Coming soon: Podcast under Construction: Strategische Audio-Wissenschaftskommunikation für Digital Humanities, ein Workshopangebot von RaDiHum20
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Strategische, digitale Wissenschaftskommunikation im Audio-Format
Für die Wissenschaftskommunikation sind heute Online-Formate zunehmend bedeutsam (vgl. Schäfer, 2016: 276). Neben traditionellen Publikationsformen, die lediglich ins Internet übertragen werden (wie z. B. in Form von Online-Magazinen), können auch Formate genutzt werden, die mehr Raum zur Interaktion bieten und sowohl einzeln als auch kollektiv, zur one-to-one, one-to-many oder many-to-many-Kommunikation genutzt werden können (vgl. Schäfer, 2016: 276). In diesem Workshop möchten wir Best Practices aus vier Jahren Wissenschaftskommunikation im RaDiHum20-Podcast weitergeben. Schwerpunkte des Workshops liegen in den Bereichen Strategie und Planung, Aufnahme und Schnitttechnik und Content-Erstellung.
Wissenschaftskommunikationsformat Podcast
In der Wissenschaftskommunikation haben sich, wie in allen Bereichen der DH im letzten Jahrzehnt, neue Methoden etabliert. Gerade durch den eingeschränkten physischen Radius, das Bedürfnis nach persönlichem Austausch aber auch nach wissenschaftlich fundierter Information während der Corona-Pandemie wurde der Wert alternativer Kommunikations- und Informationskanäle sowohl innerhalb der Community als auch in der wissenschaftlichen Außenkommunikation deutlich (vgl. Katzenberger, Keil und Wild, 2022). Dies trägt auch der sich verändernden Struktur öffentlicher Kommunikation und damit auch der Öffentlichkeit an sich Rechnung (vgl. Habermas, 1981) – zunehmend digital geprägt, multiplizieren sich Kommunikationsplattformen und -kanäle und verschränken sich dabei bzw. beziehen sich aufeinander. Neben anderen Formaten (allen voran Blogs und Social Media, vgl. Prinz, 2018) entwickelte sich Podcasting zu einer der digitalen Säulen nicht nur der science-to-public sondern auch der science-to-science- Kommunikation (vgl. Frick und Seltmann, 2023; Leander, 2022; Jham et al., 2008). Dieses auditive Medium hat nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie noch einmal einen erheblichen Interessenzuwachs erfahren (vgl. Neumann, 2020). Ausschließlich an die Audiospur gebunden und ohne den Zwang, einen Text verschriftlichen zu müssen, verspricht das Format beinahe noch flexiblere und zeitlich effizientere Möglichkeiten zur Wissenschaftskommunikation als z. B. das Blog-Format (vgl. Flüh, 2019). Neben der Flexibilität ist das Medium Podcast auch durch eine eigene Charakteristik gekennzeichnet: Die Stimme als Primärmedium, die zumeist über Kopfhörer nahe am Kopf vernommen wird, erhält einen beinahe intimen Charakter und erzeugt den Eindruck von Nähe, sodass parasoziale Beziehungen entstehen können. Die Stimmführung transportiert Emotionen deutlich intensiver als das geschriebene Wort und entlastet die Augen, die entspannt oder für andere Aufgaben genutzt werden können. Weiterhin “schützt” das Format auch die Sprechenden, indem von ihrem Aussehen abgesehen wird. Die Illusion eines monolithischen Gesprächs, die erst durch den Schnitt entsteht, eröffnet auf einem heutzutage technisch nicht mehr allzu hohen Niveau einen großen professionellen und kreativen Spielraum, der im Medium Podcast große Potenziale der Wissenschaftskommunikation und einen vergleichsweise geringen Produktionsaufwand zusammenkommen lässt.
Bereits eine oberflächliche Analyse von Podcast-Verzeichnissen und -Bestenlisten zeigt allerdings, dass Angebote aus den digitalen Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften noch deutlich seltener sind als naturwissenschaftliche Podcasts (z. B. bei iTunes oder Spotify, iTunes-Charts können u. a. bei Podwatch (vgl. Goldmann, 2020) eingesehen werden). Das spiegelt sich z. T. auch in der Kategorisierung wieder, wie z. B. auf dem deutschsprachigen Podcast-Portal Fyyd, auf dem es neun Unterkategorien zu “Wissenschaft” gibt, von denen acht naturwissenschaftlich sind und nur eine mit “Sozialwissenschaften” tituliert ist (vgl. Bednarek, 2020).
Dissemination für Forschende und Forschungsprojekte
Um ein Wissenschaftskommunikationsformat umzusetzen, das langfristig dazu beitragen soll, die anvisierten (Projekt-)Ziele zu erreichen, bedarf es vor allem einer durchdachten Strategie (vgl. Raupp, 2016: 155). Dazu müssen die Ziele zunächst klar definiert werden, sodass dazu passende Maßnahmen entwickelt und angestrebte Mehrwerte des eigenen Formats erreicht werden können. Genau hier setzt das Workshopangebot an. Mit RaDiHum20 – dem Radio für Digital Humanities startete im Juli 2020 ein Podcast-Format, in dem Interviews mit DH-Forscher*innen unterschiedlicher Arbeitsbereiche veröffentlicht werden (vgl. Geiger et al., 2020). Mit Hilfe einer strategischen Launch-Strategie, die hauptsächlich über das soziale Netzwerk Twitter umgesetzt wurde, gelang es dem Projekt bereits am ersten Tag, über 100 Downloads der ersten Folge zu erzielen, die vier Jahre später rund achtmal so viele Aufrufe verzeichnet (815). In den mittlerweile 90 Folgen aus sechs Podcast-Staffeln waren bisher 115 Persönlichkeiten aus den DH zu Gast. Etwa 320 Hörer*innen folgen RaDiHum20 über verschiedene Plattformen (den Hosting-Service Podcaster.de, Spotify und Apple Podcasts). Die positiven Aspekte dieser Erfahrungen sollen aber nicht bei RaDiHum20 bleiben, sondern in diesem Workshop an die Digital-Humanities-Community weitergegeben werden, damit weitere DH-Podcasts entstehen und so die Sichtbarkeit des gesamten Forschungsfeldes erhöht werden kann.
Workshop-Programm
In diesem Tagesworkshop möchten wir vormittags zunächst die strategischen Aspekte der Entwicklung eines Online-Angebots zur Wissenschaftskommunikation beleuchten und nachmittags konkretes Audio-Material erstellen und gemeinsam bearbeiten und diskutieren. Abschließend besteht die Möglichkeit für die Teilnehmenden, einzelne Themen noch zu vertiefen.
Der Workshop beginnt mit einer kurzen Einführung in die Thematik der Wissenschaftskommunikation im Allgemeinen und des Podcastings im Speziellen, einer Vorstellung des Workshopprogramms und des Podcasts RaDiHum20. Im Anschluss werden Teams der Teilnehmenden gebildet und innerhalb der Teams Ideen für Podcasts und -konzepte entwickelt.
Im Rahmen der Erarbeitung einer Content-Strategie werden von den einzelnen Teams Konzepte für Formate, Themen und die Veröffentlichung erarbeitet. Die Ziele der Podcastideen, unter anderem ein “Mission Statement”, und die Zielgruppe(n) werden konzeptionalisiert, wofür es unterstützende Impulse im Plenum gibt, u. a. mit einer Zielgruppenanalyse. Weiterhin werden die Bereiche Corporate Identity für Podcasts und Social-Media-Strategien thematisiert und Tools und Good Practices vorgestellt und diskutiert. Der Austausch findet dabei immer zwischen den Teilnehmenden in den Teams, den Teams untereinander und der Workshopleitung statt.
Nach der Mittagspause finden sich die Teams erneut zusammen, erarbeiten einen Ablaufplan für eine Mini-Folge und setzen diese im Anschluss mithilfe der Aufnahmefunktionalitäten ihrer Smartphones direkt um. Anschließend werden in einer Hands-on-Session Grundkenntnisse des Audio-Schnitts vermittelt, typische Bearbeitungsschritte wie z. B. Rauschverminderung und das Herausschneiden störender Geräusche, und die entstandenen Audio-Dateien geschnitten. Es werden Hinweise auf KI-Unterstützung bei der Postproduktion gegeben sowie ein Überblick über bekannte Jingle-Bibliotheken. Auf diese Weise entwickeln die Teilnehmenden erste eigene Podcast-Folgen.
Falls einzelne Teilnehmende keine eigene Idee für einen Podcast bearbeiten wollen, besteht die Möglichkeit, gemeinsam mit der Workshopleitung eine konkrete Podcastfolge für den Podcast RaDiHum20 zu produzieren und anhand dessen die Abläufe einer konkreten Folgenproduktion kennenzulernen.
Zum Abschluss haben die Teilnehmenden zudem die Möglichkeit, einzelne Themen an max. drei Thementischen noch weiter zu vertiefen. Die konkrete Themensetzung ergibt sich dabei aus den Bedarfen der Teilnehmenden. Denkbar sind die Themen Redaktionsplan, Schnitt oder auch die Verwendung von Podcasts als Open Educational Resources als Selbstlernangebot oder für die Lehre.
Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse sowie eine Feedbackrunde im Plenum runden den Workshop ab. Am Ende haben die Teilnehmenden damit bereits konkrete Materialien für ihr Online-Angebot entwickelt: Umsetzungsstrategie, Redaktionsplan, Designvorlage und eine erste Podcast-Folge. Eine weitere Vernetzung und gegenseitiger Support mit dem Podcast RaDiHum20 werden angeboten.
Anforderungen
Der Workshop bietet keine Einführung in gängige Blog- und Podcast-Plattformen (wie WordPress, Tumblr, Podcaster oder Podigee) oder CMS-Systeme (wie WordPress oder Drupal) an. Stattdessen liegt der Fokus auf der Entwicklung von organisatorischen Hilfsmitteln und Audio-Inhalten. Die genutzten Tools verursachen keine zusätzlichen Kosten und können – wenn nötig – während des Workshops individuell installiert werden. Es sind keine technischen Vorkenntnisse notwendig, um dem Workshop folgen zu können. Der Workshop richtet sich an Forschende aus allen Bereichen der Digital Humanities, die ihre Wissenschaftskommunikation durch einen Podcast ausbauen und dieses Angebot strategisch nutzen wollen. Nachwuchswissenschaftler*innen und Studierende, die die eigene Sichtbarkeit durch ein regelmäßig erscheinendes Format erhöhen wollen, sind ebenfalls sehr willkommen. Der Workshop ist offen für 15 Teilnehmer*innen. Jede*r sollte einen eigenen Laptop, ein Smartphone mit Aufnahme-Funktion/App und Kopfhörer mitbringen. Neben einer stabilen Internetverbindung werden ein Beamer und eine Leinwand sowie eine Pinnwand, Papier und ein Moderationskoffer für die Ideenfindung und strategische Planung benötigt.
Bibliographie
- Bednarek, Christian. 2024. Fyyd. https://fyyd.de/charts/science. [zuletzt abgerufen am 18.07.2024].
- Flüh, Marie. 2019. „Digitales Präsentieren und Publizieren“. In forTEXT. Literatur digital erforschen. § 26. URL: https://fortext.net/routinen/methoden/digitales-praesentieren-und-publizieren [zuletzt abgerufen am 18.07.2024].
- Frick, Claudia und Melanie E.-H. Seltmann. 2023. „Referenzrahmen für eigenständige digitale Wissenschaftskommunikation durch Forschende“. In Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften / Working Papers 3. Wolfenbüttel. DOI: 10.17175/wp_2023b .
- Geiger, Jonathan, Lisa Kolodzie, Mareike Schumacher und Patrick Toschka. „RaDiHum20 – das Radio für Digital Humanities ist da!“. In RaDiHum 20, 20. Juli 2020, https://radihum20.de/radihum20-das-radio-fuer-digital-humanities/ [zuletzt abgerufen am 18.07.2024].
- Goldmann, André. 2024. „Die besten Wissenschafts-Podcasts“. In Podwatch. https://podwatch.io/charts/wissenschafts-podcasts/ [zuletzt abgerufen am 18.07.2024].
- Habermas, Jürgen. 1981. „ Theorie des kommunikativen Handelns“. Frankfurt / Main: Suhrkamp.
- Jham, Bruno C., Gabriela V. Duraes, Howard E. Strassler und Luis G. Sensi. 2008. „Joining the Podcast Revolution“. In Journal of Dental Education, 72, 278–281. DOI: 10.1002/j.0022-0337.2008.72.3.tb04493.x .
- Katzenberger, Vera, Jana Keil, und Michael Wild. 2022. „Mehr als die Summe seiner Teile: Entwicklung, Forschungsstand und Definition von Podcasts“. In Podcasts: Perspektiven und Potenziale eines digitalen Mediums, herausgegeben von Vera Katzenberger, Jana Keil, und Michael Wild, 1–19. Wiesbaden: Springer Fachmedien. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38712-9_1.
- König, Mareike. 2019. „Strategische Kommunikation: wie Geisteswissenschaftler*innen bloggen. Ergebnisse der Umfrage bei de.hypotheses”. In Hypotheses. https://redaktionsblog.hypotheses.org/4246 [zuletzt abgerufen am 18.07.2024].
- Leander, Lisa. 2020. „Wissenschaft im Gespräch: Wissensvermittlung und -aushandlung in Podcasts“. In kommunikation@gesellschaft 21: 2, 1–24. DOI: https://doi.org/10.15460/kommges.2020 .
- Neumann, Marlene. 2020. „Podcasts – Nischen-Perlen, neues Radio oder überschätzter Hype?“. In Stadtbibliothek Erlangen. https://blog.stadtbibliothek-erlangen.de/podcasts-nischen-perlen-neues-radio-oder-ueberschaetzter-hype/ [zuletzt geprüft 18.07.2024].
- Prinz, Claudia. 2018. „Kommunikation im digitalen Raum“. In Clio-Guide: Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, 2. Auflage, A.4-1 – A.4-22.
- Raupp, Juliana. 2017. „Strategische Wissenschaftskommunikation“. In Forschungsfeld Wissenschaftskommunikation, herausgegeben von Heinz Bonfadelli, Birte Fähnrich, Corinna Lüthje, Jutta Milde, Markus Rhomberg, und Mike S. Schäfer. Wiesbaden: Springer, 143–164.
- Schäfer, Mike S. 2017. „Wissenschaftskommunikation Online“. In Forschungsfeld Wissenschaftskommunikation, herausgegeben von Heinz Bonfadelli, Birte Fähnrich, Corinna Lüthje, Jutta Milde, Markus Rhomberg, und Mike S. Schäfer. Wiesbaden: Springer, 275–293.