Es war einmal… eine digitale Rezensionszeitschrift. Zehn Jahre RIDE als Data Story
https://zenodo.org/records/14943060
Einleitung und Hintergrund
Vor zehn Jahren, im Juni 2014, erschien der erste Band der Rezensionszeitschrift RIDE - A review journal for digital editions and resources,1 die seitdem vom Institut für Dokumentologie und Editorik herausgegeben wird (Neuber 2024; Scholger et al. 2024). RIDE bietet ein Forum für die Besprechung digitaler wissenschaftlicher Ressourcen, insbesondere von digitalen Editionen, Textsammlungen und Tools. Damit leistet RIDE einen wichtigen Beitrag zur Etablierung der Rezension digitaler Ressourcen (Neuber und Sahle 2022): es sind bereits 97 Rezensionen in 18 Bänden erschienen (65 zu Editionen, 20 zu Textsammlungen und 12 zu Tools). Über RIDE hinaus gibt es bisher nur wenige andere Rezensionsorgane für digitale Ressourcen, zum Beispiel die Plattform “Reviews in Digital Humanities”2 , auf der jedoch nur kurze Reviews erscheinen, oder das Journal “Construction KIT”3 , in dem bisher nur eine einzige Rezension erschienen ist. Anlässlich des RIDE-Jubiläums soll nun mit einem Poster4 eine Data Story die Entwicklung der Zeitschrift skizzieren. Bei einer Data Story werden Daten quantitativ ausgewertet, visualisiert und ‘erzählt’ (Gray und Bounegru 2021). In der wissenschaftlichen Anwendung von Data Stories ist es essentiell, die Datengrundlage offenzulegen, um Transparenz und Reproduzierbarkeit herzustellen (Sanders et al. 2023). Bereiche in RIDE, in denen Handlungsbedarf bspw. zum Zwecke einer gesteigerten Diversifizierung und Internationalisierung besteht, sollen identifiziert und so zu einem ‘Fahrplan’ für die nächsten Jahre werden.
Datengrundlage und Zielstellung
Die RIDE-Beiträge werden im TEI-Format repräsentiert und für die Publikation in HTML und PDF konvertiert. Begleitend dazu werden Daten in einem Questionnaire erfasst, die als Factsheet in tabellarischer Form veröffentlicht werden. Sämtliche RIDE-Daten sind unter einer CC-BY-Lizenz auf GitHub veröffentlicht (IDE 2024; Henny-Krahmer et al. 2022). Die RIDE-Daten werden regelmäßig in Form statistischer Visualisierungen aufbereitet5 und auch das RIDE-Textkorpus wurde bereits ausgewertet, um zu untersuchen, wie digitale Editionen von Expert:innen und Nutzer:innen bewertet werden (Resch 2023) und inwiefern die Leistung von Mitarbeiter:innen in digitalen Editionen repräsentiert wird (Gödel et al. 2024). Weitere Daten entstehen durch die Erfassung von Nutzerstatistiken über Matomo.
Auf Basis einer Analyse dieser Daten soll nun eine Data Story über die Entwicklung von RIDE in den letzten zehn Jahren präsentiert werden. Neben den bereits verfügbaren Daten werden mit dem Poster daher auch weitere angereicherte Daten sowie der Code zur Erstellung der Data Story verfügbar gemacht.
Folgende Fragestellungen rücken in den Blick:
- Wer sind die Rezensent:innen? (Wie viele Autor:innen gibt es? Mit welchen Orten waren die Rezensent:innen zum Zeitpunkt der Rezension verbunden?)
- Wer bzw. wo ist die Leserschaft? (Wie kann man die Leserschaft von RIDE geografisch lokalisieren? Gab es dabei Veränderungen in den letzten zehn Jahren?)
- Was wurde rezensiert? (Wie viele Ressourcen wurden begutachtet? Welche Arten von Ressourcen wurden begutachtet, z. B. Gegenstände, Epoche, fachliche Zuordnung, Sprache der Ressourcen?)
- Wie wurde rezensiert? (Wie wurden die Ressourcen bewertet? Auf welche Fachliteratur wurde in den Rezensionen Bezug genommen? In welchen Sprachen wurden die Texte verfasst?)
Posterpräsentation
Die Analysen zu den skizzierten Fragen sollen auf dem Poster durch Visualisierungen so präsentiert und in Zusammenhang gebracht werden, dass verschiedene Entwicklungen beim Rezensieren digitaler Ressourcen in RIDE sichtbar werden. Etwa zeigt die Zusammenschau der Anzahl der veröffentlichten Reviews pro Jahr in den verschiedenen Sparten und den aus Nutzerstatistiken hervorgehenden Website-Besuchen eine Korrelation (Abb. 1). Mit zunehmender Etablierung konnte RIDE immer mehr Besucher:innen gewinnen, wobei die Jahre 2017 und 2020 jeweils einen Peak der Nutzerzahlen zeigen. In diesen Jahren wurden besonders viele Reviews aus verschiedenen Sparten publiziert.
Zudem soll die Data Story herausstellen, in welchen Bereichen RIDE noch Lücken aufweist. Beispielsweise ergibt eine geografische Analyse, dass RIDE dem Anspruch einer Zeitschrift mit internationaler Reichweite nur mit Einschränkungen gerecht wird (Abb. 2): Alle Autor:innen sowie ein Großteil der Leserschaft stammen aus (vornehmlich West-)Europa, speziell Deutschland und Österreich, und Nordamerika. Laut Nutzerstatistiken wird RIDE aber auch in Südamerika, Asien und Afrika rezipiert, weshalb die Stärkung der Reichweite durch die Einbindung von Gastherausgeber:innen und Autor:innen aus der Region und durch die Publikation von Beiträgen in der jeweiligen Landessprache zu fördern ist.
Ein Desiderat ist auch eine Ausdehnung des Fächer- und Epochenspektrums, denen die rezensierten Ressourcen zugeordnet werden. Derzeit stammt ein Großteil der rezensierten Editionen und Textsammlungen aus den Literaturwissenschaften und ist zeitlich in der Moderne zu verorten (Neuber 2024). Diese bisherige inhaltliche Ausrichtung von RIDE kann ebenfalls durch gezielte Calls, Themenhefte und Rezensionsvorschläge erweitert werden.
Die Data Story ‘Zehn Jahre RIDE’ trägt zur Kontextualisierung der bisher publizierten Rezensionen und zur Reflexion der bisherigen Publikations- und Rezensionspraxis bei. Zugleich richtet die Data Story den Blick auf mögliche künftige Publikationsräume und -formen, welche die Digital Humanities-Community aktiv mitgestalten kann.
Fußnoten
Bibliographie
- Gödel, Martina, Lou Klappenbach, Ruth Sander und Markus Schnöpf. 2024. “Wer sind die Herausgeber:innen Digitaler Editionen? Eine Untersuchung zur Repräsentation von Digital Humanities-Wissenschaftler:innen.” In: DHd 2024. Quo Vadis. 10. Tagung des Verbands “Digital Humanities im deutschsprachigen Raum”, hg. von Joëlle Weis, Estelle Bunout, Thomas Haider und Patrick Helling, Passau. Zenodo. 10.5281/zenodo.10698446.
- Gray, Jonathan und Liliana Bounegru. 2021. “Introduction.” In: The Data Journalism Handbook: Towards A Critical Data Practice, hg. von Jonathan Gray und Liliana Bounegru, 11–23. Amsterdam: Amsterdam University Press. 10.5117/9789462989511.
- Henny-Krahmer, Ulrike, Frederike Neuber und Martina Scholger. 2022. “Informationstechnologische Gedächtnisarbeit in der Rezensionszeitschrift RIDE.” In: DHd 2022. Kulturen des digitalen Gedächtnisses. 8. Tagung des Verbands “Digital Humanities im deutschsprachigen Raum”, hg. von Geierhos, Michaela, Peer Trilcke, Ingo Börner, Sabine Seifert, Anna Busch und Patrick Helling, Potsdam. Zenodo. 10.5281/zenodo.6322571.
- IDE, Hg. 2024. “Datasets of RIDE (issues 1–18).” Version 5.1.0. http://github.com/i-d-e/ride (zugegriffen: 29. November 2024). 10.5281/zenodo.4550707.
- Neuber, Frederike. 2024. “10 Jahre RIDE – still enjoying the RIDE.” In: DHd-Blog. (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Neuber, Frederike und Patrick Sahle. 2022: “Nach den Büchern: Rezensionen digitaler Forschungsressourcen.” In: H-Soz-Kult, Forum: Buchrezensionen in den Geschichtswissenschaften. (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Resch, Claudia. 2023. “Digitale Editionen aus der Perspektive von Expert:innen und User:innen — Rezensionen der Zeitschrift RIDE im Meta-Review.” In: Digitale Edition in Österreich. Schriften des Instituts für Dokumentologie und Editorik, Bd. 16, hg. von Roman Bleier und Helmut W. Klug, 37–54. Norderstedt: BoD. urn:nbn:de:hbz:38-704476.
- Sanders, Willemien, Roeland Ordelman, Mari Wigham, Rana Klein, Jasmijn van Gorp und Julia Noordegraaf. 2023. “Developing Data Stories in Digital Humanities: challenges and protocol.” DH Benelux Journal 5: RE-MIX: Creation and alteration in DH. (zugegriffen: 23. Juli 2024).
- Scholger, Martina, Frederike Neuber und Ulrike Henny-Krahmer. 2024. “RIDE.” In: KONDE Weißbuch, hg. von Selina Galka und Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Susanne Höfer im Projekt “Enlarging ‘Weißbuch Digitale Editio n ’”. hdl.handle.net/11471/562.50.271.