Call for Data Papers

de la Iglesia, Martin; Jansky, Caroline; Schimpf, Jonathan; Wiegand, Martin
https://zenodo.org/records/14943218
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Forschungsdaten in den digitalen Geisteswissenschaften1 

Ein grundlegendes Prinzip der Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften (ZfdG) ist es, auf die Bedarfe der deutschsprachigen DH-Community zu reagieren und passende Formate und Prozesse zu entwickeln, um die Forschungslandschaft möglichst adäquat abzubilden (Dinger et al. 2024).

Hier ist zuletzt der Umgang mit Forschungsdaten in den Mittelpunkt gerückt (RfII 2019): In den Geisteswissenschaften bilden die Digital Humanities wie so oft die Vorhut für diese Entwicklung. Forschungsdatenmanagement und -publikationen gehören mittlerweile zum Standard, auch die Förderinstitutionen reagieren entsprechend: Angaben zum Umgang mit anfallenden Forschungsdaten in DFG-Projektanträgen mittlerweile verpflichtend (DFG 2015) und in den Konsortien der  Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) sollen bis 2028 verlässliche, standardisierte Infrastrukturen und Services für den Umgang mit Forschungsdaten in nahezu allen wissenschaftlichen Teildisziplinen erarbeitet werden.

Deshalb hat sich die Redaktion der ZfdG darüber Gedanken gemacht, welche Rolle sie als Publikationsinfrastruktur für Forschungsdatenpublikationen spielen kann und soll. Mit der Einführung von Data Papers (Newman und Corke 2009, Chavan und Penev 2011, Schöpfel et al. 2019) in der ZfdG wird die Option geschaffen werden, die Sichtbarkeit von Datenpublikationen aus allen Teildisziplinen der DH zu erhöhen, deren Nachnutzung zu erleichtern und zugleich einen Beitrag zur Qualitätssicherung von Datenpublikationen zu leisten: Die Datenpublikationen werden im Open-(Public-)Peer-Review-Verfahren durch die Fachcommunity begutachtet. Dabei soll sich die Begutachtung in erster Linie auf die Daten- und Metadatenqualität des präsentierten Datensets beziehen und weniger auf den Text des Data Papers. Die Data Papers bilden somit die Brücke zur qualitätsgesicherten Datenpublikation, in ihnen können die Aspekte Datenkontext, Methodik der Datengenerierung, Struktur und technische Spezifikationen sowie Nutzungshorizonte ausführlicher als im Datenset selbst dargestellt werden. Die Datenpublikationen gelten aber weiterhin als eigenständige Publikationen.

Grundlagen und Vorarbeiten

„Eine breitere Diskussion gibt es in den Digital Humanities [...] dort, wo Daten als ‚Forschungsdaten’ in Erscheinung treten. Eine einheitliche Definition liegt aber auch hier (noch) nicht vor und ist vielleicht auch nicht notwendig, da so die Vorteile eines diskursiven Brückenkonzepts erhalten bleiben.“ (Geiger 2023, Abs. 2) Gleiches gilt für das Format der Data Papers: Die ZfdG ist nicht die erste Zeitschrift aus dem Feld der (Digital) Humanities, die mit diesem Publikationsformat den Brückenschlag zwischen textbasierten und datengetriebenen Publikationen wagt. Wie die Bestandsaufnahme des Umgangs mit Forschungsdaten in acht internationalen geisteswissenschaftlichen Data Journals (Candela et al. 2015) bzw. Zeitschriften, die Data Papers veröffentlichen2  , zeigte, werden das Format und die zugehörigen Prozesse mitunter sehr unterschiedlich gehandhabt. Das Ergebnis unserer Analyse der bisherigen Praxis in einschlägigen Publikationsorganen floss im Sinne einer Best-Practice-Synthese in die Überlegungen zu einem idealen Data Paper für die digitalen Geisteswissenschaften ein, das einerseits die Auffindbarkeit und Nutzbarkeit von Datenpublikationen verbessert und diese andererseits durch die externe Qualitätssicherung als peer-reviewte Publikationen aufwertet (de la Iglesia und Jansky 2023). Das Data Paper selbst stellt derweil jedoch eine grundsätzlich eigenständige und zitierfähige Publikation dar.

Call for Data Papers

Die Redaktion der ZfdG wird den Call for Data Papers parallel zur DHd2025 veröffentlichen und das neue Publikationsformat mit einem Poster vorstellen; das Poster informiert über die Voraussetzungen, die eine Datenpublikation erfüllen muss, um in der ZfdG vorgestellt zu werden, über die Struktur der Data Papers, die als Brücke zwischen textbasiertem, statischem Zeitschriftenartikel und dynamischer Datenpublikation dienen sollen, und über die Bewertungskriterien und Abläufe des Peer Reviews für die Datenpublikationen, das wir zugleich um weitere Aspekte des Open Peer Reviews (z.B. Open identities, Open reports; Ross-Hellauer 2017, Ross-Hellauer und Horbach 2024) ergänzen, über deren Anwendung insbesondere die Gutachter*innen entscheiden können (reviewer’s choice). Gleichzeitig mit der Veröffentlichung des CfP plant die Redaktion die Veröffentlichung von mehreren Data Papers als Beispielpublikationen und erste Use Cases für dieses neue Publikationsformat. In ihnen erprobt die Redaktion das neue Publikationsformat, das in übersichtlicher, knapper Form über die Datenpublikationen informiert, ohne dabei den Status einer ausführlichen Präsentation und Interpretation der Ergebnisse im Sinne eines Forschungsartikels zu erhalten.

Praxis im Wandel

Auch nach Veröffentlichung des CfP betrachten wir die Data Papers als Teil der disziplinären Datenpraktiken im stetigen Wandel und stellen unsere eigene Praxis zur Diskussion: Von besonderem Interesse ist für uns dabei, welche Aspekte von Datenpublikationen potenziellen Nutzenden besonders relevant erscheinen und ob sich hierbei Unterschiede in den verschiedenen DH-Teildisziplinen zeigen, denen etwa in der Gewichtung der Beurteilungskategorien im Peer Review Rechnung getragen werden muss. Das Poster möchte also nicht nur über die Möglichkeit informieren, Datenpublikationen in der ZfdG vorzustellen und begutachten zu lassen, sondern auch einen Dialog mit der Community eröffnen über die formalen und inhaltlichen Bewertungskriterien für die Datenpublikationen und deren Anpassung an den tatsächlichen Bedarf.


Fußnoten

1 Contributor Roles: Martin de la Iglesia (Conceptualization, Writing – original draft, Writing – review & editing), Caroline Jansky ( Conceptualization, Project administration, Writing – original draft), Jonathan Schimpf ( Conceptualization, Writing – review & editing), Martin Wiegand ( Conceptualization, Visualizaton, Writing – review & editing).
2  Research Data Journal for the Humanities and Social Sciences (RDJ); Journal of Open Humanities Data (JOHD); Journal of Data Mining and Digital Humanities; NECSUS; Journal of Digital History; Digital Humanities Quarterly; International Journal for Digital Art History; Scientific Data. 

Bibliographie

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft. 2015. Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten. https://www.dfg.de/resource/blob/172112/23826608514d73da82622c0a16c842db/leitlinien-forschungsdaten-data.pdf (zugegriffen: 02. Juli 2024).
  • Candela, Leonardo, Donatella Castelli, Paolo Manghi und Alice Tani. 2015. “Data Journals: A Survey.”  Advances in Information Science 66: 1747-1762  10.1002/asi.23358.
  • Chavan, Vishwas und Lyubomir Penev. 2011. “The Data Paper: A Mechanism to Incentivize Data Publishing in Biodiversity Science.”  BMC Bioinformatics 12 (Suppl. 15), Art. S2 10.1186/1471-2105-12-S15-S2.
  • Dinger, Patrick, Jan Horstmann, Caroline Jansky, Thomas Jurczyk und Timo Steyer. 2024. “Community statt Glaskugel: Euer Feedback zur Zukunft des digitalen Publizierens.” In DHdBlog. Digital Humanities im deutschsprachigen Raum. https://dhd-blog.org/?p=21189 (zugegriffen: 03. Juli 2024).
  • Geiger, Jonathan. 2023. “Daten / Forschungsdaten.” In Begriffe der Digital Humanities. Ein diskursives Glossar, hg. von der AG Digital Humanities Theorie des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum e.V. Wolfenbüttel 2023 10.17175/wp_2023_003_v2.
  • de la Iglesia, Martin und Caroline Jansky. 2023. “Data Papers. Eine kritische Bestandsaufnahme.” In FORGE 2023 - Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften: Anything Goes?! Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften - kritisch betrachtet (FORGE2023)  10.5281/zenodo.8392501.
  • Newman, Paul und Peter Corke. 2009. “Data Papers – Peer Reviewed Publication of High Quality Data Sets.”  The International Journal of Robotics Research 28: 587 10.1177/0278364909104283.
  • RfII – Rat für Informationsinfrastrukturen. 2019. Herausforderung Datenqualität – Empfehlungen zur Zukunftsfähigkeit von Forschung im digitalen Wandel. 2. Auflage. Göttingen: 2019. https://rfii.de/?p=4043.
  • Ross-Hellauer, Tony. 2017. “What is Open Peer Review? A Systematic Review.” F1000Research 6: 588 10.12688/f1000research.11369.2.
  • Ross-Hellauer, Tony und Serge P. J. M. Horbach. 2024. “Additional Experiments Required: A Scoping Review of Recent Evidence on Key Aspects of Open Peer Review.” Research Evaluation 2024: rvae004 10.1093/reseval/rvae004.
  • Schöpfel, Joachim, Dominic J. Farace, Hélène Prost und Antonella Zane. 2019. “Data Papers as a New Form of Knowledge Organization in the Field of Research Data.” In 12ème Colloque international d’ISKO-France: Données et mégadonnées ouvertes en SHS: de nouveaux enjeux pour l’état et l’organisation des connaissances? ISKO France, Montpellier, 9.-11.10.2019. https://shs.hal.science/halshs-02284548.