Gesamtsitzung am 15. April 1848

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A. 10.


Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.


Protokoll


der Gesammtsitzung am 15. April 1848.


Anwesend: Der Präsident Freiherr von Hammer-Purgstall


Der" Vice-Präsident Baumgartner.
Der" General-Secretär von Ettingshausen.
Der" zweite Secretär Wolf.


Die


wirklichen Mitglieder Prechtl


Grillparzer
Arneth
Stampfer
haidinger
Chmel
Schrötter
Koller
Bergmann
Kollar
Burg
Fenzl
Pfizmaier


von Karajan


Verhandlungen.


Der Präsident erklärt: Dem
Wünsche der mathematisch-natur-
wissenschaftlichen Classe gemäß
habe er zwar diese außerordent-

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liche Gesammtsitzung veranstaltet,
seye aber mit dem in Antrag
stehenden Gegenstande derselben,
als einem politischen, nicht einver-
standen, indem die Akademie le-
diglich wissenschaftliche Zwecke zu
verfolgen habe. Zur Bestärkung
seiner Ansicht berief sich derselbe
auf das Beispiel der anderen
deutschen Akademien, deren keine
an den politischen Bewegungen des
Tages sich betheiligte, und liest ein
Schreiben des correspondirenden
Mitgliedes Flügel vor, worin
dieselbe Ansicht ausgesprochen
wird. Die übrigens der Antrag
der Akademie jedenfalls jedenfalls
erst den Tag nach der Sitzung dem
Minister hätte vorgelegt werden
können; so habe er, um keine
Zeit zu verlieren indeß priva-
tim den Minister von dem Ge-
genstande der heutigen Sitzung in
Kenntniß gesetzt. Schließlich be-
merkte der Präsident, daß die Sache
ordnungmäßig zuerst an den
Curator gehen sollte, der bekannt-
lich abwesend sey, weßwegen sich
die Akademie gar nicht in der
Lage befinden, diese Angelegenheit
zu erledigen.


HerrHr. Professor Schrötter, als

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Antragsteller, gibt zu, daß die
Akademie sich nur mit wissenschaft-
lichen Gegenständen beschäftigen
solle, aber die jetzigen Verhält-
nisse seyen so außerordentlicher
Art, daß die Akademie sich über
ihre Theilnahme an den geistigen
Bewegungen, welche ganz Deutsch-
lang durchwogen, denen sie doch
nicht fremd bleiben will, auszu-
sprechen genöthiget ist. Die Bei-
spiel anderer Akademien könne
um so weniger maßgebend seyn,
als die Zeitumstände überhaupt
so außerordentlicher Art seyen,
daß in der Vergangenheit durchaus
kein ähnlicher Fall vorliege, den
man zur Richtschnur nehmen
könne.


HerrHr. Regierungsrath Chmel
las hierauf einen Vortrag, in
welchem er auseinandersetzte, daß
die Akademie zu dem beabsichtigten
Schritte, nicht berechtigt sey; als eine
kaiserliche österreichische, habe sie
nach den Statuten nicht allein
die deutschen Nationalitat zu ver-
treten, sondern jede der in Öster-
reich sich befindenden, könne also
auch nicht einen Schritt im Namen
oder zu Gunsten einer dieser
Natonalitäten unternehmen,

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und so weniger, als dieser Schritt
eine politische Demonstration der
Minderzahl gegen die Mehrzahl
sey.


HerrHr. Vice-Präsident Baumgartner
erörtert den Antrag, um den es
sich jetzt handelt dahin: Das
Zuspätkommen der Abgeordneten
zur vorberathenden Versammlung,
und die jetzt wieder verstrichene
Zeit, sey ein Fingerzeig, daß auch
die eigentlichen Wahlen ein ähn-
liches Loos haben dürften. Dagegen
nun hätte die Akademie ihre Stim-
me erheben können. Seit der
Classensitzung, in welcher dieser
Beschluß gefaßt wurde, sey indeß:
a. die Zusicherung des Ministers
bekannt worden, daß die Wahlen
bereits angeordnet seyen;
b. der Präsident selbst habe be-
reits die geeigneten Schritte ge-
than, um die Gesinnung der einen
Classe, dem Minister bekannt zu
geben. Dieß von Seite der
gesammten Akademie zu thun
sey also jetzt nicht mehr nöthig.
Nach einer Discussion zwischen
dem Vice-Präsidenten und den
Herren haidinger, Grillparzer,
Chmel und Schrötter stellte der
Vice-Präsident den Antrag:

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Die Akademie solle dem Präsi-
denten
zu einem zweiten Schreiben
an den Minister ermächtigen, worin
er diesem anzeige, daß die beabsich-
tigt Deputation der Akademie an
ihn nun nicht mehr abgehen werden
a. wegen der bereits erfolgten
Ankündigung der Wahlen;
b. aus Rücksicht auf die so sehr in
Anspruch genommene Zeit des
Minister;
c. in Anbetracht des Vertrauens,
das die Akademie in denselben setzt,
daß er die geeigneten Schritte
ergreifen werde.
Der ganze Vorgang solle übrigens
veröffentlicht werden.


Bei der Abstimmung über die
Frage, ob der Präsident zu einem
Schreiben dieses Inhaltes ermäch-
tigt werden sollte, trat die Aka-
demie einstimmig dem Antrage bei.


Die Zwischenfrage des Präsidenten,
ob er damit die Bitte und Bewilli-
gung zu immediater Correspon-
denz mit dem Minister, ohne
Dazwischenkunft des Curators, ver-
einigen solle, wurde einstimmig
verneint.


Über die Art und Weise der
Veröffentlichung des Vorganges,
entspann sich nun eine Discussion

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zwischen den Herren vonv. Karajan,
Grillparzer, Burg, Prechtl,
Schrötter, dem General-Secretär
und dem Vice-Präsidenten.
Die Frage, ob nicht die von dem
HerrnHrn. ProfessorProf. Schrötter entworfene
Adresse an SeineSe. Majestät, welche
dem HerrnHrn. Minister hätte über-
geben werden sollen, abzu-
drucken sey, wurde verneinend
beantwortet. Endlich stellte der
General-Secretär den Antrag,
statt einer eigenen Veröffent-
lichung dieser Sitzung, was eine
zu große Ostentation wäre,
den Gegenstand derselben in der
so eben an die wiener-Zeitung
abzugebenden Berichten über
die früheren Sitzungen mit
kurzen Worten anzuzeigen.


Dieser Antrag wurde genehmigt.


Der General-Secretär
fragt bei der Versammlung
an, ob die Wahlsitzungen vom
Jänner mit dem befolgten Wahl-
modus, den Wahllisten und den
Ergebnissen der Abstimmung
veröffentlicht werden sollen?
Er sey der Meinung, daß dieß
füglich unterbleiben könne, um
die Sitzungsberichte so viel als

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möglich, bloß rein wissenschaftlichen
Angelegenheiten der Akademie
zu widmen, alle anderen Vor-
gänge aber davon fern zu halten.


Die Akademie erklärt sich mit
der Ansicht des General-Secretärs
einverstanden.


Hiemit wurde die Sitzung geschlossen.


Hammer-Purgstall


ABaumgartner


Av Ettingshausen


V. Kollar


ASchrötter


FWolf


Whaidinger


Ed Fenzl


Karajan


Burg


JJ Prechtl


Jos. Arneth


Grillparzer


Chmel


Bergmann


Aug. Pfizmaier


Stampfer


Koller