Gesamtsitzung am 13. Mai 1848

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A. 11.


Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.


Protokoll


der Gesammtsitzung am 13. Mai 1848.


Anwesend: Der Präsident Freiherr von Hammer-Purgstall
Der" Vice-Präsident Baumgartner
Der" General-Secretär von Ettingshausen
Der" zweite Secretär Wolf


Die wirklichen Mitglieder Prechtl
Partsch
Arneth
Stampfer
Chmel
Schrötter
Freiherr vonv. Münch
Hyrtl
Auer
Bergmann
Kollar
Burg
Fenzl
Pfizmaier
vonv. Karajan


Verhandlungen.


I. Der General-Secretär gibt den
Erlaß der allgemeinen Hofkammer
von 6. April laufenden Jahresl.J. ZahlZ.J 12628/1100 kund,
worin die Akademie verständigt
wird, daß sie für den Kostenbetrag

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von 1008 fl.Gulden 8 1/4 Kreuzer bezüglich der ersten
Einrichtung ihrer Localitäten keinen
Ersatz zu leisten habe.


Diese wohltuende Verfügung
wird mit dem einstimmigen Aus-
drucke dankbarer Anerkennung auf-
genommen.


II. Der Secretär legt die von
den ausländischen Ehren- und corres-
pondirenden Mitgliedern Liebig,
Grimm, van der Maelen, Faraday
und Diez eingegangenen Danksa-
gungschreiben für ihre Wahl vor.
Der Secretär bemerkt, daß, wenn
nach dem von der Akademie in der
Gesammtsitzung am 8. April ge-
faßten Beschlusse das Schreiben von
Gauss wegen der deutschen Gesinnung,
die es an den Tag legt durch den Druck
zu veröffentlichen wäre, derselben
Grund noch mehr für die Bekannt-
machung des Schreibens von Grimm
spräche. Der Secretär habe, da
eine solche Veröffentlichung gegen-
wärtig leicht für eine Parteinahme
der Akademie gedeutet werden
könnte, es für klug gehalten, da-
mit zu zögern, und es entstehe
nun die Frage, ob die Akademie
noch wünsche, daß das erste und
folglich auch das zweite Schreiben
gedruckt werde?


In der hierüber entstandenen
Debatte, erklärte sich ProfessorProf. Schrötter

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für die Nothwendigkeit, jetzt bei
jeder Gelegenheit, den Übergriffen
der Slaven gegenüber, eine deutsche
Gesinnung auszusprechen, und fort-
derte bezüglich des vorliegenden
Falles insbesondere die Aufrecht-
haltung des von der Akademie be-
reits gefaßten Beschlusses
Regierungsrath Chmel dagegen
wieß auf den Standpunct der Aka-
demie als einer kaiserlich österreichi-
schen hin, welcher eine einseitig na-
tionale Färbung nicht zustehe, und
sprach sich gegen eine Veröffentlichung
des Grimm'schen Schreibens und so
mehr aus, weil es in dem darin ent-
haltenen Gegensatze der Wälschen
zu den Deutschen nach der von Grimm
anderwärts an den Tag gelegten An-
sicht sogar auch auf die protestanti-
schen Streitfrage anspiele, was an-
stößig befunden werden könnte.
ProfessorProf. Schrötter entgegnete, daß
sich bei solchen Bedenklichkeiten die
Akademie, und insbesondere der
Historiker in ihr, einer noch är-
geren Censur unterwerfen würde,
als sie jemals bestand.


Bei der Abstimmung erklär-
ten sich mit Ausnahme der Herren
Pfizmaier und Schrötter, alle
übrigen Akademiker gegen die
Veröffentlichung der beiden Schreiben.

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III. Der Secretär las auf Ersuchen
des abwesenden wirklichen Mitgliedes
Herrn Bergrathes Haidinger einen
Vortrag bezüglich des in dem Ein-
berufungsschreiben des Präsidenten
an die auswärtigen Mitglieder
zur bevorstehenden feierlichen Sitzung
enthaltenen Ausdruckes, daß durch Balbi's
Tod eine Stelle eines auswärtigen
wirklichen Mitgliedes zu besetzen
komme. Der Herr Bergrath stellt
den Antrag, daß zum Ersatze dieses
Verlustes auch ein in Wien woh-
nender Gelehrter als wählbar
betrachtet und vorzüglich auf jene correspondi-
renden Mitglieder Rücksicht ge-
nommen werden möge, die be-
reits in der Terne für wirkliche
Mitglieder in Vorschlag waren.
Der Secretär empfahl seinerseits
diesen Antrag der Aufmerksam-
keit der Akademie, da nicht bloß,
wie Herr Bergrath richtig sagt,
die Statuten und Geschäftsordnung
nichts enthalten, was zum Schluße
führen könnte, daß nicht mehr als
die Hälfte der wirklichen Mit-
glieder in Wien wohnhaft seyn
dürfe, sondern auch die einzige
hierauf bezügliche Stelle in dem
Erlasse des Curators vom 26. Decem-
ber 1847.II. für die Akademie
nicht bindend erscheine.

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Regierungsrath Chmel entgegnete,
daß Balbi's Stelle wieder durch
einen Auswärtigen besetzt werden
solle, da die Akademie ja keine
wiener, sondern eine allgemeine
Österreichische sey, und die Provin-
zen übel gestimmt würden, wenn die
Wahl einen hiesigen Gelehrten trä-
fe; es sey auch von Ungarn be-
merkt worden, daß nach des Pa-
triarchen Pyrker's Tode, wieder ein
Ungar zu wählen gewesen wäre.
ProfessorProf. Schrötter erklärte die Wahl
eines hiesigen Mitgliedes an Balbi's
Stelle, für eine Lebensfrage der
Akademie, diese werde zerfallen,
wenn sie nicht in Wien ehrenhaft
erscheine, was nicht möglich ist,
wenn sie sich nicht hier durch Ver-
mehrung der unmittelbar Thäti-
gen kräftige.


Der Herr Vice-Präsident fügte
hinzu, daß nach Herrn Chmel's
letzter Bemerkung, man wieder
einen Italiener wählen müßte,
was unter den gegenwärtigen Ver-
hältnissen gar nicht angehe. Er
sey der Meinung, daß kein An-
stand obwalte, ein in Wien wohn-
haftes Mitglied zu wählen.


Bei der Abstimmung erklärten
sich mit Ausnahme der HerrnHrn. Pfizmaier
und Chmel alle andern für den An-

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trag des Herrn Bergrathes Hai-
dinger.


IV. Der Secretär verliest das von
dem Präsidenten an Sr. k. k. Hoheit
den Herrn Curator gerichtete
Schreiben die Beschleunigung der
Bestätigung der in Mai zu wählen-
den Mitglieder betreffend.


Wird zur Kenntniß genommen.


V. Der Secretär las einen
zweiten Aufsatz des Herrn Berg-
rathes Haidinger, worin derselbe
seine Ansicht über mehrere wün-
schenswerthe Reformen der Sta-
tuten und der Geschäftsordnung
entwickelt, und mit dem Antrage
schließt, daß eine Commission er-
nannt werde, welche über die
Frage Bericht zu erstatten hat,
ob, in welcher Form und in
welcher Ausdehnung Schritte ge-
macht werden sollen, um solche
Veränderungen in den Statuten
der Akademie herbeizuführen,
die den gegenwärtigen Zeitver-
hältnissen angemessen und für
das künftige Bestehen des Insti-
tutes vortheilhaft erscheinen.


HerrHr. Präsident erklärt der An-
trag, sofern darin auf Änderung der
Statuten hingewiesen wird, für
unzulässig, weil die Akademie nur zu
Vorschlägen über Änderungen der
Geschäftsordnung befugt ist; auch

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enthalte der Aufsatze ganz zweck-
widrige Ansichten. Die Aufstellung
der verlangten Commission sey
daher ganz überflüßig
HerrHr. Vice-Präsident spricht sich in
gleichem Sinne aus.


ProfessorProf. Schrötter: Es war schon
öfter von der Nothwendigkeit einer
Commission zu Anträgen über Refor-
men die Rede. Allerdings enthält
der Aufsatz des HerrnHrn. Bergrathes
Ansichten, denen ich nicht beipflichte,
allein deßwegen darf ja nicht das
Ganze unbeachtet bleiben.


Der Secretär: Die Befugniß zu
Berathungen, die selbst auf die
Statuten hinübergreifen, kann
uns nicht abgesprochen werden;
wir dürfen nicht vergessen, daß
unsere ganze Staatsverfassung
geändert worden ist; die Statuten
haben dadurch an ihrer früheren Bedeu-
tung verloren. Zu bestimmen,
welche Vorschläge zu machen seyen,
muß der Commission anheim ge-
stellt bleiben, auf deren Ernennung
ich gleichfalls antrage.


Es wird nun abgestimmt, ob eine
Commission zu Reformanträgen
zu ernennen sey oder nicht.
Die Herren vonv. Karajan, Pfiz-
maier, Fenzl, Kollar, Bergmann,
Auer, FreiherrFreih. vonv. Münch, der Vice-
Präsident und Präsident stimmen

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gegen die Nothwendigkeit einer sol-
chen Commission.
Die HerrnHrn. Burg, Hyrtl, Schrötter,
Chmel, Stampfer, Arneth, Partsch,
Prechtl, Wolf, vonv. Ettingshausen
aber für dieselbe; hiernach
wurde die Bestellung der Commission
mit 10 Stimmen gegen 9 oder
vielmehr, sofern die Stimme des-
anwesenden Antragstellers auch
gerechnet wird, mit 11 gegen 9
angenommen.


Bezüglich der Frage, aus welchen
Mitgliedern die Commission zu be-
stehen habe, entscheidet sich die
Akademie auf Anregung des HerrnHrn.
Vice-Präsidenten dafür, daß nur
solche Mitglieder die Commission bil-
den sollen, welche nicht gegen die
Aufstellung derselben gestimmt
haben, und daß von jeder Classe
drei Mitglieder zu nehmen seyen.
Sonach wurde die Commission aus den
Herrn
Haidinger, Schrötter und vonv.
Ettingshausen
von der einen
und Chmel, Wolf u. Arneth
von der anderen Classe zusam-
mengesetzt.


VI. Der Herr Präsident liest
die Entwickelung eines Antrages,
die Akademie solle den Anfang ma-
chen in der Correspondenz die

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Titulaturen Hochgeboren, Hoch-
wohlgeboren etceteraetc. außer Übung
zu bringen, und dafür die kurze
Anrede: Mein Graf, mein Herr
einzuführen.


Der Antrag des Herrn Präsidi-
dent
en findet einstimmigen Beifall;
die Akademie beschließt sich in
ihren Verkehr als Körperschaft
die gerügten Titulaturen nicht
mehr zu gebrauchen, und spricht
den Wunsch aus, daß sich die Herren
Akademiker in ihrer Privat-
correspondenz sich derselbe ent-
halten und auf Nachahmung dieses
Verfahren hinwirken mögen.
In diesen Zwecke sey auch der
Vortrag des HerrnHrn. Präsidenten sammt
diesem Beschluße zu veröffent-
lichen.


VII. Der Herr Vice-Präsident
eröffnet der Akademie, daß es
längst sein Wunsch gewesen sey,
die telegraphischen Stationen
möchten von Seite der Akademie
zur Anstellung meteorologi-
scher Beobachtungen benützt
werden können, wozu sie sich
wegen der steten Anwesenheit ei-
nes Beobachters und ihrer Ver-
theilung auf eine beträchtliche
Linie besonders eigenen. Es
können da die Beobachtungen
zu nicht geringem Vortheile für
die Wissenschaft in einem Detail

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und mit einer Regelmäßigkeit
gemacht werden, wie nicht leicht
anderswo. Nunmehr, die das Insti-
tut der Staatstelegraphen der
obersten Leitung des Herrn Vice-
Präsidenten als Minister der öffent-
lichen Arbeiten zugewiesen ist,
stehe der Ausführung dieses Ge-
dankens kein Hinderniß entge-
gen. Allein es seyen hiezu me-
teorologische Instrumente
beizuschaffen; zur Bestreitung
der dadurch entstehenden Aus-
lagen stelle der HerrH. Vice-Prä-
sident
seinen Functionsgehalt
der Akademie zur Verfügung
und überlasse es ihr, den zu je-
nem Zwecke nicht erforderlichen
Rest anderweitig zu verwenden.


Die Akademie nahm die-
ses edelmüthige Anerbieten
ihre Vice-Präsidenten mit Bei-
fall und Dank an.


VIII. Die Secretär weiset auf die
Dienste hin, welche die Akademie von
Seite des Hausinspectors des polytech-
schen Institutes in Anspruch zu
nehmen genöthigt ist, wofür diesem
billiger Weise eine Remuneration
gebühre, und stellt der Antrag, dem-
selben jährlich 60 Guldenfl. ConventionsmünzeC.M. zu bewilligen.


Der Antrag wird von den Herren
Burg und Prechtl unterstützt und all-
gemein angenommen.


IX. Der Secretär ersucht die

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Akademie um Ermächtigung wegen Verschlei-
ßes der Sitzungsberichte und des Archives
versuchsweise mit einen Buchhändler in
Verkehr zu treten, und fragt wegen des
festzusetzenden Verkaufspreises an.


Die verlangte Ermächtigung wird
ertheilt, und nach kurzer Besprechung der
Preise des ersten Heftes der Sitzungs-
berichte auf 45 kr und des Archives auf
30 kr bestimmt.


X. Der Secretär legt Exemplare
besonderer Abdrücke der Preisaufgaben
vor, und ersucht die Herrn Mit-
glieder ihrerseits dieselben ge-
legenheitlich zu verbreiten. Von
Seite der Kanzlei werde Sorge
getragen werden, die Preisaufga-
ben an die Redactionen auswärtiger
Journale zur Aufnahme in ihre
Blätter gelangen zu lassen.


Wird zur Kenntniß genommen.


XI. Der Secretär erwähnt die
Vertheilung der Eintrittskarten zur
feierlichen Sitzung. Der Präsident
wird von mehreren Seiten ersucht,
jedem der Mitglieder wenigstens
zwei Eintrittskarten zur Verfü-
gung stellen zu wollen. Der Prä-
sident erwiedert, daß nach der Ge-
schäftsordnung ihm allein die Er-
theilung dieser Karten zustehe, er
aber wegen der geringen Anzahl
der Plätze nicht in der Lage sey,
den Wünschen der Herrn Mitglieder

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im diesem Maße entgegen zu kommen.
Der Secretär bemerkt, daß auf dem
Verzeichnisse der mit Eintrittlkarten
zu Betheilenden, welches der HerrHr. Präsi-
dent ihm zur Einsicht übergeben habe,
sich die Namen Mancher befinden,
denen vielleicht wenig an dem Besitze ei-
ner solchen Karte gelegen seyn mag; es
wäre vielleicht angemessen nur jenen
von den verzeichneten Personen eine Karte
zu geben, die selbe ausdrücklich verlan-
gen, im Ganzen aber sey es jetzt wohl an
der Zeit, mehr das wissenschaftliche Streben
der Gäste, als ihre Stelle auf der Stufen-
leiter der Staatsdiener im Auge zu haben.
Die Mitglieder drücken hiernach gegen den
Herrn Präsidenten den Wunsch aus, er möge
bei der Vertheilung der Karten die Bemer-
kungen des General-Secretärs beachten, was
der Präsident zusagt.


Hiemit wurde die Sitzung geschlossen.


Hammer-Purgstall


ABaumgartner


AvEttingshausen


J.J. Prechtl


Aug. Pfizmaier


ASchrötter


Jos. Bergmann


P. Partsch


Auer


Ed. Fenzl


Jos. Arneth


FWolf


Koller


Burg


Stampfer


Kollar