein Gesuch um Unterstützung
zur Fortsetzung der von ihm unter-
nommenen Ausgrabungen.


Herr Hr. General von Hauslab be-
merkt, daß die Fortsetzung dieser
Ausgrabungen wünschenswerth
sey, nicht nur, weil es in archäolo-
gischer Hinsicht wichtig sey, sich für
die Topographie des Alterthums, Plä-
ne der alten Städte zu verschaffen,
sondern weil auch der von Salona
speziell für die Geschichte der
Fortification von hohen Interesse
sey, da hier wahrscheinlich die ersten
Spuren der Bastionen zu finden
seyen, welche bekanntlich die alte
Fortification von der neuen scheiden,
die von Salona wären aber dann
die ältesten, da sich herausstellen
dürfte, daß hier römische Thür-
me durch Anbau, in Bastionen

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verwandelt wurden. Er hält Herrn Hrn.
Carrara auch zu dieser Untersuchung
für besonders befähigt, da er Be-
weise gegeben, daß er sich mit der
Geschichte der Fortification ver-
traut gemacht.


Herr Hr. Regierungsrath Arneth
erklärt sich damit einverstanden,
insoferne dem Herrn Hrn. Professor Prof. Carrara
eine besondere Instruction von
Seite der Akademie gegeben wer-
de, welche ihm aufträgt, sowohl
den vom Herrn General be-
rührten Zweck der Untersuchung
im Auge zu haben, als auch das schon
Ausgegrabene und zerstreut
Herumliegende zu sammeln
und zu beschreiben, mit der ge-
nauesten Angabe, wann die Ge-
genstände gefunden worden.


Die Classe beschließt, unter
den von dem Herrn General
von Hauslab und Herrn Hrn. Regie-
rungsrath Arneth gestellten
Bedingungen und namentlich der,
einer von diesen beiden Herren
auszuarbeitenden Instruction ge-
mäß, vorzugehen und das Aus-
zuwählende nach Wien zu senden,
bei der Gesammtakademie anzutra-
gen, daß dem Herrn Hrn. Professor Prof. Carrara
aus der Dotation der Akademie
für 1848 für dieses Jahr eine Summe
von 800 Gulden fl. Conventionsmünze CM. zur Fortsetzung sey-
ner Ausgrabungen bewilligt werde.

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Nachdem Herr Hr. General von Hauslab
bei dieser Gelegenheit aufmerksam
gemacht, wie wichtig es wäre, auch die
Spuren mittelalterlicher Befesti-
gungskunst in Österreich zum Beispiel z.B.
in Hainburg, Bruck an der Leitha,
Neustadt und u. so s. weiter w. untersuchen und
aufnehmen zu lassen, trägt Herr Hr.
Regierungsrath Chmel an, die
Akademie möge zu diesem Zwecke
und nach einem von dem Herrn
General auszuarbeitenden Plane,
so wie unter dessen Leitung vorzu-
nehmende Arbeiten aus der Dota-
tion für 1848 monatlich 50 Gulden fl. Conventionsmünze CM. ,
also für die zehn Arbeits-Monate
der Akademie 500 Gulden fl. Conventionsmünze CM. bestimmen.


Auch dieser Vorschlag wird
von der Classe einstimmig an-
genommen und der Secretär
beauftragt, ihn in nächsten Sit-
zung vor die Gesammt-Aka-
demie zu bringen.


(694). d.) von Herrn Hrn. Pipitz, Privatdo-
centen in Zürich, ein Exemplar
seines Werkes: "Die Grafen
von Kyburg."


Herrn Hrn. kaiserlichen k. Rath Bergmann
zur Berichterstattung zugewie-
sen;


e.) ein Schreiben des wirklichen
Mitgliedes Herrn Hrn. Regierungs-
rathes Kudler, worin er sich
wegen seiner Arbeiten als

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Deputirter beim Reichstage in
Kremsier entschuldigt, die ihm zu-
gewiesene Beurtheilung der
Werke des Herrn Hrn. Beidtel jetzt
nicht vornehmen zu können.


Zur Wissenschaft und die
Beurtheilung derselben verschoben,
bis Herr Hr. Regierungsrath Kudler
dazu Zeit findet oder ein anderes
neu zu wählendes Mitglied für
die politische Section dazu bestimmt
wird.


Herr Regierungsrath Chmel
stattet nun seine Berichte ab,
und zwar:


1stens über "Preidel's genealogische
Tabellen, welche er nach der vor-
gelegten Probe nicht zur Heraus-
gabe durch die Akademie geeignet
findet.


2tens über eine Acten-Sendung
des Ministeriums des Innern
rücksichtlich historischer Ma-
terialien für die historische
Commission;


3tens über Herrn Hrn. Emmert's
Petitum (siehes. Protokoll C. 25)
worüber er noch das wirkliche
Mitglied Herrn Hrn. Professor Prof. Jäger
in Innsbruck einzuvernehmen
bittet, was von der Classe gut-
geheißen wird. Auch soll Herr
Emmert für die eingesandten
Urkunden-Abschriften ein

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Honorar von 50 Gulden fl. Conventionsmünze CM. erhalten
und mit Exemplaren der bisher
erschienenen Hefte der Sitzungsbe-
richten und des Archivs betheilt werden.
Endlich setzt Herr Hr. Regierungsrath
Chmel seine Vorlesungen der für
die Denkschriften bestimmten Ab-
handlung: "Zur Kritik der öster-
reichischen Geschichte" fort.


Joseph Arneth
FerdWolf