Sitzung der phil.-hist. Klasse am 15. Jänner 1851

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Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.


Protokoll


der Sitzung der philosophisch-historischen Classe


am 15. Jänner 1851


Anwesend: Der Alters-Präsident Freiherr Freih. Hammer-Purgstall
Die wirklichen Mitglieder HerrHr. Grillparzer
Herr " Arneth
Herr " Chmel
Freiherr von Münch
Herr " Bergmann
Herr " von Karajan
Herr " Pfizmaier
Herr " Diemer
Herr " Kudler
Herr " Springer
Der Secretär Herr " Wolf.


Der provisorische prov. General-Secretär HerrHr. ProfessorProf. Schrötter
und mehrere Gäste


Der Secretär legt vor:


92/1851 a) Ein Schreiben von dem Direc-
tor der Akademia española de
Arqueologia zu Madrid, Herr
Castellanos an das Präsidium der
kaiserlichen Akademie, worin er
den Wunsch der königlichen spani-
schen Akademie der Archäologie
ausspricht, mit der kaiserlichen Aka-
demie (und respective mit der phi-
losophisch-historischen Classe) in en-

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geren, wissenschaftlichen Verkehr
und brüderliche Verbindung zu
treten, und zu diesem Behufe dem
Präsidenten der kaiserlichen Aka-
demie vorschlägt, ihn und zwei an-
dere Mitglieder derselben, die er
nennen möge, zu Ehrenmitglie-
dern
der archäologischen Akademie
von Madrid zu ernennen, in der
Hoffnung, daß die kaiserliche Aka-
demie dieselbe Ehre dreien Mitglie-
dern dieser spanischen Akademie,
die er dann vorschlagen wolle,
erzeugen werde.


Zugleich sendet er ein Exem-
plar der Statuten dieser Spani-
schen Akademie mit.


Der Secretär erlaubt sich
zu bemerken, daß er dieses Schrei-
ben übernommen habe, um es
der Classe vorzulegen, weil es
einen Vorschlag einer speciell
archäologischen Gesellschaft be-
treffe, welches Fach nur in un-
serer Classe vertreten sei, und
dessen Beantwortung daher auch
nur ihr zukommen könne. Was
nun diesen Vorschlag der könig-
lich spanischen Akademie betref-
fe, so glaube er, es könne
wohl kein Zweifel sein, daß ei-
ne so freundlich angebotene, en-
gere Verbindung mit ihr, auch
uns nur um so willkommener
sein könne, als es bekanntlich über-
haupt noch sehr schwer hält, wis-
senschaftlichen Nachrichten und Werke
aus Spanien zu erhalten, welches
Land doch gerade für die Ar-

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chäologie noch so reiche Ausbeute ver-
spricht, er glaube daher, die Classe
werde keinen Anstand nehmen, durch
Übersendung ihrer Publikationen un-
ter Voraussetzung der Reciproci-
tät einen solchen Verkehr anzu-
knüpfen. In Rücksicht der ange-
botenen Ernennungen mit der aus-
gesprochenen Erwartung der Erwie-
derung
, müsse er die Classe auf-
merksam machen, daß ihr dafür
nur Ein Platz eines auswärti-
gen correspondirenden Mitgliedes

zur Verfügung stehe, und sie da-
her diese Ehrenbezeigung entwe-
der ganz ablehnen müsse, oder
höchstens nur für Ein Mitglied –
wozu dann natürlich HerrHr. Regie-
rungsrath Arneth, als der Ver-
treter des archäologischen Faches
das geeignetste wäre – annehmen
könne, im Falle sie gesonnen
wäre, bei den nächsten Wahlen
in der Besetzung dieses Einen
Platzes eines auswärtigen, corre-
spondirenden Mitgliedes vorzugs-
weiset auf diese Erwiederung Rück-
sicht zu nehmen?


Er bitte daher die Classe, zu
bestimmen, in welchem Sinne
er der königlich k. spanischen Akademie ant-
worten solle?


Die Classe beauftragt den
Secretär, der spanischen Akade-
mie für die angebotene Ver-
bindung zu denken, ihr Bereit-
willigkeit darauf einzugehen, ihr
durch Zusendung der archäologi-
schen Publicationen der Classe

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zu betheiligen und zu erklären,
daß in Rücksicht der gegenseitig-
gen Ernennungen
die Classe kei-
ne Ernennung annehmen könne,
da sie nicht im Stande sei, diese
Ernennung zu erwiedern, weder
jetzt, noch selbst bei der erst im
Mai vorzunehmenden Wahlen, in-
dem sie für auswärtige Mitglie-
der auch dann nur über Einen
Platz eines correspondirenden
Mitglieds disponiren könne, und
selbst über diesen im Voraus zu
bestimmen, statutenwidrig wäre.


33/1851 b.) Vom Herrn Hrn. Ernst E. Friedrich F. Mooyer,
Bibliothekar der Westphälischen Ge-
sellschaft zu Minden, ein Schrei-
ben, womit er die Einsendung
mehrerer Exemplare seiner gene-
alogischen Untersuchung "Über
die angebliche Abstimmung des
normannischen Königsgeschlechts
Sicilien's von den Herzogen
der Normandie" (Minden 1850 in 4ta)
einbegleitet, indem er um die
Aufnahme eines derselben von
Seiten der Akademie selbst bit-
tet, und um die Weiterbeför-
derung der übrigen nach Süd-Ita-
lien durch dieselbe ersucht.


Für das der Akademie
bestimmte Exemplar zu danken.
Die nach Süd-Italien bestimm-
ten Exemplare sollen von Sei-
ten der Akademie der neapo-
litanischen
Gesandtschaft am hie-
sigen Hofe übergeben werden,
mit dem Ersuchen, um ihre Wei-
terbeförderung.

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ad 1032/1850 c) Von Herrn Hrn. Alfred A. von Kremer,
Schreiben aus Kairo vom 28. De-
cember vorigen Jahres v. J. mit der dritten
Abtheilung der Reisen des
Scheichs Abd-ol-Ghanij-en
Nâbolsî
, dessen Reise im wü-
sten Arabien enthaltend.

Schreiben und Aufsatz zum
Abdruck in diesem Sitzungsberich-
te bestimmt.


HerrHr. Regierungsrath Regierungsr. von v. Arneth
liest einen Brief Delgado's in
Betreff seines Aufsatzes: Votiv-
Schild des Theodosius; ferner
über die wissenschaftlichen An-
stalten Madrid's, und seine
numismatischen Projecte.


Derselbe liest einen Brief
Valentinelli's.


Derselbe theilt den Bericht über
die Funde bei Kertsch aus dem
Journal d'Odessa mit.


Auszugsweise in dem heuti-
gen
Sitzungsberichte.


In der vertraulichen Sitzung:


Theilt der Secretär die Ant-
wort des Herrn Hrn. Hanslik mit,
worin dieser sich mit allen Be-
dingungen und Vorschlägen der
Classe, unter welchen sie zur
Herausgabe seiner "Geschichte
der Prager-Bibliothek" auf ein-
nen Unterstützungsbeitrag von
800 Gulden fr. Conventionsmünze CMze. bei der Gesammt-
Akademie anfragen wolle, ein-

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verstanden erklärt, und sich nur
nähere Bezeichnung der Stel-
len im Manuscripte erbittet,
die sie geändert oder gemil-
dert wünscht.


Die Classe ersucht den provisorischen prov.
Herrn Hrn. General-Secretär die-
se Antwort des Herrn Hrn. Hanslik
in der nächsten Gesammt-Sit-
zung anzuzeigen, um den defi-
nitiven Beschluß der Anwei-
sung des Unterstützungsbeitrags
von 800 Gulden fr. Conventionsmünze CMz. und die Modali-
täten der Drucklegung zu ver-
anlassen, in Rücksicht der von
Herrn Hrn. Hanslik erbetenen, nä-
heren Bezeichnung im Manu-
scripte der zu ändernden oder
mildernden Stellen beschließt die
Classe, Herrn Hrn. Hanslik nur zu er-
klären, daß, da das Werke wohl
mit ihrer Unterstützung, aber
nicht unter ihrer Ägyde erschei-
ne, sie es seinem eigenen
Tacte überlasse, und ihm nur bei-
spielweise ein Paar Stellen be-
zeichnen wolle (: der Secre-
tär
der Classe
übernimmt es
in diesem Sinne an Herrn Hrn. Hanslik
zu schreiben:).


Herr von Karajan liest
den ihn von der Classe aufge-
tragenen Bericht über Herrn
Carl von Hummelauer's "Lin-
guistische Fragmente", welchem
sich das Mitglied der Commissi-
von Herrn Hrn. Custos Diemer ange-
schlossen hat.

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Sie tragen in demselben darauf
an, die Classe solle in den Wunsch
des Herrn Hrn. von Hummelauer: daß
die Akademie dessen "Fragmente"
als ein besonderes Werk, auf
ihre Kosten, und unter ihrer
Ägyde veröffentliche, nicht ein-
gehen
; überlassen es übri-
gens dem Ermessen der Classe,
ob sie nicht vielleicht Herrn Hrn. von
Hummelauer
auffordern wolle, sei-
ne Fragmente in einer Clas-
sensitzung selbst vorzutragen,
und darnach erst Beschluß fassen,
über die Frage: ob die "Frag-
mente" in den Sitzungsberich-
ten
abzudrucken seien, oder
deren Druck überhaupt ein-
fach abzulehnen?


Die Classe erklärt sich
nicht nur mit der Anweisung
des Werkes einverstanden,
sondern findet es auch überflüs-
sig diese Fragmente in ei-
ner Sitzung von dem Verfas-
ser lesen zu lassen, da der
Bericht der Commission vollkom-
men genügend sei.


Der Secretär erhält den
Auftrag den Herrn Hrn. Hummelauer
in diesem Sinne zu beschei-
den.


FWolf